Protocol of the Session on September 10, 2010

Ich denke, der Bürger hat, daraus abgeleitet, durchaus einen Anspruch zu erfahren, wofür die in den Unternehmen eingesetzten Mittel verwendet werden. Dazu gehören zum Beispiel auch die Vergütungen der Vorstände und Geschäftsführer, der Aufsichtsgremien, die letztlich die Verantwortung für das Wohl und Wehe der öffentlichen Unternehmen haben.

Hierbei Transparenz zu schaffen ist, denke ich, für die Koalitionsfraktionen das Gebot der Stunde. Aus den genannten Gründen würde ich mich freuen, wenn wir heute zu einem einvernehmlichen Beratungsergebnis kämen, dass wir diesen Antrag in die Sphäre der Landesregierung überführen können und daraus abgeleitet dann Handlungsimpulse aufgenommen und umgesetzt werden, so wie es diesem Hohen Hause als öffentlichem Ort von Diskursen, von Debatten und als öffentlichem Ort der Legitimation letztlich gebührt.

In diesem Sinne vielen Dank. Ich freue mich auf die Debatte.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Tullner, für die Einbringung. - Ich erteile nunmehr der Landesregierung das Wort. Herr Minister Bullerjahn, bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Tullner, ich kann es eigentlich ganz kurz machen, weil ich Ihre Einbringungsrede zu 90 % ausdrücklich unterstütze.

Ich bin ausdrücklich auch dafür dankbar, dass die CDU mitziehen will. Ich weiß, es gibt die Diskussion über die Grenze zwischen privatrechtlich und öffentlich-rechtlich. Sie wissen, in anderen Ländern läuft das ein bisschen anders. Deswegen sage ich auch danke dafür, dass die

ser Antrag zustande gekommen ist. Denn Sie haben es gesehen: Als das mit den Intendanten bei den Rundfunkanstalten herauskam, hat es, glaube ich, sehr sachliche Debatten gegeben.

Es gibt manchmal die Angst, eine Neiddebatte hervorzurufen. Ich denke, das ist unsinnig. Es geht eher darum zu sagen, was man für das Geld macht. Es ist schon richtig, auch die Strukturfragen zu stellen und zu fragen, wer macht in welchem Unternehmen was. Ich werde nicht auf diese Diskussion mit den Stiftungen eingehen. Ich weiß auch nicht, ob dieser Antrag nötig ist, um die Transparenz rund um den Domplatz weiter zu erhöhen. Ich fühle mich auch täglich als Bürger und will nicht auf alle Ihre Äußerungen eingehen.

Aber im Kern sage ich ja. Ich bitte Sie nur darum, dass Sie der Landesregierung genug Zeit geben, nicht in Jahren gerechnet. Darüber, was Sie aufgeworfen haben, nämlich über die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist, werden die Juristen im Parlament auch sehr ausführlich zu diskutieren haben.

Wir wollen auch über kommunale Strukturen reden. Sie wissen, es gibt auch sehr eigene Sichten auf diese Dinge. Wir alle haben Vertreterinnen und Vertreter in Sparkassengremien. Wir alle haben sie in den Einrichtungen. Es nicht so, dass das Parlament nicht auch bei Stiftungen und Beiräten mit am Tisch sitzt.

(Herr Borgwardt, CDU: Stadtwerke!)

- Ja, auch Stadtwerke. Insofern ist es der Grundansatz, mehr Transparenz und Kompetenz zu schaffen. Für MaRisk und Basel III bieten wir Lehrgänge, auch verpflichtend, für Mitglieder in Aufsichtsräten und Beiräten an, die dort mitentscheiden wollen; denn die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass wir an dieser Stelle alle noch Handlungsbedarf haben.

Insofern sage ich ausdrücklich ja. Ich will auch nicht unterscheiden, was unsere Aufgabe ist und wo wir gucken müssen, dass die Kommunalpolitiker etwas vorlegen. Sie haben den Kodex angesprochen. Es gibt bereits vieles, aber am Ende lebt es davon, ob es praktisch gemacht wird, ob es einklagbar ist, ob es auch Sanktionen gibt, wenn man gegen etwas verstößt. Nur Goodwill ist nicht ausreichend. Insofern sage ich ja und unterstütze das ausdrücklich, und zwar nicht nur, weil ich einer Regierungsfraktion angehöre, sondern weil ich es im Grunde genommen auch richtig finde.

Wenn wir nicht sagen, dass es in vier Wochen vorliegen muss, was der Sache sicherlich abträglich wäre, dann, denke ich, werden wir Stück für Stück vorankommen. Vielleicht können wir einen Zwischenbericht in zwei Monaten im Finanzausschuss beraten und können schauen, an welcher konkreten Stelle wir auch in Ihrem politischen Interesse vorwärtsgehen sollen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die Debatte eintreten, möchte ich junge Damen und Herren des Kinderheimes Pretzsch auf der Südtribüne begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir treten ein in die Debatte. Als erster Debattenrednerin erteile ich Frau Dr. Hüskens für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein halbes Jahr vor der Wahl stellen wir fest, dass die Regierungsfraktionen den einen oder anderen Antrag mehr einbringen.

(Zustimmung von Herrn Lange, DIE LINKE)

Ich muss gestehen: Auf den vorliegenden Antrag hätten wir auch selbst kommen können. Denn als Liberale finde ich es wichtig, dafür Sorge zu tragen, dass in all den Bereichen, in denen die öffentliche Hand den Großteil des Geldes zur Verfügung stellt, die Bürger sehen können, wohin ihre Gebühren und Steuern gehen. Das gilt definitiv auch für die Führungsetage; auch dort hat eine entsprechende Transparenz zu herrschen. Deshalb unterstützen wir das Anliegen, das Herr Tullner und auch Herr Bullerjahn vorgetragen haben, nachdrücklich.

Auf der anderen Seite sehen wir auch den Faktor der Neiddebatte. Wir brauchen uns nichts vorzumachen. Der Kollege Tullner hatte den Antrag vor der Sommerpause noch gar nicht ganz eingebracht, da klingelten bei uns bereits die Telefone und die ersten sorgenvollen Anrufe kamen nach dem Motto: O Gott, wenn wir jetzt unser Gehalt offenlegen müssen, was sage ich dann morgens beim Bäcker? Das ist die Sorge, die viele umtreibt.

Ich teile die Sorge nicht so ganz. Wir als Abgeordnete wissen ganz genau, wie das ist. Wenn einmal in der Legislaturperiode die Diätendebatte stattfindet und wir kräftig in der Zeitung hoch- und heruntergezogen werden, nimmt das der eine oder andere Nachbar zum Anlass, darüber zu reden. Das ist nicht immer angenehm.

(Zuruf von Minister Herrn Hövelmann)

Aber wir haben auf der anderen Seite in den letzten Jahren auch eine Reihe von Anpassungen im öffentlichen Bereich gehabt. Die Ministergehälter stehen individualisiert im Haushalt. Sie können dort nachgucken, was ein Minister im letzten Jahr verdient hat. Ich habe nicht gehört, dass es dabei jemals Probleme gegeben hat. Wir haben auch bei den Anpassungen der Ministergehälter an die Beamtenbesoldung nie ein Problem gehabt.

Deshalb glaube ich, dass wir in diesem Bereich auch ein Stückchen Gelassenheit an den Tag legen sollten. Ich bin mir auch ganz sicher, dass die Offenlegung von mehr Gehältern im öffentlichen Dienst vieles ein Stück weit ins rechte Licht rücken wird.

Wir haben gerade die Diskussion um die Gehälter der Damen und Herren, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Intendanten vorstehen, erlebt. Ich glaube, es hat uns allen ganz gut getan zu sehen, dass der eine oder andere Politiker nicht zu den Spitzenverdienern in Deutschland gehört, obwohl er eine entsprechende Verantwortung für unser Land übernimmt. Deshalb halte ich es ein Stück weit auch für ehrlich und nicht nur für transparent, dass der Bürger sieht, was mit seinen Steuergeldern passiert, auch um das Ganze in eine entsprechende Relation zu bringen.

Einen Aspekt möchte ich noch aufgreifen. Es ist gesagt worden: Wir prüfen das einmal. Laut Antrag soll auch nur geschaut werden, was rechtlich überhaupt möglich ist. Ich weise darauf hin, dass in Nordrhein-Westfalen seit Beginn dieses Jahres ein entsprechendes Gesetz gilt, das einstimmig beschlossen wurde. Ich habe bislang von keinen allzu großen Problemen bei der Umsetzung gehört.

Allerdings haben mir die Kollegen dort eines gesagt: Der Hoffnung, man könne zwar einen Grundsatz beschließen und dann wird in Einzelentscheidungen in den Kreistagen oder wo auch immer gesagt, für unsere Spitzenkräfte gelte das aber nicht, sollten wir uns nicht hingeben; diese Hoffnungen sollten wir auch niemandem draußen machen.

Denn wie das funktioniert, haben wir bei Herrn Reiter gesehen. Er hat zunächst versucht zu sagen, mein Name ist Hase, ich weiß von nichts, ich erzähle euch mein Gehalt nicht. Wir alle haben in den vergangenen Jahren ausreichend Erfahrungen mit öffentlichem Druck gemacht. Wir können davon ausgehen, dass, sobald der erste anfängt, die Gehälter zu individualisieren und der Öffentlichkeit transparent darzustellen, die anderen folgen müssen. Das gehört zur Ehrlichkeit.

Wenn wir den Antrag heute beschließen - wir werden das unterstützen -, dann wissen wir, auf welchen Weg wir uns begeben. An dessen Ende wird wahrscheinlich im Laufe der nächsten Legislaturperiode stehen, dass wir die entsprechenden Managergehälter, ob bei den Stadtwerken, bei den Sparkassen oder bei den Landesbetrieben, schlicht und ergreifend in den entsprechenden Berichten sehen können. Der eine oder andere wird wahrscheinlich auch einmal in der Zeitung stehen. Aber ich glaube, damit können wir alle umgehen. Ich bin ganz sicher, dass die Manager in unseren Unternehmen auch damit umgehen können. Daher tun wir aus meiner Sicht mehr für die Transparenz. Deshalb unterstützen wir den Antrag. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Wir kommen dann zum Debattenbeitrag der SPD. Der Abgeordnete Herr Graner hat das Wort.

Bevor er das Wort nimmt, möchte ich Damen und Herren der Selbsthilfegruppe „Miteinander mobil“ auf der Südtribüne begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Graner, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben bisher viel über das Thema Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit geredet. Aber ich möchte einen weiteren Aspekt dieses Antrags ansprechen, nämlich die Transparenz gegenüber den Aufsichtsgremien.

Meine Damen und Herren! Die Sparkassen haben die Finanzkrise bisher am besten überstanden. Kundengelder waren dort sicherer angelegt als bei manch exotischen Zertifikaten, die Privatbanken ihren Kunden untergejubelt haben. Damit das auch in Zukunft so bleibt - „Wenn’s um Geld geht: Sparkasse“ -, brauchen wir neben guten Geschäftsführungen auch eine gut funktionierende Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute. Das regelt § 8 des Sparkassengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt wie folgt:

„Der Verwaltungsrat bestimmt die Richtlinien der Geschäftspolitik und überwacht die Geschäftsführung.“

Was passiert in den Verwaltungsräten? Ich denke, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich feststelle, dass in manchen Kreistagsfraktionen der Verwaltungsrat der Sparkasse in erster Linie als lukrativer Posten angesehen wird und nicht, wie es notwendig wäre, nach der Qualifikation für ein solches Amt gefragt wird. Der Minister hat es bereits angesprochen: Es werden zusätzliche Schulungen angeboten; das begrüße ich außerordentlich. Aber das ist gar nicht mein eigentliches Thema.

Wir müssen uns auch mit den Arbeitsbedingungen der Verwaltungsräte beschäftigen. Mancher kennt vielleicht den frühen römischen Satiriker Juvenal, einen Vorläufer unserer Kabarettisten. Er hat die inzwischen klassische Frage gestellt: Wer kontrolliert die Kontrolleure?

Es gab in den 90er-Jahren einige bedauerliche Vorfälle in unserem Land, bei denen höchst vertrauliche Geschäftsinformationen in die Öffentlichkeit gelangt sind zum Schaden der betroffenen Sparkassen. Daraus hat man Konsequenzen gezogen und festgelegt, dass Verwaltungsräte Sitzungsunterlagen und Protokolle nur noch in den Geschäftsräumen der Sparkassen einsehen dürfen.

Um das Ganze noch einmal zu unterstreichen, hat dann der Verwaltungsrat einer Sparkasse in Sachsen-Anhalt nach entsprechender Anregung durch den Vorstand den Beschluss gefasst, auf den Versand von Unterlagen gänzlich zu verzichten. Das, meine Damen und Herren, finde ich schon ziemlich problematisch.

Frau Dr. Klein, Sie sind die Vorsitzende des Finanzausschusses; ich weiß nicht, wie Sie reagieren würden, wenn der Finanzausschuss mehrheitlich beschließen würde: Die Unterlagen brauchen wir eigentlich nicht mehr, die Niederschriften brauchen wir auch nicht mehr; wenn jemand etwas nachschauen möchte, kann er doch zu Frau Kahl gehen und dort in die Unterlagen schauen.

(Zuruf von Herrn Weigelt, CDU)

Meine Damen und Herren! Schon heute machen sich Organmitglieder bei der Weitergabe von Informationen, die dem Datenschutz bzw. dem Bankgeheimnis unterliegen, strafbar. Ich verstehe die Probleme, vor denen die Sparkassen stehen, was die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen angeht. Aber ich habe kein Verständnis dafür, dass man die Verwaltungsräte quasi unter Generalverdacht stellt und sagt: Ihr könnt mit den Unterlagen wahrscheinlich nicht korrekt umgehen, vielleicht gebt ihr das Material weiter; deswegen müsst ihr jedes Mal zu uns kommen, wenn ihr etwas nachsehen wollt.

(Zustimmung von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Diese Vorgehensweise der Sparkassen halte ich für außerordentlich unbefriedigend. Deswegen haben wir die Landesregierung gebeten, unter dem Aspekt Transparenz auch gegenüber den Verwaltungsräten diesen Komplex zu prüfen und danach in den Ausschüssen für Inneres und für Finanzen zu berichten, inwieweit andere Regelungen möglich sind.

Frau Hüskens hat gesagt, man sollte schauen, was rechtlich möglich ist. - Dem schließe ich mich an.

Meine Damen und Herren! Wir sollten nicht nur die Kontrolleure kontrollieren, sondern auch darauf achten, dass sie vernünftige Arbeitsbedingungen haben. - Vielen Dank.