Zweitens. Die Vernehmung der Firmenvertreter hat mich außerordentlich nachdenklich gemacht und in der Auffassung bestärkt, dass es zwingend notwendig ist, ausreichend gut geschultes Personal in den Genehmigungs- und Kontrollbehörden vorzuhalten und auch die Strukturen dieser Behörden zu stärken - ein Thema, das die Enquetekommission morgen auch noch beleuchten wird.
Drittens. Die Probleme der Abfallwirtschaft werden das Parlament unbedingt weiter beschäftigen müssen. Wir werden auch mehr Impulse für mögliche gesetzliche Veränderungen brauchen, um die Abfallwirtschaft weiter weg von Ressourcenvernichtung zu bringen und den Anreiz zu nehmen, immer wieder Abfälle billig zu entsorgen. Ich halte es zum Beispiel für wichtig, dass sich unser Parlament - und das zukünftige natürlich auch - stärker in die Diskussion um das Kreislaufwirtschaftsgesetz einbringt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Hunger. Der letzte Teil war ja eher eine persönliche Erklärung, die nicht mehr zu dem Bericht aus dem Ausschuss gehörte, aber wir haben das wohl auch als solche zur Kenntnis genommen.
Zunächst habe ich die Freude, Damen und Herren des Deutschen Roten Kreuzes Wittenberg auf der Tribüne begrüßen zu können.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der im Juni 2008 eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss hatte es sich zur Aufgabe gemacht, zu klären, ob im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit sowie des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt eine rechtswidrige Abfallverbringung ermöglicht worden ist. Da somit sowohl mein Ressort als auch das meines Kollegen Dr. Aeikens unmittelbar Untersuchungsgegenstand waren, wird auch der Redebeitrag der Landesregierung diesem Umstand gerecht, und wir werden uns zu den jeweils betreffenden Sachverhalten äußern. Das heißt, ich werde zu den unter Bergaufsicht stehenden Betrieben sprechen und Herr Kollege Dr. Aeikens im Anschluss daran bzw. nach den Stellungnahmen der Fraktionen zu den übrigen Deponien.
Bevor ich konkret auf die Tontagebaue Vehlitz und Möckern eingehe, möchte ich dem Untersuchungsausschuss zunächst für seine Arbeit in den letzten zweieinhalb Jahren danken. Der Ausschuss hat ebenso wie die derzeit noch andauernden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu einer Schärfung des Bewusstseins bei der Erkennung und Aufarbeitung aller mit der Abfallverbringung und Abfalllagerung auftretenden Fragestellungen geführt.
Allerdings ist im Ergebnis des Untersuchungsausschusses auch deutlich geworden - insofern kann ich mich vollumfänglich den entsprechenden Aussagen im Abschlussbericht des Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschusses anschließen -, dass in SachsenAnhalt nur einige wenige Unternehmen durch ein rechtswidriges Verhalten den Bergbau und die Abfallwirtschaft in Misskredit gebracht haben.
In den Fällen Vehlitz und Möckern handelt es sich um einen Betreiber, also um einen - wenn auch gravierenden - Vorgang. Die Verfüllung erfolgte in Vehlitz in den Jahren von 1998 bis 2008 und im Falle von Möckern in den Jahren von 2002 bis 2006. Darüber hinaus sind nur in einen weiteren Betrieb - im Tontagebau Gerlebogk - Siedlungsabfälle in vergleichsweise geringem Umfang verbracht worden. Diese Einschätzung der Situation der insgesamt 76 Betriebe war deshalb möglich, weil sofort nach Bekanntwerden der Unregelmäßigkeiten in den Tongruben Vehlitz und Möckern im April und Mai 2008 Sofortkontrollen aller unter Bergaufsicht stehender Tagebaue vorgenommen worden sind.
Ab Oktober 2008 wurden zudem Tiefenbeprobungen in allen 76 Tagebauen durch externe Sachverständige durchgeführt, und zwar jeweils drei Tiefenbohrungen pro Verfüllbereich. Anhand dieser Beprobungen konnte das
Die Überprüfungen wurden auch in den Jahren 2009 und 2010 fortgesetzt. Bei all diesen Untersuchungen waren keine nennenswerten Beanstandungen festzustellen. Das zeigt, dass es keine landesweite illegale Entsorgungspraxis in den unter Bergaufsicht stehenden Tagebaubetrieben gibt.
Alle Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass die illegale Verfüllung in Vehlitz und in Möckern nicht auf die Bescheidlage der Behörden zurückzuführen ist. Vielmehr handelte es sich hierbei eindeutig um kriminelles Vorgehen.
Die Tagebaue wurden in erheblichem Umfang mit unzulässigen Abfällen verfüllt. Das Unternehmen hat damit die nach dem Bergrecht festgelegten Anforderungen in eklatanter Weise verletzt. Es hat die Situation auf dem Bergbetriebsgelände bei den Vor-Ort-Kontrollen durch vorsätzliches Handeln bewusst verschleiert.
Im Übrigen hat das Unternehmen auch dadurch rechtswidrig gehandelt, dass es über die in den Betriebsplänen festgelegten Grenzen hinaus Ton abgebaut und diese Volumina illegal verfüllt hat. Ich weise daher nochmals auf die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hin.
Die abschließenden Ergebnisse der Staatsanwaltschaft werden auch Grundlage für die weitere Prüfung der Inanspruchnahme der Veolia Umweltservice GmbH als mitverantwortlichem Abfalllieferanten und Mitbetreiber einer Abfallbehandlungsanlage sein. Im vergangenen Jahr haben bereits Gespräche dazu stattgefunden. Ich habe in Paris persönlich mit der Veolia-Konzernspitze über die Beteiligung von Veolia an den Kosten der Gefahrenabwehr- und Sicherungsmaßnahmen gesprochen.
Das Wirtschafts- und das Umweltministerium haben sich intensiv um das Thema der Kontrollen gekümmert. In diesem Kontext ist auch der neue gemeinsame Runderlass dieser beiden Ministerien zu sehen, mit dem wir den Vollzug der Anlagen- und Stoffstromüberwachung erheblich optimiert haben.
Die enge Zusammenarbeit zwischen Berg- und Abfallbehörden und die Abstimmung bei Vor-Ort-Kontrollen wird die Effektivität der Prüfungen weiter verbessern und den Kontrolldruck gegenüber den Unternehmen erhöhen. Dazu gehört auch die seit März 2008 regelmäßig tagende interministerielle Arbeitsgruppe mit den beiden Ministerien und den nachgeordneten Behörden. Das ist die richtige und einzig mögliche Herangehensweise. Berg- und Abfallbehörden haben auf vielen Gebieten rein gar nichts miteinander zu tun. Es gibt eine sehr kleine Schnittmenge bei Gruben und Bergwerken, die dem Bergrecht unterliegen und natürlich nur in zulässiger Weise mit Reststoffen verfüllt werden dürfen.
Es hieße also, weit über das Ziel hinauszuschießen, wenn man wegen dieser Schnittmenge grundlegend neustrukturierte Behörden schaffen wollte. Das könnte sich bei der Wahrnehmung der jeweiligen Kernkompetenzen bitter rächen. Ich verweise auf so schwierige Projekte, wie wir sie im Bereich des Bergbaus in den letzten Jahren erlebt haben.
Welch hohe Priorität ich der Verbesserung des Vollzugs und der Verhinderung künftiger Defizite einräume, wird
auch anhand der Maßnahmen zur Erhöhung der Personalausstattung deutlich. Trotz der geringen Einstellungskorridore konnten beim Landesamt für Geologie und Bergwesen seit dem Jahr 2008 insgesamt 13 vakante Stellen besetzt werden. Weitere sechs Stellen wurden zur Personalverstärkung befristet besetzt.
Neben diesen bereits vollzogenen Verbesserungen besteht allerdings noch ein dringender Bedarf an gesetzlichen Änderungen. Zu diesem Themenkomplex wird der Herr Kollege Dr. Aeikens Näheres ausführen.
Ich möchte für meinen Zuständigkeitsbereich darauf hinweisen, dass es nach wie vor an verbindlichen Regelungen des dafür zuständigen Bundesgesetzgebers für die Abfallverwertung unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht fehlt. Deshalb habe ich bereits bei der Wirtschaftsministerkonferenz im Juni 2008 in einem Bericht auf die Dringlichkeit der Thematik hingewiesen.
Der Bund hat nunmehr eine Mantelverordnung zur Festlegung von Anforderungen an den Einbau von Ersatzbaustoffen sowie für die Verwendung von Boden vorgelegt und den Ländern im vergangenen Monat zur Stellungnahme übersandt. Mit einem Inkrafttreten der Verordnung ist aber voraussichtlich erst im nächsten Jahr zu rechnen.
Ich möchte abschließend als Resümee zu den aufgezeigten administrativen und legislativen Maßnahmen nochmals deutlich machen: Im Fall von Vehlitz und Möckern haben wir es mit einem Einzelfall von hoher krimineller Energie zu tun. Illegales Verhalten kann nie zu 100 % verhindert werden. Eine Überwachung von Anlagen kann nicht absolut lückenlos erfolgen. Wir setzen aber konsequent weiter auf eine Erhöhung des Überwachungsdrucks und der Überwachungsqualität, um illegales Handeln so weit wie möglich einzudämmen.
Mit den aufgezeigten Maßnahmen, durch konsequentes Handeln und mit den zu erwartenden gesetzlichen Regelungen ist eine ordnungsgemäße Verfüllung der dem Bergrecht unterstehenden Anlagen sicherzustellen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Haseloff. - Meine Damen und Herren! Wie angekündigt wird Herr Minister Aeikens nach den Beiträgen der Fraktionen sprechen. Jetzt hören wir zunächst den Beitrag der SPD-Fraktion. Ich erteile Herrn Graner das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Kollegin hat mich heute Vormittag gefragt, ob ich denn die Absicht habe, zehn Minuten lang Müll zu reden. Ich werde versuchen, das nicht zu tun, sondern Ihnen ordentlich und formell zu vermitteln, was ich im Ausschuss erlebt habe.
Ich habe mir Gedanken gemacht, wie ich die Themen, über die wir in den vielen Sitzungen diskutiert und zu denen wir die Zeugen gehört haben, so aufbereiten kann, dass Sie einen Überblick über unsere Arbeit erhalten, und wie ich Ihnen den Eindruck vermitteln kann, den ich dabei gewonnen habe.
Ich möchte schließlich nicht nur den Abschlussbericht zusammenfassen. Deswegen werde ich mich auf folgende Punkte konzentrieren: zunächst einige Überlegungen zur Arbeit des Untersuchungsausschusses, zur konkreten Vorgehensweise und zu den Rahmenbedingungen, innerhalb derer wir uns bewegt haben. Dann möchte ich - ich hoffe, ich schaffe das in der vorgegebenen Zeit - inhaltlich auf die Kontrolltätigkeit eingehen, auf die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Behörden und schließlich auf die Frage der Verantwortung für die festgestellten Mängel.
Meine Damen und Herren! Zur Arbeit des Untersuchungsausschusses. So ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wird gern als das schärfste Schwert der Opposition bezeichnet. In dieser Erwartungshaltung sind sich Politiker, Politologen und Journalisten einig. Das Instrument parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist aber eigentlich auf das Spannungsverhältnis zwischen Legislative und Exekutive zugeschnitten. Inzwischen hat sich dies etwas verlagert. Das Spannungsverhältnis besteht eher zwischen Regierung und Mehrheitsfraktionen einerseits und der Opposition andererseits. Damit hat das Instrument parlamentarischer Untersuchungsausschuss meines Erachtens etwas an Wirksamkeit verloren.
Die theoretische Vorstellung, dass Untersuchungsausschüsse sowohl der Auseinandersetzung zwischen Legislative und Exekutive als auch der Wahrheitsfindung bei möglicherweise illegalen Vorgängen dienen könnten, lässt sich in der Praxis nicht länger realisieren. Doch gerade bei diesem Untersuchungsausschuss war die Erwartung draußen im Land, die finden jetzt die Wahrheit heraus, von Anfang an deutlich.
Die Problematik illegaler Abfallablagerungen ist von vielen aufmerksamen Bürgern im Land teilweise seit Jahren thematisiert worden. Die haben eben erwartet, dass sich der Ausschuss primär um die Wahrheitsfindung bemüht. Deswegen hätte ich mir manchmal vonseiten unseres Koalitionspartners etwas kritischere Nachfragen an die Zeugen gewünscht. Wenigstens wurden die Kollegen immer dann zuverlässig aktiv, wenn es darum ging, tatsächlich oder vermeintlich unzulässige - also vom Untersuchungsauftrag nicht gedeckte - Fragen der Opposition zurückzuweisen.
In diesem Zusammenhang gebührt mein ausdrücklicher Dank der Ausschussvorsitzenden Frau Hunger, die die Ausschusssitzungen, wie ich finde, korrekt und um Überparteilichkeit bemüht geleitet hat. Frau Hunger, Sie haben gesagt, es sei Ihre Hoffnung gewesen, mit der Ausschussarbeit auch zum Nachdenken anzuregen und nach Abhilfemöglichkeiten zu suchen. Meines Erachtens ist Ihnen das gelungen.
Ich möchte hier ein praktisches Problem der Untersuchungsarbeit aufzeigen. Unser Untersuchungsausschussgesetz legt in § 20 Abs. 1 fest: Zeugen sind einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen. Die Landesverfassung legt aber in Artikel 54 fest: Die Beweise werden in öffentlicher Sitzung erhoben. Das Gleiche steht auch im Untersuchungsausschussgesetz.
Wenn man, wie in unserem Fall, gut zweieinhalb Jahre lang tagt, steht zu Beginn der Beratungen nicht immer
fest, welche Zeugen man im Laufe der Beratungen noch hören möchte. Wir konnten also nicht immer sicher ausschließen, dass später anzuhörende Zeugen bei früheren Vernehmungen zuhörten. Das hat es dann de facto nicht gegeben.
Aber da haben wir ein Dilemma, und ich mochte anregen, dass sich der zukünftige Landtag noch einmal damit beschäftigt, inwieweit für dieses Problem eine Lösung gefunden werden kann. Ich denke, es ist notwendig, dass die Vernehmungen weiter öffentlich sind, aber es muss auch sichergestellt werden, dass Zeugen, die später noch gehört werden, an früheren Vernehmungen nicht teilnehmen können.
Ein weiterer praktischer Hinweis aus meinen Erfahrungen: Das war ein ziemlich komplexer Sachverhalt, den wir untersucht haben, nicht nur aus juristischer, sondern auch aus tatsächlicher Sicht. Deswegen würde meines Erachtens die Arbeit des Ausschusses durch einen Ermittlungsbeauftragten besser vorbereitet und damit auch die Arbeit der Abgeordneten effizienter gestaltet werden können. Der Bundestag hat in seinem Untersuchungsausschussgesetz in § 10 einen solchen Ermittlungsbeauftragten vorgesehen, und man hat damit offensichtlich in den letzten Jahren auf Bundesebene gute Erfahrungen gemacht. Vielleicht wäre auch das eine Überlegung für uns wert.
Welche inhaltlichen Schlüsse gilt es nun aus der Ausschussarbeit zu ziehen? Dabei verweise ich natürlich auf die vorgelegten Berichte, aber ich möchte drei Punkte besonders hervorheben.
Die Kontrollen waren in vielen Fällen schlicht unzureichend. Wie lief das ab? - Damit Sie sich ein Bild machen können: In einem konkreten Fall gab es ein Schreiben des LAU mit der Ankündigung eines gemeinsamen Probenahmetermins zur Abfallanalyse am 27. Juni. Die Probennahme hat am 16. August, also rund sieben Wochen später, stattgefunden. Das heißt natürlich, dass einzelne Betreiber, die möglicherweise Illegales im Schilde führen, Zeit haben, sich darauf vorzubereiten. Das heißt in der Sprache, die Gruben werden gepudert. Möglicherweise hat das auch hier stattgefunden.
Ein zweiter Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Zusammenarbeit zwischen den Behörden. Mit der Überwachung von Tongruben und Abfallanlagen in SachsenAnhalt sind folgende Stellen betraut: das Wirtschaftsministerium, das Umweltministerium, das Landesamt für Geologie und Bergwesen, das Landesamt für Umweltschutz, das Landesverwaltungsamt und schließlich die Landkreise als untere Abfallbehörden. Das ist eine ganze Menge. Nach meiner festen Überzeugung sind schon durch die Verteilung der Verantwortlichkeiten auf so viele verschiedene Ebenen Missverständnisse zwischen diesen Ebenen vorprogrammiert. Wer dann die Verhältnisse ein bisschen besser kennt, macht sich das natürlich bei seinem illegalen Handeln zu nutze.
Ich brauche dazu gar keine weiteren Details zu schildern. Stattdessen zitiere ich aus dem Inhaltsverzeichnis des Abschlussberichts zu Teil B und sage in diesem Zusammenhang auch ausdrücklichen Dank für die gute Arbeit des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, der das gut zusammengefasst hat. Im Inhaltsverzeichnis findet sich der Abschnitt II - Komplex Vehlitz und Möckern -, Unterkapitel 4a - Überwachung der Tagebaue -, und dann schließlich der Doppelbuchstabe aa - Zuständigkeiten. Dann geht das Inhaltsverzeichnis folgendermaßen weiter: Die im Ministerium für Wirtschaft