Protocol of the Session on September 10, 2010

deutlich gegen die geplanten Kürzungsvorschläge zu positionieren.

In diesem Zusammenhang solle die Landesregierung gebeten werden, im Bundesrat initiativ zu werden, um gemeinsam mit den anderen Bundesländern die geplanten Kürzungen der Städtebauförderung abzuwenden.

Im Zuge der Beratung im Ausschuss machte die Fraktion DIE LINKE deutlich, dass der vorgelegte Entwurf der Beschlussempfehlung die ursprünglichen Formulierungen weitgehend übernommen habe und bezüglich der zwischenzeitlich bekannt gewordenen, zum Zeitpunkt der Formulierung des Antrages jedoch noch nicht ersichtlichen Sparbemühungen der Bundesregierung aktualisiert wurde. Der als Beratungsgrundlage dienende Entwurf der Beschlussempfehlung fand somit die Zustimmung des Antragstellers.

Seitens der Fraktion der SPD wurde auf das politische Signal, das hiermit ausgesandt werden könnte, insbesondere unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung, hingewiesen. Mit Blick auf die kommende Bauministerkonferenz würde es zudem eine Unterstützung für den Minister für Landesentwicklung und Verkehr darstellen, wenn der Beschluss möglichst breit durch alle im Landtag vertretenen Fraktionen gefasst werden würde.

Die Fraktion der CDU bekräftigte, dass es auch ihr Anliegen sei, den Stadtumbau Ost und auch die Altschuldenentlastung voranzubringen. Daneben betonte sie, dass sowohl das Land Sachsen-Anhalt als auch die Bundesregierung in der Vergangenheit diesbezüglich nicht untätig waren. Die im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP festgehaltene Ankündigung, die Altschulden der ostdeutschen Wohnungsunternehmen zu streichen, solle nunmehr eingefordert werden.

Überrascht über den von den Fraktionen der CDU und der SPD eingebrachten Entwurf einer Beschlussempfehlung an den Landtag zeigte sich hingegen die Fraktion der FDP. Dieser gehe weit über das hinaus, was im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP angekündigt worden sei. Darin sei lediglich von der Streichung der Altschulden, die die dauerhaft leerstehenden und zum Abriss stehenden Wohnungen beträfen, die Rede, nicht aber von einer kompletten Streichung der Altschulden. Aus diesem Grunde müsse die Fraktion der FDP ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung versagen.

Seitens der Fraktionen der CDU, der SPD und DIE LINKE wurde nochmals klargestellt, dass es sich einzig um die Konkretisierung dessen, was im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, handele, und nicht um eine Ausweitung.

Vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr wurde in diesem Zusammenhang das Ansinnen des Entwurfs einer Beschlussempfehlung als parlamentarische Rückendeckung für das Agieren der Landesregierung verstanden, sich für eine entsprechende Anschlussregelung im Bereich der Altschuldenhilfe im Sinne der sachsen-anhaltischen Wohnungsunternehmen einzusetzen. Daher sei das Infragestellen einzelner Punkte des Entwurfs einer Beschlussempfehlung durch die Fraktion der FDP, deren Zielstellung in der Vergangenheit mit der jetzigen vergleichbar wäre, wenig förderlich.

Gleichwohl wurde nochmals unterstrichen, dass mithilfe des Programms Stadtumbau Ost städtebauliche Fehlentwicklungen korrigiert und Quartiere aufgewertet werden konnten und dass dieser Prozess fortzuführen sei.

Sehr verehrte Damen und Herren! Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr befasste sich in der Sitzung am 25. August 2010 abschließend mit dem Antrag und verabschiedete mit 10 : 1 : 0 Stimmen die vorliegende Beschlussempfehlung in der Drs. 5/2776.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine kleine Korrektur. Wir beschäftigen uns hier zwar mit einigen Sachen, aber in Nr. 1 Zeile 1 der Beschlussempfehlung muss es dennoch „Sachsen-Anhalt“ und nicht „Sachen-Anhalt“ heißen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Herzlichen Dank für die Berichterstattung, Herr Abgeordneter Thomas Felke. Die Änderung werden wir selbstverständlich vornehmen - Für die Landesregierung erhält jetzt Minister Herr Dr. Daehre das Wort. Bitte, Sie haben das Wort, Herr Minister.

(Minister Herr Dr. Daehre: Nach der Diskussion!)

- Sie möchten nach der Diskussion reden. - Dann steigen wir nun in die Diskussion ein. Als erster Debattenrednerin erteile ich der Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Henke, bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass eine Mehrheit im Hause der Beschlussempfehlung zustimmen will; denn das wichtigste Anliegen, die Altschuldenstreichung, wurde aus dem Antrag der LINKEN wörtlich übernommen. Erfreulich ist, dass sich nun auch Herr Dr. Daehre vor zwei Tagen ebenfalls für die Erweiterung des Geltungsbereiches des § 6a AHG ausgesprochen hat. - Das sollte als Anmerkung zum Änderungsantrag der FDP genügen.

Aufgrund des Zeitablaufs konnte aber auch Klarheit zu den haushalterischen Konsequenzen geschaffen werden. Das in der Debatte im Juni 2010 genannte Empirica-Gutachten wird erst im Februar 2011 vollständig vorliegen, dann gründlich, also zeitaufwendig, ausgewertet und so kaum noch in die Etatplanungen des Bundes für das Jahr 2011 einfließen.

In die Beschlussempfehlung des Ausschusses sind notwendige Aktualisierungen eingearbeitet worden. Die Kürzungspläne der Bundesregierung zum Heizkostenzuschuss und bei der Städtebauförderung waren bei der Erarbeitung des Ursprungsantrages im Juni 2010 noch unbekannt.

Schlecht ist, dass ein Teil der Kürzungsankündigungen der Bundesregierung, wie die Streichung des Heizkostenzuschusses, seit letzter Woche per Kabinettsbeschluss als Entwurf zum Haushaltsbegleitgesetz vorliegt.

Die Kürzungspläne zur Städtebauförderung drohen erst im Bundeshaushalt für das Jahr 2011, der ab Montag nächster Woche im Bundestag beraten werden wird. Diese Absichten gefährden auch die Altschuldenstreichung und bleiben so gefährlich wie unsinnig. Gerade aus Bundessicht finanzieren sich Städtebaufördermittel wie KfW-Förderprogramme zum energieeffizienten Bauen mehr als selbst.

Nach unterschiedlichen und unwidersprochenen Berechnungen betragen allein die Rückflüsse für den Bund aus Mehrwertsteuereinnahmen als Summen der Kofinanzie

rungen und der einhergehenden privaten Folgeinvestitionen ein Mehrfaches der eingesetzten Bundesgelder.

Es ist Unfug, diese kleinen Förderprogramme zu streichen. Die Reduzierung bedeutet für die meisten Gemeinden einen großen Schritt zurück hinter alle Errungenschaften der IBA. Denn der Finanzminister wird die Mittel im Landeshaushalt analog senken und nicht, wie die Bundesregierung euphemistisch schreibt - ich zitiere - „die Kürzungen durch erhöhte Kofinanzierungen ausgleichen“.

Der haushalterische Dominoeffekt, der dann sarkastisch als „Konsolidierung“ bezeichnet werden wird, zeitigt dann weitere Wirkungen auf andere Wirtschaftsbereiche. Auch die Umschichtungsklausel aus der Verwaltungsvereinbarung hat Grenzen und löst das Problem nicht, wie die Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage in der Drs. 5/2727 mitteilte.

Es ist bemerkenswert: Bei der sonst üblicherweise grassierenden Gutachteritis gibt es bis dato keine Untersuchung zu den Folgen einer Kappung. Im Gegenteil: Die Ergebnisse der Workshopreihe von Januar bis April zur künftigen Profilierung empfehlen die Fortsetzung des Stadtumbaus Ost.

Zu unterstellen ist, dass nicht nur die kommunalen Finanzen, sondern die Gesamtwirtschaft leiden wird. Die Belebung auf dem Arbeitsmarkt - alle statistischen Augenwischereien einmal vernachlässigt - findet dann ein jähes Ende, einschließlich der - ebenfalls statistischen - Verbesserung der Einkommensentwicklung im Lande.

Am Bau gibt es - zum Glück und seit mehr als zehn Jahren bewährt - einen Mindestlohn, von dem man leben kann und der zur Stärkung der Binnennachfrage und damit zur Belebung anderer Branchen mehr als jede SGB-II-Förderung beiträgt. Selbst eine Minderung der geplanten Reduzierung der Mittel auf 80 % statt auf 50 %, wie von Dr. Daehre vorgeschlagen, würde im Jahr 2011 etwa 2 000 Vollzeitarbeitsplätze am Bau vernichten. Zu deren Erhalt wird es dann keine PR-trächtige Rettungsaktion geben können. Baujobs werden in vielen kleinen Betrieben gleichzeitig geräuschlos und dauerhaft vernichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Ende August 2010 liegt den Ländern ein Referentenentwurf des BMAS vor, der im Januar 2011 in Kraft treten soll. Die ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Erwerbsfähigenfreibeträge und Kosten der Unterkunft“ soll die Kosten der Unterkunft und Heizung - ich zitiere - „unter Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten transparent und rechtssicher ausgestalteten“.

Demnach werden im kommenden Jahr die Kommunen per Landesgesetz ermächtigt, eigene Grenzwerte oder Pauschalen festzulegen sowie die konkrete Ausgestaltung dessen, was als angemessene Wohnkosten gilt, zu regeln. Maßstab sollen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Verhältnisse des unteren Standards des örtlichen Wohnungsmarktes werden. Das kann man so oder so sehen. Gegenwärtig wohnen wir in SachsenAnhalt so gut wie nie zuvor. Das ist eine Tatsache. Dann wäre der untere Maßstab nicht so richtig schlimm - wäre.

Wenn aber die Städtebauförderung und die KfW-Förderprogramme gekürzt, die Höhe der KdU abgesenkt - die Heizkostenhilfe fehlt dann schon - und die Kommunalfinanzen dauerhaft defizitär bleiben sowie eine gleichzeitige Altschuldenstreichung nicht erfolgt, dann droht

Schlimmes: Wohnungsunternehmen können den Abriss nicht finanzieren, sie sind zum Verkauf der Bestände gezwungen und schaffen sich somit ungewollt eine Billigkonkurrenz für den genannten „unteren Maßstab“.

Die Förderkürzung senkt den heutigen Standard ab, und in wenigen Jahren gibt es Armenviertel mit Wohnraumbegrenzung und sozialen Problemen, die heute noch niemand wahrhaben will.

Deshalb und um die gute Stimmung hier im Saal zu nutzen, sage ich: Die Fraktion DIE LINKE wird der Beschlussempfehlung zustimmen und erwartet von der Landesregierung, bei deren Umsetzung auch die zuletzt genannte Entwicklung zu berücksichtigen - in unser aller Interesse. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich danke dem Abgeordneten Herrn Henke. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Scheurell erhält das Wort. Bitte schön, Herr Scheurell.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissenschaftliche Analysen beginnen meistens mit einem kurzen historischen Abriss. Nun sind wir hier zwar in der Politik und nicht in der Wissenschaft, aber der Antrag der LINKEN reizt mich nun doch, an das Erscheinungsbild der ostdeutschen Städte vor der deutschen Einheit zu erinnern.

(Herr Henke, DIE LINKE: Ach nein! - Weitere Zu- rufe von der LINKEN)

Insofern entbehrt es nicht einer gewissen Komik, wenn sich in den letzten Monaten ausgerechnet DIE LINKE für den Erhalt der Programme stark macht, mit denen wir heute die Altlasten sozialistischer Städtebaupolitik mühevoll beseitigen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der Landesregierung - Zuruf von Frau Dirlich, DIE LINKE)

Dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehört auch zur Wahrheit. Diesen kritischen Rückblick hätte ich mir bei allem inhaltlichen Verständnis, den ich für das Anliegen habe, schon gewünscht.

(Zuruf von der LINKEN: Und das nach 20 Jah- ren!)

Es kann doch nicht sein, dass Sie, sehr geehrter Herr Henke, hier Untergangsszenarien entwickeln und die unzweifelhaft positive Entwicklung unserer Städte viel zu wenig zu erwähnen. Berichten Sie uns doch einmal darüber, wie die Altschulden zustande kamen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir uns in der Sache grundsätzlich einig sind. Wir müssen bei der Städtebauförderung und der Altschuldenproblematik vorangekommen. Es ist schon ein wenig verwunderlich, dass der Bund Gutachten in Auftrag gibt, in denen auf die Rückführung des Wohnungsbestandes, die Erneuerung der innerstädtischen Altbaustrukturen und die Aufwertung der unter Schrumpfung leidenden Städte gedrungen wird, und gleichzeitig Diskussionen geführt werden, die die Streichung der Mittel für die Städtebauförderung beinhalten.

Allerdings sollten auch die Damen und Herren der LINKEN zwischenzeitlich erkannt haben, dass in Deutschland eine breite Diskussion über Haushaltskonsolidierungen läuft, deren Notwendigkeit wohl nur realitätsverweigernde Gutmenschen bestreiten.

(Frau Rogée, DIE LINKE: Hat das jemand ge- macht?)

- Ja, auch Sie gehören zu den realitätsverweigernden Menschen und Abgeordneten hier im Saal.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der LIN- KEN)

- Hören Sie mir doch einfach zu, dann sickert es auch bis zu Ihnen durch.

(Frau Bull, DIE LINKE: Nichts lieber als das, Herr Scheurell! - Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

- Das ist nett. Sie sind freundlich. Ich bin Ihnen gegenüber auch immer sehr freundlich und höre Ihnen zu, auch wenn ich in der Sache nie mit Ihnen übereinkommen werde.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)