Protocol of the Session on February 3, 2011

- Machen Sie doch; Sie können ja die Schlaglöcher privatisieren. Vielleicht finden Sie einen Käufer dafür.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Ein zweites Problem in dem Zusammenhang: Ich habe nicht gesagt, dass die Kommunen dafür keine Verantwortung haben. Ich habe sehr wohl in meinem Beitrag ausgeführt, dass durch eine Falschräumung Schäden entstanden sind. Aber auch durch die Inanspruchnahme von Eigentümern für ihre Räumpflicht hätten Straßenschäden verhindert werden können. Das habe ich gesagt, und das ist auch so.

Wenn ich sehe, wie manche Räumungspflicht wahrgenommen wird, dann stehen einem die letzten Haare zu Berge, die man noch hat. Offensichtlich ist es wirklich so, dass die Leute seit 20 Jahren nicht mehr wissen, wie ein Winter ist. Sie hätten sich zum Beispiel in Hohenwarsleben oder in Hermsdorf angucken können, dass die Straßeneinläufe zugeschoben werden, sodass das Wasser gar nicht abfließen kann. Jeder, der mal einen Winter mitgemacht hat, weiß, ich muss die Einläufe frei halten, damit beim Einsetzen von Tauwetter das Wasser ablaufen kann. So einfach ist das.

Kollege Grünert, Sie hätten mir eigentlich nur Ja oder Nein zu sagen brauchen.

Nein, weil Sie vorhin so ein bisschen Hosen runter gesagt haben.

Ich habe jetzt niemandem zu einer Nachfrage das Wort erteilt. Insofern, Herr Grünert, können Sie sich setzen, weil der Minister jetzt redet.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Minister macht ja dann noch einmal die Runde auf.

Meine Damen und Herren! Selbst auf die Gefahr hin, dass ich die Runde noch einmal aufmache, aber jetzt wird es wirklich ärgerlich, und zwar deshalb: Sie haben 20 Millionen € gefordert. Eine Opposition hat jederzeit das Recht, das zu machen. 15 Millionen €, sagen die Regierungsparteien, geben wir, und zwar als Hilfe für die Kommunen. Dann muss man auch vonseiten der Opposition erst einmal Danke dafür sagen, dass wir das aufgegriffen haben.

(Zuruf von der LINKEN)

- Sie müssen das nicht machen; ich warte auch gar nicht darauf. Das war 20 Jahre lang nicht der Fall, und ich will auch an den letzten Tagen nicht noch Beifall bekommen.

Aber, meine Damen und Herren, eines ist doch deutlich: Wir bemühen uns, den Kommunen entgegenzukommen. Dass die Kommunen aber ihren Eigenanteil mit leisten müssen, dass wir nicht die Aufgaben mit übernehmen, das muss doch jedem klar sein. Es kommt der nächste Winter, und jedes Jahr kommen dann neue Forderungen.

Ich weiß gar nicht, wie Sie das alles vor dem Hintergrund der Bildungsausgaben und der vielen anderen Dinge mit auf den Weg bringen wollen. Wir müssen diejenigen ihre Schularbeiten machen lassen, die die Schularbeiten bekommen haben, meine Damen und Herren. Das ist so.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie sagten, das Programm ist noch nicht da. Deshalb muss ich jetzt doch einmal ein bisschen fachlich werden. Der Punkt ist doch, dass wir im Moment die vorhandenen Schlaglöcher nur mit Kaltasphalt füllen können, meine Damen und Herren. Dieser Kaltasphalt wird in den nächsten Wochen und Monaten wieder herausgefahren. Mit der eigentlichen Sanierung werden wir erst beginnen können, wenn der Winter vorbei ist. Das ist die fachliche Begründung.

(Zustimmung bei der CDU)

Deshalb können wir jetzt noch gar nicht sagen, wer wann welche Mittel bekommen wird. Wo die Not am größten ist - um es einmal so zu sagen -, dort werden wir vom Landesbetrieb Bau die Schäden aufnehmen lassen und dann entsprechend helfen.

Aber wir werden nicht mit der Gießkanne an jeden Landkreis so und so viel Geld verteilen und sagen: so, nun macht das, und im März oder April kommen sie wieder mit den anderen Problemen. Wir müssen jetzt erst einmal den Winter abwarten. Danach wollen wir ordentlich sanieren. Das ist die Aufgabe.

Letzte Anmerkung: Die Kommunen müssen doch wenigstens ein paar Mittel eingestellt haben, aus denen sie die 25 % dazugeben können. Wir können doch keine 100-prozentige Förderung ausreichen. Das soll gar nicht erst einreißen.

Mein Großvater hat immer gesagt: Geschenktes Geld, da musst du zwei Mal hingucken; das ist nicht in Ordnung. Jeder muss seinen Anteil erbringen und wir helfen. Das ist der Beitrag dieser Koalition. Dafür bin ich den Koalitionsfraktionen dankbar.

In Richtung Haushalt - jetzt ist Frau Dr. Hüskens leider weg -: Die Mittel müssen aus den Einzelplänen erwirtschaftet werden. Die Ressorts bekommen die Aufgabe, so wie es bei der globalen Minderausgabe auch immer gemacht wird. Wir sind doch nicht erst seit gestern im Parlament. Wir machen das doch seit 20 Jahren.

Die Ministerien haben dann die Aufgabe, im Rahmen ihrer eigenen Haushaltsführung den Betrag zu erwirtschaften. Die Entscheidung, aus welchem Titel sie das nimmt, müssen wir der Exekutive überlassen. Wozu sind wir denn eigentlich da? Wozu haben Sie denn Minister? Wozu haben Sie eine Verwaltung? - Damit wir das machen. Sie geben uns den Auftrag und wir erledigen das. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Kann ich die Debatte beenden? Denn praktisch und theoretisch ist sie noch einmal eröffnet worden. - Aber ich sehe keine weitere Wortmeldung.

Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/3081 und zur Drs. 5/3115. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drs. 5/3115 ab. Wer stimmt dem zu? - Das ist die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die drei anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.

Jetzt stimmen wir über den Antrag selbst in der Drs. 5/3081 ab. Wer stimmt zu? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die FDPFraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 23.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Beratung

Nachschulische Freizeit-, Bildungs- und Betreuungsangebote für Förderschülerinnen und Förderschüler

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/3082

Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/3112

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Bull. Bitte sehr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Welches Problem steckt hinter diesem Antrag? - Stellen Sie sich einfach vor, Sie sind Eltern eines Kindes mit Behinderung. Die Art der Behinderung wollen wir an dieser Stelle zunächst erst einmal unbeachtet lassen. Die Problemlage differenziert sich nachher noch aus.

Und - das ist einer der entscheidenden Punkte - Sie sind in der glücklichen Lage, berufstätig zu sein und einen halbwegs gut bezahlten Ganztagsjobs zu haben. Wie sieht es nun aus mit den Entwicklungsmöglichkeiten Ih

res Kindes, mit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bzw. wie sieht es aus mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Ist das Kind im Kita-Alter, geht das Ganze weitgehend problemlos und stressarm. Es gibt eine ganze Reihe von qualifiziert arbeitenden Kitas. Wenn Sie viel Glück haben, ist der Weg nicht so ganz weit. Ihr Kind kann sich entwickeln, meistens sogar gemeinsam mit gleichaltrigen Kindern.

Dieser Zustand ist zwar aus der Perspektive der Kinder ohne Behinderung immer noch ein riesiges Problem. Sachsen-Anhalt liegt mit einer Quote von 11 % ganz hinten, ist also bundesweit Schlusslicht. Aber immerhin, Kinder mit Behinderungen werden vollständig integrativ betreut.

Kommt das Kind ins Schulalter - nehmen wir an, es kommt in die Grundschule -, beginnt es problematisch zu werden. Die allermeisten Kinder besuchen - das haben wir gestern in der Debatte schon gehört - nach wie vor die Förderschule. Aber zunehmend kommen wir an der Stelle ein Stück weiter. Zunehmend besuchen die Kinder den gemeinsamen Unterricht in der Grundschule.

Am Nachmittag haben Sie genau zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es zwischen dem Unterrichtsende und der Abfahrt des Schülerbusses eine Art Betreuung, die in der Regel von pädagogischen Mitarbeiterinnen geleistet wird. In der Praxis ist das nicht viel mehr als Aufpassen. Es kann wegen der fehlenden Ressourcen auch nicht viel mehr sein. Das heißt, die Eltern können zumindest bis 15 Uhr arbeiten. Das entspricht etwa einem SechsStunden-Job.

Oder, wenn Sie ganz viel Glück, Beziehungen oder Geduld in der Warteschlage haben, dann bekommen Sie einen Platz in einem integrativen Hort nach KiFöG. Einige von Ihnen kennen vielleicht das Kinderförderwerk in Magdeburg oder den Verein Lebenstraum in Halle, die ein solches Angebot vorhalten. Sie können also beruhigt Ihrer Arbeit nachgehen; denn dort wird nicht nur aufgepasst, dort wird eine richtig gute, interessante Arbeit und integrative Bildung geleistet.

Diese Horte erhalten eine zusätzliche Pauschale, zwar nach einer nicht mehr geltenden Verordnung, aber immerhin. Diese Pauschale bekommt der Hort nur dann, wenn Ihr Kind eine Grundanerkenntnis bekommt.

An dieser Stelle zeigt sich bereits das erste Problem. Denn eine Behinderung im Sinne des SGB XII - nur die führt im besten, im vernünftigen Fall zu einer Grundanerkenntnis - ist nicht das Gleiche wie ein sonderpädagogischer Förderbedarf. Es ist nicht nur nicht das Gleiche, es ist auch nicht deckungsgleich.

Welche Folgen hat das? - Das hat zum Beispiel zur Folge, dass bei Kindern mit so genannter geistiger Behinderung - im Bereich des sonderpädagogischen Förderbedarfes ist das der Förderschwerpunkt der geistigen Entwicklung - nicht nur am Vormittag in der Schule ein sonderpädagogischer Förderbedarf anerkannt wird - beim gemeinsamen Unterricht ist das verbunden mit zusätzlichen Lehrerstunden -, sondern für sie wird auch eine Zusatzpauschale an den Hort gezahlt. Das ist in Ordnung.

Kinder mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung erhalten am Vormittag eine sonderpädagogische Förderung. Sie gelten aber im Sinne des

SGB XII nicht als behindert. Das heißt, für die Betreuung am Nachmittag entfällt die Zusatzpauschale.

Hier kommen wir an einen sehr schwierigen Punkt, meine Damen und Herren. Das betrifft den Punkt 4 unseres Antrages. Das heißt, das nächste Parlament muss irgendwann die Frage beantworten, ob ein Hort nach KiFöG für diese Kinder zusätzliche Ressourcen erhalten soll oder ob es als Aufgabe der Pädagogik angesehen wird, mit allen Kinder zu arbeiten, auch wenn es nicht immer gleich zusätzliche Mittel gibt. Schließlich gibt es für die Kitas auch keine zusätzlichen Mittel.

Das ist der Grund, weshalb in der Stadt Halle ein freier Träger gesagt hat, dass er diese Kinder nicht mehr aufnimmt, weil das bei einem Betreuungsverhältnis von 25 : 1 nicht mehr leistbar ist. Diese Frage ist in meiner Fraktion umstritten. Deshalb enthält Punkt 4 auch einen Prüfauftrag.

Was passiert aber nun mit den Kindern, die keinen Betreuungsanspruch nach KiFöG mehr haben, die also über 14 Jahre alt sind? - Kinder ohne Behinderung können am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Sie gehen ins Kino, sie besuchen einen Jugendklub oder bleiben zu Hause, sie treffen sich mit Freundinnen oder gehen in einen Sportverein - wie auch immer. Sie können ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben individuell gestalten. Das ist auch gut so.

Vielleicht ist das auch möglich bei Kindern mit Behinderungen, die nicht so einen großen Assistenzbedarf haben. Ich habe in diesem Bereich nicht besonders viele Erfahrungen, aber ich könnte mir das bei bestimmten körperlichen Behinderungen zum Beispiel oder auch bei so genannten Lernbehinderungen eher vorstellen als bei geistigen Behinderungen.

Das Problem ist aber: Was tun diejenigen Kinder, die eine solche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eben nicht ohne einen sehr hohen Assistenzbedarf bewältigen können? Ich kann auch die Perspektive der Eltern an der Stelle einnehmen und fragen: Was tun deren Eltern, wenn sie einen gutbezahlten Ganztagsjob haben? - Diese Kinder haben zum einen die Möglichkeit, einen Hort nach Schulgesetz zu besuchen. Diese Möglichkeit haben sie aber nur rein theoretisch; denn einen solchen gibt es nicht. Es gibt keine Standards dafür - wenn, dann nur informell -, und es gibt keine zusätzlichen Ressourcen dafür. Also versickert dieser Bedarf irgendwo zwischen Nicht-gefragt und Nicht-gesagt.