Protocol of the Session on October 8, 2010

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Wenn Sie sich nach einem Vortrag melden, gehe ich davon aus, dass es eher eine Zwischenbemerkung ist, was Sie Intervention nennen. Das können Sie jetzt machen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin Mittendorf, ich glaube, es ist schon eine Zumutung, das Demokratieverständnis der FDP von Ihnen beurteilt zu bekommen.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Was?)

Ich glaube, Sie finden keine gesetzliche oder verfassungsrechtliche Grundlage, die da besagt, dass die Empfehlungen des Bildungskonvents für einen frei gewählten Abgeordneten bindend sind.

Insofern können Sie auch einen Meinungsaustausch, eine Meinungsäußerung eines frei gewählten Abgeordneten hier nicht mit einem Demokratiedefizit gleichsetzen. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der FDP - Minister Herr Dr. Daehre: Oh! Herr Hauser, oder wer?)

Frau Mittendorf darf darauf reagieren.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich gebe zu, dass ich da in der Wortwahl möglicherweise etwas ungeschickt war. Der Hintergrund der Bemerkung war das, was wir bei dem vorhergehenden Antrag diskutiert haben. Es geht mir um den Respekt vor den Empfehlungen des Konventes, die mit sehr großer Mehrheit beschlossen wurden. Damit sollte man auch gut umgehen. Das war eigentlich die Mutter oder der Vater des Gedankens. Ich glaube, damit können Sie besser leben.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von Herrn Kosmehl, FDP, und von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Damit ist auch das geklärt.

(Frau Dr. Hüskens, FDP, meldet sich zu Wort - Frau Feußner, CDU: Herr Präsident!)

- Es gibt auch noch eine Zwischenbemerkung von Frau Dr. Hüskens? - Bitte schön.

Ja, weil das mit dem Respekt jetzt wieder so klang. - Frau Mittendorf, Respekt vor der Meinung eines anderen heißt nicht, dass ich die Meinung des anderen über

nehmen muss. In einem Gremium mit 100 Menschen kann man auch mit Zweidrittelmehrheit, von mir aus auch mit 99-prozentiger Mehrheit beschließen. Demjenigen, der immer noch einer anderen Meinung ist, dem lassen wir seine Meinung auch. Ich denke, es ist auch gute geübte demokratische Praxis, dass wir nicht versuchen, auch den Hundertsten noch zu überzeugen.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Bei 99 hören wir auf!)

Danke. - Wünscht noch jemand, eine Zwischenbemerkung zu machen?

(Zurufe von Herrn Dr. Schellenberger, CDU, und von der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Nö! - Herr Gallert, DIE LINKE: Nö!)

Wenn das nicht der Fall ist, kommen wir zu dem Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Frau Fiedler das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Herren und Damen! Ich fange mit einem anderen Stichwort an. Wir haben in der Septembersitzung über Lesekompetenz geredet.

(Herr Kosmehl, FDP: Ja!)

Das ist mir auch dank Ihrer Reaktion, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der FDP, gut in Erinnerung geblieben, so gut, dass mir bei diesem Antrag der Gedanke kam, der Text könnte eine gute Grundlage für eine PisaLesekompetenzaufgabe sein.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Eine beliebte Aufgabe ist es dort, die Autorenintention erschließen zu lassen.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Ich will Ihnen einmal ein solches fiktives Szenario dafür beschreiben.

(Zuruf von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Ich nehme dazu einen Multiple Choice. Das ist so eine Günther-Jauch-Frage, sage ich sonst immer, mit A, B, C und D, also mit Mehrfachwahlantworten.

(Zurufe von Herrn Kosmehl, FDP, und von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Ich ergänze diese Aufgabe mit einer eigenen Antwortmöglichkeit.

(Zuruf von der CDU)

Also: Der Text ist Ihr Antrag. Der muss natürlich von den Probanden gründlich gelesen werden. Ich nehme an, das hätte er jetzt gemacht. Jetzt liest er also die Aufgabe. Diese lautet: Erschließen Sie die Autorenintention!

(Zuruf von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Es folgen drei Wahlantworten. Die Wahlantwort A lautet: Der Text soll eine Lobby bedienen. Der Begriff „Lobby“ wird in der entsprechenden Fußnote erklärt mit „Interessengruppe“.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Beim Nachdenken darüber erinnert sich der kundige Leser an die Hotelmehrwertsteuergeschichte

(Frau Mittendorf, SPD: Wehe, wehe!)

und auch daran, dass die FDP den Verein „Wir wollen lernen“ in Hamburg bei dem Volksentscheid im vergangenen Sommer unterstützt hat,

(Herr Kosmehl, FDP: Ja!)

mit dem ein kleines Reförmchen zum längeren gemeinsamen Lernen abgeschmettert wurde.

(Herr Kosmehl, FDP: Von den Menschen! - Wei- tere Zurufe von der FDP)

- Aber die FDP hat diesen Verein unterstützt.

(Frau Feußner, CDU: Die Meinung des Volkes sollte uns schon noch wichtig sein! Ja, Frau Fied- ler?!)

Er erinnert sich auch daran, dass die Presse den Verein so ein bisschen mokant aufgefordert hat,

(Frau Feußner, CDU: Es war die Meinung des Volkes! Sie haben abgestimmt!)

den Namen „Wir wollen lernen“ auszuweiten zu dem Namen „Wir wollen nicht mit den Schmuddelkindern lernen“.

(Zurufe: Ah! - Zuruf von Herrn Dr. Schellenber- ger, CDU - Frau Feußner; CDU: Jetzt sind die plebiszitären Elemente egal! - Frau Weiß, CDU: Das ist doch wohl genug!)

Der Proband überlegt dann, ob es nicht vielleicht vergleichbar ist, wenn es hier im Antrag um die Bildung reiner Hauptschulklassen geht. Er ist geneigt, diese Antwort anzukreuzen, aber er will sich vorsichtshalber erst einmal auch die anderen Antworten ansehen.

(Frau Mittendorf, SPD, lacht)

Die Wahlantwort B ist: Der Text soll den Wahlkampf unterstützen.

(Frau Mittendorf, SPD: Na klar!)