Zur Verfügung gestellt wird ein Auszug aus dem Wahlprogramm der FDP, und zwar der Bildungsteil. Das Wahlprogramm insgesamt heißt „Zukunftswerkstatt Sachsen-Anhalt“.
Der Proband kennt die aktuelle Bildungsdiskussion und weiß, dass die Hauptschule als längst überholte Schulform, also als rückwärts gerichtet angesehen wird. Er weiß auch, dass in den Hauptschulklassen nicht andere, sondern weniger Bildung angeboten wird als in seiner eigenen Realschulklasse. Er weiß auch, dass die Hauptschulklassenkameraden viel besser lernen würden, wenn sie für sich eine Perspektive sehen würden.
dass „der materielle Wohlstand Sachsen-Anhalts auf dem hohen Bildungsgrad seiner Gesellschaft beruht“, dann können seiner Meinung nach nicht die Hauptschüler gemeint sein; denn mit den abgesenkten Anforderun
Der kundige Leser sieht die Inkonsequenz des Antrags im Vergleich zu diesem FDP-Papier und kreuzt diese Antwort auch erst einmal nicht an.
Wahlantwort C: Der Text soll in der Sache etwas bewegen. Hier kann der Proband zusätzlich Auszüge aus schulrechtlichen Grundlagen und aus den Empfehlungen des Bildungskonvents einsehen, sodass er Folgendes erschließen kann: Weiterhin eigene Hauptschulklassen? - Laut Schulgesetz ist das sowieso möglich. Danach sind nur 15 Schüler mit genügend schlechtem Leistungsniveau erforderlich.
Mehr praxisorientierter Unterricht? - Ja, das wäre nicht schlecht, aber wenn, dann für alle. Lebensnähe und Lernmotivation sind für alle gut.
Keine Abstriche an der Qualität des Abschlusses? - Das hat sowieso keiner vor; im Gegenteil. Die Wahlantwort C trifft also auch kaum zu.
Bei Wahlantwort D ist eine eigene Antwort möglich. Der Proband wählt diese Möglichkeit und schreibt auf: Der Antrag bewirkt nichts Neues. Er bedient Parteiinteressen. Die Empfehlungen des Bildungskonvents werden nicht berücksichtigt. Die Autoren schauen nicht nur rückwärts, sondern auch noch abwärts. Der Antrag gehört nicht in eine Werkstatt der Zukunft, sondern in den Papierkorb der Geschichte.
(Herr Kley, FDP: Das überrascht! - Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Das überrascht aber nicht wirklich!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist nicht bekannt, dass die derzeitige Landesregierung den auf den Hauptschulabschluss bezogenen Unterricht abschaffen möchte. Deshalb ist auch der Antrag für mich - sagen wir es einmal so - nicht richtig fassbar.
In anderer Hinsicht schon. Die Ministerin hat dargelegt, dass wir weiterhin vorhaben, in der Sekundarschule Abschlüsse zu vergeben, die Hauptschul- und Realschulabschluss heißen. Sie hat auch die Bedingungen dafür genannt. Den hauptschulabschlussbezogenen Unterricht soll es weiterhin genauso wie den realschulabschlussbezogenen Unterricht geben.
Dem Vorschlag, stärker Elemente der Berufsvorbereitung und des praxisorientierten Lernens in den Unterricht einzubinden, kann man nur zustimmen. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen vor Ort, wie dies in Schulen und darüber hinaus auch in Kooperationen sehr erfolgreich praktiziert wird.
An dieser Stelle hat die Landesregierung in den letzten Jahren viel Engagement eingebracht. Das gilt auch für uns als Koalitionsfraktionen. Ich möchte an dieser Stelle die Einführung und Ausweitung des produktiven Lerners nennen. Das produktive Lernen wurde für die Schüler eingerichtet, die die Schule ansonsten mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Abschluss verlassen hätten. Diese kommen somit doch noch zu einem Hauptschulabschluss. Auch die Kooperationen zwischen Sekundarschulen und Berufsschulen sind zu nennen. Es gibt sehr viele Initiativen vor Ort.
Frau Ministerin sagte heute im Rahmen der Aktuellen Debatte, dass 6 % der Schulabgänger die Sekundarschulen ohne Abschluss verließen - ohne die Förderschüler mitzurechnen. Dieser Anteil ist natürlich noch zu hoch. Wir haben in den vergangenen Jahren aber schon viel erreicht. Wenn man diese Prozentzahl sieht, dann können wir uns, glaube ich, auch auf die Schulter klopfen und können sagen: Wir waren relativ erfolgreich.
Es wird nicht gelingen, die Defizite durch längeres gemeinsames Lernen aufzuarbeiten, sondern dies kann nur durch die Erhöhung der Praxisbezüge und durch individuelle Förderung gelingen.
Das längere gemeinsame Lernen ist hier immer wieder hoch angepriesen worden. Frau Mittendorf, leider haben Sie meine Frage nicht beantwortet: Ich weiß nicht, ob man dadurch, dass man einen Bildungsgang aufhebt, auch den Schüler verschwinden lassen kann.
Sie haben ganz bewusst gesagt, nach Ihren Vorstellungen von einer künftigen Schule wollten Sie auch weiterhin den Hauptschulabschluss vergeben. Sie haben in Ihrem Redebeitrag auch gesagt, dass der Schüler, der einen Hauptschulabschluss besitze, schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe.
Jetzt nennen Sie mir einmal den Unterschied - ich kann ihn nicht ausmachen - zwischen einem Schüler, der den Hauptschulabschluss in einer Einheitsschule bekommen hat, und einem Schüler, der den Hauptschulabschluss in einem Hauptschulbildungsgang bekommen hat. Welcher von beiden hat bessere oder schlechtere Chancen? Beide haben den Hauptschulabschluss.
Dass der Anteil der Schüler mit Hauptschulabschluss und vielleicht sogar ohne Abschluss geringer würde - was Sie immer behaupten -, diesen Beweis konnte bisher niemand, weder hier im Hause noch darüber hinaus, erbringen. Niemand!
Im Gegenteil: Wenn man in die Länder mit einem Gesamtschulsystem schaut, dann stellt man fest, dass es dort noch viel höhere Abbrecherquoten gibt als hier im Land. Darauf bleiben Sie also eine Antwort schuldig. Sie haben kein Argument hierfür nennen können, das entscheidend wäre.
Ich kann nur sagen: Es gibt viele gute Ansätze, den Praxisbezug in dem Hauptschulbildungsgang zu installieren, ihn weiter auszubauen und darüber hinaus vielleicht auch darüber nachzudenken, ob es noch andere Modelle gibt. Lassen Sie uns deshalb im Ausschuss darüber diskutieren, welche Konzepte gut wären, die man noch zusätzlich einbringen könnte.
Ein Letztes möchte ich noch zur Frau Fiedler sagen. Frau Fiedler, das ist im Leben manchmal so, das wahre Leben holt einen manchmal ein. Ich bin seit 1994 hier im Landtag. Ich kann mich daran erinnern, dass Sie als Partei sich immer massiv für die plebiszitären Elemente eingesetzt haben: Das Volk soll entscheiden; wir sind dafür und unterstützen das.
Ich erinnere an die Debatte, die wir heute bezüglich des Ganztagsanspruchs im Kindergartenbereich geführt haben. Dazu gab es übrigens auch einen Volksentscheid. Dieser hat in der Debatte heute überhaupt nicht stattgefunden. Diese Meinung des Volkes ignorieren Sie einfach.
Es gab einen Volksentscheid, aber diesen Volksentscheid in Hamburg ignorieren Sie komischerweise, indem Sie sagen, die Presse habe Sie falsch informiert, die FDP habe die falsche Seite unterstützt.
Ich weiß, dass Sie damals die Seite beim KiFöG unterstützt haben, die sich für den Ganztagsanspruch eingesetzt hat. Dann müssten wir heute aus unserer Sicht auch sagen, sie hätten das Volk beeinflusst. Das ist doch legitim, dass man sich auf eine Seite schlägt. Im Endeffekt entscheidet aber das Volk.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Herr Gürth, CDU: Richtig! - Frau Bull, DIE LINKE: Ge- nau!)