Geklagt hatten die Erziehungsberechtigten von Schülern einer Montessorischule. Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Gerichtsurteils gingen folgerichtig bei den Schulträgern zahlreiche Anträge auf Erstattung der Schülerbeförderungskosten von Eltern ein, deren Kinder Ersatzschulen in freier Trägerschaft besuchten und die bisher keinen Anspruch auf Kostenerstattung hatten. Somit musste Klarheit geschaffen werden.
Dabei gab es, wie es im Leben häufig ist, zwei Optionen: entweder Ausweitung des Anspruchs auf andere freie Schulen durch eine allgemeingültige Definition des Begriffes der besonderen pädagogischen Bedeutung oder aber Aufhebung des Ausnahmetatbestandes für Waldorfschulen.
Nach dem Gerichtsurteil war eine Definition des Begriffes der besonderen pädagogischen Bedeutung, die nur auf Waldorfschulen orientiert, quasi unmöglich. Bei der Ausweitung des Anspruchs wiederum kämen unkalkulierbare Kosten auf die Träger der Schülerbeförderung und damit letztlich auf das Land zu. Schaut man in andere Bundesländer, stellt man fest, dass es solch ein Erstattungsprivileg kaum gibt.
Meine Damen und Herren! Eines ist mir wichtig und das möchte ich hier sehr deutlich sagen - mancher würde sich das vielleicht nicht trauen, aber ich tue es -: Wenn sich Eltern und Schüler entscheiden, nicht die nächstgelegene öffentliche Schule einer gewählten Schulform zu besuchen, sondern aufgrund der pädagogischen Ausrichtung bewusst eine freie Schule auswählen, dann kann daraus nicht automatisch ein Anspruch auf eine komplette öffentliche Kostenerstattung für den Schulweg, der zusätzlich entsteht, erwachsen.
Meine Damen und Herren! Damit sich Eltern und Schulen auf diese neue Regelung einstellen können, tritt sie
erst zum Schuljahr 2011/2012 in Kraft. Die Forderung der LINKEN, Herr Lange, dass alle gegenwärtigen Waldorfschüler für die Zeit ihres Aufenthaltes an der Schule Bestandsschutz bei der Kostenerstattung genießen, ist - bei allem Respekt - wirklich nicht verantwortungsvoll. Das würde bedeuten, dass bis zu 13 Jahre lang unterschiedliche Erstattungsregelungen vorhanden wären. Das klingt zwar in den Ohren der Betroffenen ganz gut, hat aber nichts mit verantwortungsvoller Politik zu tun.
Ein zweiter Punkt, den ich benennen möchte: Es gab in diesem Schuljahr aufgrund einer neuen Rechtsauslegung durch das Kultusministerium Probleme bei der Kostenerstattung für Fahrten zwischen Wohnung und Schülerwohnheim. Dort war eine Klarstellung notwendig. Wir haben in dieser Novelle klargestellt, dass für zwei Fahrten in der Woche, in der Regel Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Wohnheim, ein Erstattungsanspruch besteht.
Abschließend ein dritter Punkt: Es geht um die Besetzung von Schulleiterstellen. Seit dem letzten Schuljahr erfolgt die Besetzung wieder durch die Wahl durch die Gesamtkonferenz. Im Verfahren schlägt die Schulbehörde zwei geeignete Bewerber vor. Allerdings schränkt das Schulgesetz gegenwärtig die Bewerbung einer an der betreffenden Schule tätigen Lehrkraft für die Wahl zum Schulleiter ein. Das, meine Damen und Herren, ist aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß,
und zwar vor dem Hintergrund, dass es immer schwerer wird, geeignete Bewerberinnen und Bewerber für die Besetzung freier Schulleiterstellen zu finden. Deshalb soll künftig die so genannte Hausbewerbung gleichberechtigt ermöglicht werden. Diese Regelung gilt dann für alle Bewerbungen ab dem 1. Februar 2011.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der kurzen Redezeit kann ich mich nur schlaglichtartig zu den beiden heutigen Beschlussfassungen äußern.
In zweiter Lesung liegt Ihnen der Gesetzentwurf meiner Fraktion vor, den wir im März 2010 eingebracht hatten. Er berührt die Frage der Kostenbeteiligung bei der Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II.
Der Landtag hatte im Jahr 2009 nach mehrjähriger Debatte eine Schulgesetznovelle verabschiedet, die für die meisten Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II eine erhebliche Verbesserung darstellte. Wir haben das damals als Schritt in die richtige Richtung ausdrücklich begrüßt, nicht zuletzt weil die LINKE seit dem Jahr 2005 für eine Verbesserung der entsprechenden Regelungen im Schutzgesetz gestritten hatte.
Gleichwohl führte diese Neuregelung auch zu lokalen Verschlechterungen, da einzelne Landkreise bereits im
Vorfeld eigene und zum Teil bessere Regelungen praktizierten. Das war zum Beispiel im Landkreis Stendal der Fall. Die Schulgesetznovelle machte nämlich diese lokalen Aktivitäten unmöglich, da die Eigenbeteiligung in Höhe von 100 € nunmehr für alle verbindlich war.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir den Trägern der Schülerbeförderung den Spielraum einräumen, über die Ausgestaltung der 100-Euro-Regelung eigenständig zu entscheiden. Dies wäre nicht nur im Interesse der Betroffenen, sondern würde auch die Verantwortung der kommunalen Ebene stärken. Es ist bedauerlich, dass es dafür in diesem Hause keine Mehrheit gibt.
Nun zum Gesetzentwurf der Landesregierung. Im Mittelpunkt auch des öffentlichen Interesses stand und steht hier die Verschlechterung der Beförderungsbedingungen für die Waldorfschülerinnen und -schüler. Eine Befassung dieses Hauses mit dem Gesetz wurde - das ist schon gesagt worden - durch die Gerichtsentscheidung notwendig, mit der die Sonderstellung der Waldorfschulen im Vergleich zu Montessorischulen gekippt wurde.
Wir sind mit der Entscheidung der Koalition, den bisher geltenden Rahmen gänzlich zu streichen, alles andere als zufrieden. Es hätte Alternativen gegeben, um den Status quo für die Betroffenen zu wahren. Meine Fraktion hatte einen entsprechenden Antrag in den Ausschuss eingebracht.
Nun kann man dies und auch unseren Vorschlag als nicht tragfähig oder als nicht gerichtsfest ansehen. Die Bewertung kann ich Ihnen natürlich nicht verwehren. Es ist aber nicht akzeptabel, dass Sie für die Schülerinnen und Schüler, die jetzt in der Waldorfschule sind, de facto keinerlei Übergangsregelungen verabschieden wollen, sondern die neuen Regelungen zum nächsten Schuljahr in Kraft setzen wollen.
Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler an den Waldorfschulen kommt aus einkommensschwachen Familien. Gleichzeitig ist der Einzugsbereich der Waldorfschulen erheblich. Die Folge wird sein, dass ein Großteil der Familien über einen Schulwechsel der Kinder ernsthaft nachdenken muss oder dass der Schulwechsel aus finanziellen Gründen sogar unausweichlich wird. Frau Mittendorf, dafür tragen Sie dann auch die Verantwortung. Genau dafür tragen Sie dann auch die Verantwortung.
Wir halten dies angesichts des besonderen Profils und der besonderen Unterrichtsgestaltung an den Waldorfschulen für höchst problematisch. Ein Wechsel an eine staatliche Schule wird für diese Kinder eine erhebliche Umstellung bedeuten.
Meine Fraktion hatte daher vorgeschlagen, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Schulzeit unter den Beförderungsbedingungen beenden, unter denen sie sie begonnen haben. Es ist vielleicht auch noch zu bedenken, dass die Kinder unter diesen Bedingungen angefangen haben, in der Waldorfschule zu lernen. Eine solche Übergangsregelung wäre aus unserer Sicht das Mindeste, wenn man schon eine gänzliche Streichung der bisherigen Sonderstellung für politisch angebracht hält.
Lassen Sie mich zuletzt noch zwei kurze Bemerkungen zur Beschlussempfehlung machen. Erstens. Wir hätten
uns gefreut, wenn die Koalition den Mut aufgebracht und hinsichtlich der zukünftigen Besetzung der Schulleiterstellen die Stellung der Kommunen gestärkt hätte. Wir hatten einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht. Leider haben Sie sich diesem Anliegen verweigert.
Zweitens. Die Landesregierung - das hat Herr Kley schon gesagt und das ist keine singuläre Auffassung - wollte in Sachsen-Anhalt wohnende Berufsschüler verpflichten, eine Berufsschule hier im Land zu besuchen, auch wenn sie einen Ausbildungsbetrieb in einem anderen Bundesland gefunden haben. Wir halten das für mehr als fragwürdig, weil es im Zweifelsfall die jungen Leute, die zum Beispiel in Wolfsburg einen Ausbildungsplatz gefunden haben, dazu zwingen würde, aus Sachsen-Anhalt wegzuziehen, anstatt zu pendeln, um die betriebsnahe Berufsschule besuchen zu können.
Im Laufe der Ausschussberatungen ist dieser Passus abgeschwächt worden. Er scheint mir dennoch überflüssig zu sein, zumal der darin enthaltene Begriff „zumutbare Bedingungen“ dehnbar ist.
Meine Damen und Herren! Ich werbe noch einmal für unseren Gesetzentwurf. Lassen Sie den Kommunen die Freiheit zu entscheiden, wie sie die 100-Euro-Regelung ausgestalten wollen. Den Gesetzentwurf der Landesregierung lehnen wir aus den beschriebenen Gründen ab.
Es ist eigentlich nur eine Korrektur. Es war nicht der Landkreis Stendal, sondern der Altmarkkreis Salzwedel, der diese unkomplizierte Möglichkeit für die Eltern bei der Schülerbeförderung hatte.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, dass ich heute noch ständig von Eltern angesprochen werde, die sich natürlich zu Recht fragen, warum diese unkomplizierte und unbürokratische Lösung, die der Altmarkkreis Salzwedel für die Eltern im Bereich der Schülerbeförderung gefunden hatte, jetzt konterkariert wurde, was zu Mehrbelastungen und auch zu einer finanziellen Belastung für die Eltern führt.
Das habe ich jetzt nicht als Frage aufgefasst. Sie unterstützen uns an dieser Stelle. Ich weiß, dass es auch im Landkreis Quedlinburg eine ähnliche Regelung gegeben hat. Es ist bedauerlich, dass das so nicht mehr möglich ist.
Vielen Dank, Herr Lange. - Zum Schluss der Debatte hören wir den Beitrag der CDU-Fraktion. Ich erteile Frau Feußner das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Eigentlich wollte ich gar nicht mehr viel sagen. Ich werde mich auch recht kurz fassen, weil wir schon eine sehr fortgeschrittene Uhrzeit haben und wir alle aufgrund der Wetterlage sicherlich recht schnell nach Hause wollen.
Zur Schulgesetznovelle haben wir während der Einbringung viel gesagt und haben darüber im Ausschuss diskutiert. Dazu will ich jetzt gar nicht alles wiederholen. Ich möchte mich auf drei wesentliche Punkte beschränken.
Ich bin erstens froh darüber, dass die unterschiedlichen Rechtsauffassungen und demzufolge auch die unterschiedlichen Auslegungen in den jeweiligen Landkreisen bezüglich des Schülertransports nun durch eine Klarstellung geregelt sind. Es geht explizit - es ist jetzt schon mehrfach genannt worden - um die Schülerbeförderung zwischen Schülerwohnheimen und dem Wohnort. Die so genannten Internatsschüler bekommen künftig zwei Fahrten pro Woche erstattet. Ich glaube, dass diese Klarstellung nötig war, weil wir alle sicherlich viel Post bekommen haben, weil die Landkreise das unterschiedlich gesehen haben. So konnten wir jetzt, denke ich, auch mithilfe des GBD eine Klarstellung vornehmen.
Des Weiteren bin ich sehr froh darüber, dass jetzt auch Schulleiter oder Betreuer Ordnungsmaßnahmen gegenüber Internatsschülern aussprechen können, sofern gravierende Verstöße auftreten. Das haben wir in der Vergangenheit nicht gehabt. Es gab immer wieder auch rechtliche Probleme, wenn Kinder aus Internaten verwiesen werden sollten, weil es eine solche Regelung nicht gab. Diesbezüglich konnten wir auch eine Klarstellung erreichen.
Drittens. Es ärgert mich sehr, dass wir diese Sonderstellung der Waldorfschulen mehr oder weniger nicht erhalten konnten. Aber wir haben unterschiedliche Institutionen befragt, inwieweit wir einen Passus finden können, der auch rechtssicher ist. Den konnten wir nicht finden. Demzufolge blieb uns aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts keine andere Wahl, als diese Regelung so zu treffen, wie wir sie jetzt im Schulgesetz verankert haben.
Zu der von Herrn Lange angesprochenen Übergangsregelung. Herr Lange, wenn Sie eine 13-jährige Übergangsregelung haben wollen, dann muss ich Sie fragen: Was kommt denn danach? Wenn Sie meinen, dass die Waldorfschulen dadurch geschwächt werden und dass Schüler die Waldorfschulen deshalb nicht mehr anwählen, dann wählen sie sie nach 13 Jahren auch nicht mehr an.
Das ist alles ein bisschen fadenscheinig, was Sie hier vortragen. Wir werden sehen, wie sich das in nächster Zeit entwickelt. Wir können gern in diesem Hohen Hause noch einmal darüber diskutieren, wenn es so eintreten sollte, wie Sie das wieder schwarz malen. Ich glaube nicht, dass es so kommt.
In freien Schulen muss man auch Schulgeld bezahlen. Das geben die Eltern jetzt auch dafür aus. Die wussten, was auf sie zukommt. Alle Ersatzschulen erheben
Schulgeld. Demzufolge können Eltern, wenn sie die Kinder die öffentliche Schule besuchen lassen, eher Geld einsparen, als dass sie mehr Geld ausgeben müssten.