Protocol of the Session on November 12, 2010

Es geht zum anderen darum, für alle neuen Fälle das System der Sicherungsverwahrung neu zu konzipieren. Die komplizierte Regelung, die wir momentan haben, nämlich die primäre Sicherungsverwahrung, die vorbehaltene und die nachträgliche - es gibt also drei Kategorien -, wird dadurch nicht abgeschafft. Es gibt nur, was den Anwendungskreis betrifft, Verschiebungen und Verlagerungen.

Dass der Schwerpunkt künftig auf der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung liegen soll, ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und ist meines Erachtens der richtige Weg. Aber dennoch: Der Umfang der Straftaten, die nach dem Gesetzentwurf darun

ter fallen sollen, ist, denke ich, zu hinterfragen. Meines Erachtens kann sich das nur auf schwere und schwerste Gewalt- und Sexualverbrechen beziehen. Vermögensdelikte - Frau von Angern hat das auch angesprochen - gehören meines Erachtens nicht dazu.

Das Urteil des EGMR wird unterschiedlich interpretiert. Eines ist aber eindeutig. Damit bin ich beim zweiten Teil des Antrages. Es geht darum, wie die Sicherungsverwahrung dann vollzogen wird.

Eindeutig ist, dass es nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs so nicht bleiben kann. Das Abstandsgebot zwischen Vollzug und Sicherungsverwahrung bedarf entsprechender Ausgestaltung.

Ob, Frau Ministerin, Blumentöpfe oder mehr Ausgang, das heißt Hofgang, für die Betroffenen dem Problem allein genügen, ist sicherlich fraglich. Der Gerichtshof vermisste nämlich Therapieangebote, die darauf zielen, die von den Untergebrachten ausgehende Gefahr zu verringern.

Meine Damen und Herren! Es ist hier schon gesagt worden: Wir haben in Burg derzeit die Sicherungsverwahrten sowohl aus Sachsen-Anhalt als auch aus Thüringen und aus Sachsen. Dass da längst nicht alles im grünen Bereich ist, lässt sich zumindest vermuten. Den Landtag hat eine Sammelpetition der Sicherungsverwahrten erreicht. Wie Sie wissen, war im Sommer einmal kurz von einem Hungerstreik zu hören. Das ist abgestellt worden.

Ich weiß, dass das Justizministerium bemüht ist, das Entsprechende zu tun. Dennoch gibt es Fragen, die wir im Ausschuss klären sollten. Insoweit beantrage auch ich die Überweisung des Antrages in den Ausschuss. Alle weiteren Dinge, Herr Kosmehl, können wir dann dort klären. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Brachmann. - Wir kommen nunmehr zu dem Debattenbeitrag der FDP. Der Abgeordnete Herr Kosmehl erhält das Wort. Bitte.

(Herr Stahlknecht, CDU: Ach, Leute!)

Sehr geehrter Präsident, ich versuche es wirklich kurz zu machen.

(Herr Stahlknecht, CDU: Es ist doch alles gesagt worden!)

- Es ist nicht alles gesagt worden. Man muss auf einiges hinweisen. - Zunächst zu Herrn Staatsminister Robra. Ich bin dankbar, dass Frau von Angern das angesprochen hat. Das hat mich wirklich auch gestört. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob Herr Staatsminister Robra als Mitglied der Landesregierung gesprochen hat oder als Anwalt, dessen Tätigkeit ruht.

(Herr Stahlknecht, CDU: Der war auch einmal Staatsanwalt!)

Jedenfalls teile ich seine Meinung ausdrücklich nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den Kollegen auch dafür dankbar, dass sie Probleme angesprochen haben, die wir wirklich haben, die auch ich als FDP-Mitglied habe. Der Versuch, das im Therapieunterbringungsgesetz unter einer Psychisch-Gestörten-Defini

tion zu fassen, wozu uns die Fachleute, Psychologen und andere, sagen, dass man Gefährlichkeit nicht mit einer krankhaften oder psychischen Störung gleichsetzen kann, birgt neue Gefahren. Deshalb muss man sich darin einig sein, dass man dann nur diejenigen unterbringen kann, die wirklich eine krankhafte Störung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stahlknecht, ich finde die Diskussion im Landtag immer so überraschend, weil sie zeigt, dass sich Abgeordnete einer Partei im Landtag doch sehr kritisch mit Kollegen der eigenen Partei in anderen Landtagen und im Bundestag auseinandersetzen.

Die elektronische Fußfessel - Herr Kollege Kolze ist jetzt nicht da -, ein von Herrn Bouffier und Herrn Koch in Hessen gefeiertes Instrument, wird von der CDU als Vorreiter der Sicherheit vorangetragen. Sie haben sich heute das erste Mal etwas kritisch dazu geäußert. Das finde ich wirklich gut.

Genauso wenig dürfte es Sie überraschen, wenn sich ein FDP-Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt kritisch zu einem Entwurf der Bundesregierung, die jetzt auch von der FDP getragen wird, äußert. Denn es treibt mich um, wenn der Bund Regelungen beschließen würde, aufgrund deren die Kosten nach dem Motto: „Jetzt kümmert ihr euch einmal darum und schafft dafür die Voraussetzungen“, letztlich bei den Ländern abgelegt würden.

Den Vorschlag hinsichtlich der JVA Naumburg sollten Sie einmal intensiv mit den Kollegen Fischer und Sturm diskutieren. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es wirklich sinnvoll ist, im Zentrum von Naumburg eine solche Einrichtung zu unterhalten.

(Zuruf von Herrn Stahlknecht, CDU)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe schon, wir können zum Thema Sicherungsverwahrung, auch zu den Lösungsansätzen, durchaus auch etwas in den Fachausschüssen sagen.

Letzte Bemerkung. Herr Kollege Stahlknecht, das kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen: der Passus zur Sicherungsverwahrung in Ihrem Wahlprogramm. Ich weiß, dass Sie das beschlossen haben. Vielleicht versuchen Sie es im Wahlkampf nicht jedem vorzutragen. Den Menschen zu suggerieren, man könnte eine landesgesetzliche Regelung treffen, um eine Lücke zu schließen, dazu haben auch Sie, glaube ich, nicht die Kompetenz. Lassen Sie uns lieber gemeinsam an der bundesrechtlichen Regelung arbeiten. Dann kommen wir weiter. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Dr. Brachmann, SPD)

Herzlichen Dank. - Meine Damen und Herren! Ich sehe, dass keine weiteren Debattenbeiträge gewünscht werden. Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt.

Es ist eine Überweisung des Antrages in der Drs. 5/2933 in den Ausschuss für Recht und Verfassung gewünscht worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist dem Antrag zugestimmt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung

Auswirkungen der energetischen Biomassenutzung auf die Artenvielfalt und die Bodenfruchtbarkeit

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/2939

Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/2958

(Unruhe)

- Hören Sie doch bitte zu, meine Damen und Herren. - Einbringer ist der Abgeordnete Herr Barth. Herr Barth, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch zu vorgerückter Stunde sollten wir uns diesem wichtigen Thema noch zuwenden. Ich verspreche jetzt nicht, dass ich meine Rede verkürzt vortragen werde, sondern im Interesse der Sache, denke ich, sollten wir uns noch einmal konzentrieren.

Herr Minister Aeikens hat gestern in der Aktuellen Stunde schon viele Dinge angesprochen, was die Biodiversität betrifft. Vor diesem Hintergrund passt unser Antrag voll zu dem, was gestern schon gesagt worden ist.

Wir möchten die Anstrengungen hier im Land natürlich weiter befördern und würdigen, dass die regenerativen Energien bei uns auch künftig willkommen sind. Uns allen ist klar, dass an der langfristigen Umstellung auf regenerative Energien kein Weg vorbeiführt. Mit unserem Antrag wollen wir die energetische Nutzung der Biomasse nicht infrage stellen, sondern ergründen, welche Rahmenbedingungen zu einer optimalen Nutzung führen und welche Rolle der Anbau von Mais zur energetischen Verwertung langfristig spielen kann und soll.

Biogasanlagen - das möchte ich voranstellen - können einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Grundlastfähigkeit von regenerativen Energien leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Mais ist heute unsere wichtigste Ackerfutterpflanze für die tierische Veredelung und ist für viele Marktfruchtbetriebe eine wichtige Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs. Die hohe Energiedichte macht den Mais zudem als Rohstoff für die Gewinnung von Bioenergie attraktiv. Wir können verzeichnen, dass in unserem Land eine ganze Reihe von Biogasanlagen entstanden ist, die auf Maisbasis betrieben werden.

Mais - das darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden - ist aber eine humuszehrende Pflanze, welche unter wirtschaftlichen Bedingungen eines hohen Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln bedarf.

(Frau Weiß, CDU: Und viel Wasser!)

Hinzu kommt, dass der Anbau für die Böden mit einer deutlichen Erosionsgefahr verbunden ist. Dies ist auch der Grund, warum ein hoher Maisanteil in der Fruchtfolge der guten fachlichen Praxis tendenziell entgegensteht.

Auch Wasserwirtschaftler, Ökologen und Naturschützer kritisieren eine kurze Anbaufolge beim Mais. Ins Feld geführt werden insbesondere die intensive Gewässerbelastung durch Nitrat, Phosphat und Pflanzenschutzmittel,

die Ausdünnung des Artenspektrums, der Bodenverlust und die Monotonie der Kulturpflanzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bezogen auf die gesamte Landesfläche befindet sich der Maisanbau in Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von ca. 10 % derzeit in etwa auf dem Niveau der 80er-Jahre. Wir sind landesweit betrachtet also weit davon entfernt, von einem übermäßigen Maisanbau reden zu können. Aus der Sicht der Bodenfruchtbarkeit ist ein Maisanteil von 20 % an der Fruchtfolge durchaus tolerabel. Problematisch könnte sich die Situation allerdings, regional begrenzt, im Umfeld der großen Biogasanlagen darstellen. Eine regional hohe Konzentration großer Biogasanlagen führt zu einem hohen Maisanteil an der Fruchtfolge.

Ein weiterer Aspekt, den ich ansprechen möchte, beinhaltet die Konkurrenz zu anderen Anbauverfahren. Dies betrifft sowohl den Bereich der Nahrungsmittelproduktion als auch alternative Anbauverfahren zur energetischen Nutzung der Biomasse. Ich denke, es besteht Konsens, dass die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln Vorrang vor der energetischen Nutzung der Biomasse haben muss. Bei dem derzeitigen Umfang des Anbaus von Bioenergiepflanzen - das möchte ich hier betonen - dürfte aber keine Gefahr bestehen.

Was die Konkurrenz zu anderen Verfahren für den Anbau von Bioenergiepflanzen betrifft, so möchte ich darauf verweisen, dass Kurzumtriebsplantagen künftig an Bedeutung gewinnen könnten, da diese eine hohe Energieeffizienz haben. Es stellt sich also die Frage, ob langfristig eine Konkurrenzsituation zu Biogasanlagen auf Maisbasis entstehen könnte und welche wirtschaftlichen Folgen sich daraus ergäben.

Wir wollen mit unserem Antrag den Fragen nachgehen, wie sich die Situation im Land derzeit darstellt, welche weitere Entwicklung erwartet wird und ob gegebenenfalls aufgrund potenzieller Auswirkungen steuernd eingegriffen werden sollte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Barth, für die Einbringung. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Minister Daehre das Wort. Bitte schön, Herr Minister.