Protocol of the Session on November 13, 2015

Insoweit habe ich mich heute gefreut, als ich auf der ersten Seite der „Volksstimme“ gelesen habe, dass das jetzt auch von den Medien unterstützt wird. Das ist tatsächlich ein Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung. In der Vergangenheit bin ich für die Forderung nach einer Frauenquote immer gescholten und kritisiert worden mit dem Hinweis, auch eine Quote würde nichts ändern.

Richtig ist - Frau Lüddemann, darin gebe ich Ihnen völlig Recht -, manche Dinge lassen sich nicht von heute auf morgen ändern. Sie haben mit Ihrem Antrag den Fokus auf einen Bereich gerichtet, in dem es besonders schwer ist, signifikante Fortschritte zu erreichen. Darauf werde ich gleich noch eingehen.

Es geht heute um die Besetzung von Aufsichtsgremien, Aufsichtsräten, Beiräten und in Gesellschaften, an denen das Land beteiligt ist. Die Zahlen können Sie nicht nur im Beteiligungsbericht nachlesen, sondern ich habe Ihnen bereits den aktuellen Fünfjahresbericht über die Umsetzung des Frauenfördergesetzes für den Zeitraum von 2009 bis 2014 zugeleitet.

Auch hier haben wir für diesen Bereich festgestellt, dass wir keine Fortschritte, sondern sogar einen Rückschritt haben. Wir haben nämlich einen Rückgang von 27 % auf 21 %. Das ist völlig richtig. In dem Bereich stößt das Frauenfördergesetz an Grenzen.

Ich gestehe, ich bin mir auch nicht sicher, dass die Aufnahme einer Frauenquote in ein modernes Gleichstellungsgesetz automatisch dazu führen würde, dass die Gremien jetzt gerechter besetzt werden, weil die Gremienbesetzung in vielen Fällen davon abhängig ist, wer eine bestimmte Funktion innehat.

Das bestimmt nicht nur die Landesregierung. Auch die Fraktionen haben in bestimmte Aufsichtsräte und Gremien Vertreter zu entsenden. Hierbei ist es aus meiner Sicht notwendig, dass wir eben nicht nur im Frauenfördergesetz, sondern in allen Regelungen, in denen die Besetzung von Gremien geregelt wird, entsprechende Quotenregelungen haben. Ich glaube, anders funktioniert es nicht.

Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass in den Aufsichtsräten meistens Minister und Staatssekretäre sitzen. Es sind aber auch Abteilungsleiter. Wir haben auf dieser Ebene eben noch überwiegend Männer. Das führt dazu, dass aufgrund der Funktion dann eben auch die Besetzung der Aufsichtsräte hauptsächlich männlich ausgerichtet ist.

Wir haben versucht, uns die Regelungen anzuschauen und die einzelnen Ministerien dafür zu sensibilisieren, sich zu überlegen, ob wirklich eine so hochrangige Vertretung gewährleistet werden muss oder ob nicht auch die Ebene der Referatsleiter einbezogen werden kann. Das ist bisher leider noch nicht in dem Ausmaß umgesetzt worden, wie ich mir das gewünscht habe. Das heißt, da müssen wir tatsächlich auch an die zugrunde liegenden Satzungsregelungen herangehen.

Dass wir nichts getan haben, stimmt nicht. Ich möchte Ihnen auch ausdrücklich widersprechen, Frau Lüddemann. In Sachsen-Anhalt werden Frauen durchaus gefördert. Wir haben richtig gute Frauen. Die Staatskanzlei hat in den letzten Jahren erfolgreich ein Mentoringprogramm umgesetzt.

Das wäre für mich auch eine gut Grundlage. Wir können ausgehend von den Teilnehmerinnen einen Pool bilden, der dann auch für die Besetzung dieser Funktionen zur Verfügung steht. Es ist eben immer noch Realität, dass ich mir oft anhören muss, dass man keine Frau für die Besetzung einer bestimmten Position gefunden hat.

Insoweit bin ich dafür, hier konkrete Angebote zu machen. Ich bin mir sicher, dass es ganz viele gut qualifizierte Frauen in Sachsen-Anhalt gibt, die in der Landesverwaltung tätig und auch bereit sind, diese Funktion zu übernehmen.

Ich glaube, wir haben im Ausschuss tatsächlich die Gelegenheit, uns noch einmal im Detail darüber zu unterhalten, welche weiteren Möglichkeiten es gibt. Sie haben den Beteiligungsbericht erwähnt. Dem Beteiligungsbericht kann man heute schon die Namen der einzelnen Mitglieder der Aufsichtsgremien

entnehmen. Daraus kann man für die einzelnen Gremien auch auf den Frauenanteil schließen.

Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Bullerjahn an den nächsten Beteiligungsbericht noch eine Übersicht über die Entwicklung der Frauenquoten in den Aufsichtsgremien anfügt, sodass man das eben auch für die einzelnen Unternehmen darstellen kann.

Insoweit denke ich, dass die Diskussion ein ganz wichtiger Schritt ist. Sie haben völlig Recht, wir werden nur dann eine Veränderung erreichen, wenn es uns gelingt, in einem modernen Gleichstellungsgesetz konkrete Zielquoten zu verankern. Ich bin mir sicher, dass wir das nach dem März 2016 auch hinkriegen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Frau Ministerin. - Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Als erste Rednerin wird für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Quade sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Ausgangslage anschauen, dann müssen wir in der Tat festhalten, dass bei der Nominierung und Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern des Landes für Gremien der Anstalten des öffentlichen und des privaten Rechts, Gremien wirtschaftlicher Unternehmen und sonstiger juristischer Personen oder eben sonstiger Einrichtungen, auf deren Gremienbesetzung das Land Einfluss hat, sogar relativ viele verschiedene Beschlüsse gelten. Natürlich gilt das Frauenfördergesetz. Es sind festgeschriebene Verfahrensweisen vorgesehen. Nicht zuletzt macht der Koalitionsvertrag eine ziemlich klare Aussage dazu.

Die Einbeziehung der Gleichstellungsbeauftragten in die Vorschlagsentwicklung, die Rücksprache mit dem für die Frauenförderung zuständigen Ministerium, also mit Ihnen, Frau Ministerin, und der Auftrag an die Ministerien, die Frauenanteile zu erhöhen - das alles ist vorgesehen worden. Das alles ist, wenn man sich die politische Verfasstheit anschaut, sogar relativ progressiv formuliert worden. Aber das alles ändert nichts daran, dass die Beschlusslage und die Wirklichkeit meilenweit auseinanderklaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die wiederholten politischen Absichtsbekundungen ändern daran im Übrigen genauso wenig. Der Anteil von Frauen an dem vom Land SachsenAnhalt zu besetzenden Aufsichtsgremien beträgt nur knapp 20 %. Er ist damit im Vergleich zu vergangenen Jahren sogar noch leicht rückläufig.

Bei mehr als drei Viertel der Unternehmen mit Landesbeteiligung ist das Land wirklich noch weit davon entfernt, die Posten hälftig mit Frauen zu besetzen.

Es ist gesellschaftspolitisch schlichtweg nicht zu erklären, dass Frauen, die mehr als 50 % der Bevölkerung ausmachen, nach einer guten bzw. sehr guten abgeschlossenen Ausbildung nur zu einem sehr geringen Anteil in Spitzenpositionen der Wirtschaft, in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Landesbeteiligung und eben auch der Landesverwaltung vertreten sind. Dazu zähle ich im Übrigen auch die Riege der Staatssekretäre, Frau Ministerin. Ein Anteil von 20 % lässt eben nicht auf gleichberechtigte Teilhabe schließen. Das ist schlichtweg nicht akzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren! Die Differenz zwischen den Beschlüssen, der Verkündung und der gleichstellungspolitischen Realität zeigt eben - Frau Lüddemann sagte es -, dass Papier geduldig ist. Die Gleichstellung lässt sich nicht mit Beschlüssen für die Galerie herstellen. Gleichstellung muss aktiv betrieben werden. Es ist in den Augen meiner Fraktion erwiesen, dass das nur mit einer konsequent umgesetzten Quote geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen eine Frauenquote von 50 %, und zwar im öffentlichen Dienst, in der Wirtschaft, in allen Führungsebenen und eben auch in Aufsichtsräten. Die Frauenquote wird mittelfristig den Anteil von Frauen in Führungspositionen signifikant verbessern und letztlich zu Geschlechterparität führen. Sie muss verbindlich festgeschrieben werden. Sie muss im Frauenfördergesetz gesetzlich verankert werden.

Für uns als LINKE ist es ebenso klar, dass die Quote nur ein Teil, nur ein Mosaikstein und ein Vehikel auf dem Weg zu Geschlechtergerechtigkeit sein kann. Denn Gleichstellung braucht mehr als eine Quote.

Es muss darum gehen, die systematische Benachteiligung der Frauen in allen Bereichen des Lebens, in der Arbeitswelt, in der Repräsentanz und in der gesamten Gesellschaft abzubauen.

Dass der politische Wille allein nicht ausreichend ist, zeigen die aktuellen Befunde. Dass er augenscheinlich nicht stark genug ist, ist ein Armutszeugnis für die Politik im 21. Jahrhundert.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir werden den Antrag der GRÜNEN selbstverständlich unterstützen. Das entspricht vollständig auch unserer Position.

Ich komme zum Alternativantrag. Sie haben jetzt fünf Jahre Zeit gehabt, um genau das zu tun, was sie mit dem Alternativantrag noch einmal irgendwie festschreiben wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und nein, meine Fraktion hat in der Tat nicht das Vertrauen, dass eine Bitte des Landtages, die eigenen Beschlüsse einzuhalten, irgendetwas daran ändern wird und irgendwelche Ergebnisse zeigen wird.

Zum Berichtswesen und zur Beteiligung des Parlamentes ist zu sagen, ich finde es schon spannend. Wir haben einen öffentlichkeitswirksam gegründeten Beirat, einen Gleichstellungsbeirat beim Ministerpräsidenten. - Er ist nicht da; das trifft es.

Es wäre spannend gewesen zu erfahren, was der eigentlich macht, was da zur Umsetzung der Maßnahmen, die Sie in Ihrem Alternativantrag einfordern, eigentlich besprochen worden ist. Das wäre tatsächlich spannend gewesen. Der Alternativantrag ist in dem Fall das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt worden ist. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Frau Quade. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Koch-Kupfer. Doch zunächst haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler des Jahn-Gymnasiums Salzwedel bei uns begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Artikel 34 der Landesverfassung des Landes Sachsen-Anhalt verpflichtet das Land und die Kommunen, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Trotz zweifellos erzielter Erfolge in den vergangenen Jahren ist das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit in Sachsen-Anhalt noch nicht erreicht.

Die Gleichstellung ist nicht in allen Lebensbereichen verwirklicht worden. Für Frauen und Männer stellt sich die Teilhabe in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen nach wie vor unterschiedlich dar, wobei insbesondere Frauen, aber eben nicht ausschließlich, von Benachteiligungen betroffen sind.

Daher legt das seit dem Jahr 1993 geltende Gesetz zur beruflichen Förderung von Frauen, also das Frauenfördergesetz des Landes Sachsen-Anhalt, für den öffentlichen Dienst hierbei Maßnahmen fest, um die Unterrepräsentanz von Frauen abzubauen.

Ja, es ist richtig, die Koalitionsfraktionen haben im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2011 für diese Wahlperiode vereinbart, konkrete Schritte zur Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern in die Wege zu leiten und die Erhöhung des Frauenanteils auf 40 % in gehobenen Funktionen der Landesverwaltung und der nachgeordneten Bereiche voranzutreiben. Sachsen-Anhalt setzt sich besonders für Lohngerechtigkeit und für die Förderung der Karrierewege von Frauen durch vielfältige Maßnahmen ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über eine darüber hinaus gehende Fortentwicklung unseres alten Frauenfördergesetzes wurde bereits viel diskutiert, auch eben wieder. Meine Fraktion fordert bereits seit über einem Jahr öffentlich, dieses durch ein modernes und zeitgemäßes Gleichstellungsgesetz zu ersetzen.

Das Gesetzesziel zur Durchsetzung der Gleichstellung muss es insbesondere sein, in der Verwaltung des Landes unabhängig von ihrer Rechtsform, in den kommunalen Gebietskörperschaften und in den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts den Anteil von Frauen und Männern zu erhöhen, soweit sie in einzelnen Bereichen unterrepräsentiert sind.

Weitere Gesetzesziele müssen die Schaffung von Bedingungen sein, die für beide Geschlechter die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen sowie der Ausgleich von Nachteilen, die als Folge einer geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung entstehen.

Ja, es muss hier auch noch einmal deutlich gesagt werden, es liegt nicht an meiner Fraktion, dass ein solches Gesetzesvorgaben in dieser Wahlperiode wohl nicht mehr kommen wird. Der Ball liegt nicht auf unserer Seite des Spielfeldes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sensibilisiert für einen wichtigen Punkt. Ein Ziel für die Verwirklichung von Chancengleichheit ist die im Frauenfördergesetz geforderte, aber nach wie vor nicht umgesetzte paritätische Besetzung von Gremien mit Frauen und Männern.

Wenn wir uns den prozentualen Frauenanteil im Rahmen der Gremienvertretungen des Landes Sachsen-Anhalt bei Unternehmen des privaten Rechts mit unmittelbarer und mittelbarer Landesbeteiligung anschauen, dann kommt man nicht umhin, festzustellen, dass die bereits genannte Quote von 21 % viel zu niedrig ist.

Besonders erschreckend ist es, dass der Frauenanteil bei den Anstalten des öffentlichen Rechts mit gerade einmal 13 % ganz besonders niedrig ist. Meine Fraktion gibt sich hier nicht mit der