Schulungen inhouse, also bei den Antragstellern selbst, durchgeführt werden. Zum anderen wurden auch Lohnkostenerstattungen gewährt.
Aus dieser Kombination von „Arbeitnehmer verbleibt am Arbeitsplatz“ und „Land zahlt Lohn“ ergeben sich selbstverständlich große Probleme bei der Kontrolle der Maßnahmen. Zugleich ergibt sich eine starke Motivationslage für kriminelle Handlungen, da es leicht möglich war, die Schulungen nur pro forma durchzuführen, die Mitarbeiter trotzdem arbeiten zu lassen und zusätzlich die Lohnkostenerstattung zu kassieren. So geschah es auch in einer erheblichen Zahl an Fällen.
Ich mache es an einem Beispiel deutlich: Ein Unternehmen mit neun Mitarbeitern schult gleichzeitig acht seiner Mitarbeiter inklusive seines Geschäfts
führers, und dies acht Stunden am Tag, sieben Monate lang. Dass ein Unternehmen sieben Monate lang gänzlich auf seine Belegschaft verzichten kann, erscheint mir ungewöhnlich.
Gut geschult, aber nur wenig produktiv. Solche Anträge wurden eingereicht und, obwohl sie schon anhand der Antragslage offenkundig unsinnig sind, auch bewilligt.
In dem beschriebenen Fall schaltete sich auch das Wirtschaftsministerium, damals unter der Leitung von Dr. Reiner Haseloff, ein und forderte mit Verweis auf den Wunsch der Hausleitung die schnellstmögliche Bewilligung dieses Projekts. Acht von neun Mitarbeitern wurden sieben Monate lang geschult - ein wegweisendes Konzept.
Spaßiger Fakt am Rande: Im Beispielfall wurde die Schulung von einem CDU-Stadtrat aus Bernburg durchgeführt, der praktischerweise auch selbst geschult wurde. Also er schulte sich selbst; das macht man ja mal.
Das Fehlen einer konkreten arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung und einer entsprechenden Evaluierung der Wirksamkeit der Förderung runden das Desaster ab.
Selbst wenn der Untersuchungsausschuss nur diese Missstände behandelt hätte, wäre das Untersuchungsergebnis wichtig, da es uns zeigen kann, welche Fehler bei der Konstruktion und Umsetzung der Fördermittelrichtlinie gemacht wurden, was man also künftig anders machen muss.
Die Regierungsfraktionen interessierten sich jedoch nicht dafür. Ihre Schlussfolgerungen nach drei Jahren Ausschussarbeit, 287 Akten, 58 Zeugen und 8 Millionen € Schaden - Herr Steppuhn sprach von 26 Millionen € und meinte damit einen größeren Bereich, als wir untersucht haben -, passen auf anderthalb Seiten.
Insgesamt wurden fünf Seiten für den Teil C vorgelegt; davon umfassen aber dreieinhalb Seiten die wortwörtliche Wiedergabe der Fragestellung. Das, meine Damen und Herren, ist eine Missachtung des Parlaments. Das ist eine Arbeitsverweigerung.
Anderthalb Seiten, Kollegen. Also wirklich! Man kann sich doch nicht hinstellen und sagen: 8 Millionen € Schaden - mir doch Wurst. Wenn der Landtag jemanden beauftragt, dann muss man sich doch inhaltlich kümmern und der Sache auf den Grund gehen. Mit anderthalb Seiten ist das nicht getan.
Ich erwarte ja nicht, dass Sie unsere Einschätzung zu persönlichen Verwicklungen teilen. Aber ich hätte schon erwartet, dass die Koalition eine Meinung zum im großen Stil erfolgten Fördermittelbetrug hat sowie Ursachen und Lösungsansätze benennen möchte. Anderthalb Seiten inhaltlicher Abschlussbericht. Dass sich nicht der Boden auftut und die Koalitionsfraktionen vor Scham versinken, ist allein der soliden Statik des Gebäudes geschuldet.
Das Ziel dieses Verhaltens ist natürlich klar. Man will damit sagen: Da war doch nichts; das sind Weihnachtsmärchen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch für einen reingewaschenen Abschlussbericht wäre eine intensive Auseinandersetzung mit den 288 Akten und 58 Zeugen nötig gewesen. Das Ergebnis hätte euch vermutlich nicht gefallen. Insofern sind diese anderthalb Seiten in gewisser Art und Weise auch ein Eingeständnis.
Bei der Einsetzung des Ausschusses gab es darüber hinaus den Verdacht, dass es ein System gab, bei dem rechtswidrige Fördermittel gegen Parteispenden an die CDU ausgereicht wurden. Für eine solche Verbindung von rechtswidrigen Fördermitteln und Parteispenden hat der Untersuchungsausschuss keine Belege gefunden.
Dass es innerhalb und im Umfeld der Dessauer CDU eine Gruppe von Menschen gab, die intensiv in den Fördermittelbetrug und die rechtswidrige Fördermittelvergabe verstrickt waren, hat sich im Ausschuss bestätigt und ist bekanntlich auch Gegenstand verschiedener staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.
Wie wurde gehandelt? - Eine der örtlichen Hauptfiguren war ein Herr Dietmar B. Er war für das IHKBildungszentrum in Dessau tätig, gehört der CDU an und saß für die CDU im Verwaltungsrat der Dessauer Sparkasse. Er sprach sehr offensiv mit Unternehmen und versuchte, sie für einen Fördermittelbetrug nach dem eben von mir erläuterten Muster zu gewinnen. Eine Zusammenarbeit bestand dabei mit einem Michael S., einem Mitarbei
Auf seine Handlungen muss ich kurz eingehen, da dies für die Bewertung des Gesamtvorgangs wichtig ist. Er wies in mehreren belegten Fällen das als Bewilligungsbehörde tätige Landesverwaltungsamt an, Projekte, die dem Fördermittelbetrug dienten, zu bewilligen, darunter auch das anfangs genannte Beispiel, wobei sich das in diesem Fall konkret auf die Hausspitze bezog.
schwächliche Fördermittelkontrolle und ließ sich über beabsichtigte Vor-Ort-Kontrollen vorab informieren. So war es ihm wichtig, an einer Vor-OrtKontrolle bei der Firma Fenger Personalservice GmbH des Kemberger CDU-Stadtrates Torsten F. teilzunehmen. Da ihm der vorgesehene Termin nicht zusagte, ließ er ihn verlegen, später ermittelte die Staatsanwaltschaft.
Herr S. erhielt für seine Tätigkeit offenbar materielle Belohnungen. Belegen lässt sich eine Zahlung über 6 000 €. In diesem Fall hat Herr S. als Mitarbeiter des Ministeriums eine rechtswidrige Maßnahme der Pauly Biskuit AG befürwortet. Er war gemeinsam mit Herrn B. auch zum Gespräch im Unternehmen.
Die Zahlung erfolgte von der Pauly Biskuit AG über eine fingierte Rechnung der Dessauer BaustoffService. Wir wissen von diversen weiteren Anweisungen des Herrn S. an das Landesverwaltungsamt, entsprechend zu handeln.
Es gibt ein besonders absurdes Projekt, das ich jetzt überspringe, da ich jetzt nicht so viel Zeit habe, bei dem Herr B. 150 000 € als sozusagen ehrenamtlicher Projektkoordinator bekommen hat.
So viel als kleiner Auszug dazu, wie die Straftaten in der Praxis abliefen und wie insbesondere das Wirtschaftsministerium in Gestalt des Herrn S. agierte. Eine wichtige Frage ist nun: Wie geht die Landesregierung mit solchen krassen Korruptionsvorgängen im eigenen Ministerium um?
Was ist aus dem besagten Herrn S. geworden? Auf welcher einsamen Insel geht er jetzt seiner Arbeit nach? - Ach was, er arbeitet natürlich noch immer in der gleichen Abteilung. Trotz der gravierenden Vorwürfe - Geld ging hin und her und klare rechtswidrige Anweisungen - sah man sich bis zum heutigen Tage nicht veranlasst, eine Versetzung vorzunehmen.
Bei Bekanntwerden der Vorwürfe wurde von zuständigen Mitarbeitern versucht, die Versetzung zu erreichen - erfolglos. Die damalige Personalchefin Frau Monika L. setzte sich vergeblich für seine Versetzung ein.
Wieso verbleibt er auf seinem Posten? Wieso wird den nachgeordneten Mitarbeitern des Landesverwaltungsamtes zugemutet, dass jemand mit einer solchen Geschichte auf der vorgesetzten Stelle verbleibt?
Am 19. Juni 2006 sandte der Zeuge Wolfgang B. auf den Wunsch des damaligen Ministers Dr. Reiner Haseloff hin eine E-Mail, in der die vorrangige Bewilligung zweier Projekte gefordert wurde. Beide Projekte stellten sich als Teil des Fördermittelbetrugs heraus.
Weil es nicht schnell genug ging, fragte Herr S. - ich erwähnte ihn bereits - später nach und erinnerte an den Wunsch des Ministers.
(Herr Schröder, CDU: Nicht verwandt und nicht verschwägert! - Herr Gallert, DIE LIN- KE: Erst mal nachweisen!)
- Gut, das will ich nicht behaupten. - Ein unglaublicher Vorgang! Wieso um alles in der Welt wünschte Reiner Haseloff die betrügerischen Projekte? Auf diese nun wirklich naheliegende Frage gab uns der Ministerpräsident keine brauchbare Antwort. Er wisse es nicht mehr. Auch sonst weiß es niemand. Aufzeichnungen gebe es nicht. Die vom Ministerpräsidenten vor dem Ausschuss im Zeugenstand gegebene Antwort entspricht nach meiner Überzeugung nicht der Wahrheit.
Es ist nicht vorstellbar, dass das Ministerium ausdrücklich zwei Maßnahmen wünscht, ja sogar drängt, weil es nicht schnell genug geht, dann jedoch später nicht mehr wissen will, wieso es sich das so sehr wünschte.