stellt sich mir eine Frage. Sie sprechen in Ihrem Änderungsantrag wieder von einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €. Erklären Sie mir doch einmal, wie sich das mit der Zielsetzung unseres Antrages zur Stärkung der Tarifparteien verträgt. Aus meiner Sicht verträgt sich das nicht.
Das ist doch kein Widerspruch. Wir wollen starke Tarifparteien haben, damit wir einen starken Tarifvertrag haben, und dann müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, die ich eben aufgezählt habe. Dazu gehört, dass die Leute überhaupt willens sind, in Gewerkschaften einzutreten.
- Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden. Das tun Sie doch auch immer, wenn Sie länger hier stehen.
Die 8,50 € kommen wie folgt zustande. Herr Haseloff hat Recht, mindestens 16 € brauchen die Leute. Die Forderung ist mit den Gewerkschaften abgestimmt und ist vom DGB-Kongress
- lassen Sie mich ausreden, Sie wollten es doch wissen - im Mai 2010 beschlossen worden. Vorher - das wissen Sie genau - bestand die Forderung nach 7,50 €. Einen Parteitagsbeschluss haben wir auch, und der fordert 10 €.
Das heißt, wir bewegen uns wie jede Partei, die hier sitzt, in diesem Spannungsfeld und sagen: Ja, wir wollen mit 8,50 € anfangen und wollen 10 € erreichen. Und wenn jemand 20 € zahlt, dann nehmen wir die auch.
Es gab keinen Antrag auf Ausschussüberweisung, also folgt eine Direktabstimmung über die Drs. 5/3014 und 5/2979.
Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/3014 ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Antragstellerin. Wer ist dagegen? - Das sind die drei anderen Fraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.
Wir stimmen jetzt über den Antrag in der Drs. 5/2979 in der ursprünglichen Fassung ab. Wer stimmt dafür? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDP. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag angenommen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 27.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herrn Abgeordneten! Bevor ich auf den Antrag im Einzelnen eingehe, möchte ich, dass wir noch einmal einen Exkurs in die jüngere parlamentarische Geschichte dieses Hauses vornehmen.
Vor etwas über einem Jahr haben wir als Fraktion einen Antrag unter der Überschrift „Förderung von benachteiligten Jugendlichen im Bereich der beruflichen Bildung“ eingebracht. Worum ging es uns?
Im Jahr 2009 haben wir in der Begründung zu dem Antrag eingeschätzt, dass eine Reihe von Jugendlichen die Schule ohne die erforderlichen Voraussetzungen für eine Berufsausbildung verlässt. Darum waren und sind wir der Auffassung, dass neben den landespolitischen Maßnahmen auch die Instrumente der Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung zielgerichtet und effektiv umgesetzt werden müssen.
Wir haben in der Begründung des Weiteren angeführt: Die Bündelung dieser Instrumente sollte mit höherer Effektivität erfolgen - ich wiederhole: die Bündelung dieser Instrumente sollte mit höherer Effektivität erfolgen. - So weit eine kurze Zusammenfassung der Begründung zu unserem Antrag aus dem Jahr 2009.
Frau Präsidentin, erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang aus den damaligen Redebeiträgen der Abgeordneten dieses Hauses zu zitieren.
„Mit Sicherheit gibt es eine Vielzahl von Programmen, die sich genau um die Personengruppe der benachteiligten … Jugendlichen kümmern. Diese Vielzahl ist manchmal nicht mehr durchschaubar.
Ich glaube, an dieser Stelle ist eine Evaluation notwendig, die Auskunft darüber gibt, ob das, was an Programmen existiert, noch zielführend ist.“
Sie schlussfolgert weiter - anwesend ist sie nicht -, dass die Zusammenarbeit des Kultusministeriums mit der Agentur für Arbeit und den Sozialhilfeempfängern aus ihrer Sicht wesentlich enger und besser ausgerichtet werden muss, sodass nicht jeder seine Programme für sich macht und man letztlich nicht mehr weiß, welche Angebote in diesem Programmwald existieren.
„Der Förderdschungel wird immer größer und unübersichtlicher. Diese Programme kollidieren mittlerweile miteinander. Ich denke, wir sollten den Dschungel durchforsten und die Programme aufeinander abstimmen.“
Frau Hampel äußerte sich im September 2009 ähnlich und betonte, die Verbesserung der Ausbildungssituation für Jugendliche mit Benachteiligungen bleibe auch für die SPD-Fraktion eine wichtige Aufgabe.
Unser Antrag, meine Damen und Herren, wurde dann zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Soziales und für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen.
Auf der Grundlage einer gemeinsamen Stellungnahme der drei Ministerien wurde über den Antrag in den Ausschüssen diskutiert. Am 21. Mai 2010 gab der federführende Wirtschaftsausschuss eine Beschlussempfehlung ab. In der Beschlussempfehlung heißt es im letzten Satz: „insbesondere ist dabei“ - also bei diesen Förderinstrumenten - „auf die Wirkung der bisherigen Maßnahmen Wert zu legen.“
Meine Damen und Herren! Wir haben bereits Dezember 2010. Das Ganze sollte bis November 2009 erfolgen. Uns fehlt immer noch eine Bewertung durch die Landesregierung, wie und mit welchen Effekten die Programme wirken.
Ja, meine Damen und Herren - damit komme ich zum Antrag -, wir haben uns aus diesem Grunde einen Antrag des Landesjugendhilfeausschusses zu eigen gemacht. Nach meinem Verständnis bewegen sich die Forderungen des Landesjugendhilfeausschusses in der Logik unseres Antrags aus dem Jahr 2009. Er liegt Ihnen unter der Überschrift „Koordinierungsstelle Jugendberufshilfe“ vor.
Es geht im Wesentlichen um drei Punkte. Erstens sollen regionale Netzwerke unterstützt und ausgebaut werden. Zweitens soll bis zum Jahr 2012 eine Landesfachtagung vorbereitet werden. Drittens soll eine Analyse der Angebote vorgenommen werden. Das Projekt soll zunächst auf zwei Jahre begrenzt werden. Dann soll über eine Weiterführung entschieden werden.
Mir ist bewusst, meine Damen und Herren, dass der Antrag offene Baustellen hat. Frau Dr. Hüskens und Herr Graner haben Insiderwissen und kennen die Stolpersteine. Dennoch halte ich den Antrag für notwendig.
Die Notwendigkeit dieser Argumente möchte ich mit drei Punkten begründen. Erstens. Im Jahr 2009 verließen
7,6 % der Jugendlichen in Sachsen-Anhalt die Schule ohne Schulabschluss. Der Bundesdurchschnitt lag bei 4,9 %.
Zweitens. 13 858 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren waren im Juni 2010 arbeitslos gemeldet. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 10,4 %. Von diesen 13 858 arbeitslos gemeldeten Jugendlichen in Sachsen-Anhalt haben 5 829 keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das entspricht einer Quote von 42 %.
Drittens. Damit kommen wir zu dem bekannten Fachkräfteproblem, über das wir hier an verschieden Stellen und aus verschiedenen Positionen schon gesprochen haben.
Diese Sachverhalte, meine Damen und Herren, sind hinreichend bekannt. Und damit haben wir sie wieder, unsere drei Probleme. Für mich sind diese Zahlen immer wieder alarmierend, weil diesen jungen Menschen die Ausgrenzung aus unserer Gesellschaft droht und ihnen eine Teilhabe an unseren demokratischen Verhältnissen erschwert wird.
Werte Kollegen, werte Kolleginnen, lassen Sie mich kurz darauf eingehen, welche Aufgaben der Koordinierungsstelle zugeschrieben werden sollten. Die Koordinierungsstelle muss eine professionelle Netzwerkstelle zwischen den schon beschriebenen Zielgruppen, den Fachkräften der Träger und den Ministerien sein. Sie sorgt für ein abgestimmtes Vorgehen aller Akteure. Dabei hat die Koordinierungsstelle die schwierige Aufgabe, zwischen drei Rechtskreisen, nämlich dem SGB II, dem SGB III und dem SGB VIII, zu vermitteln. Überall muss aber das Ziel stehen, den jungen Menschen eine effiziente und passgenaue Unterstützung für den Eintritt in das Erwerbsleben zu geben.
Die Erarbeiter und Einbringer des Antrags, der am 18. August 2010 im Landesjugendhilfeausschuss angenommen wurde, haben sehr konkrete Vorstellungen dazu, wie diese Koordinierungsstelle aufgebaut und finanziert werden könnte.