Protocol of the Session on February 23, 2012

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Es gibt eine Nachfrage, Frau Ministerin. - Bitte sehr, Frau Hunger.

Ich möchte zu der Antwort auf die erste Frage noch einmal nachfragen. Es ging darum, was es so besonders schwer macht. Sie haben gesagt, es geht um die Beurteilung der Kippenböschung. So, wie Sie es dargstellt haben, heißt das für mich, dass das LAGB diese Untersuchungen, die schon die LMBV für ein Gutachten eigentlich machen müsste, noch einmal wiederholt. Sie haben ausdrücklich auf die Untersuchung der Kippenböschung als besondere Schwierigkeit abgestellt. Wenn das so kompliziert ist, dann gehe ich davon aus, dass das schon Teil des Gutachtens sein muss.

Die vorhandenen Dokumentationen müssen verifiziert, also nachvollzogen werden. Das gelingt im Moment nicht. Daran arbeiten die Gutachter. Das scheint mit besonderen Messproblemen und technischen Problemen vor Ort zusammenzuhängen.

Danke sehr, Frau Ministerin. - Damit ist die Fragestunde beendet. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 4.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt des Landes Sachsen-Anhalt zum Staatsvertrag der Länder Baden-Württemberg, Freistaat Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/516

Beschlussempfehlung Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung - Drs. 6/796

Die erste Beratung fand in der 13. Sitzung des Landtages am 11. November 2011 statt. Der Berichterstatter aus dem Ausschuss ist der Abgeordnete Herr Wunschinski.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der 13. Sitzung des Landtages am 11. November 2011 in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen worden.

Gemäß Artikel 69 Absatz 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt bedürfen Staatsverträge der Zustimmung des Landtages. Der Gesetzentwurf ist ein sogenanntes Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder Baden-Württemberg, Freistaat Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Seit dem 1. Januar 2011 können bundesweit die Gerichte in Gestalt der Strafvollstreckungskammern beschließen, dass bei einem aus dem Straf- oder Maßregelvollzug entlassenen Täter, der unter die Voraussetzungen des § 68b StGB fällt, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung durch Anlegung der sogenannten elektronischen Fußfessel durchgeführt wird. Das jeweilige Bundesland, in dem der Täter wohnt, ist verpflichtet, für diese elektronische Aufenthaltsüberwachung zu sorgen.

Für die Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist eine Überwachungsstelle erforderlich, die eingehende Ereignismeldungen entgegennimmt und im Hinblick auf möglicherweise notwendige Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder der Führungsaufsicht bewertet. Für diese Aufgabe soll eine gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder errichtet werden.

Die erste Beratung zum Gesetzentwurf fand in der 8. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung am 25. November 2011 statt. Dazu lag eine Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor, in der dem Gesetzentwurf der Landesregierung die Änderungsempfehlungen des GBD gegenübergestellt waren.

In dieser Sitzung stellte das Ministerium der Justiz den Gesetzentwurf und die Ziele des Staatsvertrages vor. Unterstützt wurden die Ausführungen durch die Leiterin der Abteilung Technik der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung, die an mitgebrachten Exemplaren elektronischer Fußfesseln die Wirkungsweise anschaulich erläuterte.

In der anschließenden Diskussion ging es unter anderem um die Frage, inwieweit es einem Probanden möglich sei, trotz der Anwendung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung Straftaten zu

begehen und zu verschleiern. Gleichfalls standen die den Datenschutz betreffenden Fragen im Mittelpunkt der Diskussion. Nach der Aussprache beschloss der Ausschuss, am 13. Januar 2012 eine Anhörung zum Thema elektronische Aufenthaltsüberwachung durchzuführen.

Zu dieser Anhörung waren Vertreter der Justizbehörden und des Datenschutzes des Landes Hessen, des Freistaates Bayern, des Landes Brandenburg und des Landes Sachsen-Anhalt eingeladen. Außerdem wurden die Polizeigewerkschaften, der Soziale Dienst und der Bund Deutscher Kriminalbeamter angehört.

Im Rahmen der Anhörung zu dem Gesetzentwurf wurde die Frage aufgeworfen, ob neben der Zustimmung des Gesetzgebers zu dem Staatsvertrag noch eine Transformation der in dem Staatsvertrag enthaltenen Ge- und Verbote durch eine entsprechende Ergänzung des Zustimmungsgesetzes oder anderer Gesetze, etwa des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt, erforderlich ist. Diese Frage wurde vom GBD verneint.

Die abschließende Beratung fand in der 12. Sitzung des Ausschusses am 3. Februar 2012 statt. Die CDU-Fraktion befürwortete das gemeinsame Umsetzungskonzept der Länder mit einer gemeinsamen Überwachungsstelle in Hessen, da es die kostengünstigste Variante sei.

Die SPD-Fraktion ergänzte, die Fußfessel könne für die Frage, wie künftig mit ehemaligen Strafgefangenen umgegangen wird, nicht die Lösung sein. Da jedoch Sachsen-Anhalt bundesrechtlich zum Umsetzung verpflichtet sei, mache es Sinn, eine gemeinsame Überwachungsstelle vorzuhalten.

Die Fraktion DIE LINKE machte deutlich, dass es sich um einen massiven Eingriff in die Grundrechte handele. Daher werde das Instrument der elektronischen Fußfessel abgelehnt, da es nach Auffassung der LINKEN nicht mit der Menschenwürde vereinbar sei.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies auf die im Rahmen der Anhörung angeführte Darstellung des Datenschutzbeauftragten, der grundsätzliche Bedenken gegen die Fußfessel geäußert hat. Die Fraktion begründete ihre ablehnende Haltung zum Gesetzentwurf auch damit, dass sich durch elektronische Fußfesseln Straftaten nicht vermeiden ließen.

Der Ausschuss stimmte dem Gesetzentwurf in der Drs. 6/516 mit 8 : 5 : 0 Stimmen zu. Ich bitte das Hohe Haus, sich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung anzuschließen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr für die Berichterstattung. - Im Ältestenrat ist vereinbart worden, keine Debatte zu führen. Wünscht dennoch jemand das Wort?

(Frau von Angern, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Frau von Angern, bitte sehr.

(Herr Borgwardt, CDU: Wir sprechen alle da- zu!)

- Gut, es wollen alle sprechen. Dann erteile ich den Rednern der Fraktionen in der Reihenfolge DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist richtig: Wir stimmen heute lediglich über die Frage ab, ob wir uns als Land einer zentralen elektronischen Überwachungsstelle anschließen - damit spart das Land Sachsen-Anhalt zweifelsohne Geld - oder ob wir eine eigene Überwachungsstelle für die Erfassung der Daten der sogenannten elektronischen Fußfessel vorhalten wollen.

Meine Fraktion wird die vorgelegte Beschlussempfehlung ablehnen, weil die vor uns liegende Entscheidung aufgrund einer politischen Entscheidung auf Bundesebene nunmehr erforderlich ist, die wir aber strikt ablehnen. Nur weil gegen unseren Willen zunächst A gesagt wurde, lassen wir uns nicht dazu drängen, nun auch B zu sagen.

Ich möchte die zweite Lesung zum Gesetzentwurf noch einmal nutzen, um zum einen die in der Anhörung im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung genannten Zweifel an dem Instrument Fußfessel im Rahmen der Verbrechensprävention deutlich zu benennen und zum anderen, um auch klar und deutlich unserer Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass entsprechend zurückhaltend mit dieser Strafe seitens der Gerichte in Sachsen-Anhalt umgegangen wird. Ein Hoffnungsschimmer ist es, dass seit Inkrafttreten der entsprechenden Regelung bisher keine einschlägige Verurteilung in unserem Land erfolgte.

DIE LINKE wurde durch die Anhörung nochmals darin bestätigt, dass die Fußfessel als Zwangsmittel mit der Menschenwürde und mit einer freiheitlich basierten Gesellschaft nicht vereinbar ist. Sie wirkt stigmatisierend und behindert die Resozialisierung der ehemaligen Gefangenen.

Zudem erbrachte die Anhörung, dass die Fußfessel keine Straftaten verhindert, sondern lediglich eine Aufenthaltsbestimmung ermöglicht. Die Wiedereingliederung wird erheblich erschwert, wenn der Betroffene die ganze Zeit das Gefühl haben muss, beobachtet zu werden. Dabei hilft es wenig,

wenn allein die eigene Wohnung beobachtungsfreier Raum ist.

Ferner benannte insbesondere der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Herr von Bose, einen ganz wesentlichen Grundsatz, den wir gerade im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung bzw. der Prävention unbedingt zu beachten haben. Die Prävention, die Resozialisierung und der Schutz der Bevölkerung können erfolgreich nur durch Menschen und nicht durch irgendeine Technik erfolgen.

Wir reden hier über die Menschen, die im Vollzug arbeiten, die die Führungsaufsicht wahrnehmen, die Bewährungshilfe leisten. Hier lohnt es hinzuschauen, anstatt verzweifelt Lösungen und das Allheilmittel allein in der Technik zu suchen. Denn gerade bei Menschen mit schwieriger sozialer Prognose bedarf es anderer Menschen, die bei einer gesellschaftlichen Integration unterstützend zur Seite stehen.

Menschen, meine Damen und Herren, werden nach Haftverbüßung entlassen, und das ist auch gut so. Wenn wir dann aber noch Sorge haben, dass sie weiterhin straffällig werden, bedarf es ganz anderer Maßnahmen als der Fußfessel. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Kolze, CDU: Richtig! Ein schärferes Strafrecht! - Herr Borgwardt, CDU, meldet sich zu Wort)

Herr Kollege Borgwardt hat eine Nachfrage. - Bitte sehr.

Frau von Angern, eines will ich nicht jetzt diskutieren, das werde ich im Ausschuss ansprechen. Sie neigen gelegentlich dazu, starke Adjektive und ähnliche Charakteristika zu verwenden, wenn Sie andere meinen.

Mich würde interessieren, wie Sie es meinen, dass das nicht verantwortungsbewusst sei und dass wir auf Technik setzten usw. Sie wissen doch ganz genau, dass Sie überhaupt kein Konzept haben und sich nicht daran beteiligen. Bereits jetzt können Gerichte entsprechend entscheiden. Wie gehen Sie als Juristin denn mit dem Fakt um?

Wenn ein Gericht so entscheidet, sagen Sie dann: Wir beteiligen uns nicht daran; lass es doch sein? - Aber der Fakt ist doch da. Ein Gericht könnte heute - das wissen Sie auch - entscheiden, dass eine elektronische Fußfessel zum Einsatz kommt. Dann sagen Sie als LINKE: Da spielen wir als LINKE nicht mit, weil wir das aus ideologischen Gründen nicht haben wollen? Sie verkennen damit die Realität, die jetzt schon gesetzliche Praxis ist. Wie gehen Sie denn damit um?

Haben Sie die Frage jetzt gestellt oder wollen Sie sie im Ausschuss beantwortet haben?

Im Ausschuss will ich auf andere Dinge eingehen, die Sie meinen, anderen unterstellen zu müssen. Das würde ich jetzt nicht tun.

Also nur kurz zu den Unterstellungen. Ich habe eben noch einmal nachgeschaut. Ich sprach von einer verzweifelten Suche in der Technik.

Sie haben natürlich Recht. Wir haben das Bundesgesetz, welches den Gerichten ermöglicht, die Fußfessel anzuordnen. Sie sind als Koalition natürlich in der schwierigen Situation gewesen, jetzt zu entscheiden, A oder B. Sie haben nicht die Möglichkeit wie die Opposition, C zu sagen. Das ist Ihre Verantwortung.

(Zustimmung bei der LINKEN)