Protocol of the Session on November 11, 2010

Das ist hier zum überwiegenden Teil noch anders. Es gibt ganz viele, die unverschuldet in die Situation gekommen sind, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und nunmehr von diesen Sozialtransfers leben zu müssen, weil sie nach dem Arbeitsplatzverlust nicht genügend Chancen hatten - manche hatten kaum eine einzige richtige Chance -, wieder in den ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden. Das hing von der Qualifikation, persönlichen Lebensumständen, dem Wohnort und von vielen anderen Dingen ab.

Im Osten Deutschlands gab es mit den Strukturumbrüchen natürlich wesentliche größere Probleme als in dem Rest der Republik. Deswegen dürfen wir nicht hinnehmen, dass diese Menschen stigmatisiert werden. Jeder von uns hat im Bekannten- und im Familienkreis Leute, die davon betroffen sind.

Es ist aber genauso wenig zu dulden, dass es Einzelne gibt - es werden leider immer mehr -, die glauben, dass man sich in einem System dieser Leistungen, die andere erbringen und die ausgezahlt werden, einrichten kann, erschreckenderweise auch junge Menschen, und zwar vom Schulabbruch bis hin zur Grundsicherung, weil wir als Gemeinschaft der Steuerzahler in Deutschland mit unserer Sozialgesetzgebung dafür sorgen, dass selbst im Alter das Existenzminimum inklusive Wohnunterkunft gesichert ist.

Deswegen müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht wie einige Parteien am extremen Rand darauf versteifen, die Sozialsysteme zu beschimpfen, und uns darauf beschränken, mehr Geld für die Systeme zu fordern, ohne gleichzeitig die Frage zu beantworten, woher das Geld kommen soll; damit meine ich eine seriöse Antwort.

(Zustimmung bei der CDU)

Mir ist völlig klar, dass es in der Praxis auch in dem jetzigen System viele Unzulänglichkeiten aller Mitwirkenden gibt. Dazu gehört vielleicht auch manches, was gar nicht mit Geld zu tun hat, nämlich ob man in einem Amt, das zu entscheiden hat, als Person würdevoll mit denen umgeht, die dort um Leistungen anfragen. In so mancher Arge, in so mancher Einrichtung, in so manchem Amt ist es vielleicht immer wieder der Fall gewesen, dass die Leute ihrer Würde nicht angemessen behandelt worden sind und mit ihnen nicht entsprechend umgegangen worden ist.

Das hat nichts mit Geld zu tun. Das ist auch eine Frage der Stärke. Wer in einem Amt ist, hat viel zu tun. Er erlebt unglaublich viel. Man muss die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einmal einen Tag lang beobachten, sofern das die Bürger zulassen, die in das Amt kommen. Dann stellt man fest, dass dort diesseits und jenseits des Schreibtisches auch Unglaubliches mitzumachen ist, was an Menschlichem zu verdauen und zu verarbeiten ist. Der Umgang insgesamt trägt mit zur Beurteilung des Systems bei.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben noch ein weiteres Thema, das bei dem Thema Hartz IV automatisch mit zu betrachten ist. Wir müssen darauf achten, dass diejenigen, die sich in das System der Sozialleistungsempfänger eingliedern, die anfangen, sich dort wohlzufühlen, und das Einkommen mit Schwarzarbeit aufbessern wollen, nicht diejenigen in Misskredit bringen, die nicht so denken, aber dennoch Leistungsempfänger sind. Die Schwarzarbeit betrifft nicht nur diejenigen, die Leistungen empfangen, sondern sie gefährdet die Menschen, die zum Teil für nicht üppiges Geld jeden Morgen ihren Wecker stellen, ihre Arbeit verrichten und Steuern zahlen.

Wir haben eine Pflicht, darauf zu achten, dass man Schwarzarbeit bekämpft. Deswegen kann sozusagen die Beschimpfung der Schnüffelei, wie sie hier immer von der Linksfraktion vorgebracht wird, nicht einfach so pauschal im Raum stehen bleiben.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Wir haben in Deutschland im Jahr 2009 auf der Bundesseite insgesamt 754 Milliarden € für Sozialleistungen ausgereicht. Das ist ein Zuwachs um 33 Milliarden € gewesen. 754 Milliarden €, und die Leistungen steigen weiter. Es wird weitere Verbesserungen für diejenigen geben, die ihren Lebensunterhalt nicht mit eigener Hände Arbeit verdienen und deshalb auf Transferleistungen angewiesen sind.

Zu den Verbesserungen zählt nicht nur die Verbesserung der legalen Hinzuverdienstmöglichkeiten, sondern dazu zählt auch das so genannte Bildungspaket, in dem zusätzliche Leistungen in einer Höhe von etwas mehr als 700 Millionen € für Familien mit Kindern zur Verfügung gestellt werden, damit vor allen Dingen die Kinder Teilhabe am Bildungssystem und an vielem anderen mehr haben. Was gehört dazu? - Dazu gehört, jetzt neu, die Möglichkeit, dass Eltern, deren Kinder eine Lernförderung, benötigen, diese Lernförderung aus diesem System finanziert bekommen, damit die Kinder in der Schule nicht des Geldes wegen hintenan bleiben.

Ich sage aber gleichzeitig, dass das nicht die Frage betrifft, Migrationshintergrund oder nicht Migrationshintergrund. Wenn man sich einmal die Ergebnisse der Physik-, Chemie- und Mathematikolympiaden in SachsenAnhalt anschaut, dann stehen oftmals Kinder mit vietnamesischem Migrationshintergrund an der Spitze. Wenn man sich anschaut, mit welchen Möglichkeiten die Eltern ihren Lebensunterhalt bestreiten, dann kann ich nur sagen: Hut ab! Hochachtung vor dem, was von diesen Eltern erbracht wird.

Mit dem Bildungspaket kommt außerdem ein Zuschuss für ein warmes Mittagessen in Schulen und Kindertagesstätten hinzu. Es gibt ein Schulbasispaket und eine Förderung zur Teilhabe am soziokulturellen Leben in der Freizeit - ein so genanntes Teilhabebudget -, sodass auch Kinder aus Familien, die auf Hartz IV angewiesen sind, am Musikunterricht, an Angeboten von Sportvereinen, an kulturellen Angeboten und an vielem anderen mehr teilnehmen können. Ich denke, dass das vernünftig und gut ist und auch betont werden muss.

Ich möchte zum Schluss noch auf das Lohnabstandsgebot eingehen, weil dies nicht vernachlässigt werden darf. Ich habe mir einmal die Zahlen für Sachsen-Anhalt darstellen lassen. Wenn Sie in einer Lebenspartnerschaft oder in einer Ehe mit einem Kind auf Hartz IV an

gewiesen sind, dann bekommen sie eine Regelleistung in Höhe von zusammengerechnet rund 930 € zuzüglich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die KdU, die Kosten der Unterkunft, sind in SachsenAnhalt unterschiedlich hoch. Zwischen Halle und Magdeburg und den Regionen gibt es Unterschiede. Für Familien mit zwei Kindern kann dies 455 € betragen.

Wenn Sie das alles mit dem addieren, was sonst noch an Leistungen erbracht wird, kann kommen Sie schnell auf ein Nettoeinkommen in Höhe von etwas mehr als 1 400 €. Das setzen Sie einmal in den Vergleich zu dem Nettoeinkommen einer Verkäuferin, einer Alterpflegerin, eines Polizisten oder anderer Beschäftigter. Das bedeutet, dass man, wenn man über die Angemessenheit von Hartz IV und von Sozialleistungen diskutiert, auch die im Auge behalten muss, die sich für wenig Geld jeden Morgen den Wecker stellen und von dem, was sie hart erarbeitet haben, Steuern und Sozialabgaben leisten, wovon andere Dinge finanziert werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Deswegen sage ich zum Abschluss: Wer vor diesem Hintergrund und auch vor dem Hintergrund der leeren öffentlichen Kassen, so wie es die Linksfraktion ständig macht,

(Herr Barth, SPD: Dann sollen sie Mindestlöhne zahlen!)

immer wieder haltlose neue Forderungen nach Leistungen aufmacht, die, je näher der Wahlkampf rückt, immer höher werden, der ist nicht nur unseriös, sondern schlichtweg regierungsunfähig.

(Zustimmung bei der CDU - Unruhe bei der LIN- KEN)

Die Schlussfolgerung, die man im Bund-Länder-Vergleich ziehen kann, lautet - das ist eine ganz klare Faustregel; schauen Sie sich die Länder an! -: Je linker die Regierung, desto größer das Elend. Deswegen ist eindeutig erbracht - -

(Minister Herr Hövelmann: Oh!)

- Man kann das Oh einmal hören. In Berlin sind die LINKEN ja nun auch schon lange an der Regierung. Das Ergebnis kann man sehen: In Berlin kommen 42 % der verfügbaren Einkommen aus Sozialtransfers. Geht diese Tendenz in den nächsten fünf Jahren so weiter,

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Wie hoch war denn der Ausgangspunkt?)

dann kommt mehr als die Hälfte der verfügbaren Einkommen aus Sozialtransfers.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wie war es denn unter Herrn Diepgen?)

- Die ist geringer gewesen.

(Minister Herr Dr. Daehre, CDU: Besser! - Unru- he bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das kann nicht unser Ziel sein.

(Herr Lüderitz, DIE LINKE: Da wurden die Schul- den angehäuft! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

- Ja, ich verstehe, dass die LINKEN aufgeregt sind. Das ist ja auch zu erklären, weil Sie in der Verantwortung

sind, aber keine Lösung für die Probleme haben. Das ist doch klar. Dann wäre ich auch aufgeregt.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Haben sie!)

- Was heißt hier i?

(Frau Bull, DIE LINKE: Haben sie!)

Das ist Ihr Programm, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Linksfraktion! Das ist Ihr Programm!

(Herr Gallert, DIE LINKE: Sie können nicht ein- mal ein gute Broschüre lesen!)

Ich habe nicht nur ein gutes Archiv - das wissen alle in diesem Haus -, sondern ich lese mir auch durch, was andere aufschreiben. Das sollte man schon aus Respekt tun.

Herr Gürth, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Es ist wirklich nur das Zitat aus Ihrem Programm, Frau Kollegin.

Das muss ich jetzt trotzdem nicht zulassen. Sie dürfen aber zitieren.

Ich danke Ihnen außerordentlich.

Es ist nur ein Zitat, Seite 51. Ich habe Ihr Programm ganz gründlich gelesen.

(Frau Bull, DIE LINKE: Wow!)

Der Absatz beginnt mit: „Seit Beginn der 1990er-Jahre hat sich der Anteil der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge...“, und endet mit: „... Einzelhandel, heute kaum noch eine Bedeutung hat.“

(Frau Rogée, DIE LINKE: Stimmt genau!)

Ich habe jetzt einmal bei Wikipedia geguckt. Das ist genau derselbe Absatz. Das heißt, große Teile dessen, was Sie uns als Regierungsprogramm, als Ihre eigenen Ideen verkaufen, haben Sie nur bei Wikipedia kopiert.

(Heiterkeit bei der CDU - Frau Rogée, DIE LIN- KE: Stimmt gar nicht!)