Noch ist unser Alterssicherungssystem stabil und sicher. Ich denke, das ist eine Tatsache, die es hier und jetzt noch einmal zu betonen gilt.
Die Rentenkasse verfügt über eine stattliche Reserve in Milliardenhöhe. Das ist eine Tatsache, die auch Sie nicht wegdiskutieren können. Die durchgeführten Reformen haben die Rente demografie- und zukunftsfest gemacht. Unsere Alterssicherung beruht verlässlich auf drei Säulen: erstens der gesetzlichen Rente, zweitens der betrieblichen Altersversorgung und drittens der zusätzlichen privaten Altersvorsorge. Diese Säulen gilt es weiter zu stabilisieren und auch in Zukunft als tragende Elemente zu erhalten und auszubauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gesetzliche Rentenversicherung ist für die meisten Menschen die wichtigste Säule der Alterssicherung und soll es auch in Zukunft bleiben. Dass die gesetzliche Rentenversicherung als umlagefinanzierte Sozialversicherung nicht wie die kapitalgedeckten Vorsorgesysteme den Risiken auf dem Finanzmarkt ausgesetzt ist, hat sich gerade vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise gezeigt und bewährt.
Die gesetzliche Rentenversicherung ist ein beitragsbezogenes Alterssicherungssystem. Es ist mehr als bloße Existenzsicherung oder Armutsvermeidung. Die Höhe der Rente orientiert sich an der Lebensleistung und spiegelt diese nach dem Erwerbsleben wieder. Die Versicherten sorgen im Rahmen der Rentenversicherung selbst für das Alter vor. Sie sind nicht auf den Staat angewiesen
und müssen auch nicht wie Fürsorgeempfänger Bedürftigkeitsprüfungen über sich ergehen lassen. Sie können dem Staat selbstbewusst und auf Augenhöhe gegenübertreten und nicht als Bittsteller. Gerade deshalb sollten wir allen Bestrebungen, den Beitragsbezug aufzuheben und den Rentenbezug auf eine ausschließlich steuerfinanzierte Grund- oder Einheitsrente zu reduzieren, entschlossen entgegentreten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stabile Beschäftigung und auskömmliche Löhne bilden die Grundlagen für den Aufbau einer angemessenen Alterssicherung.
(Frau Thiel-Rogée, DIE LINKE: Das stimmt! - Herr Wagner, DIE LINKE: Also auch ein Mindestlohn! - Frau Thiel-Rogée, DIE LIN- KE: Nicht nur ein Mindestlohn! Ein ordent- licher Tariflohn!)
Wir müssen durch die unterschiedlichsten Instrumente sicherstellen, dass Menschen durch Erwerbsarbeit in die Lage versetzt werden, eigenständig für ihr Alter vorzusorgen. Jetzt kommt's: Dabei spielt auch die Einführung einer Lohnuntergrenze eine nicht unwesentliche Rolle.
(Zustimmung von Frau Dirlich, DIE LINKE - Frau Thiel-Rogée, DIE LINKE, lacht - Herr Grünert, DIE LINKE: Zehn Jahre zu spät!)
Eines sollte uns allen klar sein: Das Rentenniveau wird vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung schrittweise auf 43 % abgesenkt. Zudem ist die Zahl der Geringverdiener in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Für eine wachsende Zahl von Menschen werden die Rentenansprüche nicht mehr das Niveau der Grundsicherung im Alter erreichen. Wenn sie jedoch im System der Grundsicherung beitragsfrei das bekommen, wofür sie jahrzehntelang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen, dann gerät das System an die Grenzen seiner Legitimation. Wer lange eingezahlt hat, muss im Alter besser dastehen als jemand, der nur kurz oder wenig eingezahlt hat.
Wer den Satz, Leistung muss sich lohnen, ernst meint, der muss langjährige Beitragszahlungen honorieren. Auch Geringverdiener, die ein Leben lang gearbeitet haben, müssen eine Rente bekommen, die deutlich über der Grundsicherung liegt.
Deshalb brauchen wir zusätzliche Instrumente in der gesetzlichen Rentenversicherung, um langjährige Beitragszahler mit geringen Einkommen und folglich geringen Rentenansprüchen zu unterstützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch einige Sätze zu der immer wieder gebetsmühlenartig vorgebrachten Forderung nach einer Angleichung der Ost- und Westrenten sagen. Auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, haben dies in Ihrer Begründung für die Aktuelle Debatte ins Feld geführt und in Ihrem Redebeitrag hat sie eine Rolle gespielt.
Mir erschließt sich zwar nicht ganz, was das mit der angeblich drohenden Altersarmut in SachsenAnhalt unmittelbar zu tun haben soll, ich will darauf aber trotzdem eingehen.
Vor fast einem Jahr habe ich in diesem Hohen Haus zu demselben Thema schon einmal ausgeführt, dass die Rentenangleichung zwischen Ost und West eine sehr komplexe Materie sei, bei de
ren Behandlung konsensorientiert und sensibel vorgegangen werden müsse. Dabei darf es auf keinen Fall zu neuen Gerechtigkeitsverwerfungen im System kommen.
Es darf nicht dazu kommen, dass Rentnerinnen und Rentner im Osten unseres Vaterlandes schlechter gestellt werden.
Auch ich habe Verständnis dafür, wenn bei vielen auf Unverständnis stößt, dass der Rentenwert Ost nach wie vor unter dem des Westens liegt. Viele merken kritisch an, dass damit gleiche Lebensleistungen unterschiedlich bewertet würden.
Um die Differenzen, die sich aus dem Lohngefälle zwischen Ost und West ergeben, ein Stück weit auszugleichen, werden derzeit die Arbeitsverdienste in den neuen Ländern höher bewertet. Damit soll dafür gesorgt werden, dass ein Durchschnittsverdiener Ost den gleichen Rentenanspruch erhält wie ein Durchschnittsverdiener West.
Wenn nun künftig die Rentenwerte angeglichen und gleichzeitig die Hochbewertung Ost gestrichen würde, könnte dies - das ist meine feste Überzeugung - für zahlreiche Ost-Rentner dazu führen, dass ihre Ansprüche geringer ausfallen als bislang.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sich Bedürftigkeit im Alter in der Zukunft entwickeln wird und ob wir auf eine massenhafte Altersarmut zusteuern, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös voraussagen. Dies hängt entscheidend von der weiteren Wirtschaft-, Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung ab.
Auch das zukünftige Erwerbs- und Vorsorgeverhalten bzw. das Erwerbs- und Vorsorgevermögen - Vermögen hier im Sinne von der Möglichkeit, etwas zu tun - -
Herr Kollege, ich muss auf das Ende der Redezeit, das schon einige Zeit angezeigt wurde, hinweisen. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.
Ich bin in wenigen Sätzen fertig, Herr Präsident. - Wie gesagt, das Erwerbs- und Vorsorgevermögen der Menschen spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Renten sind - und müssen es auch
weiterhin bleiben - Spiegel des Erwerbslebens. Sie sind nicht in der Lage, ein Erwerbsleben im Nachhinein zu reparieren oder gar umzukehren. Das können und sollen sie auch nicht leisten. Deshalb muss im Verlauf des Erwerbslebens dafür gesorgt werden, Bedürftigkeit im Alter zu vermeiden. Gegen Altersarmut hilft zuallererst ein Dreiklang aus verlässlicher Arbeit zu fairen Löhnen und zusätzlicher Vorsorge, und das von Anfang an. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Kollege. Es gibt drei Wortmeldungen, ich nehme an, drei Anfragen. Möchten Sie die beantworten?
Als ich mich gemeldet hatte, hatte ich nur eine Frage. Aber ich bin jetzt froh, dass ich das Ende Ihrer Rede abgewartet habe. Erstens. Ist Ihnen bekannt, Herr Rotter, dass es in der alten Bundesrepublik immer ein Lohngefälle gab - und nicht wenig - und nie einen unterschiedlichen Rentenwert?
Zweitens. Ist Ihnen bekannt, Herr Rotter, dass Lebensstandardsicherung in der alten Bundesrepublik jahrzehntelang 68 % bedeutete und wir es in der Zukunft mit 43 % zu tun haben werden?
Drittens. Herr Rotter, von welchem Prozentsatz an würden Sie denn die Armutsquote in Sachsen-Anhalt als problematisch empfinden?
Auf die ersten beiden Fragen darf ich Ihnen antworten: Das ist mir bekannt. Und: Ich werde mich heute nicht dazu hinreißen lassen, hier einen Prozentsatz zu nennen, von dem an ich meine, dass das Armutsrisiko hier in Sachsen-Anhalt problematisch wird.