Protocol of the Session on September 10, 2010

(Zustimmung bei der SPD)

sondern auch durch Vor-Ort-Besuche in den Kliniken, die hier auch genannt wurden.

In der Tat müssen wir feststellen, dass immer mehr Kinder und Jugendliche nach Einschätzung von Medizinern psychisch krank sind. Man darf auch Folgendes nicht vergessen: In diese gesamte Diskussion gehört auch, dass fast jedes dritte Kind bereits bei der Einschulung Entwicklungsstörungen aufweist. Diese Störungen potenzieren sich bis hin zur stationären Aufnahme.

In den letzten Jahren hat sich im stationären und auch im ambulanten Bereich in der Infrastruktur und inhaltlich in der Tat viel getan und auch viel verbessert. Wir können davon ausgehen, dass es verbesserte Diagnosen gibt. Das diagnostische Bewusstsein für Störungen hat sich verbessert.

Es gibt weniger Stigmatisierungen der von psychischen Krankheiten Betroffenen. Wir können erfreulicherweise auch feststellen, dass die Hemmschwelle, einen Therapeuten aufzusuchen und in eine stationäre Therapie zu gehen, deutlich gesunken ist, auch in den Elternhäusern.

Es gäbe noch sehr viele Punkte, die wir einbauen könnten, die ich aber gar nicht alle nennen möchte, weil sie zum Teil schon angeklungen sind.

Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass die Therapie sehr langwierig ist und dass der notwendige stationäre Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen, die nicht zur Schule gehen können, es erfordert, dass sie im Rahmen ihrer Therapie Unterricht erhalten. Man kann das sicherlich damit vergleichen, dass Erwachsene im Erwerbsleben krankgeschrieben werden. Hierbei geht es aber darum, Anschlusssituationen herzustellen und Negativerlebnisse nach dem Krankenhausaufenthalt zu vermeiden, damit es nicht erneut zu Problemen kommt.

Nach § 39 Abs. 3 des Schulgesetzes ist für die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen, die infolge einer längerfristigen Erkrankung die Schule nicht besuchen können, Unterricht entweder im Krankenhaus oder zu Hause zu erteilen. Die gesetzlichen Grundlagen und die Richtlinie wurden bereits angeführt.

Wir wissen aus den unterschiedlichen Berichten, wo die Säge klemmt und was bemängelt wird. Mir ging es in meiner Anfrage unter anderem darum, dass wir die Fachbereiche des MS und MK in dieser Sache ein Stück weit näher zusammenbringen.

Die Richtlinie wurde im vergangenen Schuljahr neu verabschiedet. Es gab unterschiedliche Betrachtungsweisen und unterschiedliche Herangehensweisen. Die Praktiker vor Ort haben uns die Augen geöffnet und gezeigt, wo die kritischen Stellen sind und wo die Richtlinie vielleicht anders interpretiert wurde, als von der Ministerin beschrieben wurde. All diese Differenzen, die wir heute bereits herausgearbeitet haben, sollten wir in der Tat in dem zuständigen Fachausschuss beraten.

Ich denke, dem Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur steht es gut zu Gesicht, sich auch einmal mit einem Psychiatriebericht zu beschäftigen,

(Zustimmung bei der SPD)

explizit mit dem Bereich der Unterrichtsversorgung in Krankenhäusern.

Ich habe Verständnis dafür, dass Lehrpersonal in Krankenhäusern nicht fest angestellt werden kann; aber wenn wir Bedarfe anerkennen, dann haben wir Sorge dafür zu tragen, dass diese adäquat abgedeckt werden. Dies sollte immer in dem Bewusstsein geschehen, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, weil die Kinder und Jugendlichen unterschiedliche Bedarfe haben.

Insofern ist es wichtig, den Balanceakt zu berücksichtigen. Es wichtig, dass das Kind oder der Jugendliche gefördert wird, um Anschluss zu behalten; es ist aber auch wichtig, ihn nicht zu überfordern. Diesen Balanceakt müssen wir gut hinbekommen.

(Zustimmung von Frau Gorr, CDU)

Wir haben gehört, dass in den Kliniken multiprofessionelle Teams arbeiten, und so multiprofessionell muss auch die Lehrerschaft mit dem Fachpersonal der Jugendhilfe oder des Krankenhauses umgehen. Anfänge kann ich erkennen, aber wir müssen uns in diesem Zusammenhang auch noch einmal über die grundlegende Ausbildung des Lehrpersonals unterhalten. Es müssen junge Lehrerinnen und Lehrer einbezogen werden.

Mit der Qualifizierung im Fort- und Weiterbildungsbereich sind wir in der Tat auf einem guten Weg. Die Schnittstelle und die Differenzen, die hier herausgearbeitet wurden, möchte ich noch einmal thematisiert haben. Deshalb möchten wir diesen Antrag zunächst überwei

sen - natürlich mit der notwendigen Ernsthaftigkeit, die heute mehrfach kritisiert wurde. Allerdings ist die Art und Weise der Kritik dem Hohen Haus meines Erachtens auch nicht angemessen. Es tut mir leid.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Frau Gorr, CDU)

Danke sehr, Frau Reinecke. - Herr Dr. Eckert möchte noch einmal erwidern.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einige kurze abschließende Bemerkungen. Es wird sichtbar, dass sich etwas getan hat. Es sind Maßnahmen eingeleitet worden. Zur Wirksamkeit der Maßnahmen gibt es noch keine Bewertung.

Deutlich wurde auch: Nach wie vor gibt es eine Reihe von Problemen. Ein Problem wurde von Frau Gorr benannt: wie man den Übergang von der Klinik in die Heimatschule besser regeln könnte.

Frau Reinecke, Sie haben vorgeschlagen, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. Dagegen kann ich wenig sagen; ich hoffe nur, dass die Beratung dort auch so erfolgt, wie Sie sich das vorstellen.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass traditionell im Januar der Psychiatriebericht im Sozialausschuss behandelt wird. Ich weise schon jetzt die Frau Ministerin darauf hin, dass dieses Thema auch dann in diesem Zusammenhang aufgegriffen werden könnte, wenn der federführende Ausschuss dazu noch nicht beraten hat. Ansonsten wünsche ich Ihnen im Bildungsausschuss viel Erfolg. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Ihren Antrag auf Überweisung zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Soziales haben Sie damit sozusagen zurückgestellt?

(Herr Dr. Eckert, DIE LINKE: Die Mehrheit wird das schon machen! - Heiterkeit bei der SPD)

Damit sind wir am Ende der Debatte. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/2790. Die Überweisung war unstrittig, die beiden Ausschüsse - Sozialausschuss und Bildungsausschuss - sind unstrittig. Ob es die Mehrheit jetzt macht, werden wir sehen.

Wer der Überweisung zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit hat es die Mehrheit gemacht. Federführend berät der Bildungsausschuss, die Mitberatung übernimmt der Sozialausschuss. Damit ist der Tagesordnungspunkt 27 beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

Erste Beratung

Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2791

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Bull. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Akzeptanz schwul oder lesbisch lebender Lebensformen bewegt sich - so könnte man es sagen - in Richtung Normalität. Entsprechende Begrifflichkeiten haben sogar Eingang in die Programmatik der CDU gefunden. Das ist zu begrüßen.

Auch europaweit tut sich eine ganze Menge. Das katholische Spanien hat im vorigen Jahr unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Zapatero die Ehe für Lesben und Schwule geöffnet. In Belgien und in Holland ist das ebenso passiert. Auch in Tschechien ist gegen den Widerstand des damaligen Staatspräsidenten Václav Klaus die eingetragene Lebenspartnerschaft für Lesben und Schwule eingeführt worden.

Ich möchte aber auch klar sagen: Es gibt auch Entwicklungen, die nach wie vor betroffen machen und die man als aufgeklärter Mensch so eigentlich nicht mehr für möglich gehalten hätte. In Russland und in Polen müssen homosexuell lebende Menschen nach wie vor mitunter um Leib und Leben fürchten. In Moskau und in Riga ist vor einigen Jahren der CSD verboten worden. Wir erinnern uns sicherlich auch daran, dass der damalige polnische Ministerpräsident Kaczynski vor Jahren sogar über Berufsverbote für lesbisch oder schwul lebende Menschen nachgedacht hat. Da kann einen schon das Gruseln ankommen.

In Deutschland hingegen, kann man konstatieren, hat die Gleichstellung von schwul oder lesbisch lebenden Menschen an Dynamik zugenommen, und dies spätestens mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahr 2001. Das kann man getrost zu dem positiven Saldo von Rot-Grün, damals unter Tolerierung der CDU im Bundesrat, rechnen.

Angefochten, bekriegt, beklagt - ich denke, letztlich hat es sich durchgesetzt und es gehört nun zu den gesetzten bundespolitischen Rahmenbedingungen. Die einen haben es begrüßt, die anderen haben mit den Zähnen geknirscht oder tun das noch immer. Ich vermute einmal, die Bayern hätten, wenn sie gekonnt hätten, die Betroffenen zum Verpartnern am liebsten ins Ordnungsamt zitiert, um das freudige Ereignis gleich noch mit einer Knolle zu würdigen. Das ist ihnen nicht gelungen. Widerstand, meine Damen und Herren, ist zwecklos.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch in Sachsen-Anhalt hat sich diesbezüglich eine Menge getan. Im Jahr 2007 hatte meine Fraktion beantragt, ein Artikelgesetz vorzulegen, um sämtliche landesrechtlich notwendigen Regelungen zur Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen aufzugreifen.

Der Sozialminister hat jetzt offensichtlich ein Artikelgesetz zur Anhörung freigegeben, das 18 Änderungsparagrafen umfasst.

Meine Damen und Herren! Damit wird auch das Problem sichtbar: Es ist ein mühsamer Nachholprozess mit immensem Verwaltungsaufwand. Man hat ständig damit zu tun, die Rechtsetzung zu korrigieren, muss ständig neue Mehrheiten finden, muss der CDU oder anderen - der CSU meinetwegen - ständig die Bedeutung der Rolle erklären. Das ist ausgesprochen mühsam und für die Betroffenen ein unerfreulicher Vorgang.

Es gibt nach wie vor Bereiche, in denen es Benachteiligungen gibt: im Steuerrecht, im Adoptionsrecht - interessanterweise lebt jede achte Partnerschaft mit Kindern, darf sie aber nicht adoptieren -, im Sozialrecht, in der Ausbildungsförderung, im Asylverfahrensrecht und auch im Dienstrecht des Bundes.

Geteiltes Recht ist de facto - so ist das nun einmal - kein gleiches Recht. Meine Damen und Herren! Auf Dauer macht die parallele Existenz zweier Rechtsinstitute nicht wirklich Sinn. Die allgemeine und umfassende Gleichstellung von beidem wird nicht mehr aufzuhalten sein. Ich halte das für einen sehr begrüßenswerten Vorgang.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das Recht ist aufseiten der Community. Im Jahr 2008 gab es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Ehe für Transsexuelle, die bereits verheiratet waren, de facto geöffnet wurde. Im Jahr 2009 - der große Durchbruch - hat das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich klargestellt, dass der besondere Schutz der Ehe keinesfalls eine Benachteiligung anderer Lebensformen legitimiert. Es ist also „nur“ noch eine politische Frage, eine Frage der politischen Auseinandersetzung.

Man muss auch ganz klar sagen: Die Entwicklungen, die Richtlinien, die Urteilssprüche der Europäischen Union haben hierbei ganze Arbeit geleistet und dem Anliegen eine unheimliche Dynamik gegeben. Auch in der Justiz hat ein atemberaubender Sinneswandel eingesetzt und auch in deren Interessenverbänden.

(Herr Kosmehl, FDP: Oh!)

Darüber muss man schon manchmal schmunzeln; das geht aber in Ordnung.