Protocol of the Session on October 7, 2010

(Herr Scharf, CDU: Schlecht zitiert! Unvollständig zitiert!)

- Okay, dann können Sie das vielleicht noch ergänzen.

Ich würde Ihnen, wenn Sie auf die Ministerpräsidenten warten wollen, bevor wir uns positionieren, mehr Mut wünschen. Die Legislative darf auch ohne Rückendeckung der Exekutive eine eigene Position formulieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP)

Wenn ich ganz zum Schluss noch einmal auf den Antrag im Konkreten zurückkommen darf, dann glaube ich und hoffe, dass die beiden ersten Punkte unseres Antrages konsensfähig sind. Denn wie schon Herr Staatsminister Robra in seiner Pressemitteilung vom 17. September erklärte, sind sich die Länder darüber einig, am Lottomonopol festhalten zu wollen.

Des Weiteren ist offensichtlich, dass das Urteil des EuGH Änderungen im Glücksspielrecht in Deutschland und somit auch in Sachsen-Anhalt erfordert. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn sich diejenigen durchsetzen sollten, die am Sportwettenmonopol festhalten wollen, dann muss es Regelungen geben, die dieses Sportwettenmonopol nach Ansicht des EuGH rechtfertigen würden. Deshalb brauchen Sie auf jeden Fall Änderungen im Glücksspielrecht. Deshalb sollte sich auch der Landtag frühzeitig mit der Materie beschäftigen und eine Position erarbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der letzte Punkt ist sicherlich der, über den wir hier im Landtag, vielleicht auch innerhalb von Fraktionen sehr stark diskutieren. Die FDP stellt sich die Zukunft des Glücksspielrechts in Sachsen-Anhalt wie folgt vor:

Wir Liberalen wollen erstens am Lottomonopol festhalten, aber die Ausgestaltung dieses Monopols verändern. Wir setzen uns für die Nutzung des Internets ein, befürworten die Werbung für bestehende Produkte, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird auch um die Entwicklung weiterer neuer Produkte gehen.

Wir wollen den - jetzt eingeschränkten - privaten Vertrieb von staatlichen Lottoangeboten wieder ermöglichen, Stichwort Faber und andere. Denn gerade das ist es: Die Abschaltung des Internets und die Einschränkung von privaten Angeboten haben dazu geführt, dass es Einbrüche bei den Lottoeinnahmen gegeben hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sportwettenmarkt wollen wir das Monopol durch ein Konzessionsmodell ersetzen und dadurch den Schwarzmarkt zurückdrängen, allerdings unter folgenden Prämissen:

Erstens. Wir brauchen einen auf hohem Niveau festgestellten Jugend- und Spielerschutz.

Zweitens. Wir müssen sicherstellen, dass das Konzessionsmodell so ausgestaltet ist, dass die Konzessionsnehmer die Konzessionsabgabe auch tatsächlich zahlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Diskussion um die Zukunft des Glücksspielrechts jetzt in die entscheidende Phase geht. Lassen Sie uns als Landtag ein Zeichen setzen, dass wir uns daran beteiligen und dass wir vielleicht der Landesregierung auch ein Signal dahin gehend geben können, wie sich

der Landtag die Zukunft des Glücksspielrechts für Sachsen-Anhalt und für Deutschland vorstellt. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und von Herrn Tullner, CDU)

Herr Kosmehl, möchten Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten?

Ja, gern.

Bitte, Herr Gallert, fragen Sie.

Eine völlig ungefährliche Nachfrage, Herr Kosmehl. Mir geht es noch einmal um die Reaktion auf dieses EuGHUrteil. Ich habe Sie richtig verstanden, dass sich der Chef des Landessportbundes Sachsen-Anhalt eher kritisch oder befürchtend zu den Auswirkungen geäußert hat, ähnlich wie der Vorsitzende des Landessportbundes Hessen.

Da sage ich jetzt einmal nicht als Frage, sondern als Intervention: Ich finde es schon ein starkes Stück, dass sich die Chefs auf der nationalen Ebene und die Bundesligavereine über die entsprechenden Mehreinnahmen nach diesem EuGH-Urteil richtig doll freuen und die Vertreter des Breiten- und Massensports darauf hinweisen müssen, dass das bei ihnen die Einnahmebasis radikal kürzen kann. Dazu sage ich ausdrücklich: Da hat offensichtlich der Sport nicht nur im Land SachsenAnhalt in seinen Organisationen ein mächtiges Problem. - Danke.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Gallert, ich habe das sehr zurückhaltend formuliert. Ich glaube, dass sich beide Reaktionen - deshalb habe ich auch beide Seiten darstellen wollen - nicht auf konkrete Zahlen stützen können. Vielleicht sind die konkreten Zahlen auch schwer zu ermitteln.

Natürlich sieht der Deutsche Olympische Sportbund, sehen auch die Profivereine durch die Zulassung von privaten Sportwettenanbietern ein Mehr insbesondere an Werbung. Wir haben das Problem mit bwin und der Frage: Kann ich für einen Fußballverein werben? - Das ist in ihrem Interesse.

In gleicher Weise, meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen auch die Landessportbünde, also der Breitensport, darauf, ob es zukünftig noch Einnahmen aus Sportwetten geben wird.

Wenn ich einmal nur die 1,2 Milliarden € - das ist das niedrigste Gebot in einer Studie - annehme und nicht die 7 Milliarden € und wir davon ausgehen würden - es gibt bereits Gesetzentwürfe im Entwicklungsstadium -, dass wir uns auf eine Quote von 25 % des Bruttospielertrages einigen könnten, die als Konzessionsabgabe abzuführen sind, dann könnten Sie ausrechnen, was tatsächlich von dem Bereich Sportwetten für den Sport zur Verfügung gestellt werden könnte.

Die Frage, die sich dann ergibt, ist, wie wir es mit der Regionalisierung hinbekommen, damit auch SachsenAnhalt von einer Konzession profitiert. Ich habe aber aus meinem Zahlenmaterial herauslesen können, dass wir uns auf jeden Fall über den Einnahmen, die derzeit durch Oddset, also das staatliche Produkt erzielt werden, bewegen werden.

Das heißt, dass ich nicht davon ausgehe, dass dem Breitensport im Land durch eine Liberalisierung des Sportwettenmarktes weniger Geld zur Verfügung stehen würde. Aber ich nehme die Anregung von Herrn Silbersack und anderen durchaus ernst; denn genau wird es gehen, wenn wir es ausgestalten wollen.

Ich will Ihnen aber auch klipp und klar sagen, dass ein Festhalten am Sportwettenmonopol zu einer weiteren Verringerung der Einnahmen führen wird. Wenn ich anfange, sämtliche Werbemaßnahmen zu unterbinden - in diese Richtung hat es der EuGH formuliert -, dann wird es noch weniger Bezug geben und dann werden noch weniger Spielteilnehmer das staatliche Produkt Oddset wählen. Das heißt im Umkehrschluss: weniger OddsetEinnahmen, weniger Konzessionsabgaben für die Länder und damit weniger für den Sport in Sachsen-Anhalt.

(Herr Gürth, CDU: Das ist nicht mehr als eine These!)

Angesichts dessen sage ich Ihnen: Lassen Sie uns über ein ordentliches Konzessionsmodell diskutieren. Ich glaube, wir werden am Ende mehr für den Sport haben, mehr gegen den Schwarzmarkt tun können und damit auch eine klare Regelung treffen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Bevor wir die Beiträge der Fraktionen hören, erteile ich Herrn Minister Hövelmann das Wort. Bitte schön.

Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das zuletzt Gesagte ist natürlich der Hauptstreitpunkt.

(Herr Dr. Eckert, DIE LINKE: Das ist eine Glau- bensfrage!)

Es ist klar, verehrter Herr Kosmehl, dass die Dollarzeichen oder die Eurozeichen in den Augen einiger Verantwortlicher, nämlich dort, wo richtig Geld verdient wird, richtig schön leuchten

(Herr Gürth, CDU: Genau!)

und dass dort, wo das große Geld nicht verdient wird, die Sorge und die Angst am größten ist, dass man Verlierer eines solchen Prozesses sein kann.

(Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE, und von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte darüber hinaus ganz zu Beginn die Frage beantworten, wie das mit dem Evaluierungsbericht ist. Es ist richtig: Es gibt einen Evaluierungsbericht im Entwurf. Mir ist allerdings keiner bekannt, der bereits abschließend in den Gremien diskutiert und behandelt worden ist, sodass es auch noch keinen Abschlussbericht im Sinne eines Abschlusses der Evaluierung geben kann. Aber es soll uns

wohl gelingen, noch in diesem Jahr, im Jahr 2010 - das ist nicht mehr so lang - diesen Abschlussbericht auch abgestimmt vorzulegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der FDP-Antrag greift ein Thema auf, das nicht zuletzt - Herr Kosmehl hat darauf hingewiesen - durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2010 auch wieder öffentlich diskutiert wird. Ich will dennoch zu Beginn etwas klarstellen, weil ich den Eindruck habe, manche Schlussfolgerung aus der Berichterstattung stimmt mit der Realität nicht im Entferntesten überein.

Die in den Medien vielfach getätigte Aussage, das Glücksspielmonopol sei gekippt, die, wenn man es so lesen will und so lesen kann, in dem vorliegenden Antrag der FDP zum Ausdruck kommt, trifft gerade nicht zu.

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

Diese Feststellung entspringt wohl eher dem Wunschdenken, zugegebenermaßen - das will ich auch sagen - finanzstarker und einflussreicher Lobbyisten in diesem Lande, weil dadurch, dass sie sagen, das Glücksspielmonopol sei gekippt oder der Staatsvertrag sei gekippt, etwas ins Rollen gebracht werden soll, was man gerne ins Rollen bringen will. Jeder, der die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes sorgfältig liest, wird das feststellen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der EuGH bestätigt in seiner Entscheidung nämlich erneut, dass ein Mitgliedstaat ein Monopolsystem auf Sportwetten und Lotterien einem Erlaubnissystem für private Veranstalter vorziehen kann.

(Herr Tullner, CDU: Kann er machen! Aber!)

Allerdings muss dies dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts dann der Fall, wenn die Errichtung des Monopols mit der Einführung eines normativen Rahmens einhergeht, der dafür sorgt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage ist, das Ziel - das sind hohes Niveau des Verbraucherschutzes und Suchtprävention - mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in konsequenter und systematischer Weise zu verfolgen. Es geht; der Gesetzgeber muss nur klare Regeln haben, die dann auch für alle gelten.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

Weiterhin darf in der Diskussion nicht außer Acht gelassen werden, dass die Grundlage der Entscheidung des EuGH die Feststellungen der vorlegenden Gerichte, und zwar der Verwaltungsgerichte Schleswig-Holstein, Gießen, Stuttgart und Köln, sind, die zum Zeitpunkt der Entscheidung teilweise längst überholt waren.

Zu den Feststellungen eines nationalen Gerichts führt das EuGH unter anderem aus: Bleiben erstens Werbemaßnahmen des Monopolinhabers nicht auf das begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher auf legale Angebote hinzuweisen, sondern zielen sie darauf ab, den Spieltrieb der Bevölkerung zu fördern und zwecks Maximierung der Einnahmen zur Spielteilnahme zu stimulieren, und dürfen zweitens Glücksspiele von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden und wird schließlich drittens in Bezug auf

Glücksspiele, die nicht unter das Monopol fallen und ein höheres Suchtpotenzial aufweisen, von den zuständigen Behörden eine Politik zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeit betrieben und geduldet, um Einnahmen zu maximieren, dann, und zwar unter diesen drei Prämissen, kann dieses Gericht berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung der mit der Errichtung des Monopols verfolgten Ziele, nämlich die Vermeidung von Spielausgaben und die Bekämpfung der Spielsucht, tatsächlich zu gewährleisten.