Protocol of the Session on December 9, 2010

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich ausdrücklich bei den Mitgliedern und insbesondere auch bei den Vorsitzenden des Sozialausschusses und des Ausschusses für Recht und Verfassung dafür zu bedanken, dass wir bei der Fülle der Gesetze, die wir in den Ausschüssen hatten, zu dem Punkt gekommen sind, an dem wir jetzt angelangt sind. Es ist ein umfangreiches Gesetz. Das war auch in der Vorbereitung im Ministerium so. Herr Strebinger, dessen Herzblut daran hängt, ist hier. Er ist einer derjenigen, die dabei mit gelitten und mit gestritten haben. Ich glaube, es ist ein guter Kompromiss, wie er bis jetzt bei jedem Gesetz gefunden worden ist.

Ich finde, dass es zu den Rollen der Legislative und der Exekutive gehört, dass ein konstruktiver Streit im Ausschuss stattfindet. Das war auch so, auch mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst. Wenn am Ende das möglichst Beste dabei herauskommt, dann ist es richtig.

Am Anfang hat die FDP-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf auch ein Stückchen Druck gemacht und gesagt: Ihr

müsst ein bisschen kommen. Das haben wir dann auch gemacht. Aber da man doch so lange gebraucht hat und ich schon Befürchtungen hatte, ob wir das noch bis zum Ende der Wahlperiode hinbekommen, bin ich sehr dankbar, dass es heute so weit ist. Also Dank an alle, die mitgemacht haben.

Hauptziel des Gesetzes ist der Schutz der Würde der Menschen, die pflegebedürftig sind, und das Ziel, deren Interessen und Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Dem dienen alle Regelungen, die im Gesetzentwurf enthalten sind, ob es sich um Teilhaberegelungen, Mitbestimmungsregelungen, die gesamte Frage von Kontrolle und gemeinschaftlichen Prüfungen der zwei Prüfinstitute handelt. Alles dient dazu, die Würde der Menschen und ihre Interessen in den Mittelpunkt zu rücken. Das finde ich absolut richtig. Auch dieses Beratungsangebot für die selbstorganisierten Wohngemeinschaften aufzunehmen, ist eine richtige Zielstellung.

Also noch einmal herzlichen Dank. Ich will den Rednern und Rednerinnen nicht alles vorwegnehmen. Vielen Dank für die Beratung. Ich bitte um Zustimmung.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten dann in die Fünfminutendebatte ein. Zunächst erteile ich der Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Dr. Eckert, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie in aller Kürze vier Anmerkungen.

Erstens. Meine Fraktion stellte schon im Jahr 2006 einen Antrag, mit dem wir die Landesregierung aufforderten, im Sozialausschuss des Landtages Eckpunkte für ein Landesheimgesetz sowie, darauf basierend, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Es gab dazu eine Berichterstattung und dann passierte beinahe gar nichts mehr.

Anfang dieses Jahres brachte dann die FDJ,

(Heiterkeit - Herr Gallert, DIE LINKE: Es ist zwar auch eine Nachfolgepartei, aber eine andere!)

die FDP-Fraktion, Entschuldigung, einen Gesetzentwurf für ein Landesheimgesetz in den Landtag ein mit dem Ziel - ich unterstelle das; der Minister hat es auch bestätigt -, die Landesregierung nun endlich zu Aktivitäten zu bewegen.

Heute wird der Landtag in seiner vorletzten Sitzung in dieser Legislaturperiode als zehnter Landtag ein Wohnformen- und Teilhabegesetz beschließen. Meine Damen und Herren, Kritik muss sein: Früher aufstehen sieht anders aus.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Zweitens. Meine Fraktion hat im Ausschuss beantragt, den Titel des Gesetzentwurfes in „Wohnformen- und Mitwirkungsgesetz“ zu ändern. Wir sind der Auffassung, und zwar nach wie vor, dass das vorliegende Gesetz ein Wohnformen- und Mitwirkungsgesetz ist. Denn nichts anderes wird in dem Gesetz geregelt.

Ungenügend geregelt wird eine Teilhabe pflegebedürftiger Menschen an der Gesellschaft, am gesellschaftlichen Leben. Betrachten Sie einfach die Paragrafen des

Abschnitts 2 - Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe sowie des Verbraucherschutzes. Da gibt es Mitwirkung und Öffnung in das Gemeinwesen, aber nur sehr vage Teilhabe, aus meiner Sicht fast gar nicht. Das Gesetz verspricht also mehr, weckt mehr Hoffnungen, als es dann tatsächlich hält.

Drittens. Meine Fraktion hat in die Beratung einen Änderungsantrag zu § 15 eingebracht. Er entsprach dem Vorschlag der Notare Sachsen-Anhalts. Wir bewerten wie die Notare die im Gesetzentwurf der Landesregierung vorgesehenen Regelungen in § 15 als eine Einschränkung der Testierfreiheit pflegebedürftiger Menschen und haben Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung.

(Zustimmung von Frau von Angern, DIE LINKE)

Viertens. Die Änderungsvorschläge der Regierungsfraktionen, die die §§ 13, 33 und 36 betreffen, unterstützen wir. Zum Gesetzentwurf insgesamt werden wir uns der Stimme enthalten. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Eckert. - Wir kommen dann zum Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Rotter hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entgegen allen Befürchtungen ist es nun doch gelungen, noch in dieser Legislaturperiode auch für unser Bundesland ein Gesetz zu erarbeiten, das die Regelungen des Heimgesetzes des Bundes neu definiert. Aus heutiger Sicht kann ich nur sagen: Die von Ihnen, Frau Dr. Hüskens, geäußerte Skepsis aufgrund des Zeitplanes war nicht völlig unbegründet, musste ich doch feststellen - da schließe ich mich durchaus der Feststellung des Ministers an -, dass es erheblich mehr Arbeit gekostet hat und wesentlich mehr Sorgfalt bedurfte, als ich persönlich ursprünglich vermutet habe.

Wir haben uns einen sehr hohen, aber gerechtfertigten Anspruch gestellt: Wir wollen ein Gesetz schaffen, das es alten, pflegebedürftigen oder behinderten Mitmenschen ermöglicht, selbstbestimmt und in Würde ihr Leben so zu gestalten, wie es ihren Wünschen und Möglichkeiten entspricht. Das Gesetz soll neue Wohnformen ermöglichen, die Öffnung in das Gemeinwesen fördern und eine Entbürokratisierung ermöglichen, ohne dabei die Schutzinteressen der betreuten Mitmenschen aus den Augen zu verlieren.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, mit diesem Gesetzentwurf haben wir dafür beste Voraussetzungen geschaffen. Herr Dr. Eckert, da sind wir nicht ganz einer Meinung; aber vielleicht kann ich Sie noch davon überzeugen.

(Zuruf von Herrn Dr. Eckert, DIE LINKE)

An dieser Stelle möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei allen Beteiligten recht herzlich bedanken. Durch ihre Arbeit, ihren Fleiß und ihr Engagement ist es gelungen, dass dem Parlament heute ein Gesetzentwurf vorliegt, der gut ist.

Aber, meine Damen und Herren, auch Gutes trägt immer noch die Möglichkeit der Verbesserung in sich. Das trifft auch für diesen Gesetzentwurf zu. So liegt Ihnen heute

noch ein Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor, auf den ich im Folgenden ganz kurz eingehen möchte. Der Änderungsantrag beinhaltet, wie schon erwähnt, im Wesentlichen drei Punkte.

In § 13 des Gesetzentwurfs wird die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht geregelt und somit auch das Löschen von gemachten Aufzeichnungen und gesammelten Daten. In der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses ist noch verankert, dass gemachte Aufzeichnungen nach fünf Jahren gelöscht werden dürfen.

Das ist laut der Stellungnahme des Landesbeauftragten für den Datenschutz jedoch bei weitem nicht ausreichend. Er hält eine verpflichtende Löschungsanordnung aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten für unbedingt notwendig. Deshalb empfiehlt er, der Formulierung im Gesetzentwurf der Landesregierung zu folgen. In diesem ist das Löschen von Aufzeichnungen und sonstigen Unterlagen und Belegen nach fünf Jahren vorgeschrieben.

Da es aber aus der Sicht der Träger durchaus notwendig sein kann, gesammelte Daten und Informationen im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner länger als die im Gesetz vorgeschriebenen fünf Jahre aufzubewahren, glauben wir, dass die Formulierung im Änderungsantrag wesentlich zielführender ist und der Lebenswirklichkeit besser entspricht.

Meine Damen und Herren! Nicht zuletzt durch die rasant fortschreitende Entwicklung des medizinischen Fortschritts, aber auch durch die zunehmende Qualität der Pflege ist es möglich geworden, dass unsere Bevölkerung immer älter wird. Aufgrund dessen ist es keine Seltenheit mehr, dass Bewohnerinnen und Bewohner länger als fünf Jahre in einer durch dieses Gesetz geregelten Wohnform verbleiben. Ich würde es deshalb für nicht gerechtfertigt halten, wenn Aufzeichnungen über diesen Personenkreis nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht gelöscht werden müssten, obwohl sie für die Aufgabenerfüllung des Trägers noch benötigt werden und für die schutzwürdigen Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner noch von Bedeutung sind.

Meine Damen und Herren! Eine weitere Änderung bzw. Ergänzung sehen wir in § 33 als notwendig an. Auch wenn ich mich der Meinung von Frau Dr. Hüskens durchaus anschließen kann, dass so viel wie möglich im Gesetz selbst geregelt werden sollte und so wenig wie möglich durch Verordnungen, ist das doch nicht in jedem Fall möglich und sinnvoll.

Durch die im Gesetzentwurf in § 33 Abs. 1 vorgesehenen Verordnungen soll eine Vielzahl von Details geregelt werden. Damit dies im Sinne des Gesetzes geschieht - denn, meine Damen und Herren, wir hatten uns unmissverständlich zum Ziel gemacht, durch dieses Gesetz zum Beispiel ein Absenken von bereits vorhandenen Standards zu verhindern -, wollen wir durch das Einfügen des Absatzes 2 erreichen, dass vor dem Erlass einer Verordnung das Einvernehmen mit dem Landtag hergestellt werden muss.

Unter Punkt 3, meine Damen und Herren, soll - das sagte ich und das halte ich aufgrund der Vielzahl der weitreichenden Neuerungen des Gesetzes auch persönlich für sinnvoll - eine Evaluierung der Wirkungen dieses Gesetzes verbindlich festgeschrieben werden. Nach vier Jahren sollen in einer wissenschaftlich fundierten Berichterstattung durch die Landesregierung die Auswirkungen dieses Gesetzes beschrieben und die Ziel

erreichung dargestellt werden. Dazu ist dem Landtag Bericht zu erstatten.

Meine Damen und Herren! Der eine oder andere von Ihnen wird sich vielleicht noch an die von mir bei meinem letzten Redebeitrag zu diesem Gesetzentwurf erwähnte Karte erinnern. Auf ihr war der Spruch zu lesen, man solle nett zu seinen Kindern sein; denn sie suchten das Heim aus, in dem man im Alter einmal leben werde.

In Abwandlung dieses Spruches möchte ich heute so enden: Wenn dieses Gesetz so wirkt, wie es beabsichtigt ist, dann suche ich gemeinsam mit meinen Kindern nach der Wohnform, die es mir ermöglicht, selbstbestimmt alle Möglichkeiten der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben meinen Interessen und Fähigkeiten entsprechend auszuschöpfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Rotter.

Ich bitte Sie deshalb

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

- gestatten Sie, Herr Präsident - -

Sie sind schon ein bisschen über der vereinbarten Redezeit.

Ja, das habe ich gesehen. Trotzdem zwei Sätze noch. - Ich bitte Sie deshalb, dem vorliegenden Änderungsantrag zuzustimmen und dem so geänderten Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu erteilen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Wunderbar, Herr Rotter. Herzlichen Dank für den Beitrag der CDU-Fraktion. - Wir kommen zum Beitrag der FDPFraktion. Frau Dr. Hüskens erhält das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herrn Rotters Beitrag kann man, glaube ich, nicht mehr mit dem Spruch „Ab ins Heim“, sondern nur noch mit dem Spruch „Ab in die Wohnform“ zusammenfassen. Es ist schon mehrfach gesagt worden: Der positiv zu bemerkende Punkt ist, dass es diesen Gesetzentwurf gibt und dass wir es schaffen, dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.

Gut ist auch - das muss ich neidlos anerkennen -, dass der Ausschuss eine ganze Reihe von Anregungen aufgenommen hat, die im Rahmen der Anhörung und vom Ausschuss für Recht und Verfassung, der noch einmal intensiv tätig geworden ist, gekommen sind. Es ist einer der Gesetzentwürfe, von denen man sagen muss, dass in den Beratungen viele durchgreifende Änderungen umgesetzt worden sind. Diese haben den Gesetzentwurf besser gemacht, als er war, als er im Landtag das erste Mal gelesen worden ist.