Ich kann auch so intervenieren. Frau Bull, bei den „Deppen der Nation“ sind diejenigen gemeint gewesen, die durch ihre Steuerlast die Finanzierung der Sozialleistungen übernehmen, über die wir hier streiten. Die Personengruppe, die Sie im Auge hatten, nämlich die Aufstocker, kann davon nicht betroffen sein,
weil sie die Steuerlast in der Weise nicht tragen. Die Hauptlast trägt die Mittelschicht. Wenn Sie diese beiden Personengruppen vergleichen und glauben gleichsetzen zu können, dann irren Sie sich.
- Dass Sie jetzt noch einmal intervenieren wollen, finde ich lustig. Erst wollen Sie meine Frage nicht beantworten und melden sich jetzt zu Wort. Das ist sehr spannend!
Moment, Frau Bull. - Damit war nicht gemeint, dass sie jetzt noch fünf Minuten reden darf, sondern dass sie dazu noch etwas sagen kann. Denn sie hat auch das Recht zu intervenieren und hat ihre Redezeit nicht ausgenutzt. - Bitte sehr.
Die Zahl derer, die nicht Aufstocker sind - auch auf diejenigen trifft die von mir geführte Argumentation zu -, ist von 1998 bis 2008 von 4,2 Millionen auf 6,5 Millionen gestiegen.
- Meine Damen und Herren! Wenn Sie meine Sitzungsführung kritisieren wollen, dann können Sie das im Ältestenrat tun. Dort ist das an der richtigen Stelle.
Wir wollen jetzt über die Drs. 5/2865 und 5/2890 abstimmen. Zunächst werden wir über den Ursprungsantrag abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/2865 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Antragstellerin. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Fraktionen. Der Antrag ist abgelehnt worden.
Dann stimmen wir jetzt über den Alternativantrag ab. Wer dem Alternativantrag von CDU und SPD in der Drs. 5/2890 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden.
Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 15. Ich schlage vor, dass wir uns um 13.45 Uhr wieder im Plenarsaal treffen.
Landesplanerische Bewertung der CO2-Verpressung in der Altmark vom Verfahren der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes trennen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits zu einem Zeitpunkt als auf europäischer Ebene noch heiß über die CCS-Richtlinie diskutiert wurde und nicht einmal das Gutachten des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag zur CO2-Abscheidung und Lagerung bei Kraftwerken vorlag, hat sich die Landesregierung von Sachsen-Anhalt in ihrem Landesenergiekonzept für CCS entschieden.
Während sich Niedersachsen nicht zum Müllplatz der Bundesrepublik machen lassen wollte und machen lassen will und Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern massiven Widerstand in Aussicht stellten, biederte sich unsere Landesregierung in Brüssel und Berlin förmlich an, indem sie die Altmark als Versuchsgebiet anpries. Wörtlich heißt es im Energiekonzept vom September 2007:
„Die Landesregierung würde es begrüßen, wenn im Rahmen der Forschungsagenda der Europäischen Kommission zur Umsetzung von zehn bis
zwölf Demonstrationsprojekten mit CCS-Großkraftwerken in Europa für die Altmark erforscht würde, ob die Altmark ein geeigneter Standort zur langzeitsicheren Sequestration von Kohlendioxid ist.“
Meine Damen und Herren! Durch die Aufnahme von zwei Zielaussagen in den Landesentwicklungsplan 2010 hat die Landesregierung die CCS-Technologie hoffähig gemacht und damit einen Bewertungsmaßstab für landesplanerische Stellungnahmen in Genehmigungsverfahren jedweder Art geschaffen. Wird der Entwurf des Landesentwicklungsplanes unverändert verabschiedet, kann gegebenenfalls sogar auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet werden. Ich erinnere dabei an das Genehmigungsverfahren für eine Müllverbrennungsanlage in Staßfurt.
Meine Damen und Herren! CCS in Sachsen-Anhalt ermöglichen - dieses Ziel zieht sich seither als energiepolitischer roter Faden durch die Regierungspolitik. Darüber können auch die kritischen Äußerungen von Minister Haseloff nicht hinwegtäuschen. Denn seine Bedenken sind nicht grundsätzlicher oder gar technologiekritischer Natur, sondern ihn treiben besonders die Sorgen bezüglich der Rechtsgrundlage für die zu erteilenden Genehmigungen und die Haftungsfragen um. Bei Letzteren möchte er gern den Bund mit ins Boot nehmen.
Im Worst Case ergeben sich gewisse Parallelen zu einer Hochwasserlage. Im Unterschied zu dieser würde das Kohlendioxid aber keine Sachwerte beschädigen. Dahingerafft werden würden aber alle Lebewesen, die auf die Luft zum Atmen angewiesen sind, so wie im Jahr 1986 bei der Naturkatastrophe am ostafrikanischen Nios-See schon einmal geschehen.
Meine Damen und Herren! Auch wenn es versuchsweise nur um 100 000 t geht - was 50 t CO2 anrichten können, haben wir vor zwei Jahren bei einem Brand in einer Lagerhalle einer Lackfabrik in Mönchengladbach gesehen. Dieses Beispiel hatten Herr Miesterfeldt und Minister Haseloff bereits bemüht.
Nur 220 Sekunden lang war die stationäre Feuerlöschanlage in Betrieb. Doch eine leichte Muldenlage und eine austauscharme Wetterlage führten dazu, dass das Löschmittel CO2 an Ort und Stelle liegen blieb. Das wurde erst bemerkt, als auf der nahegelegenen Straße Passanten starke Atembeschwerden verspürten und eine kurzzeitig bewusstlos werdende Mopedfahrerin schwer stürzte.
Infolge der Ausbreitung des CO2 mussten schließlich auch Wohnhäuser evakuiert werden. Dies aber nur, weil die Anwohner überwiegend den Forderungen der Feuerwehr nicht nachkamen, in den Häusern zu bleiben, Fenster und Türen geschlossen zu halten und höher gelegene Räume aufzusuchen.
Erst durch einen Hubschrauber der Polizei im Tiefflug konnte großflächig eine Verdünnung des Kohlendioxides erreicht werden. Dass sich die Besatzung dabei in höchste Gefahr begab, ahnte bei dem Einsatz niemand. Erst im Nachhinein wurde eine Verbindung zwischen stockend aussetzenden Verbrennungsmotoren und der örtlichen CO2-Konzentration hergestellt.
Das Fazit: Insgesamt 97 Personen mussten vor Ort ambulant behandelt werden, zehn Personen wurden kurzzeitig ins Krankenhaus eingewiesen. Wie die staats
anwaltliche Untersuchung ergab, haben die beteiligten Feuerwehren alles richtig gemacht. Nur deshalb war kein Menschenleben zu beklagen.
Auch wenn der Betreiber umfassend für einen bestimmungsgemäßen Betrieb und die Sicherheit Verantwortung trägt, sind die für den Katastrophenschutz zuständigen staatlichen Stellen vom ersten Tag einer Verpressung an gefordert, auch und gerade bei einer versuchsweise erfolgenden Ablagerung von CO2. Dabei reicht es meines Erachtens nicht aus, nur im Ernstfall für einen Einsatz vorgesehene Kräfte auf die spezifische Lage hin auszurüsten, auszubilden und zu trainieren. Vielmehr muss die Einwohnerschaft das richtige Verhalten kennen, es erlernen und entsprechend üben - in Kitas, Schulen, Behörden und Betrieben.
Meine Damen und Herren! Der Bürgerinitiative in Salzwedel und allen potenziell betroffenen Bürgerinnen und Bürgern muss reiner Wein eingeschenkt werden.
Viel mehr als klare Worte fordert die Bürgerinitiative auch gar nicht. Von Informationsveranstaltungen über diese Technologie, die regelmäßig nach dem zweiten C von CCS Schluss machen, haben nicht nur die Menschen in der Altmark genug. Der Innenminister müsste regelrecht rotieren, um ein Konzept für ein Sicherheitsmonitoring präsentieren zu können,
und zwar rechtzeitig bevor die erste Tonne CO2 unter der Altmark verschwindet. Doch von Minister Hövelmann ist bisher kein Sterbenswörtchen in dieser Richtung zu vernehmen.