Protocol of the Session on September 9, 2010

Dem Ausschuss für Soziales lagen zur abschließenden Beratung fünf Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen und fünf Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE vor.

Ein Diskussionsschwerpunkt in der Beratung war die Fassung des § 4 Abs. 1 Satz 2 - Ausstattung der Einrichtungen. Hierzu lag ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor, eine gesonderte Behandlung Jugendlicher und Heranwachsender zu schaffen. Nach längerer Diskussion wurde dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Auch hinsichtlich § 12 - Unterrichtung, Ausbildung, berufliche Eingliederung - gab es einen regen Meinungsaustausch. Dazu beantragte die Fraktion DIE LINKE, in Absatz 1 die Regelung zur Erlangung beispielsweise eines Schulabschlusses oder einer Berufsausbildung nicht als Sollvorschrift zu fassen, sondern durch eine Istvorschrift zu ersetzen. Der Änderungsantrag wurde schließlich abgelehnt.

Des Weiteren hat die Frage der Trennung der Behandlungs- und der Vollzugsakte Beratungsbedarf erfahren. Dazu lag zu § 33 ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor, der die entsprechenden Anregungen des Datenschutzbeauftragten aufgriff. Diesem Änderungsantrag wurde jedoch nicht gefolgt. Beschlossen wurde der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, der lediglich die Ersetzung des Wortes „Krankenakte“ durch „Behandlungsakte“ und der Wörter „geführte Akten“ durch „geführte Behandlungsakten“ vorsah.

Die weiteren vier Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen wurden ebenfalls beschlossen.

Keine Zustimmung fanden die Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE, ausgenommen die Teile des Änderungsantrages zu § 34 Abs. 3 und 4, die identisch mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen waren.

Den vom mitberatenden Ausschuss für Recht und Verfassung unterbreiteten Änderungsempfehlungen wurde ebenfalls zugestimmt, ausgenommen der Änderungsempfehlung zu § 34, da weitergehende Anträge der Fraktionen aufgrund der Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten vorlagen.

Die heute vorliegende Beschlussempfehlung wurde mit 7 : 1 : 3 Stimmen verabschiedet.

Als redaktionelle Korrektur wäre noch nachzutragen, dass im Nachgang der abschließenden Beratung der Begriff „Unterhaltungsleistungen“ durch den Begriff „Unterhaltsleistungen“ in § 14 Abs. 5 Satz 2 ersetzt wurde. Außerdem wurde in § 25 Abs. 1 Satz 2 das Wort „und“ durch das Wort „oder“ ersetzt und der beschlossene § 45 Abs. 3 an den § 44/1 Abs. 2 sprachlich angepasst und neu verortet.

Ich bitte im Namen des Ausschusses das Hohe Haus, der Beschlussempfehlung zu folgen.

Danke sehr, Herr Dr. Eckert, für die Berichterstattung.

Wir begrüßen nun Damen der Frauenunion Halle-Saalkreis bei uns. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Landesregierung spricht nun Minister Bischoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist interessant festzustellen, dass das geltende Gesetz vom 9. Oktober 1992 stammt. Man könnte sagen, es ist eines der ältesten Gesetze, die in der Zwischenzeit keine Novellierung erfahren haben und bis heute gelten. Von daher ist es, glaube ich, Zeit, das Gesetz an die veränderten Bedingungen, die Entwicklungen in der Gesetzgebung beim Bund, bei der Rechtsprechung und auch an den technischen Fortschritt sowie die Fortschritte in der Therapie anzupassen. Dass es so lange in dieser Form bestand, spricht dafür, dass es eine gute Qualität hat. Es hat die Landtage und Landesregierungen überstanden, ohne dass es beanstandet wurde.

Ich bin davon überzeugt, dass heute ein qualitativ überzeugendes Gesetz vorliegt, das den heutigen Anforderungen entspricht. Manche Dinge wurden geheilt, manches auch verbessert. Ich bin der Ansicht, dass der Ausschuss in den Beratungen dem Entwurf der Landesregierung den letzten Schliff gegeben hat. Die Anregungen - das möchte ich von Regierungsseite ausdrücklich sagen - aus den Anhörungen, insbesondere durch den Psychiatrieausschuss, den Landesrechnungshof und den Datenschutzbeauftragten, wurden aufgenommen.

Es wurden die sonst so zwangsläufigen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte eingeschränkt, damit niemand hilflos ausgeliefert ist, der sich dort Therapien unterzieht. Es werden nur noch bei unmittelbarer Lebensgefahr Zwangsmaßnahmen angewandt. Die Sprecherinnen und Sprecher werden noch etwas dazu sagen.

Ich bedanke mich ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit, auch beim GBD, und hoffe, dass wir dann eine gute Rechtsgrundlage haben, um den Menschen zu helfen, die dort untergebracht sind. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister Bischoff. - Bevor wir jetzt zur Debatte der Fraktionen kommen, begrüßen wir bei uns recht herzlich Schülerinnen und Schüler des GerhartHauptmann-Gymnasiums Wernigerode. Seien Sie willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Die Fünfminutendebatte eröffnet die FDP, für die Frau Dr. Hüskens spricht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden heute die Novelle des Maßregelvollzugsgesetzes beschließen. Daran habe ich keinen Zweifel. Sie ist jedoch eine Novelle, die das Land nicht voranbringt, sondern einen eindeutigen Rückschritt darstellt.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde es bemerkenswert - der Minister hat darauf hingewiesen -: Das alte Gesetz ist von 1992. Normalerweise würde ich ihm zustimmen: Solche Gesetze kann man hin und wieder reformieren; aber ich muss ganz klar sagen: Das Gesetz von 1992 ist deutlich moderner als das, was Sie heute hier verabschieden werden.

(Beifall bei der FDP)

Um es noch einmal klarzustellen: Im Maßregelvollzug sitzen Straftäter, die aufgrund ihres Krankheitsbildes zur Gefahr für die Gesellschaft geworden sind. Das heißt, Ziel des Maßregelvollzugs ist es, die Allgemeinheit zu schützen. Natürlich muss sichergestellt werden, dass aus dem Maßregelvollzug niemand entweicht. Zumindest in Bernburg gab es in den letzten Jahren den einen oder anderen Fall.

Der Maßregelvollzug ist nicht nur eine Justizvollzugsanstalt, er soll auch therapieren. Wir gehen davon aus, dass die Insassen zugleich Patienten sind und dass die Therapie der richtige Weg für sie ist, sonst müssten sie nicht im Maßregelvollzug einsitzen.

Wir gehen auch davon aus - das hatte ich eigentlich bei allen so verstanden -, dass die Gesellschaft am effizientesten geschützt werden kann, wenn diese Menschen erfolgreich therapiert werden und wenn sie nach einer erfolgreichen Therapie aus dem Maßregelvollzug entlassen werden. Wir wollen alle, dass sie dann für uns keine Gefahr mehr darstellen. Zumindest diesen Punkt riskieren Sie mit der Gesetzesnovelle, die Sie heute verabschieden wollen.

Ein anderer Punkt ist mir ebenfalls ganz wichtig hier genannt zu werden: Auch Insassen, auch Patienten im Maßregelvollzug haben Rechte. Leider ist es außerordentlich wichtig, das heute hier einmal zu sagen. Man kann das nicht einfach wegwischen, indem man jeden, der im Maßregelvollzug einsitzt, zum Sexualstraftäter macht und sagt: Der hat es verdient. - Das geht schlicht nicht.

Ich nenne ein Beispiel: Ich kann durchaus verstehen, dass man eine Videoüberwachung braucht, um zu verhindern, dass jemand entweicht. An den Stellen, an denen eine entsprechende Gefahr besteht, habe ich damit auch kein Problem. Aber in Wohnräumen hat eine Videoüberwachung nichts zu suchen. Sie dient auch nicht dazu, die Sicherheit zu steigern, sondern sie sorgt nur für eine Überwachung der Menschen, die eigentlich dort gesund werden sollen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der LINKEN)

Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir eine ganze Reihe von Vorschlägen zur Änderung dieses Gesetzes eingebracht. Unser Ziel war es, dass die Rechte dieser Menschen an die von Justizvollzugsgefangenen angepasst werden. Das kann man ungefähr vergleichen.

Von denen geht auch eine Gefahr aus, allerdings ohne Krankheitsbild, weshalb ich der Meinung bin, dass man das anpassen sollte. Die meisten Regeln in dem Bereich haben wir auch akzeptiert und tragen sie auch mit, aber hier gehen wir deutlich über das hinaus.

Das, was mich wirklich umtreibt, ist, dass man sehr deutlich sehen kann, was der Sinn dieses ganzen Handelns ist. Man hat über das Gesetz lauter Kann- und SollBegriffe gestreut und sorgt so dafür, dass der Betreiber von den Standards, die er eigentlich setzen muss, um eine erfolgreiche Arbeit zu machen, an vielen Stellen abweichen kann. Und das, meine Damen und Herren, wird unsere Sicherheit als Gesellschaft insgesamt beeinträchtigen.

(Zustimmung bei der FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir diesen Gesetzentwurf heute ablehnen. Er ist altmodisch, rückwärtsgewandt und sorgt nur dafür, dass er die Rechte der Betroffenen einschränkt, ohne unsere Sicherheit in irgendeiner Form zu gewährleisten.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss einige Bemerkungen machen. Ich weiß, dass man mit dem Maßregelvollzug politisch keinen Blumentopf gewinnen kann; das ist so. Wenn Sie an den Stammtischen die Hoheit gewinnen wollen, dann kann man das in diesem Bereich nur mit populistischen und platten Bemerkungen.

Aber auch Straftäter, Menschen, die etwa drogenabhängig sind, als Sexualstraftäter einsitzen, die aufgrund ihres Krankheitsbildes fremdaggressiv geworden sind, haben ein Recht darauf, dass Sie als Abgeordnete, als Teil der gesetzgebenden Kompetenz sich die Mühe machen festzustellen, welche Auswirkungen dieses Gesetz hat.

(Zustimmung bei der FDP und bei der LINKEN)

Dieser Aufgabe, meine Damen und Herren, sind Sie nicht nachgekommen. Ich kann verstehen, dass Sie die 40 Änderungsanträge, die von den LINKEN und von uns gekommen sind, genervt haben. Ich kann verstehen, dass man um 14.30 Uhr nach Hause möchte. Es gibt jedoch einen schönen Spruch von Herrn Scharf, den er mir gesagt hat, als ich mich einmal im Finanzausschuss beschwert habe, dass es 23 Uhr wurde: Man muss sich ja nicht wählen lassen!

Ich glaube, das können sich hier alle ins Stammbuch schreiben. Sie müssen hier nicht sitzen. Wenn Sie das aber als Teil der gesetzgebenden Kompetenz tun, erwarte ich einfach von Ihnen, dass Sie sich auch die Mühe machen, mit einer Zielgruppe, mit der man keinen Wahlkampf führen kann, sorgfältig umzugehen und abzuwägen, ob deren Rechte wirklich so eingeschränkt werden müssen, wie Sie das tun.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Es ist doch so, dass Sie uns locker überstimmen können. Damit habe ich auch kein Problem. Aber bin der Auffassung, dass Sie für sich selbst überlegen müssen, auch Rechenschaft darüber ablegen müssen, ob Sie wirklich einem Gesetz zustimmen wollen, das die meisten von Ihnen gar nicht verstanden und durchdrungen haben.

(Zustimmung bei der FDP)

Dabei muss ich Frau Späthe ausdrücklich ausnehmen und mich dafür bedanken, dass sie zumindest zu erklären versucht hat, welche Änderungen denn vom Ministerium an der einen oder anderen Stelle vorgesehen worden sind, dass sie wenigstens versucht hat, den Kontakt zu dem Ausschuss für Recht und Verfassung hinzubekommen, in dem ich es übrigens sehr hübsch fand, dass uns der Ausschussvorsitzende als Oppositionsfraktion anschaute und fragte, warum wir denn irgendeine „schwachsinnige“ Änderung vorgenommen hätten, und wir nur darauf hinweisen konnten, dass das die Regierungsfraktionen waren.

Meine Damen und Herren, das zeigt, wie sorgfältig Sie mit dem Gesetz umgegangen sind. Das ist für mich keine Art der Arbeit. Ich hoffe, dass dieses Maßregelvollzugsgesetz das einzige ist, das wir in solch einer schlechten Qualität durch den Landtag bringen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rotter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Erstes, hochverehrte Kollegin Dr. Hüskens: Ich war doch schon sehr verwundert über Ihre Rede und ganz besonders über den Schluss Ihrer Rede;