Protocol of the Session on December 10, 2010

Die Erarbeiter und Einbringer des Antrags, der am 18. August 2010 im Landesjugendhilfeausschuss angenommen wurde, haben sehr konkrete Vorstellungen dazu, wie diese Koordinierungsstelle aufgebaut und finanziert werden könnte.

Meine Damen und Herren! Wir sollten auch die Beschlüsse des Landesjugendhilfeausschusses ernst nehmen. In diesem Sinne bitte ich Sie bei der Direktabstimmung über den Antrag um Zustimmung. Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle - ich glaube, es ist zeitlich angebracht - ein frohes Weihnachtsfest und einen unfallfreien Rutsch ins neue Jahr.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung spricht Minister Herr Bischoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass die Eingliederung junger Menschen in den Arbeitsmarkt prioritäre Bedeutung hat, zumal die demografische Entwicklung und der Fachkräftemangel noch einmal besonders augenscheinlich werden lassen, dass wir die jungen Leute brauchen. Dass das der Landesregierung bewusst ist, haben Sie, Herr Mewes, sehr deutlich gesagt.

Es gibt tatsächlich nicht nur eine Vielzahl von Programmen, die auf der Landesebene, zum Beispiel durch das Wirtschaftsministerium und durch das Kultusministerium, aufgelegt worden sind. Ich denke nur an das Programm „Schulerfolg sichern“, das zusammen mit dem Sozialministerium initiiert worden ist.

Es gibt auch unheimlich viele Netzwerkstrukturen auf der Ebene der Landkreise. Es gibt Programme, die die EU auflegt. Es gibt die Bundesagentur für Arbeit und die Argen, die das individuell zuschneiden. Es gibt dafür Bundes- und EU-Mittel. Vor allen Dingen gibt es eine stark differenzierte Trägerlandschaft, die aus freien, gemeinnützigen und gewerblichen Trägern besteht. Es gibt also eine Vielzahl von Dingen neben denen, die Sie genannt haben.

Wenn man sich dann noch einmal die Differenzierung der Träger nach Rechtskreisen, nach kommunalem Umfeld sowie nach Bund und EU ansieht, dann stellt man fest, dass es schwierig wird, einen Überblick über das Feld der Jugendberufshilfe zu behalten. Diesen Überblick zu gewinnen, das war - das habe ich mir sagen lassen - das Thema im Jugendhilfeausschuss.

Es kommt noch ein schwieriger Punkt hinzu. Sie sagten zu Recht - wir alle beklagen es -, dass die Jugendhilfeplanung vor Ort das Thema gar nicht aufnimmt. Sie nimmt es nicht auf, weil es nachrangig ist. Vorrangig sind das SGB II und das SGB III. Alles andere soll später stattfinden. Letztlich hat sich die Jugendhilfeplanung ein Stück weit herausgezogen.

Ich finde es aber richtig, dass sich der Landesjugendhilfeausschuss mit dem Thema beschäftigt. Sie nehmen jetzt die Vorstellungen des Landesjugendhilfeausschusses zum Anlass - das hätte jede andere Fraktion auch tun können -, um die Landesregierung mit der Festlegung einer Koordinierungsstelle zu beauftragen.

Ich frage mich bei den drei Punkten, die Sie in Ihrem Antrag genannt haben, wie man das angesichts der Vielzahl von Anbietern in der Trägerlandschaft und von Programmen machen soll. Ich frage mich, wie viele Personalstellen diese Koordinierungsstelle haben soll, damit man dort überhaupt einen annähernden Überblick gewinnen kann.

Deshalb finde ich den Vorschlag akzeptabel - der muss auch im Landesjugendhilfeausschuss beredet worden sein; die, die dabei gewesen sind, können es vielleicht bestätigen -, dass man sich vor der Einrichtung einer solchen Stelle erst einmal einen Überblick über das vorhandene Feld verschaffen muss und dass man eruieren muss, wie man das austauschen kann, wie die IstAnalyse ist und was sozusagen in Sachsen-Anhalt stattfindet.

Dazu hat man sich mit der Fachabteilung des Sozialministeriums in Auswertung der Beschlusslage des Landesjugendhilfeausschusses mit dem Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt, der die Arbeit des Landesjugendhilfeausschusses im Vorfeld der Beschlussfassung intensiv begleitet, ausgetauscht. Man hat ihn gebeten - das wissen Sie wahrscheinlich auch - ein Förderprojekt zu konzipieren, in dessen Ergebnis eine Analyse der Ist-Situation der Jugendberufshilfe in Sachsen-Anhalt vorliegen soll.

Dieses Konzept soll Auskunft geben insbesondere über die Entwicklung der Zielgruppen, über Angebotsstrukturen, über Konzepte der Jugendberufshilfe vor Ort, über

die Qualitätsstandards sowie über die Kooperationsstrukturen und die Informationswege.

Solch ein Überblick - das möchte ich sagen - ist erst einmal notwendig, um eine Strukturentscheidung zu treffen und sagen zu können, ob wir eine Landeskoordinierungsstelle Jugendberufshilfe überhaupt brauchen.

Was wir auf keinen Fall brauchen, das ist eine zusätzliche Stelle, die in dieser ganzen vernetzten oder nicht vernetzten Struktur ein zusätzliches Hemmnis bildet, weil sie etwas Ähnliches macht, was andere auch tun, oder weil sie sich verzettelt, weil vorher noch gar kein Konzept vorliegt.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir wollen wissen, wie die Akteure vor Ort, also die Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit, die Vertreter der Optionskommunen, der Jugendhilfe, der Schulen, der freien, der gemeinnützigen und der sonstigen Träger die Situation vor Ort selbst wahrnehmen. Wir wollen auch wissen, wie vor Ort das Ineinandergreifen von Hilfen und anderweitigen Maßnahmen funktioniert und ob man hinsichtlich der Bedarfsdeckung eine verbesserte Einschätzung vornehmen kann.

All das soll zunächst die Grundlage für die mögliche Einrichtung einer solchen Landeskoordinierungsstelle sein, wenn festgestellt worden ist, dass sie ein geeignetes Instrument zur passgenauen und effizienten Vernetzung diese Dinge ist.

Das verabredete Konzept ist unterdessen vorgelegt worden. Es wird von der Fachabteilung des Sozialministeriums grundsätzlich als geeignet eingestuft. Es ist verabredet, dass die skizzierte Analyse binnen eines Jahres umgesetzt wird. Dazu soll - das wissen Sie auch - im nächsten Jahr eine Landeskonferenz stattfinden. Erst wenn die Ergebnisse der Landeskonferenz vorliegen, macht es Sinn, über diesen Antrag und darüber nachzudenken, ob wir das überhaupt brauchen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister Bischoff. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kurze.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit möchte ich gern, wenn Sie es erlauben, den Redebeitrag zu Protokoll geben.

Laut Geschäftsordnung geht es nicht, dass man eine Rede zu Protokoll gibt, weil wir hier freie Rede vereinbart haben. Es gibt nur zwei Ausnahmefälle, in denen man zu Protokoll geben kann. Der eine ist der Fall einer Berichterstattung und der andere Fall betrifft die Einbringung eines Antrags; so steht es in der Geschäftsordnung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Versuchen Sie doch bitte, noch durchzuhalten.

Frau Vorsitzende, ich kann es kurz machen: Die CDUFraktion wird, wie es der Minister schon angekündigt

hat, dem Antrag nicht folgen. Wir werden ihn ablehnen. Ich bitte um das Votum. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Es spricht Frau Dr. Hüskens für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte - der Herr Minister hat darauf hingewiesen - mit Herrn Graner an einer Veranstaltung des Kinder- und Jugendrings teilgenommen. Dort ist uns vorgetragen worden, dass man gern eine Koordinierungsstelle außerhalb der Verwaltung hätte.

Bei der letzten Verhandlung hier im Landtag ging es vor allen Dingen um die Frage: Wie kann man die gesamten Programme, die verschiedenen Ebenen, die im Arbeitsmarkt- und im Jugendbereich tätig sind, koordinieren? - Damals ist schon deutlich gemacht worden, welche Fülle von Teilhabern es in diesem Bereich gibt.

Deshalb hatte ich bei der Abendveranstaltung signalisiert, dass ich mir schlecht vorstellen kann, dass eine Stelle außerhalb der Landesverwaltung annähernd in der Lage ist, eine solche Aufgabe wahrzunehmen. Deswegen wird auch die FDP-Landtagsfraktion dem Antrag heute nicht folgen.

Ich gehe davon aus, dass die Fachtagung, von der der Minister gesprochen hat, das eine oder andere an Klarheit bringt. Dann müssen wir die Frage stellen: Brauchen wir tatsächlich eine externe Stelle für die Koordinierung oder reicht eine der weiteren Stellen? Wir haben mit dem Wirtschaftsministerium ein ganzes Ressort, das sich mit dem Arbeitsmarkt beschäftigt, wir haben die Arbeitsgemeinschaften, wir haben die Landkreise, denen wir diese Aufgaben übertragen können, sodass es nicht zu einer weiteren Zersplitterung in diesem Bereich kommt. Ich glaube, gerade angesichts der Vielzahl von Programmen würde das nicht dazu führen, dass koordiniert wird; es würde weiter auseinandergetrieben.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Tullner, CDU: Sehr gut!)

Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir diesem Antrag heute nicht folgen, die Ergebnisse der Fachtagung abwarten und dann schauen sollten, in welche Richtung das Ganze geht. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von der CDU: So eine vernünftige FDP wünscht man sich öfter!)

Danke, Frau Dr. Hüskens. - Für die SPD-Fraktion spricht Frau Reinecke

(Herr Tullner, CDU: Aber nicht zu Protokoll ge- ben!)

Geht nicht, Herr Tullner; ich habe kein vorbereitetes Manuskript. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ich möchte vorausschicken: Auch wir werden diesen Antrag ablehnen, einfach vor dem Hintergrund, dass es vor der Schaffung von dauerhaften Strukturen unabdingbar ist, eine entsprechende Bedarfsanalyse zu erstellen, um nicht be

stimmte Sachen festzuklopfen, die wir auf dem Fachtag vielleicht wieder infrage stellen.

Ich denke, der Minister hat inhaltlich-fachlich schon sehr viel angesprochen. Die Jugendberufshilfe ist durch die Vielgestaltigkeit ihrer Rechtsgrundlagen, Akteure und Finanzierungsinstrumente gekennzeichnet. Wir kennen die Rechtskreise, die da heißen: Wirtschaft, Arbeit, Soziales, Jugendhilfe und Kultus. Das ist schon ein enormes Konglomerat, und hinzu kommen die präventiv ausgerichteten Maßnahmen in den Bereichen Jugendhilfe und Schule.

Auch das Programm „Schulerfolg sichern“ wurde vom Minister angesprochen. Hier gibt es in der Tat schon die ersten kleineren Erfolge.

Angesichts dieser Vielgestaltigkeit erweist es sich als schwierig, die Deckung des Unterstützungsbedarfs benachteiligter und beeinträchtigter junger Menschen zu prüfen und Effizienzreserven vorhandener Angebote und Förderprogramme auszunutzen. Nicht auszuschließen ist, dass eine verbesserte Transparenz vorhandener Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten zu einer deutlichen Effizienzsteigerung der Jugendberufshilfe führt.

Ob ein solcher Bedarf besteht und eine so genannte Landeskoordinierungsstelle Jugendberufshilfe geeignet wäre, diesen Bedarf zu decken, sollte sorgfältig untersucht werden. Auch ich bin der Meinung, dass wir argumentativ herausarbeiten müssen, welchen Mehrwert diese Stelle - in Magdeburg angesiedelt - für das gesamte Land bringen wird. Ich bin auch sehr erstaunt, weil im Prinzip die kommunale Zuständigkeit hier viel mehr greift und wir wissen, dass die Dinge vor Ort passieren.

Ich möchte auf ein gutes Beispiel hinweisen, nämlich auf die Kompetenzagentur in Wittenberg, getragen durch den Internationalen Bund, eine Kooperation zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem IB, die gerade diesen Bereich gut abdeckt und auch den Bereich der Jugendhilfeplanung im Kontext hat. Diese Beispiele kann man als positiv darstellen.

Die Untersuchung bedarf auch der Frage nach dem konkreten Anforderungsprofil einer solchen Stelle. Die Punkte, die wir hier herausgearbeitet haben, machen es uns nicht möglich, Ihrem Antrag heute zu folgen. Deshalb, sage ich namens der SPD-Fraktion, werden wir diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Frau Reinecke. - Herr Mewes hätte noch einmal die Möglichkeit zu erwidern. - Er möchte auch. Dann war der Rutsch etwas zeitig angekündigt.

Meine Damen und Herren! Ich hatte es erwartet, es trifft mich also nicht kalt. Dennoch muss ich erstens sagen, dass verschiedene Fraktionen sehr unregelmäßig im Jugendhilfeausschuss anwesend sind.