Protocol of the Session on November 15, 2012

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist mir zwar jetzt etwas peinlich, weil mich die üblicherweise durch das Ausschusssekretariat vorbereitete Rede nicht erreicht hat. Ich kann jedoch versuchen, aus meinem Gedächtnis vorzutragen.

Ihrem Gedächtnis vertrauen wir.

Der Antrag ist vom Plenum nur in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen worden. Wir hatten - auch im Zusammenhang mit den anderen Anträgen, die heute auf der Tagesordnung stehen - im Ausschuss eine ausführliche Debatte. Wir sind im Ergebnis übereingekommen, den Antrag für erledigt zu erklären.

(Zuruf von der SPD)

- Genau. Wir haben mehrere Anträge zusammengefasst und haben im Rahmen der Zusammenfassung beschlossen, diesen Antrag für erledigt zu erklären. Dazu, was ansonsten in der Sache noch zu sagen ist, werden die Redner der Fraktionen Stellung nehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr für die Berichterstattung. - Für die Landesregierung spricht Minister Stahlknecht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage in Syrien hat sich leider nicht verbessert, seitdem wir uns das letzte Mal im September mit dieser Thematik beschäftigt haben. Nach Angaben des UNHCR beläuft sich die Zahl der registrierten bzw. zur Registrierung vorgemerkten syrischen Flüchtlinge aktuell auf 372 600. Davon halten sich

105 700 in Jordanien, 106 300 im Libanon, 45 300 im Irak, 107 800 in der Türkei und 7 500 in nordafrikanischen Staaten auf.

Nach Erkenntnissen des UNHCR wollen die allermeisten dieser Flüchtlinge in der Region bleiben, weil sie darauf hoffen, so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückkehren zu können. Deutschland ist daher - wie auch das letzte Treffen der Innenminister der EU am 25. Oktober 2012 ergeben hat - mit seinen europäischen Partnern einig, dass bei der Bewältigung der Krise weiterhin die humanitäre Versorgung der Flüchtlinge vor Ort Vorrang hat.

Zur Lösung der sich aus der Krise ergebenden Probleme leistet Deutschland humanitäre Soforthilfe vor Ort, die am 7. November 2012 um weitere 12 Millionen € auf nunmehr insgesamt 67,3 Millionen € aufgestockt wurde.

Insofern besteht auch Einvernehmen mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der UN, der seine Bemühungen ebenfalls auf eine Verbesserung der Situation der Flüchtlinge vor Ort konzentriert. Als mittelfristig wirkende Hilfsmaßnahmen wird von der Europäischen Kommission die Einrichtung eines regionalen Schutzprogramms zum Aufbau von Kapazitäten zur Flüchtlingsaufnahme in den Nachbarstaaten und zur Koordinierung der Unterstützung der aufnehmenden Nachbarländer durch die EU vorbereitet, die aus dem europäischen Flüchtlingsfonds mitfinanziert werden soll.

Natürlich weiß niemand, wie sich die Lage in der Krisenregion weiterentwickeln wird. Auch wenn die Hilfe vor Ort absoluten Vorrang hat, will ich daher die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen aus der Region im Zuge eines weiteren ResettlementVerfahrens für die absehbare Zukunft nicht gänzlich ausschließen.

Auch die Bundesregierung tut dies nicht. Die Bundesregierung hat aber klar gemacht - darin stimme ich ihr ausdrücklich zu -, dass eine solche Aufnahme nur dann in Betracht kommt, wenn hierfür ein konkreter Bedarf besteht, der UNHCR dazu aufruft und die Aufnahme EU-koordiniert geschieht. Zurzeit sind diese Voraussetzungen nicht gegeben.

Sachsen-Anhalt steht - wie auch Deutschland insgesamt - zu seiner humanitären Verantwortung in der Syrien-Krise. Wir haben deshalb unter anderem mit der Aussetzung der Abschiebungen nach Syrien reagiert. Das habe ich bereits beim letzten Mal vorgetragen.

Dieser Abschiebungsstopp erfolgte übrigens - anders, als von dem Abgeordnetenkollegen Herbst in der Oktober-Sitzung dargestellt - keinesfalls erst unmittelbar vor der Landtagssitzung, sondern bereits mit Runderlass vom 2. April 2012, also wesentlich eher. Allerdings war der Abschiebungsstopp zunächst bis zum 1. Oktober befristet und wurde dann mit Runderlass vom 28. September 2012 bis zum 1. April 2013 verlängert.

Aufgrund des Abschiebungsstopps muss kein in Sachsen-Anhalt aufhältiger syrischer Staatsangehöriger fürchten, nach Syrien abgeschoben zu werden. Zudem wird zurzeit nahezu allen syrischen Flüchtlingen, die nach Deutschland gelangen, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zumindest ein subsidiärer Schutz mit einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis zuerkannt.

Die vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Herr Brachmann hat das vorgetragen - berücksichtigt, dass Sachsen-Anhalt bei allen bisherigen Aufnahmeaktionen seinen Beitrag zur Aufnahme von Flüchtlingen, die aufgrund von Aufnahmeaktionen des Bundes oder/ und der Länder oder aufgrund von ResettlementAufnahmen im Rahmen einer Abstimmung auf EUEbene erbracht hat.

Ich kann Ihnen versichern, dass dies alles auch in Zukunft geschehen wird. Das gilt auch für mögliche zukünftige Aufnahmen von Flüchtlingen aus Syrien bzw. von syrischen Flüchtlingen aus Flüchtlingslagern in den Nachbarstaaten, sollten sich die Mitgliedstaaten der EU sowie Bund und Länder darauf verständigen. Ich bitte insofern, der Empfehlung des Ausschusses zuzustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Herr Minister, es gibt eine Anfrage von Herrn Herbst.

Das ist eigentlich keine Anfrage, sondern eine Kurzintervention. Ich will nur richtigstellen, dass Ihre Darstellung nicht richtig ist, Herr Minister, ich hätte gesagt, der Abschiebestopp wäre erst unmittelbar vor der Sitzung verhängt worden. Ich habe gesagt, dass die Bundesländer - wie aktuell - damals den Abschiebestopp für syrische Flüchtlinge um ein halbes Jahr verlängert haben. Das haben sie nämlich gerade vor der Sitzung getan.

Meines Erachtens war da Innenministerkonferenz. Aber da will ich mich jetzt gar nicht festlegen. Das wissen Sie besser. Meines Erachtens fand da gerade die IMK statt, und da wurde beschlossen, das um ein halbes Jahr zu verlängern. Das habe ich gesagt. Ich weiß sehr wohl, dass der Abschiebestopp bereits im Frühjahr 2012 verhängt wurde.

Vielen Dank, Herr Herbst. Umso besser ist es, dass wir noch einmal darüber gesprochen haben.

(Heiterkeit)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Quade.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mir erlauben, den Vorsitzenden des Innenausschusses an dieser Stelle zu korrigieren und Klarheit zu schaffen, worüber wir reden. Wir reden über die Beschlussempfehlung in der Drs. 6/1568, über die in der Tat keine Einigkeit hergestellt werden konnte.

Der Antrag, Herr Dr. Brachmann, auf den Sie sich bezogen und der dem Innenausschuss zur Beratung überwiesen worden war, war ein anderer Antrag. Das war der Antrag zur Abschaffung des Flughafenasylverfahrens, über den Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, in einem parlamentarischen Glanzakt - wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf - die Debatte in der SeptemberSitzung im Landtag vorgezogen hatten, um ihn dann - in dem Wissen darum, dass die Abstimmung darüber am nächsten Tag im Bundesrat stattfinden würde - in den Ausschuss zu überweisen.

Meine Damen und Herren! In Bezug auf die jetzt vorliegende Beschlussempfehlung zur aktuellen Situation syrischer Staatsangehöriger kann man es an dieser Stelle wirklich kurz machen. Meine Rede zur Einbringung unseres Antrags zur Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden aus Syrien endete mit einem Zitat von Pro Asyl, das ich noch einmal vortragen will:

„Dass syrische Flüchtlinge vor verschlossenen Grenzen stehen, während sich die Staatengemeinschaft über die syrische Tragödie empört, ist nicht hinnehmbar.“

Auch der Minister hat ja die dramatische Lage eben noch einmal beschrieben. Diese Einschätzung gilt meines Erachtens unverändert fort.

Der Ausschuss für Inneres und Sport hat nun eine Beschlussempfehlung erarbeitet und vorgelegt, die weder im Ausschuss unsere Zustimmung fand, noch sie hier finden wird.

Meine Damen und Herren! Um es deutlich zu sagen: Ob wir diesen Beschluss fassen oder nicht, ändert weder etwas für die sich im Moment in Syrien auf der Flucht befindenden Syrerinnen und Syrer noch etwas für diejenigen, die den Sprung nach Europa geschafft haben. Ich habe den Eindruck, dass genau das auch beabsichtigt ist.

Wenn Sie einer Lösung wie der von unserer Fraktion oder auch von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten nicht zustimmen wollen und einen solchen Beschluss nicht fassen wollen, dann

sagen Sie das doch, anstatt zu behaupten, die jetzt vorliegende Beschlussempfehlung sei eine Annahme in geänderter Fassung.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Formal mag es das sein; inhaltlich ist es das ganz und gar nicht. An dieser Stelle würde ich mir mehr Ehrlichkeit wünschen.

In der Diskussion im Innenausschuss wurde der Ansatz der Bundesregierung vorgetragen, die Leute sollten in Syrien oder zumindest in der Region bleiben, die Bundesrepublik würde nach Möglichkeit vor Ort helfen und alle Formen von Aufnahmeprogrammen in EU-Ländern wären kontraproduktiv.

Dieser Ansatz wird offenbar von beiden Koalitionsfraktionen unserer Landesregierung geteilt, was mich irritiert, wenn auch nicht wirklich überrascht. In den Augen meiner Fraktion ist dieser Ansatz schlichtweg zynisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich frage Sie, wie sich die Lage der Syrerinnen und Syrer noch entwickeln soll, bis ein Aufnahmeprogramm angemessen wäre.

Noch eine Bemerkung zur Situation der bereits in Sachsen-Anhalt lebenden Syrerinnen und Syrer. Falls Sie irritiert sind: Richtig, das spielt in der Beschlussempfehlung kaum eine Rolle, obwohl dies Gegenstand beider Ursprungsanträge und vor allem auch der Debatte war.

Ich will an dieser Stelle deutlich sagen, dass in den Augen meiner Fraktion nicht nachvollziehbar ist, warum sich die Landesregierung weiterhin dagegen wehrt, anzuerkennen, dass insbesondere syrische Studierende in Sachsen-Anhalt mittlerweile ein massives Problem haben, ihren Lebensunterhalt, geschweige denn eine Aufenthaltsperspektive zu sichern.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ihre Konten sind nach wie vor gesperrt. Es ist richtig, dass der DAAD einen Hilfsfonds aufgelegt hat. Es ist auch richtig, dass die Studentenwerke und die Universitäten versuchen zu helfen. Aber wir alle wissen auch, dass diese Gelder maximal bis Januar 2013 reichen. Im Januar werden wir dasselbe Phänomen erleben wie bei der vergangenen Sitzung. Die Landesregierung wird dies dann wie auch heute in der zur Abstimmung stehenden Beschlussempfehlung ausblenden. Auch deswegen kann die Beschlussempfehlung nicht unsere Zustimmung finden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Quade.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

- Die Redezeit war eigentlich ausgeschöpft. Aus der eigenen Fraktion sind keine Fragen zulässig.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE: Ich hätte eine ganz kurze Frage!)

Herr Dr. Köck, das ist laut Geschäftsordnung nicht zulässig.