Protocol of the Session on September 21, 2012

Die finanziellen Mittel für eine solche humanitäre Unterstützung sind vorhanden. Es ist eine unbüro

kratische Lösung gefragt. Es handelt sich nicht um eine Standardsituation.

Für die mögliche Einrichtung eines Notfallfonds möchten wir Ihnen die Inanspruchnahme von Ausgabenresten im Haushaltsplan vorschlagen. Bei dem Titel mit der Zweckbestimmung „Verfügungsmittel des Ministerpräsidenten und des Chefs der Staatskanzlei“ sind mit Stichtag vom 20. Juli 2012 Ausgabenreste in Höhe von 8 900 € vorhanden und bei dem Titel mit der Zweckbestimmung „Verfügungsmittel der Staatskanzlei für außergewöhnlichen Aufwand“ sind mit Stichtag vom 20. Juli 2012 Mittel in Höhe von rund 175 000 € übrig.

Frau Ministerin, wir würden Ihnen empfehlen, dass Sie diese Ausgabenreste verwenden und einen Notfonds installieren, der für die Betroffenen zu einer Quelle wird, um diese für sie sicherlich sehr schlimme Zeit in Deutschland überbrücken zu können, damit sie ihr Studium fortsetzen, ihre Familie weiter ernähren, ihre Kinder weiter in den Kindergarten schicken, zum Arzt gehen und all das machen können, was dazu gehört.

Die weiteren Punkte - ich bin schon auf die Aufenthaltsgenehmigung, auf das Bleiberecht nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes aus humanitären Gründe eingegangen - betreffen den weiteren Aufenthalt der Personen.

Der vierte Punkt - das Thema haben wir im Landtag schon einmal thematisiert - betrifft das Rücknahmeabkommen mit Syrien.

Herr Minister Stallknecht, das ist wahrscheinlich Ihr Beritt. Wir haben keinen direkten Einfluss darauf, können aber an die Bundesregierung appellieren, ein Abkommen zurückzunehmen, das im Moment obsolet ist.

Wir sind uns darin einig - das hoffe ich zumindest -, dass wir in der derzeitigen Situation niemanden nach Syrien abschieben wollen und dürfen. Wir tun es in unserem Bundesland auch nicht. Wir haben es zwar gefährlich lange getan, auch noch während der Auseinandersetzung in Syrien, aber wir tun es im Moment nicht.

Warum soll man ein Regime legitimieren, indem man ein Abkommen aufrechterhält, wenn man sagt, dieses Regime hat keine Zukunft mehr?

Ich wünsche mir, dass wir uns auch in dieser Frage einig sind. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Kollege Herbst, für die Einbringung zu Punkt 14 a. - Punkt 14 b bringt die Abgeordnete Frau Tiedge ein.

(Herr Borgwardt, CDU: Darf ich dazu etwas sagen, zu der Einbringung?)

- Es gibt eine Nachfrage. Herr Herbst, würden Sie die Nachfrage beantworten? - Entschuldigung. Ich hatte das vergessen.

(Herr Borgwardt, CDU: Kein Problem! Des- wegen melde ich mich noch einmal!)

Darf ich, Frau Präsidentin? - Ich darf. Okay.

Herr Herbst, da Sie offensichtlich über sehr profunde Kenntnisse verfügen, können Sie uns vielleicht erhellen.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann geht es Ihnen um diejenigen, die geflohen sind, um die Flüchtlinge. Oder geht es Ihnen auch um diejenigen, die damals mit Willen Assads ein Assad-Stipendium hatten und hier sind, also unter ganz normalen Bedingungen hierher gekommen sind? - Vielleicht können Sie uns erhellen, um wen es Ihnen geht, wenn Sie auf die Frage der Flüchtlinge abstellen.

Herr Borgwardt, ich bin Ihnen für diese Frage dankbar, weil es in der Tat eine wichtige Frage ist und weil es in diesem Fall zur Klarheit und Wahrheit dazugehört, darüber zu sprechen. Darum geht es uns auch, dass wir sozusagen nichts dem Zufall überlassen dürfen, sondern eine koordinierende Funktion brauchen.

Fakt ist und klar sein muss, dass wir keine Glaubensprüfung und auch keine politische Prüfung einführen können. Das geht nicht. Wer sich in einer Notlage befindet - ob das ein Assad-Stipendium ist, wie Sie sagen, oder ein sonstiges Stipendium, aus dem keine Mittel mehr fließen - -

Die gibt’s.

Ich weiß, dass es die gibt. Wie gesagt, wenn man sich mit den Betroffenen unterhält und wenn ein gewisser Rahmen gewahrt ist, dann erzählen einem die Betroffenen schon sehr gern und vertrauensvoll einiges darüber.

Ich glaube, damit muss man leben, dass es nicht nur politische Meinungen sind, die wir aus unserer Sicht für unterstützenswert halten. Wenn die Menschen in eine Notlage geraten sind, dann trifft das, glaube ich, auf alle Betroffenen zu.

Zu dem ersten Teil Ihrer Frage: Nein, ich rede nicht nur über die Flüchtlinge. Wir haben die Lage der Flüchtlinge und der Studierenden in unserem Antrag bewusst miteinander verknüpft. Die Linksfraktion hat es differenziert.

Wir sagen, es geht um Menschen in einer speziellen Situation. Sie verbindet ein ähnliches Problem. Wir wollen nicht zwischen Studierenden und Flüchtlingen differenzieren.

Ich kann nur dafür plädieren, selbst den Kontakt mit den Betroffenen aufzubauen. Ich glaube, das ist die beste Quelle für Informationen.

Das sollte nicht auf einer unorganisierten Ebene geschehen; vielmehr glaube ich, dass das Land hierbei zumindest im Rahmen einer koordinierenden Funktion auch gegenüber den Hochschulen in der Verantwortung ist.

Danke sehr, Herr Kollege Herbst. - Frau Tiedge, jetzt sind Sie als Einbringerin zu Punkt 14 b an der Reihe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Satz vorweg in Reaktion auf die Frage von Herrn Borgwardt: Ich kann mich noch gut an die Bilder erinnern, als in der Bundesrepublik Deutschland ein Herr Assad mit allen diplomatischen Ehren empfangen wurde bzw. die Bundespräsidenten, Bundeskanzler und die Bundeskanzlerin zu Assad nach Syrien geflogen sind, um dort gute bzw. weniger gute Geschäfte zu machen. Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Mehr als 26 000 Menschen sind gestorben. An der Grenze Syriens zur Türkei toben blutige Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungssoldaten.

Das Regime Assad terrorisiert die syrische Bevölkerung. Laut dem jüngsten Bericht von Amnesty International nehmen die Truppen Assads verstärkt die Zivilbevölkerung unter Beschuss, greifen mit Luftangriffen und massivem Artilleriebeschuss gezielt diejenigen an, die sie als Unterstützer oder auch nur Sympathisanten der Oppositionellen vermuten.

Die durch die Regierungstruppen aufgegebenen Gebiete werden wahllos bombardiert, eine Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen findet nicht statt. Der Tod der in den umkämpften Gebieten lebenden Menschen, auch der Kinder, wird nicht nur in Kauf genommen, sondern ist offenkundig auch beabsichtigt. Menschenrechtsverletzungen, der Bruch des Völkerrechts und Kriegsverbrechen sind offensichtlich an der Tagesordnung.

Menschenrechts- und Hilfsorganisationen wie zum Beispiel Human Rights Watch werfen aber gleichermaßen den Aufständischen schwere Menschenrechtsverletzungen vor.

Zudem spielen immer mehr und deutlicher andere Länder, beispielsweise Saudi-Arabien und Katar - beides Länder übrigens, die von Deutschland mit Waffen beliefert werden - eine Rolle im Konflikt. Ausländische Kämpfer - unter ihnen offenkundig auch iranische Revolutionswächter - verfolgen eigene Interessen. Die Gemengelage ist also - das ist weder überraschend noch ungewöhnlich - unübersichtlich.

Ohne Zweifel ist jedoch, dass die große Mehrheit der syrischen Bevölkerung kein Interesse an einem bewaffneten Konflikt hat. Wer kann, flieht.

Laut Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen sind über eine viertel Million Menschen aus Syrien auf der Flucht. Die Zahl der Flüchtlinge innerhalb des Landes ist um ein Vielfaches höher.

Die Anrainerstaaten sind angesichts der Flüchtlingsströme überlastet. In Jordanien, der Türkei, dem Libanon und in den Grenzregionen Syriens leben Menschen unter zum Teil katastrophalen Bedingungen. Viele der durch Gewalt und Folter traumatisierten Flüchtlinge, die von den Nachbarländern Syriens aufgenommen wurden, können dort nicht die notwendige Hilfe erhalten.

Im Libanon und in den Flüchtlingslagern Jordaniens sind sie erneut mit Gewalt konfrontiert. Teilweise stecken sie im Niemandsland fest und laufen Gefahr, erneut zwischen die Fronten von nachrückenden Einheiten der syrischen Armee und bewaffneten Oppositionskräften zu geraten.

Griechenland und die Türkei haben bereits Flüchtlinge abgewiesen.

Vor Beginn des Bürgerkriegs war Syrien selbst Zufluchtsort oder auch Durchgangsstation für Flüchtlinge aus anderen Ländern, wie dem Irak oder auch Afghanistan und für sogenannte Staatenlose. Für diese Gruppe ist die Situation besonders schwierig. Sicherheit wird für diese Menschen in der gesamten Region auf absehbare Zeit nicht zu finden sein.

Meine Damen und Herren! Was kann nun die Bundesrepublik tun, was sollte, besser gesagt, was muss sie tun? - Die Bundesrepublik unterstützt Erstaufnahmestaaten. Das THW beispielsweise hilft beim Aufbau von Flüchtlingslagern in Jordanien. Das ist gut und richtig, aber das reicht nicht.

Die Europäische Union und mit ihr die Bundesrepublik müssen endlich ein eigenes Aufnahmeprogramm auf den Weg bringen und umsetzen. Und um es deutlich zu sagen: Die Überlegung, Länder wie Griechenland oder Zypern zum Auffanglager für die Flüchtlinge einerseits und damit gleichzeitig zur Abschirmzone für Mitteleuropa andererseits zu machen, ist damit explizit nicht gemeint.

Die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in diesen Ländern - im Übrigen auch mittlerweile mehrfach gerichtlich in Italien festgestellt - sind katastrophal und in weiten Teilen menschenunwürdig.

Der politische Wille und in Teilen auch die staatliche Leistungsfähigkeit, um diesen Menschen zu helfen, sind mehr als fraglich. Griechenland schloss Anfang dieses Monats mit dem ausdrücklichen Ziel, die aus Syrien erwarteten Flüchtlinge abzuwehren, die Grenzen.

Diese massive Abschottung der Landesgrenze zwischen Griechenland und der Türkei wiederum zwingt mehr Flüchtlinge zu der gefährlichen Fahrt über das Meer zwischen der Türkei und Griechenland. Dabei kommt es immer wieder zu schweren Unglücken. Auch in den letzten Wochen erreichten uns Nachrichten von gesunkenen Flüchtlingsbooten, sahen wir Bilder von Menschen in äußerster Not.

Das Abschieben der Verantwortung auf diese Länder kann nicht ernsthaft die Hilfsleistung der Europäischen Union sein.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielmehr sind die EU und alle ihre Mitgliedstaaten gefordert, Aufnahmeprogramme aufzulegen, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und sich um den sicheren Transfer vor allem von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, also von Menschen mit Traumatisierungen und Verletzungen, von unbegleiteten Kindern und alleinstehenden Frauen, zu bemühen.

Der Blick auf die Presseberichterstattung hierzulande lässt politische Mehrheiten dafür zumindest denkbar erscheinen. Auf Bundesebene forderten Ende August Außenpolitikerinnen und Außenpolitiker des Bundestages - über alle Parteigrenzen hinweg - die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien durch die Bundesrepublik.

Die Staatsministerin für Migration, Integration und Flüchtlinge Maria Böhmer erklärte ebenfalls, dass die Bundesrepublik Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen könne. Der Bundesaußenminister erklärte Anfang September, er könne sich ein Aufnahmeprogramm der Bundesregierung vorstellen, sehe es aber nicht als prioritär an.