Protocol of the Session on November 12, 2010

Wir wollen vor allem endlich einen Rechtsanspruch auf die Anerkennung von ausländischen Berufsausbildungen.

(Herr Tullner, CDU: Porsche für alle! - Herr Gürth, CDU: Nicht nur für den Bundesvorsitzenden der LINKEN! - Zuruf: Porsche für alle, genau!)

Und wir fordern eine gleichberechtigte politische und gesellschaftliche Teilhabe in Deutschland. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: Jeder soll so wohnen wie Oskar Lafontaine! Und Autos fahren wie er! - Weitere Zurufe von der CDU)

Frau Rente, es gibt eine Nachfrage von Frau Dr. Hüskens. - Frau Dr. Hüskens, bitte.

Mich macht das fast sprachlos, was Sie alles Hübsches erzählt haben. Ich möchte trotzdem nur zu einem einzigen Punkt kommen. Sie hatten zu Anfang Ihres Vortrages gesagt, dass Sie der Meinung sind, dass nach Deutschland jeder zuwandern darf und dass wir alle beruflichen Qualifikationen anzuerkennen hätten - ich vermute, Sie meinen, als gleichwertig.

(Herr Gürth, CDU: Alle, ja? Wirklich alle? Das ist ja putzig! Absolut regierungsunfähig!)

Ich nenne einmal ein extremes Beispiel aus dem medizinischen Bereich. Es gibt auf diesem wunderschönen bunten Erdball durchaus Kulturen, die ein völlig anderes, ganzheitliches Medizinbild haben, nicht wie bei uns in Fachgliederungen gespalten, sondern mit einer völlig anderen Vorstellung dazu.

(Herr Höhn, DIE LINKE: O bitte! - Frau von An- gern, DIE LINKE: Die stehen Schlange!)

Soll ich mir also vorstellen, dass jemand, der aus einer völlig anderen Kultur mit einem völlig anderen Medizinzugang kommt, wenn er hierher kommt, sofort eine Approbation als Arzt bekommt und hier zukünftig arbeiten darf?

(Herr Höhn, DIE LINKE: Natürlich nicht! - Herr Gürth, CDU: Die dürfen nur Linke operieren! - Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Frau Dr. Hüskens, Herr Wolpert hatte vorhin in seiner Rede bemerkt, dass er letztens einen irakischen Arzt kennengelernt hat, der seine Zulassung in SachsenAnhalt nicht bekommen hat, weil ihm diese Zahnarztsache gefehlt hat.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

In Nordrhein-Westfalen hat er sie bekommen.

(Herr Gürth, CDU: Das Beispiel kennen wir auch!)

Damit ist doch diese Frage eigentlich schon beantwortet.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU und von der FDP: Nein! He! - Zuruf von der FDP: Das ist Käse!)

Frau Dr. Hüskens, bitte.

Jetzt habe ich keine Frage mehr, sondern nur eine Zwischenbemerkung. - Ich glaube, das ergibt sich eben nicht. Das alles sind Dinge, die man nicht so pauschal und platt darstellen kann, wie sie hier in den letzten zehn Minuten dargestellt worden sind. Wir müssen mit den Aspekten differenziert umgehen.

Ich halte es für wichtig, dass wir zu einem zügigeren Anerkennungsverfahren kommen, wie Herr Miesterfeldt das gesagt hat. Aber natürlich kann ich nur berufliche Gruppen und Abschlüsse anerkennen, die einigermaßen kompatibel sind.

(Zustimmung von Herrn Gürth, CDU)

Denn wir müssen unserer Bevölkerung ein sicheres Gefühl geben, dass sie, egal ob sie nun zu einem Mediziner, zu einem Handwerker oder zu einem Unternehmer gehen, eine entsprechende Qualität bekommen,

(Herr Gürth, CDU: Richtig!)

damit wir nicht hinterher in der Bevölkerung eine ganz andere Reaktion bekommen, die wir alle nicht haben wollen.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Herr Kosmehl, hatten Sie sich auch gemeldet? - Bitte.

Meine Damen und Herren! Nur eine Kurzintervention. Frau Kollegin, ich verwahre mich dagegen, dass Sie im Zusammenhang mit der Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften von einer Selektion sprechen. Ich glaube, das gehört in diese Thematik nicht hinein.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Thomas. Bitte sehr.

(Herr Thomas, CDU, begibt sich ans Rednerpult - Herr Kley, FDP: Da bringen sich die Minister schon mal in Stellung! - Heiterkeit bei der FDP)

Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Sehr geschätzte Kollegin Rente, im Gegensatz zu Ihnen brauchte ich mein Redemanuskript nicht umzuarbeiten; denn ich habe das erwartet, was von Ihnen kam.

(Herr Zimmer, CDU, und Herr Weigelt, CDU, la- chen)

Ich möchte Ihnen vielleicht noch einmal den ersten Teil des uns vorliegenden Debattenantrages vorlesen. Die

ser lautet: Vorteile qualifizierter Zuwanderung. Wenn Sie die qualifizierte Zuwanderung abkanzeln unter dem Motto: Für uns heißt qualifizierte Zuwanderung, wir lassen alle rein, die da kommen wollen, dann entspricht das gerade nicht der Intention dieser Debatte, die wir heute führen.

(Frau von Angern, DIE LINKE: Warum haben Sie sie dann beantragt?)

Ich sage Ihnen nur, als ich ein junger Mensch war,

(Herr Tullner, CDU: Das ist aber lange her! - Hei- terkeit bei der CDU)

vor 20 Jahren, da war es mir leider nicht vergönnt, in anderen Ländern zu schauen, wie sie es dort machen. Da war es mir leider nicht vergönnt, einmal zu schauen, wie andere Systeme funktionieren,

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

weil mir genau das Regime, das Sie damals geführt haben, dies verwehrt hat. Dann klingt es schon ein bisschen wie Hohn, wenn Sie sagen: Heute dürft ihr alle kommen, nachdem wir damals nicht raus durften. Ich denke, es gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass wir das hier auch einmal sagen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Jeder von uns, der sich mit Wirtschaft beschäftigt, kennt die zentralen Themen für die Ansiedlung von wirtschaftlichen Unternehmen. Das ist erstens die Infrastruktur, die man vor Ort vorfindet. Diese hat sich in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren hervorragend entwickelt. Der zweite Punkt - auch das wird uns zunehmend beschäftigen; das zeigen uns die Zahlen - sind die politischen Verhältnisse vor Ort. Und der dritte wesentliche Punkt ist natürlich das Reservoir an Arbeitskräften, an Fachkräften.

Ein Unternehmen, das nach Sachsen-Anhalt kommt, bringt die Arbeitskräfte in der Regel nicht mit, sondern erwartet, dass sie hier vor Ort sind. In diesem Bereich haben wir an bestimmten Stellen ein Defizit; das lässt sich nicht bestreiten. Dennoch muss man einmal die Frage stellen: Was motiviert denn eine ausländische Fachkraft, nach Deutschland zu kommen, nach Sachsen-Anhalt, nach Bitterfeld-Wolfen,

(Zustimmung von Herrn Zimmer, CDU)

nach Dessau-Roßlau oder nach Quedlinburg? Welche Gedanken hat derjenige?

Ich kann die Frage auch anders herum formulieren. Wir sind 97 Kollegen im Landtag, wir sind 97 Fachkräfte. Was würde uns denn motivieren, ins Ausland zu gehen und dort unser Betätigungsfeld, unseren Lebensmittelpunkt zu finden? - Das ist schnell erzählt. Das könnten persönliche Gründe sein.

(Oh! bei der LINKEN)

Man weiß nicht, wohin die Liebe fällt. Man weiß nicht, wohin einen die Familie zieht. Es sind natürlich auch finanzielle Gründe. Man sagt sich: Vielleicht kann ich dort etwas mehr Geld verdienen. Es könnten aber auch die Arbeitsbedingungen sein. Man sagt sich: Dort habe ich bessere Bedingungen für die Forschung, für die Lehre, und deswegen gehe ich dorthin, weil ich mich dort besser entfalten kann.

Wenn wir uns die Frage stellen, was man uns bieten müsste, dann kommen wir ganz schnell zu der Frage, was wir den Leuten bieten müssen, damit sie nach Sachsen-Anhalt kommen.

Warum erzähle ich Ihnen das? Es ist ganz einfach. Den Spruch „Gute Leute sind immer gesucht“, kennen wir seit Jahrzehnten. Damit möchte ich darauf hinaus, dass ein Fachkräftemangel nicht etwa von der Konjunktur oder von konjunkturellen Entwicklungen abhängt. Einen Fachkräftemangel haben wir schon immer gehabt und werden wir auch in Zukunft immer haben; denn nicht jeder ist so gut, wie wir ihn uns gern backen würden. Ich würde gern auch mit der Illusion aufräumen, dass jeder Mensch eine Fachkraft in dem Sinne, wie wir sie heute verstehen, werden kann. Auch das gehört zur Ehrlichkeit der Debatte dazu und das sollte man auch erwähnen.

(Zustimmung bei der CDU)