Protocol of the Session on November 10, 2011

Zum ersten. In der Drs. 6/513 finden Sie den Gesetzentwurf der Landesregierung. Da geht es um die Änderung der Schulaufsicht und die schon viel zitierte, viel besprochene Aufhebung der Verbindlichkeit der Schullaufbahnempfehlung. Auf der Habenseite steht nach unserer Auffassung durchaus die Herauslösung der Schulaufsicht aus dem Landesverwaltungsamt. Dennoch bleibt unsere Kritik, lediglich den Schritt zu gehen, Beamte von A nach B zu schieben - und das weitgehend konzeptionslos. Unsere Bitte nach einem Konzept in dem federführenden Ausschuss blieb leider erfolglos. Das kann man ein wenig unter der Rubrik „Erst abschneiden und dann nachmessen“ verbuchen. Das bleibt unsere Kritik.

Der eigentlich wichtige Schritt bleibt im Wesentlichen im Vagen, wie schon bei der Antwort des Ministers auf die Frage des Abgeordneten Brachmann zu hören war, die Frage: Wie gehen wir künftig mit der Regionalisierung um? - Das wäre die eigentliche Substanz gewesen. Diese Substanz fehlt im Gesetz. Dort sehen wir allerdings erheblichen Handlungsbedarf.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Weil wir diesen Handlungsbedarf sahen - und auch sehen -, war es für uns zunächst einmal sinnvoll zuzustimmen, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung als Beratungsgrundlage dient. Diese Gesetzesberatung blieb aber nach unserer Auffassung weit hinter den Erwartungen zurück. Wir haben uns deshalb entschlossen, dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Nach meiner Auffassung ist in den Unterlagen ein Fehler. Wir haben uns nicht der Stimme enthalten, sondern wir haben den Gesetzentwurf abgelehnt.

Wir orientieren uns deshalb bei der Endabstimmung hinsichtlich der bleibenden Frage der Neugestaltung der Schullaufbahnempfehlung, meine Damen und Herren, an dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zum Zweiten also die Drs. 6/37. Die Kritik an der alten Regelung bleibt die gleiche. Wir haben darüber auch lange bei der Einbringung des Gesetzentwurfs diskutiert. Zum einen: Prognosen über künftige Entwicklungen bleiben immer vage, müssen immer vage bleiben, was keine Kritik - ich wiederhole das gern immer wieder - an den Grundschullehrerinnen und -lehrern als solche ist.

Zweitens. Wir halten es obendrein für fahrlässig, eine solche Schullaufbahnempfehlung verbindlich zu gestalten und damit in erheblichem Maße über die künftige Schullaufbahn entscheiden zu wollen. Da gibt es eine ganze Reihe von Indikatoren, die wir zumindest im Plenum diskutiert haben. Das muss einen nachdenklich machen.

Wir begrüßen, dass der Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eben nicht der Logik der Schullaufbahnempfehlung folgt. Dies hat er dem Gesetzentwurf der Landesregierung ganz eindeutig voraus, der auf halber Strecke - man kann auch sagen, auf einem Viertel der Strecke - stehenbleibt. Es geht um eine qualifizierte Bildungsberatung der Lehrkräfte mit Eltern und Schülerinnen und Schülern.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diesem Gesetzentwurf werden wir deshalb zustimmen; ergo werden wir der Beschlussempfehlung nicht zustimmen.

Zum dritten Punkt. Auch mit Blick auf die im Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagene Einführung der Drittelparität hätte ich mir ein wenig mehr Substanz - das war etwas dünn - sowohl vonseiten der Koalition als auch vonseiten des Kultusministers gewünscht; denn - dies ist im Rahmen der Einbringungsrede gesagt worden - Demokratie kann man nur durch Demokratie lernen, durch praktisches Erleben am eigenen Leibe.

Ich möchte auch sagen, dass wir an dieser Stelle außerordentlich enttäuscht darüber waren, dass überhaupt kein Impuls von der SPD-Fraktion gekommen ist, der erkennen lässt, dass man der

Frage des Ausbaus von Demokratie an der Schule wenigstens ein bisschen Interesse entgegenbringt. Das war reichlich dünn und enttäuschend.

Im Übrigen - für all diejenigen, die es interessiert - gibt es in Sachsen-Anhalt tatsächlich eine Schule, die die Drittelparität eingeführt hat. Diese Schule ist mittlerweile Trägerin des Deutschen Schulpreises geworden.

Zum vierten Punkt. In dem Gesetzentwurf, der sich zum Bildungs- und Teilhabepaket äußert, gibt es mindestens eine neue Ungerechtigkeit - das ist bei der Einbringung gesagt worden -, nämlich dass Schülerinnen und Schüler, deren Eltern Hartz IV beziehen und die bis zur 10. Klasse zur Schule gehen, in der Regel kostenlos befördert werden, während Schülerinnen und Schüler, deren Eltern Hartz IV beziehen, die einen sich anschließenden Bildungsgang besuchen, zum Beispiel das Gymnasium, einen Eigenanteil in Höhe von 100 € aufbringen müssen. Damit ist der Besuch einer weiterführenden Schule - das muss man ganz klar sagen - sehr wohl eine Frage des Geldbeutels.

Unser Gesetzentwurf hat den Versuch unternommen, zumindest den Kommunen die Option - nicht das Muss - einzuräumen, diesen Eigenanteil zu übernehmen. Dazu ist in der Anhörung bis auf eine Ausnahme sehr viel Zustimmung geäußert worden. Die juristischen Beurteilungen gehen diesbezüglich auseinander. Damit möchte ich Sie jetzt aber nicht quälen.

Ich möchte nur ankündigen - steter Tropfen höhlt den Stein -, dass wir darüber nachdenken, eine Bundesratsinitiative zu veranlassen und hier zur Abstimmung zu stellen, die darauf abzielt, im Gesetz festzuschreiben, dass die vollständige Verwendung des eigenen Regelsatzanteils für die Schülerbeförderung in der Regel nicht zumutbar ist. Damit haben alle Fraktionen juristisch einwandfrei die Möglichkeit, sich zum Sachverhalt als solches zu bekennen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Abgeordnete Bull. - Wir können an dieser Stelle Studentinnen und Studenten der Otto-von-Guericke-Universität begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Weigelt das Wort.

Recht herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bull, ich mache eine solche Erfahrung nicht zum ersten Mal: Wenn man als letzter Redner zu einem so

umfänglichen Paket spricht, dann muss man immer danach suchen, was noch nicht so ausführlich behandelt worden ist.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist doof!)

Dies fällt einem in der Regel recht schwer. Lassen Sie mich aus der Sicht der CDU-Fraktion den einen oder anderen Punkt erneut beleuchten und bewerten.

Ihnen liegt eine Beschlussempfehlung vor, die den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drs. 6/319 zur Grundlage hat; auf diesen möchte ich mich konzentrieren.

Ich habe bereits in meiner Rede im September 2011 bei der ersten Beratung zu diesem Gesetzentwurf darauf hingewiesen, dass wir als CDUFraktion und als Koalitionspartner diesen Entwurf der Landesregierung mittragen, obwohl wir an der einen oder anderen Stelle durchaus Bauchschmerzen haben - nun gut, wir machen Politik nicht aus dem Bauch heraus; deshalb möchte ich das ändern in: Kopfschmerzen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Mit Blick auf die Schulaufsicht sind wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner für die Neuorganisation der Schulaufsicht in unserem Land, weil wir uns Effizienzgewinne erhoffen, wenn Dienst- und Fachaufsicht in einer Hand liegen.

Wenn man die insbesondere von unseren Innenpolitikern vielfach vorgetragenen Bedenken hinterfragt, dann ist zu hören, dass es eventuell zu Stellenaufwüchsen kommt. Dies hat das Ministerium durch konkrete Antworten entkräftet. Die neue, im Organigramm sogenannte Abteilungsleiterebene im Landesschulamt führt also nicht zu einem Aufwuchs; denn es bleibt bei der Einordnung der zuständigen Person - das ist in der Frage beantwortet worden - in die Besoldungsgruppe A 16 und eben nicht in die B-Besoldung. Der Minister hat dazu umfassend ausgeführt.

Die Fragen, die von den Innenpolitikern gestellt wurden, waren nicht unberechtigt, aber die damit verbundenen Befürchtungen konnten, zumindest nach meiner Auffassung, entkräftet werden. Die Kostenneutralität - darauf möchte ich Wert legen - ist noch einmal bestätigt worden.

Anders sieht es bei der Frage nach dem zweiten Schritt, der Einbeziehung des Lisa, wie sie der Koalitionsvertrag vorschreibt, aus. Unter dem Begriff Einbeziehung kann man unterschiedliche Entwicklungen verstehen. Wir sind als Koalitionspolitiker und auch innerhalb der CDU-Fraktion mit Blick auf die Frage, wie wir dem Koalitionsvertrag an dieser Stelle Genüge tun können, erst am Beginn der Überlegungen. Dies muss ein ergebnisoffener Denkprozess sein; denn es hilft niemandem, wenn funktionierende Strukturen zerstört werden, ohne

dass sie durch bessere ersetzt werden. Das ist im Übrigen keine neue Erkenntnis, meine Damen und Herren.

Ein wirklich wunder Punkt ist nach der Auffassung der CDU - das ist nicht nur auf die CDU-Fraktion begrenzt - die Frage der zentralen Klassenarbeiten, die eben nicht zu unser vollen Zufriedenheit gelöst worden ist. Die Frage, ob es überhaupt zentrale Klassenarbeiten geben soll, hat sich zum Glück nicht mehr gestellt. Insofern ist der Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung durchaus als ein annehmbarer Kompromiss anzusehen.

Meiner Auffassung nach kommt es nicht so sehr auf die Quantität an, sondern darauf, was Schulaufsicht bzw. Schulevaluation bei lediglich einer zentralen Klassenarbeit als Evaluationsergebnis erwarten lassen. Dazu hat der Minister bereits einiges gesagt. Bei einem neuen Erkenntnisstand könnte man auf dem Verordnungswege noch korrigieren und nachjustieren.

Man muss im Auge behalten, dass die Quantität nicht so weit reduziert werden darf, dass irgendwann möglicherweise die Qualität auf der Strecke bleibt. Ich plädiere deshalb mit Nachdruck dafür, dass die Frage nach der richtigen Anzahl der zentralen Klassenarbeiten nach einem gewissen Zeitraum sich anhäufender Erfahrungen auf diesem Gebiet neu zu stellen und auf der Grundlage möglicher neuer Erkenntnisse erneut zu beantworten ist.

Im Großen und Ganzen folge ich der Bewertung des Gesetzesvorhabens in meiner Rede im September 2011, in der ich bereits die grundsätzliche Zustimmung meiner Fraktion zum Ausdruck gebracht habe. Ich bitte daher das Hohe Haus um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kultur. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Weigelt. - Damit ist die Debatte beendet und wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Es wurde von mehreren Rednern und Rednerinnen gesagt, dass es sich um sehr unterschiedliche Gesetzentwürfe handelt. Deshalb möchte ich die Abstimmung nicht im Paket durchführen. Vielmehr stimmen wir über die einzelnen Punkte der Beschlussempfehlung ab.

Ich rufe zunächst Punkt I der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kultur in der Drs. 6/534 auf. Es wird empfohlen, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung schulaufsichtlicher und schulfachlicher Regelungen in der Fassung der Beschlussempfehlung anzunehmen. Ich weise darauf hin, dass die Überschrift des Artikels 2 ge

ändert worden ist. Dies ist vonseiten des Berichterstatters vorgetragen worden. Sie lautet „Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt“ und ist nunmehr Bestandteil des Gesetzentwurfs. Wer folgt der Beschlussempfehlung einschließlich der soeben genannten Änderung? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE.

(Zuruf von der LINKEN: Und Frau Feußner!)

Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dem Punkt I der Beschlussempfehlung gefolgt worden und der Gesetzentwurf wurde in der Fassung der Beschlussempfehlung angenommen.

Ich rufe Punkt II der Beschlussempfehlung auf. Es wird empfohlen, den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE in der Drs. 6/37 abzulehnen. Wer folgt dieser Empfehlung? - Das sind die SPD-Fraktion und die Mehrheit der CDU-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es ist so beschlossen worden.

(Zuruf von der LINKEN: Und Frau Feußner!)

- Ich muss nicht jeden benennen, der seine Stimme abgibt. Wenn Sie möchten, dass das zu Protokoll genommen wird, dann müssen Sie einen entsprechenden Zwischenruf machen.

Ich rufe Punkt III der Beschlussempfehlung auf. Es wird empfohlen, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/84 abzulehnen. Wer dieser Empfehlung folgt, den bitte ich um das Kartenzeichnen! - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Empfehlung unter Punkt III gefolgt worden; der Gesetzentwurf wurde abgelehnt.

Nun stimmen wir über Punkt IV der Beschlussempfehlung ab. Es wird empfohlen, den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/328 abzulehnen. Wer folgt dieser Empfehlung? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt worden und der Beschlussempfehlung ist in allen vier Punkten gefolgt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 8 verlassen.

Wie bereits angekündigt, rufe ich zunächst den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt