Wir begrüßen es, dass sich auch die EU-Kommission für einen notwendigen Anreiz ausspricht, um Umweltschutz attraktiver werden zu lassen. Auch die stärkere regionale Ausrichtung wird von der Kommission betont. Dieser zu begrüßende Ansatz darf jedoch nicht durch enge Vorschriften konterkariert werden, die keinen Platz für Individualität lassen und die nicht administrierbar sind.
In der ländlichen Entwicklung deutet die EU-Kommission eine Stärkung des regionalen Ansatzes an. Hier sind wir in Sachsen-Anhalt bereits auf dem richtigen Weg. Wir haben die Akteure vor Ort in der Vergangenheit zunehmend in den Entscheidungsprozess eingebunden. Leader-Gruppen sind in Sachsen-Anhalt flächendeckend im Einsatz. Das ist nicht in jedem Bundesland so.
Flächendeckend haben wir auch die integrierten ländlichen Entwicklungskonzepte. Mit den Arbeitsgemeinschaften Ländlicher Raum, die ich vor Kurzem mit den Landräten diskutiert habe, ist nun ein weiterer Schritt getan, um den Akteuren vor Ort eine größere Handlungsmöglichkeit zu eröffnen. Wir liegen mit diesem Ansatz im Zukunftstrend der europäischen Politik.
Allerdings muss auch die finanztechnische Abwicklung von Fördermaßnahmen diesem Ansatz gerecht werden und eine ausreichende Mittelausstattung gewährleistet sein. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Überlegungen der Kommission für eine spezielle Förderung von Übergangsregionen.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns immer für einen deutlichen Abbau bürokratischer Lasten stark gemacht. Die letzte Agrarministerkonferenz hat auf Initiative Sachsen-Anhalts noch einmal deutliche Zeichen ge
setzt. Alle Bundesländer haben unserer Forderung zugestimmt, dieses Thema auf der Ebene der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin zu behandeln. Der Grundstein für den Verwaltungsaufwand wird mit den Verhandlungen und Beschlüssen gelegt. Deshalb ist es jetzt so wichtig, alle Ebenen zu mobilisieren, um einen weiteren Bürokratieaufwuchs im Zusammenhang mit der Verwaltung von EU-Mitteln zu verhindern.
Meine Damen und Herren! Nach meiner Einschätzung ist, wenn wir uns die Mittelsituation vor Augen führen, zu befürchten, dass zukünftig sowohl bei den Maßnahmen in der ersten Säule als auch bei den Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung in der zweiten Säule ein geringeres EU-Finanzvolumen zur Verfügung stehen wird. Die Gründe möchte ich noch einmal zusammenfassen.
Erstens würde die vorgesehene stärkere Angleichung der Transferzahlungen pro Hektar zu einer Reduzierung bei uns führen, da die Zahlungen in Deutschland überdurchschnittlich hoch sind und auch innerhalb Deutschlands die Zahlungen Sachsen-Anhalts über dem Durchschnitt liegen.
Zweitens würden eine Kappung bei größeren Betrieben und auch ein Arbeitskräftebezug der Transferzahlungen für Sachsen-Anhalt prämiensenkend wirken, da wir große Strukturen und einen vergleichsweise niedrigen Arbeitskräftebesatz haben.
Drittens. Da wir nicht mehr zu den Regionen in der Europäischen Union mit einem vergleichsweise niedrigen Einkommen zählen, ist auch aus diesem Grunde von einem Transferverlust auszugehen.
Anhand einiger weniger Überblickszahlen können wir uns vor Augen führen, worum es geht, meine Damen und Herren. Pro Jahr erhalten die landwirtschaftlichen Unternehmen in Sachsen-Anhalt Direktzahlungen in Höhe von durchschnittlich 380 Millionen €. Im Einzelplan 09 - Landwirtschaft - des Landeshaushaltes für 2011 stehen insgesamt Ausgaben in Höhe von 280 Millionen €. Davon sind wiederum 153 Millionen € Mittel der EU und 127 Millionen € nationale Mittel. Das heißt, im Jahr 2011 fließen über die Agrarverwaltung 533 Millionen € EUGeld und nur 127 Millionen € nationales Geld in den ländlichen Raum und in den Agrarsektor. Die Relation beträgt grob gerechnet 80 : 20.
Ich denke, meine Damen und Herren, diese Relation macht klar, dass ein Rückgang der Zahlungen von der Europäischen Union drastische Auswirkungen auf unsere Landwirtschaft und den ländlichen Raum hat und dass wir deshalb sehr aufmerksam beobachten müssen, wie die Detailvorschläge für die Weiterentwicklung der Agrarpolitik aussehen. Noch sind die Pläne des EUAgrarkommissars Ciolos nicht untersetzt, aber es zeichnet sich ab, dass wir unsere Position hart verteidigen müssen.
Meine Damen und Herren! In der ersten Säule muss den Landwirten das zugestanden werden, was der Markt nicht liefert. Was steht auf dem Spiel? - Bei den Haupterwerbsbetrieben, bei denen der Lohn für Familienarbeitskräfte aus dem Gewinn zu bestreiten ist, entspricht der Gewinn nicht selten den EU-Transfers. Jeder Euro Transferreduzierung bedeutet insofern Gewinnreduzierung. Das zeigt, welche ökonomischen Folgen mit der Kürzung der Transferzahlungen verbunden sein können.
Wir dürfen bei all dem nicht vergessen, dass die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden und sicheren Le
bensmitteln nach wie vor eine Kernaufgabe der Landwirtschaft ist. Das gerät bei vollen Lebensmittelregalen und niedrigen Preisen schnell in Vergessenheit. Die öffentlichen Leistungen der Landwirtschaft gehen über die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden und bezahlbaren Nahrungsmitteln und die Rohstoffsicherung hinaus. Der Erhalt unserer einmaligen Kulturlandschaft, die Nachhaltigkeit der Erzeugung und der Beitrag zu einem attraktiven ländlichen Raum müssen auch in Zukunft gewährleistet sein. Dazu muss die zweite Säule der EUFörderung auch zukünftig ihren Beitrag leisten.
Landwirtschaft und ländlicher Raum sind im Land Sachsen-Anhalt gut aufgestellt - dazu hat die EU Wesentliches beigetragen -, und die Aufwärtsentwicklung soll und muss weiter gehen, meine Damen und Herren. Unsere ländlichen Regionen haben noch viel Potenzial.
Für die zukünftigen Herausforderungen brauchen wir Mittel der EU. Wir haben keinen Euro zu verschenken. Dafür muss in den nächsten Jahren engagiert gefochten werden. Dann werden wir wieder zu anderen Regionen aufschließen und werden an frühere Traditionen anknüpfen können.
Ziel muss es sein, diese Region, das heutige SachsenAnhalt wieder zu einem führenden Agrarstandort zu machen, von dem Impulse für die Weiterentwicklung und den Fortschritt der Landwirtschaft ausgehen. Wir sind dabei auf einem guten Weg. - Herzlichen Dank.
Wir hatten im Ältestenrat 130 Minuten Redezeit nach der Struktur E verabredet. Die Fraktionen sprechen in folgender Reihenfolge und mit folgenden Redezeiten: CDU 37 Minuten, DIE LINKE 24 Minuten, SPD 23 Minuten und FDP zehn Minuten.
Jetzt darf ich der FDP das Wort erteilen. Herr Abgeordneter Hauser, bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Minister Dr. Aeikens, nach Ihrer großen Wohlfühlrede mit der freundlichen Botschaft: „In Sachsen-Anhalt ist alles in Butter; es ist das Land, in dem Milch und Honig fließen“, möchte ich Sie nun in die Realität zurückholen.
Das, wozu wir im Großen und Ganzen einer Meinung sind, lasse ich einfach weg und das, wozu wir anderer Meinung sind, das trage ich vor.
Sehr geehrter Kollege Daldrup, das muss so sein. Das ist das Rollenspiel im Parlament zwischen Regierung und Opposition. Ich glaube, das können wir austragen.
Wie Sie wissen, haben wir aktuell neben der Hoch- und Grundwasserproblematik auch das Megaproblem der Oberflächenwässer. Den Bürgermeistern vor Ort wird sozusagen der volle Eimer von der Bevölkerung regelrecht über den Kopf geschüttet. Wir haben nämlich das Problem oder besser gesagt: das Schwarze-Peter-Spiel, dass der eine dem anderen die Schuld in die Schuhe schiebt und seltsamerweise niemand dafür zuständig ist.
Bekanntlich steht das Land wegen der Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung unter anderem auch bei den Unterhaltungsverbänden in der Kritik, und die Unterhaltungsverbände stehen vor den Grundstückseigentümern als Beschuldigte da. In dieser Situation muss ich unter anderem erleben, dass Gräben so konstruiert sind, dass nicht, wie gefordert, ein schadloser Wasserabfluss, sondern ein Wasserrückfluss stattfindet, und dass letztlich die Menschen im ländlichen Raum - je nach Gebiet verschieden - regelrecht absaufen und dass im Winter Heizungsanlagen abgestellt, Stromanschlüsse gesperrt und Verteilerkästen abmontiert werden müssen. Die Menschen sind verzweifelt.
Daher gleich mein Vorschlag, sehr geehrter Herr Minister: Wir brauchen nicht nur einen jährlichen Waldgipfel, sondern sozusagen auch ein jährliches Wasserstandstreffen in unserem Land. Es geht mir nicht darum, dass man sich dabei gegenseitig beschuldigt, sondern darum, dass man tragbare Lösungen erarbeitet.
Vorsichtshalber will ich gleich hinzufügen: Die Argumentation, im Jahr 2010 hat es doppelt so viel geregnet wie in normalen Jahren, wird nicht akzeptiert. Sie wird nicht akzeptiert, weil die Ursachen, die Auswirkungen und die Betroffenheit verschieden sind.
Nun zu meinen Ausführungen hinsichtlich der Regierungserklärung zum Thema „Landwirtschaft und ländlicher Raum in Sachsen-Anhalt - Bilanz und Perspektiven“. Ich glaube, wir sind darin einig, die Agrarwirtschaft ist das Herzstück im ländlichen Raum von SachsenAnhalt und die Ernährungs- und die Forstwirtschaft gehören auch dazu.
Insbesondere die Landwirtschaft und deren Unternehmen erlebten vor ungefähr zehn Jahren den absoluten Tiefpunkt während der damaligen BSE-Krise und ab 2006 eine Renaissance, an die niemand geglaubt hatte, auch ich nicht. Es tut gut und es freut mich als Landwirt, dass diese Branche unserer Volkswirtschaft endlich wieder die notwendige Achtung und Anerkennung in unserer Gesellschaft findet.
In diesem Zusammenhang bin ich sehr für eine realistische Diskussion und möchte insbesondere betonen, dass die Zeit der andauernden Niedrigpreisphase nun zu Ende ist. Bekannterweise macht nicht die Politik die Preise; Marktpreisorientierungen geschehen auf den jeweiligen Märkten. Wir haben daher leider stärkere Preisschwankungen um dieses höhere Preisniveau herum. Nun sind vor allem unsere gut ausgebildeten Agrarunternehmen gefragt, mit Köpfchen zu agieren und zu arbeiten.
Die Aufgabe der Politik besteht darin, sichere und verlässliche Rahmenbedingungen für möglichst lange Zeiträume zu schaffen. Das ist leider, wie Sie schon angesprochen haben, nicht der Fall.
In der aktuellen Agrarpolitik passiert augenblicklich sehr viel. Bekannterweise ist dieser Bereich in Landes-, Bundes- und EU-Agrarpolitik unterteilt, und das macht das Ganze unendlich kompliziert. Für die gemeinsame EUAgrarpolitik nach 2013, also von 2014 bis 2020, stehen leider Grundsatzdiskussionen an. Für die Landwirtschaft in Deutschland, vor allem in Sachsen-Anhalt geht es dabei um die neue Finanzausstattung im EU-Agrarhaushalt. Diese Umverteilung, das Gezerre um das Geld beginnt wieder von Neuem.
Das Bundesland Sachsen-Anhalt ist ein exponierter und traditionsreicher Agrarstandort mit einer geschichtsträchtigen Vergangenheit, unter anderem mit hervorragenden Böden, mit exzellenter Tier- und Saatzucht und mit immer besser aufgestellten Weinbaubetrieben. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Fischzucht.
Herr Hauser, darf ich Sie kurz unterbrechen? - Ich hatte vergessen, die Damen und Herren der Krankenpflegeschule zu begrüßen, die uns jetzt gerade verlassen. Ich bitte um Nachsicht. Es war schön, dass Sie da waren.
Bernburg-Strenzfeld, DLG ist eine feine Sache. Diese Standortentscheidung wirkt nicht nur im bundesdeutschen Raum, sondern, ich meine, sogar im europäischen Raum.
Fünf EU-Agrarreformen in 20 Jahren sind genug. Die Verunsicherung in den Agrarbetrieben ist beträchtlich. Sichere Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Wirtschaften sehen anders aus.