Protocol of the Session on October 8, 2010

Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist gestiegen, weil wir zwischendurch eine erhebliche Abwanderung und ein Absinken hatten. Wenn wir uns die Arbeitslosenstatistik anschauen, dann stellen wir fest, dass wir nicht nur um 2 Prozentpunkte schlechter waren als Mecklenburg-Vorpommern, sondern dass wir zu diesem Zeitpunkt auch mehr als 100 000 Menschen auf dem zweiten Arbeitsmarkt quasi untergebracht hatten, die gar nicht mehr in der Statistik erfasst wurden.

(Zuruf von Herrn Höhn, DIE LINKE)

Insofern ist diese statistisch nachgewiesene erfolgreiche Politik zu begrüßen und sehr positiv für das Land.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein ganz wichtiger Punkt ist auch der Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation. Wir haben überall in den neuen Bundesländern mit dem Zusammenbruch der großen Industriestrukturen einen Zusammenbruch der Forschungskapazitäten zu verzeichnen gehabt. Wenn wir uns die Forschungskapazitäten anschauen, die wieder aufgebaut und durch die Landesregierung unterstützt werden, dann, so muss ich sagen, ist dort wirklich Erfreuliches zu beobachten.

Wir haben allein in dieser Wahlperiode die Ansiedlung von drei Fraunhofer-Instituten zu verzeichnen, die maßgeblich dazu beitragen werden, die Forschungs- und Entwicklungslandschaft in Sachsen-Anhalt zu stärken, die Kooperation zwischen der Wirtschaft und den Hochschulen weiter auszubauen und auch Arbeitsplätze in wichtigen Industrien, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, weiter wettbewerbsfähig zu machen. Das ist wirklich sehr erfreulich und das ist gut so.

Kommen wir zum zweiten Teil des Antrages. Schon allein deshalb hätte man den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen müssen. Darin haben Sie noch einmal die Förderpolitik aufs Korn genommen. Sie meinen, Sie müssten eine andere Förderpolitik machen.

Wenn Sie in Nr. 3 die tarifliche Entlohnung gegen die so genannten wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze aufwiegen, dann ist das nicht mehr und nicht weniger als eine Beleidigung aller Tarifparteien. Denn wir, die CDU-Fraktion, sind im Gegensatz zur Fraktion DIE LINKE der Auffassung, dass niemand besser als die Tarifparteien, nämlich die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände gemeinsam, die Löhne, die Arbeitsbedingungen, die Anzahl der Urlaubstage und alles, was damit zusammenhängt, festlegen können. Schließlich wissen dies die Tarifparteien in den einzelnen Branchen aus ihrer Erfahrung heraus besser als Politiker der LINKEN oder anderer Parteien.

Wettbewerbsfähige Arbeitsplätze und tariflich entlohnte Arbeitsplätze sind also nicht zwei verschiedene Dinge, die sich entgegenstehen. Wir halten tariflich entlohnte Arbeitsplätze für wettbewerbsfähig, weil die Tarifparteien eigenverantwortlich die Konditionen festgelegt haben.

Wir wollen die Tarifparteien nicht gegeneinander ausspielen, sondern wir wollen sie stärken.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Franke, FDP)

Der letzte wesentliche Punkt zur Förderpolitik ist grundsätzlicher Art. Ihrem Antrag können wir entnehmen - diese Botschaft werden wir aus diesem Saal hinaustragen -, dass die Wirtschaftspolitik der LINKEN bedeutet, man bekommt nur noch dann eine Förderung, wenn man nachweisen kann, dass man wenigstens einen zusätzlichen Arbeitsplatz geschaffen hat.

Wir sind aber in der Situation, dass sich unsere Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen im Wettbewerb gegen andere behaupten müssen. Der Wettbewerb wird immer schärfer. Wenn dann die Unternehmen alles Geld zusammenkratzen und in Forschung, in Entwicklung, in die Sicherung ihres Unternehmens und damit auch die Sicherung ihrer Arbeitsplätze investieren, dann wollen wir, wenn es die Haushaltssituation zulässt, diese Unternehmen auch weiter fördern.

Die Fraktion DIE LINKE will das nicht. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wir wollen die Wirtschaft fördern, auch wenn es um die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen geht. - Wir lehnen den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Gürth, vielen Dank für Ihren Beitrag. - Es gibt zwei Nachfragen, einmal vom Abgeordneten Herrn Gallert und einmal vom Abgeordneten Herrn Dr. Thiel. Möchten Sie sie beantworten?

Dann bitte, Herr Gallert.

Nur einmal einen kurzen Hinweis. Wie sehr sich die CDU für die Entwicklung der Tariftreue einsetzt, hat man in dieser Woche gemerkt. Es gab einen Antrag der Tarifpartner aus dem Bereich der Weiterbildung an das Bundessozialministerium, den Tarifvertrag, der zwischen den Tarifpartnern ausgehandelt worden ist, für allgemeinverbindlich zu erklären. Von der Leyen hat das abgelehnt. Sie hat gesagt, es gebe kein gesellschaftliches Interesse an der Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrages. - So weit erst mal zur Position der CDU zu den Tarifpartnern an dieser Stelle.

Punkt 2. Ich will doch einmal, weil die Kollegen der CDU offensichtlich ein Problem haben, die Realitäten in diesem Land wahrzunehmen, auf einen Zusammenhang hinweisen. Wir haben uns einmal sehr genau angeschaut, wie sich die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse seit 2002 in diesem Land Sachsen-Anhalt und in den anderen ostdeutschen Flächenländern entwickelt haben. Da ist ihre Anzahl gesunken. Das hat verschiedene Ursachen. Genau wie bei der Arbeitslosigkeit sind die beiden zentralen Ursachen die Abwanderung und der demografische Wandel.

Das Problem ist nur, dass es zwei Länder gibt, in denen die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse am stärksten gesunken ist, und zwar über 4 %. Diese beiden Länder sind Sachsen-Anhalt und Thüringen. Im Durchschnitt der ostdeutschen Flächenländer ist die Anzahl um 2,5 % gesunken. SachsenAnhalt hat mit Thüringen zusammen den höchsten Verlust sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse seit 2002. Das ist die Realität und das ist Ihre Bilanz, Herr Gürth.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das war mehr eine Intervention als eine Frage.

Das war nur eine Intervention. Das stimmt auch nicht.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Stimmt!)

Herr Gürth, Sie können jetzt sprechen.

Sie müssen sich die absoluten Zahlen einfach einmal anschauen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das haben wir getan, Herr Gürth!)

Die absoluten Zahlen weisen ganz eindeutig nach, dass wir bei der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse - das können Sie für die gesamten Jahre nachlesen, das sind Statistiken, die korrekt und sauber sind - unter eine Million gesunken sind und diese wieder aufgebaut haben. Da können Sie sich die Arbeitslosenstatistik anschauen, da können Sie sich den zweiten Arbeitsmarkt anschauen, da können Sie sich die Erstinvestitionen anschauen,

(Herr Gallert, DIE LINKE: Sie wissen ja nicht einmal, wie viel sozialversicherungspflichtig Be- schäftigte es hier gibt!)

da können Sie sich die Erweiterungsinvestitionen und die Anzahl der Investoren anschauen. Die Zahl der Unternehmen hat zugenommen, die Zahl der Jobs hat zugenommen, die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse hat zugenommen und die Arbeitslosigkeit ist rückläufig.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das kann sein, aber nicht hier, Herr Gürth!)

- Bei uns in Sachsen-Anhalt und das sogar mehr und besser als in anderen Bundesländern.

(Zustimmung bei der CDU)

Dann die Frage von Herrn Dr. Thiel. Wollten Sie diese noch beantworten, Herr Gürth?

Bitte, Herr Dr. Thiel.

Es ist auch eine Zwischenintervention, Herr Präsident.

Gut, Sie intervenieren. Dann können Sie Platz nehmen, Herr Gürth.

Was die konkreten Zahlen betrifft, die auch gestern beim MDR über den Sender gegangen sind: Im Jahr 2006 hatten wir 725 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, im Jahr 2009 742 000. Das wird als Aufwuchs gezeigt. Wenn man sich aber die Vollzeitarbeitsplätze einmal anschaut, ist deren Anzahl in diesem Zeitraum um höchstens 1 000 gestiegen und der Zuwachs kommt fast ausschließlich aus der Teilzeit und über prekäre Beschäftigungsverhältnisse in diesem Bereich. Das zum Ersten.

Zum Zweiten. Mit diesem Antrag, den wir im Sommer gestellt hatten, ging es uns darum, dass der Landtag feststellt, in welcher Art und Weise die Förderbedingungen des Landes geändert werden sollen. Wir wollten keine Debatte anstoßen, wie sie am heutigen Tag eine Rolle gespielt hat: Wie ist die Wirtschaftspolitik insgesamt zu bewerten?

Wenn man über Statistiken redet - Herr Gürth, darüber haben wir beide uns oft genug ausgetauscht -, dann muss man auch eine differenzierte Sichtweise an den Tag legen. Wenn man über die Reduzierung der Arbeitslosenzahlen spricht, dann muss man sagen: Ein Drittel davon ist über Arbeitsplätze entstanden, die neu geschaffen worden sind, unter Umständen im prekären Bereich, zwei Drittel davon sind altersbedingt durch Ausscheiden in die Rente. Wir bitten einfach um eine differenzierte Sichtweise auf die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes. Da werden Sie Erfolge feststellen, aber auch Defizite. Das sollte uns in den nächsten Wochen in der Diskussion bewegen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Wir kommen dann zum Debattenbeitrag der FDP. Der Abgeordnete Herr Franke erhält jetzt das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie ich schon bei der ersten Beratung zum Antrag der LINKEN sagte, geht es in Ihrem Antrag sehr einseitig um ein wenig Förderpolitik und ein bisschen Tarifpolitik. Nachhaltige Wirtschaftspolitik - davon wird in der Antragsüberschrift gesprochen - besteht unserer Ansicht nach aus deutlich mehr als nur dem Weiterreichen von Fördermitteln. Vor allem besteht sie aber nicht darin, unsere heimischen Unternehmen dazu zu bringen, nicht wettbewerbsfähige Löhne zu zahlen. Genauso wenig kann sie darin bestehen, die Vergabe öffentlicher Aufträge mit vergabefremden Kriterien zu überfrachten.

Der Antrag der LINKEN spricht zwar von nachhaltiger Wirtschaftspolitik, beinhaltet aber nur kontraproduktive Forderungen. Standortpolitik, Steuerpolitik und Arbeitsmarktpolitik sind wichtige Aspekte, die in dem Antrag überhaupt keine Erwähnung finden. Dazu haben wir uns

bereits mehrfach eingehend ausgetauscht, sodass ich nicht noch einmal auf unsere bekannten Positionen eingehen muss und diese auch nicht wiederholen möchte.

Die ersten drei Punkte des Antrages zeichnen ein negatives Bild von Sachsen-Anhalt und sind in ihrer Außenwirkung verheerend. Allerdings sind schon diese für uns nicht zustimmungsfähig.

Da die vorliegenden Forderungen im zweiten Teil des Antrages ebenso wirtschaftsfeindlich sind, blieb uns als FDP im Ausschuss gar nichts anderes übrig, als den Antrag abzulehnen. Wir stimmen somit der vorliegenden Beschlussempfehlung zu. - Danke.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. Das war der Debattenbeitrag der FDP. - Wir kommen dann zum letzten Debattenbeitrag, dem Beitrag der SPD. Der Abgeordnete Herr Miesterfeldt erhält das Wort. Bitte.