Protocol of the Session on October 8, 2010

Der Schutz unserer Landeshauptstadt, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird durch das Pretziener Wehr sichergestellt, eine hervorragende ingenieurtechnische Leistung, die in den Jahren 1871 bis 1875 vollbracht wurde. Das Pretziener Wehr wird gerade mit hohem Aufwand saniert und ertüchtigt, um unsere Landeshauptstadt weiterhin vor Fluten zu schützen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der LINKEN, in der DDR haben Sie hier in diesem Haus hervorragende Wasserbauingenieure ausgebildet. Die vorhandenen Anlagen wurden von diesen Fachleuten mit großem Engagement betriebsfähig gehalten. Es gab allerdings einen systembedingten Mangel an Technik und Material. Offenbar hatte der Hochwasserschutz auch eine geringe politische Priorität. Das wird deutlich, wenn ich mir die frühere Mittelausstattung anschaue. Das hat den Fachleuten die Erledigung dieser Aufgaben zu DDR-Zeiten sehr erschwert.

Nach der Wende wurden verstärkte Sanierungs- und Baumaßnahmen in die Wege geleitet. Allerdings mussten wir bei der großen Flut im Jahr 2002 bilanzieren, dass erst ein Anteil von 5 % der Deiche den DIN-Normen entsprach; 95 % entsprachen diesen Normen leider nicht, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben nach der Sommerflut im Jahr 2002 eine Hochwasserkonzeption entwickelt, die bis ins Jahr 2010 hineinreichte.

Meine Damen und Herren! Seit dem Jahr 2002 ist die Verbesserung des Hochwasserschutzes ein zentraler Bestandteil der Politik dieser Landesregierung. Es gibt

eine klare Strategie. Es gibt nachhaltige Maßnahmen. Neben der Deichsanierung sind als weitere Bausteine Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche und in den Hochwasserentstehungsgebieten vorgesehen.

Wir arbeiten auch mit Maßnahmen wie dem Deichrückverlegungsprojekt in Lödderitz. Das heißt, wir sind keine einseitigen Deichbauer, sondern es gibt auch aus umweltpolitischen Gründen eine vielschichtige Konzeption zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes.

Meine Damen und Herren! Auch dank der EU-Mittel und der Mittel des Bundes haben wir ein gewaltiges finanzielles Engagement schultern können. In dem Zeitraum von 2002 bis 2009 sind Mittel in Höhe von 394 Millionen € in den Hochwasserschutz geflossen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn wir uns die Planung für das Jahr 2010 anschauen, Herr Abgeordneter Lüderitz, dann stellen wir fest, dass wir nicht nur Mittel in Höhe von 35 Millionen € zur Verfügung haben, sondern durch Haushaltumschichtungen und Haushaltsoptimierung innerhalb des Vollzuges Mittel in Höhe von 45 Millionen € für den Hochwasserschutz in der Planung haben.

Meine Damen und Herren! Das geht über das hinaus, worüber damals im Landtag diskutiert worden ist, und das ist ein gutes Ergebnis für den Hochwasserschutz in Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt also, wir haben seit dem Jahr 2002 jährlich durchschnittlich Mittel in Höhe von etwa 50 Millionen € für den Hochwasserschutz verausgabt. Für ein finanzschwaches Land ist das ein sehr bedeutendes Engagement, das zeigt, wie wichtig uns der Hochwasserschutz in Sachsen-Anhalt ist.

(Beifall bei der CDU)

Im Ergebnis, meine Damen und Herren, können wir bilanzieren, dass wir Ende dieses Jahres Deiche über eine Länge von fast 500 km der DIN entsprechend hergerichtet haben werden. Das heißt, dann werden fast 40 % der Deiche den DIN-Normen entsprechen. Das zeigt auch, wie finanzaufwendig fachgerechter Hochwasserschutz ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Der Schwerpunkt der Maßnahmen lag auf den durch das Hochwasser im August 2002 besonders betroffenen Regionen an der Elbe und der Mulde. Allerdings waren auch Deiche im Mündungsbereich der Schwarzen Elster betroffen. Hier kam es ebenfalls zu erheblichen Schäden in verschiedenen Bereichen. Wir haben dort im Jahr 2002 die Funktionsfähigkeit der Hochwasserschutzanlagen wiederhergestellt, Deichbrüche und Deichschlitzungen fachgerecht verschlossen und gesichert.

Nach der Schadensbeseitigung wurden auch die Deichabschnitte an der Schwarzen Elster saniert, bei denen während des Hochwasserereignisses akute Probleme aufgetreten sind und bei denen nur durch massive und dauernde Deichverteidigungsmaßnahmen ein Versagen der Schutzanlagen verhindert werden konnte.

Ein besonderes Augenmerk wurde in den letzten zehn Jahren auf die fünf Schöpfwerke entlang der Schwarzen Elster gerichtet. Davon wurden zwei Anlagen komplett erneuert. In den übrigen drei Anlagen wurden wichtige Komponenten erneuert. Die Kosten dafür beliefen sich

auf 500 000 €. Das war eine gute Entscheidung; denn trotz der seit Wochen bestehenden extremen Beanspruchung funktionieren die Schöpfwerke dort gut.

Zum aktuellen Ereignis an der Schwarzen Elster. Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir einige Worte zur Ausgangssituation. Bereits für den August dieses Jahres hat der Deutsche Wetterdienst für Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Normaljahr mehr als den doppelten Niederschlag ermittelt. Normalerweise fallen bei uns 65 mm Regen; tatsächlich waren es 140 mm.

Infolge dessen gab es schon im August an der Weißen Elster, aber auch an der Schwarzen Elster und an der Elbe Hochwassersituationen. Im September regnete es weiter. Nach einer ersten Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes hatten wir im September dieses Jahres vier- bis fünfmal so viel Regeln wie in normalen Jahren. Das hat an unseren Gewässern zu den zu beklagenden Hochwasserereignissen geführt.

An der Schwarzen Elster hatten wir eine Sondersituation, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es hat sich dort ein Hochwasser entwickelt, wie wir es noch nie gemessen haben. Der Wasserstand lag fast einen halben Meter über dem höchsten jemals am Pegel Löben gemessenen Wert, meine Damen und Herren.

Dieses Hochwasser an der Schwarzen Elster hat uns wieder einmal deutlich vor Augen geführt, dass unserem Handeln Grenzen gesetzt sind, meine Damen und Herren. Wassermassen, wie sie nach tagelangen intensiven Regenfällen zusammenkommen, lassen sich nicht ohne Weiteres zähmen. Dem Engagement der Einsatzkräfte, der vielen Helfer sowohl vor Ort als auch im Hintergrund ist es zu verdanken, dass die Lage trotz der schwierigen Situation insgesamt gut beherrscht werden konnte.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich möchte all den Feuerwehrleuten, den Wasserwehren, den Kräften der Bundeswehr und des Technischen Hilfswerkes, den Vertretern der Gemeinden, den Vertretern des Landkreises sowie allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich hierbei bis zur Erschöpfung engagiert haben, meinen ganz herzlichen Dank aussprechen.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochwasserverwaltung in unserem Hause und denen des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft ganz herzlich für ihr Engagement und für die sachkundige Begleitung dieser schwierigen Situation sehr herzlich danken.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich war am Donnerstag letzter Woche vor Ort. Kollege Hövelmann war am Freitag dort; Kollege Dr. Haseloff hat sich ebenfalls einen Überblick über die Situation verschafft.

Meine Damen und Herren! Es ist schon eine beklemmende Situation, wenn Sie dort stehen und sehen, dass das Wasser von Deichkrone zu Deichkrone steht. Sie blicken in die Gesichter der besorgten Anwohner, die um ihr Hab und Gut und vielleicht auch um ihr Leben gebangt haben, meine Damen und Herren.

Alle haben dort mit einem enormen Engagement um den Deich gekämpft. Sie haben die Flut besiegt, meine Damen und Herren. Der Deich hat standgehalten, bis auf

eine kleine Stelle im Bereich Meuselko. Die Pegel sinken jetzt. Die Deiche sind stark belastet worden, aber erfreulicherweise halten sich die Schäden in Grenzen. Wir haben eine Schadensermittlung in die Wege geleitet, wir werden bilanzieren und dann entscheiden, was bezüglich der privaten Schäden zu tun ist, meine Damen und Herren.

Gemäß der Prioritätensetzung für Hochwasserschutzmaßnahmen werden wir an der Schwarzen Elster mit den Maßnahmen beginnen, meine Damen und Herren. Wir werden unsere Anstrengungen dort intensivieren, weil der Deich unter dem Ereignis natürlich sehr stark gelitten hat.

Und nun zum Geld, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Die Landesregierung ist bemüht, angesichts der begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel eine Finanzoptimierung zu betreiben und möglichst unter Schonung von Landesmitteln die Maßnahmen zu optimieren, die wir in den verschiedensten Politikbereichen in unserem Lande durchführen wollen und müssen. Daher ist es absolut verantwortbar, dass vom Kabinett auf der Basis einer Vorlage meines Hauses ein Umschichtungsantrag beschlossen wurde, der zur Genehmigung bei der EU vorliegt und eine Umschichtung von ELER-Mitteln für den Hochwasserbereich in Höhe von 40 Millionen € in andere Bereiche vorsieht.

Warum ist das verantwortbar, meine Damen und Herren? - Weil diese Mittel aus dem ELER-Topf, die vorgesehen waren, für das Land günstiger aus anderen Bereichen kompensiert werden können.

Wir haben erfreulicherweise die Situation, meine Damen und Herren, dass aus der Sondergemeinschaftsaufgabe, die im Zuge des Hochwasserereignisses im Jahr 2002 angelegt worden ist, Rückflüsse in erheblichem Ausmaß gegeben sind, die wir für den Hochwasserschutz verwenden können. Wir haben Rückflüsse von Mitteln aus anderen Häusern, die dort nicht benötigt werden, und auch Rückflüsse im Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfungen.

Wenn wir diese Mittel sehen, die sich auf viele Millionen aufaddieren und die in den letzten Jahren eine Größenordnung von 40 Millionen € erreicht haben, die uns zusätzlich zur Verfügung stehen, und wenn wir die Möglichkeit haben, aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ Mittel in Höhe von 13 Millionen € umzuschichten, und wenn Kollege Haseloff dankenswerterweise Mittel in Höhe von 10 Millionen € aus dem EFRE zur Verfügung stellt, wo wir nicht das Problem haben, die Mehrwertsteuer selbst finanzieren zu müssen, weil dort die Mehrwertsteuer enthalten ist, dann haben wir eine Kompensation geschaffen, meine Damen und Herren, die das ausgleicht, was wir hier transferieren.

(Zustimmung von Frau Take, CDU)

Meine Damen, meine Herren! Wir transferieren es ja in vernünftige Zwecke. Diese Mittel in Höhe von 40 Millionen € werden unser Engagement in wichtigen politischen Bereichen vergrößern. Neben der Dorfentwicklung und der Dorferneuerung werden Mittel in Höhe von 10 Millionen € in den Abwasserbereich und Mittel in erheblicher Höhe in den Wegebau fließen und wir werden

auch die Breitbandförderung in unserem Lande nachhaltig unterstützen können.

(Zustimmung von Frau Gorr, CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn das Engagement zugunsten des Hochwasserschutzes nicht leidet, sondern wir den Hochwasserschutz in identischem Ausmaß - gegenüber den Zahlen, die der Abgeordnete Herr Lüderitz nannte, sogar in größerem Ausmaß - weiterführen können und wir dafür in anderen wichtigen Politikbereichen mehr tun können, dann ist das eine gute Entscheidung für das Land, die das Kabinett getroffen hat.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD und von der Regierungsbank)

Der Hochwasserschutz, meine Damen und Herren, hatte in der Politik dieser Landesregierung absolute Priorität und behält Priorität. Wir sind gern bereit, im Umweltausschuss, wie in der nächsten Woche vorgesehen, sowie im Finanzausschuss Details zu erläutern, meine Damen und Herren.

Vor Ort, an der Schwarzen Elster, hat jetzt die Schadensbeseitigung Priorität. Wir werden die notwendigen Maßnahmen zügig in Angriff nehmen. Wir werden eine Sonderdeichschau zur Feststellung der Schäden durchführen. Die Entfernung des die Gefahr erhöhenden Gehölzes und Bewuchses wird Priorität haben. Die Deichbruchstelle wird repariert werden, Standsicherheitsuntersuchungen werden folgen, dann erfolgt die Erstellung eines Sanierungskonzepts. Ab dem Jahr 2011 werden wir auf der Grundlage der neuen Hochwasserschutzkonzeption 2020, die ich in Kürze dem Kabinett vorlegen werde, die Deichsanierung an der Schwarzen Elster mit Priorität vorantreiben, meine Damen und Herren.

In der Konzeption sind allein für die Schwarze Elster sechs größere Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von etwa 18 Millionen € vorgesehen. Die Finanzmittel sind verfügbar, meine Damen und Herren.

Ich werde mich in der nächsten Woche selbst vor Ort davon überzeugen, wie der Fortgang der Maßnahmen ist. Wenn der Pegel weiterhin hoch bleiben wird, könnte es auch die übernächste Woche sein, da es erst Sinn ergibt, sich vor Ort ein Bild zu machen, wenn die Wasserstände wieder auf dem Normalmaß sind. Dann werden wir mit den Behörden vor Ort und mit dem Sachverstand des Landeshochwasserbetriebes hierbei weiter voranschreiten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über das Thema Hochwasserschutz sprechen, müssen wir eines auch ganz realistisch sehen: Gegen die Auswirkungen von Naturereignissen gibt es keinen 100-prozentigen Schutz. Das wird auch dann der Fall sein, wenn wir unsere Hochwasserschutzkonzeption vollständig umgesetzt haben. Allerdings können wir mit unserem Verhalten und unserer Vorsorge die Auswirkungen solcher Ereignisse mildern. Daran, meine Damen und Herren, werden wir auch in Zukunft hart arbeiten. - Herzlichen Dank.