Protocol of the Session on November 12, 2010

Hingegen wurde die in der Anhörung oft geäußerte Kritik hinsichtlich des § 10 - Gemeinsame Erziehung und Bildung in öffentlichen Einrichtungen - vom Ausschuss nicht aufgegriffen. Ein diesbezüglicher Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE fand keine Mehrheit.

Die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlenen redaktionellen Änderungen wurden vom Ausschuss übernommen. Außerdem wurden im Gesetzestext durchgängig die Wörter „an der Gesellschaft und am gesellschaftlichen Leben“ durch die Wörter „am Leben in der Gesellschaft“ sowie das Wort „Diskriminierungen“ durch das Wort „Benachteiligungen“ ersetzt.

Der in Drs. 5/2510 vorliegende Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu § 25, die Einsetzung hauptamtlicher kommunaler Behindertenbeauftragter betreffend, wurde ebenso bei 3 : 7 : 1 Stimmen abgelehnt wie der in Drs. 5/2511 vorliegende Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu § 28, eine Monitoringstelle einzurichten.

Die so erarbeitete vorläufige Beschlussempfehlung wurde mit 7 : 0 : 4 Stimmen verabschiedet.

Ein Angebot des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, Gesetze und Verordnungen des Landes daraufhin zu prüfen, ob darin noch - in Anführungsstrichen - veraltete Bezeichnungen für Menschen mit Behinderungen enthalten sind, wurde angenommen. Der Ausschuss hat im Nachgang zu dieser Sitzung ein entsprechendes Papier erhalten.

Der mitberatende Ausschuss für Inneres hat sich in der 77. Sitzung am 23. September 2009 mit der vorläufigen Beschlussempfehlung befasst und mit ebenfalls 7 : 0 : 4 Stimmen die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der vorläufigen Beschlussempfehlung beschlossen. Der dort vorgelegte Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu §§ 10, 22 und 28 wurde zuvor bei 3 : 6 : 1 Stimmen abgelehnt.

Die abschließende Beratung des federführenden Ausschusses für Soziales fand in der 60. Sitzung am 27. Oktober 2010 statt. Dazu lag ihm die vorgenannte Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses für Inneres vor. Außerdem lag ihm ein Papier des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes mit Änderungsempfehlungen zur Vereinheitlichung des Textes der Beschlussempfehlung vor.

Ein reger Meinungsaustausch entwickelte sich nochmals zu § 22 - Beteiligung. Mit der vorgenommenen Streichung des Absatzes 2 sah die Fraktion DIE LINKE durch den Passus „… soweit die Belange der Menschen mit Behinderungen betroffen sind …“ eine Einschränkung des Handelns der oder des Landesbehindertenbeauftragten.

Dies sahen jedoch die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP nicht so. Auch der Gesetzgebungs- und Be

ratungsdienst konnte hier keine Einschränkung feststellen.

Weitere Änderungsanträge zum Gesetzentwurf lagen nicht vor. Die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgebrachten Änderungsempfehlungen wurden vom Ausschuss übernommen. Der so geänderte Gesetzentwurf der Landesregierung wurde mit 7 : 0 : 4 Stimmen beschlossen und liegt dem Hohen Haus heute als Beschlussempfehlung zur Verabschiedung vor. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Dr. Eckert, für diesen Bericht. Bevor wir die Debattenbeiträge der Fraktionen hören und ich Herrn Minister Bischoff das Wort erteile, begrüßen wir auf der Südtribüne Damen und Herren vom Frauenkreis St. Marien aus Oschersleben.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun bitte Herr Minister Bischoff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zuallererst bedanken für die konstruktive Beratung und Auseinandersetzung im Ausschuss. Das ist übrigens nach langer Zeit eine Novellierung dieses Behindertengleichstellungsgesetzes gewesen, das zurückzuführen ist, Herr Eckert, auf die Initiative des Landesbehindertenbeirates. Er hat inhaltlich wesentlich dazu beitragen und hat es auch begleitet. Von daher sind vielleicht manche kritische Anfragen, die noch gekommen sind, sicherlich richtig, aber im Großen und Ganzen ist es das Verdienst des Beirates, der das eingebracht und begleitet hat.

(Herr Dr. Eckert, DIE LINKE: Das ist wohl wahr!)

- Das wollte ich nur sagen, weil es ein wenig anklang, als wäre der Beirat nicht so richtig damit einverstanden. Ich glaube schon, es ist auch auf ihn zurückzuführen. Deshalb mein ausdrücklicher Dank verbunden mit der Bitte um weitere - -

(Zuruf von Herrn Dr. Eckert, DIE LINKE)

- Ich habe gesagt, die größeren Teile des Gesetzes, Herr Dr. Eckert, sind vom Behindertenbeirat mitgetragen und initiiert worden. Deshalb mein herzlicher Dank. Natürlich ist immer noch mehr zu machen. Ich hoffe, dass auch weiterhin eine solche konstruktive Beratung und Begleitung durch den Behindertenbeirat möglich ist.

Die Schwerpunkte der Politik zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung sind im Gesetzentwurf enthalten. Ich nenne nur das Benachteiligungsverbot, die Barrierefreiheit im umfassenden Sinne, die Beteiligung von Menschen mit Behinderung an politischen Entscheidungen, die Interessenvertretung und im weitesten Sinne - das haben wir noch vor uns - von Inklusion und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Ich habe zwei Zitate, die ich vorbringen möchte. Diese habe ich beim Blättern wiedergefunden. Sie stammen aus der Zeit, als ich Stadtrat war. Verschiedene Städte haben der Erklärung von Barcelona zugestimmt. Ich weiß gar nicht, wann das war, ich glaube, 1995. Das finde ich in unserer Diskussion sehr wichtig. Hier steht,

dass die Grenzen zwischen Normalität und Behinderung so gut wie nicht begrifflich festgelegt sind und deshalb die Unterschiede zwischen den Bürgerinnen und Bürgern als Teil der Vielfalt verstanden werden müssen, die die Gesellschaft ausmacht, und entsprechend die Strukturen und Dienstleistungen so zu begreifen sind, dass sie von der ganzen Bevölkerung genutzt werden können.

Ich denke, die Inklusion ist die Zielrichtung dieses Gesetzes. Sie ist in vielen Teilen enthalten, obwohl sicherlich noch manches offen ist. Da gibt es in der UN-Konvention bei der Verwirklichung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Richtung Inklusion auch eine Formulierung, die ich als wichtig erachte und über die wir hier oft diskutieren. Dort heißt es, dass es Normalität ist, dass Menschen mit Behinderung Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben. Dieses bedeutet - ich zitiere -, dass grundsätzlich die allgemeinen Angebote für alle - und damit auch für Menschen mit Behinderung - geöffnet werden müssen und Sondersysteme mehr und mehr der Vergangenheit angehören und überflüssig werden.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Diese Zielrichtung können wir alle im Haus teilen. Ich glaube, an dieser Zielrichtung sollten wir weiter arbeiten. Von daher danke ich noch einmal allen für die konstruktive Mitarbeit und für die Zusammenarbeit. Das Ministerium wird sich bemühen, die Verordnungen möglichst schnell zu erlassen und umzusetzen, denn erst dann kann das Gesetz richtig wirken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bischoff. - Es folgen die Beiträge der Fraktionen. Wir beginnen mit der FDP. Es spricht Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich hoffe, das Ministerium bemüht sich nicht nur, sondern erlässt die Verordnung tatsächlich schnell. Bei Verordnungen erinnere ich mich an einige, die doch etwas länger haben auf sich warten lassen.

Insgesamt teile ich Ihre Auffassung, dass wir beim Behindertengleichstellungsgesetz eine ausgesprochen konstruktive Diskussion hatten, auch schon weit vorgelagert. Die behindertenpolitischen Sprecher haben sich im Behindertenbeirat vorab mehrfach zu den Grundzügen des Gesetzes verständigt, weshalb wir dann auch in den Beratungen an der einen oder anderen Stelle nur noch gefeilt und das Gesetz technisch weiter verbessert haben. Ich denke, das ist eine Form der Beratung, die ich mir im Sozialausschuss öfter wünschen würde.

Dass wir heute der Stimme enthalten werden, liegt daran - Herr Dr. Eckert hat es dargestellt -, dass es einige kleine Punkte gibt, bei denen wir anderer Auffassung sind. Uns alle verbindet aber das Ziel, dafür Sorge zu tragen, dass für Menschen mit Behinderungen eine tatsächliche Teilhabe möglich geworden ist. Wir wissen alle, dass das Gesetz allein dafür nicht ausreichen wird. Auch eine Verordnung wird nicht immer helfen. Es wird darum gehen, dass das, was hier als Geist angelegt ist, in der Praxis umgesetzt wird. Dabei sind alle Ressorts gefragt.

Wir haben dazu im Sozialausschuss eine ganze Reihe von Diskussionen geführt und festgestellt - das haben

wir auch nicht anders erwartet -, dass das Sozialministerium hierbei ein relativ hohes Problembewusstsein hat, aber es eine Reihe anderer Ressorts gibt, in denen immer noch die Vorstellung vorherrscht, dass der Barrierefreiheit Genüge getan ist, wenn man eine Rampe baut.

(Zustimmung von Herrn Dr. Eckert, DIE LINKE)

Das ist nicht so. Ich denke, dass wir inzwischen ein ganzes Stück weiter sind. Ich hoffe, dass wir mit dieser Gesetzesnovelle weiterhin in die richtige Richtung gehen und den Weg zu mehr Teilhabe, zu Inklusion im wahrsten Sinne des Wortes, vollenden können. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Für die CDU-Fraktion spricht Herr Schwenke. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem kurzen konstruktiven Beitrag hatte ich fast vor, von meinem Redebeitrag abzuweichen. Aber ich denke, ich fasse mich auch so kurz und trage das vor, was ich mir vorgenommen habe.

Lassen Sie mich zu Beginn zwei grundsätzliche Anmerkungen machen: Erstens. Die Politik für Menschen mit Behinderungen in Sachsen-Anhalt ist seit dem Jahr 1990 eine Erfolgsgeschichte.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Zweitens - das darf man und muss man im 20. Jahr der deutschen Wiedervereinigung immer sagen -: Die Lebensbedingungen für alle Menschen in den neuen Bundesländern haben sich in diesen 20 Jahren wesentlich verbessert. Gerade Menschen mit Behinderungen haben davon profitiert. Sie werden nicht mehr weggeschlossen und versteckt, sie sind endlich in den Mittelpunkt der Gesellschaft gerückt.

Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben von Menschen mit Handicap ist weit vorangeschritten, sodass wir heute nicht nur von Teilhabe, sondern von Inklusion sprechen und auch danach handeln. Natürlich sind wir noch nicht am Ziel. Oft ist die Hauptbarriere, nämlich die in den Köpfen vieler Menschen, noch nicht überwunden. Auch gibt es noch viele Nachlässigkeiten und Gedankenlosigkeit. Selbst ist man davon auch nicht immer frei.

Obwohl ich für mich selbst feststelle, dass ich, seitdem ich mich intensiver mit dieser Materie beschäftige, zum Beispiel bei Reisen in andere Städte und Länder, viel direkter hinschaue, wie man in anderen Ländern mit diesem Thema Barrierefreiheit in der Infrastruktur umgeht. Eines muss ich feststellen:

Das Land Sachsen-Anhalt braucht sich nicht zu verstecken. Hier ist wirklich viel passiert. Diesbezüglich haben viele Ressorts ordentliche Arbeit geleistet. Stellvertretend möchte ich das Bauressort lobend erwähnen, das eine ganze Menge getan hat.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Felke, SPD)

Aber mit Recht hat Frau Hüskens gesagt, dass es Ressorts gibt, die das noch etwas nachlässiger sehen. Oft

sind es nur Kleinigkeiten, die auffallen. Manchmal sind es Dinge des täglichen Lebens oder Nachlässigkeiten im Sprachgebrauch. Eine solche Kleinigkeit habe ich letztens erlebt. Bei der Festveranstaltung des Blinden- und Sehschwachenverbandes lobte ein Grußwortredner wohlwollend die Arbeit des Magdeburger Behindertenbeauftragten Herrn Pischner mit den Worten, er würde seine Arbeit mit Außenmaß machen. - Wer es nicht weiß: Herr Pischner ist sehbehindert.

Das ist zwar eine Kleinigkeit, aber das fällt einem an dieser Stelle schon auf. Insofern, denke ich, müssen wir an der Stelle wesentlich mehr darauf achten, wie wir selbst im Sprachgebrauch des täglichen Lebens mit dieser Problematik umgehen.

Natürlich gibt es wesentlich größere Probleme. Das ist nicht zu verschweigen. Gerade weil es so ist, dass es größere Probleme gibt, ist es wichtig und richtig, dass wir heute diese Debatte führen und dass wir immer wieder eindringlich auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderung drängen.

Deshalb brauchen wir auch noch gesetzliche Regelungen. Deshalb halten wir den heute vorliegenden Gesetzentwurf zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen für notwendig und für einen wichtigen Schritt zur Inklusion von behinderten Menschen.

Der Gesetzentwurf - das wurde schon gesagt - basiert auch auf Anregungen und Initiativen des Landesbehindertenbeirates. Gleichwohl konnten nicht alle Wünsche erfüllt werden. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, auf die ich jetzt nicht umfänglich eingehen kann und will. Herr Dr. Eckert hat ja in der Berichterstattung schon einiges skizziert.