Protocol of the Session on June 18, 2010

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2441

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/2638

k) Entwurf eines Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Stendal (GemNeuglG SDL)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/2411

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/2639

l) Entwurf eines Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Wittenberg (GemNeuglG WB)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/2412

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/2640

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/2675

Die erste Beratung fand in der 71. Sitzung des Landtages am 18. Februar 2010 statt. Berichterstatter zu allen Gesetzentwürfen ist der Abgeordnete Herr Bernward Rothe. Ich bitte Sie um Ihre Berichterstattung.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Entwurf eines Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform in der Drs. 5/2401 sowie die Gesetzentwürfe über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt in den Drs. 5/2402 bis 5/2412 in der 71. Sitzung am 18. Februar 2010 zur Beratung und Beschlussfassung in den Ausschuss für Inneres überwiesen. Die Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE in den Drs. 5/2435 bis 5/2441, die dem Landtag in der 71. Sitzung am 18. Februar 2010 vorlagen, wurden ebenfalls zur Beratung in den Innenausschuss überwiesen.

Die Verabschiedung des Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform ist ein weiterer Schritt, um die Gemeindegebietsreform im Land Sachsen-Anhalt nach dem Ende der freiwilligen Phase zum Abschluss zu bringen. Mit den elf Gesetzentwürfen zur Gemeindeneugliederung verfolgt der Gesetzgeber seine angekündigte Absicht, all diejenigen Gemeinden zu leitbildgerechten Strukturen zusammenzuschließen, die bislang nicht den Leitbildvorstellungen entsprechen und keine genehmigungsfähigen Vereinbarungen vorgelegt haben.

Der Innenausschuss nahm die Gesetzentwürfe auf die Tagesordnung der 67. Sitzung am 19. Februar 2010 und verständigte sich darauf, am 6. und 7. Mai 2010 eine

Anhörung sowie am 3. bzw. 4. Juni 2010 die abschließende Beratung durchzuführen. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst wurde gebeten, dem Ausschuss eine Stellungnahme zu den rechtlichen Fragen zuzuleiten, die sich aus dem Entwurf eines Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform ergeben.

In der 70. Sitzung am 15. April 2010 befasste sich der Innenausschuss erneut mit dem Thema. Zur Beratung wurde der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt eingeladen. Ihm wurde die Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen eines Fachgesprächs zu dem Entwurf eines Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform zu äußern.

In der 69. Sitzung am 25. März 2010 verwies ich im Namen der Koalitionsfraktionen auf das Schreiben des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vom 22. bzw. 24. März 2010 zum Entwurf eines Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform und kündigte an, dass von den Mitgliedern des Innenausschusses, die den Koalitionsfraktionen angehören, ernsthaft in Betracht gezogen wird, ergänzend zum Gesetzentwurf der Landesregierung eine Entsendungslösung vorzuschlagen, um so den verfassungsrechtlichen Bedenken des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes Rechnung zu tragen. Einen entsprechenden Änderungsantrag legten die Regierungsfraktionen am 21. April 2010 vor. Dieser wurde als Vorlage 5 verteilt.

Zu den Anhörungen am 6. und 7. Mai 2010, die in öffentlicher Sitzung stattfanden, wurden der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt, die zuzuordnenden und aufnehmenden Gemeinden sowie die Ortschaften, die freiwillig eingemeindet wurden, und Gemeinden, die gegebenenfalls zukünftig freiwillig zu Entsendende aufzunehmen haben, eingeladen. Sie wurden gebeten, sich zu dem Gesetzentwurf über die Neugliederung der Gemeinden des sie betreffenden Landkreises sowie zu der Vorlage 5 zu äußern.

Die Anzuhörenden haben darüber hinaus den Entwurf eines Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform zur Kenntnis bekommen, um sich auch dazu äußern zu können und für Fragen der Ausschussmitglieder zur Verfügung zu stehen.

An dieser Stelle möchte ich dem Stenografischen Dienst danken, der dem Innenausschuss die Niederschriften über die Anhörungen innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung stellte. So war es möglich, dass bereits in der 74. Sitzung am 20. Mai 2010 eine nochmalige Beratung über die Gesetzentwürfe stattfinden konnte.

Die abschließende Beratung erfolgte in der 75. Sitzung des Innenausschusses am 4. Juni 2010. Zur Beratung lagen eine Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes mit erläuternden Hinweisen und Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD sowie der Fraktion DIE LINKE vor.

Zum Entwurf eines Zweiten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform lagen dem Ausschuss zwei Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD vor. Es handelt sich hierbei um die Vorlagen 5 und 27. Die Vorlage 27, die die Entsendungslösung zum Inhalt hat, wurde mit weiteren mündlich vorgetragenen Änderungen mehrheitlich beschlossen. Die Vorlage 5 hatte sich damit erledigt.

Weitere Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE, die Vorlage 24 und die Drs. 5/2435 zu dem Gesetzentwurf

der Landesregierung in der Drs. 5/2401 fanden keine Mehrheit. Die von der Fraktion DIE LINKE eingereichten Änderungsanträge zu den Gesetzentwürfen über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt sowie die eingereichten Änderungsanträge in den Drs. 5/2436 bis 5/2441 fanden ebenfalls nicht die erforderliche Mehrheit.

Der Änderungsantrag eines fraktionslosen Abgeordneten, den Landkreis Saalekreis betreffend, fand keine Zustimmung.

Die Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der SPD zu den Neugliederungsgesetzen bezogen sich überwiegend auf das Inkrafttreten des jeweiligen Gesetzentwurfs und wurden mehrheitlich beschlossen.

In Bezug auf den Entwurf des Gemeindeneugliederungsgesetzes betreffend den Landkreis Wittenberg in der Drs. 5/2412 und die Beschlussempfehlung in der Drs. 5/2640 ist nachzutragen, dass die Bürgeranhörung in der Gemeinde Gadegast über die Teilnahme der Gemeinde an der Neubildung der Stadt Zahna-Elster, wie im Gesetzentwurf bereits angekündigt, am 18. April 2010 durchgeführt wurde. Bei einer Wahlbeteiligung von 51,1 % der Stimmberechtigten bejahten 91,4 % der gültigen Stimmen die gesetzlich angestrebte Neustrukturierung, während 8,6 % diese verneinten.

Meine Damen und Herren! Unter Berücksichtigung der vorliegenden Stellungnahmen von zahlreichen Gemeinden und der Hinweise des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes verabschiedete der Innenausschuss die Ihnen in den Drs. 5/2629 bis 5/2640 vorliegenden Beschlussempfehlungen an den Landtag. Im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich um Ihre Zustimmung zu diesen Beschlussempfehlungen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Rothe, für die Berichterstattung. - Es spricht nunmehr für die Landesregierung Innenminister Herr Hövelmann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen heute in dieser Landtagsdebatte vor dem Abschluss eines der wichtigsten Reformvorhaben dieser Landesregierung. Am 18. Februar 2010 habe ich hier gestanden und die zwölf Gesetzentwürfe eingebracht. Am Schluss meiner Einbringungsrede, an die ich heute anknüpfen möchte, hatte ich damals ausgeführt, dass wir mit dem Einbringen der Gesetzentwürfe auf die Zielgerade einbiegen. Ich hoffe, dass wir heute dieses Ziel durchlaufen und damit die erste Reform unseres Bundeslandes, die in den Gebietsbestand der Gemeinden eingreift, abschließen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir einen kurzen Blick zurück. Im August 2007, also vor fast drei Jahren, fiel mit der Vorlage des von der Landesregierung erarbeiteten Leitbildes der Startschuss für die Gemeindegebietsreform. Damals gab es in Sachsen-Anhalt 1 033 kreisangehörige Gemeinden, die 93 Verwaltungsgemeinschaften angehörten. Nahezu 70 % dieser Gemeinden wiesen weniger als 1 000 Einwohner auf.

Sachsen-Anhalt war damit das Bundesland mit der kleinteiligsten kommunalen Struktur.

Schon seit der politischen Wende und der damit erfolgten Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung vor nunmehr 20 Jahren war zunehmend deutlich geworden, dass insbesondere die kleinen Gemeinden häufig nicht in der Lage sind, die in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises gemäß den gesetzlichen Anforderungen selbständig zu erfüllen.

Mit dem Kooperationsmodell der Verwaltungsgemeinschaft und dessen Fortentwicklung wurden Maßnahmen ergriffen, um die gemeindliche Verwaltungskraft zu stärken und die Leistungsschwäche der gemeindlichen Ebene zu kompensieren. Doch auch dabei sind wir letztlich an Grenzen gestoßen.

Die sich immer weiter verschärfenden Rahmenbedingungen kommunalen Handelns, insbesondere die immer knapper werdenden finanziellen Ressourcen und auch die negative Bevölkerungsentwicklung erfordern letztlich eine Abkehr von der kommunalen Kleinteiligkeit und eine Aufgabe des Modells der Verwaltungsgemeinschaften hin zu größeren kommunalen Strukturen.

Die regierungstragenden Parteien CDU und SPD haben das erkannt. Sie setzen auf eine Neugliederung der gemeindlichen Ebene, auf größere und damit leistungsfähigere Gemeinden, auf Einheitsgemeinden und in wenigen definierten Fällen auf Verbandsgemeinden.

Am 24. Januar 2008 haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform beschlossen, in dem Sie das von der Landesregierung entwickelte Leitbild zur Reform in Gesetzesform gegossen haben. Die Neugliederung der kommunalen Ebene erhielt damit ihre entscheidende Weichenstellung.

Sowohl Artikel 1 des Begleitgesetzes - hierbei ging es um die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden - als auch Artikel 2 - hierbei ging es um die Verbandsgemeinde - waren Gegenstand zahlreicher kommunaler Verfassungsbeschwerden. Nach den Urteilen des Verfassungsgerichts unseres Landes begegnen die Regelungen beider Gesetze keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Diese Unmissverständlichkeit in den Urteilen des Verfassungsgerichts macht mich zuversichtlich, dass auch die heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwürfe, die in strikter Kontinuität zum Ersten Begleitgesetz konzipiert wurden, jeder verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht aber auch kein Grund zu verschweigen, dass die Gemeindegebietsreform von Anfang an von Kritik begleitet wurde. Dabei handelte es sich überwiegend um konstruktive Kritik. Wir haben uns mit den vorgetragenen Anregungen und Bedenken ernsthaft und detailliert auseinandergesetzt. Das kann ich auch denjenigen Kritikern versichern, die ihre Anregungen und Bedenken nicht in den Gesetzentwürfen wiederfinden.

Mehreren dieser Bedenken wurde mit den Beschlussempfehlungen des Innenausschusses Rechnung getragen. Ich will die Möglichkeit der Überleitung von Gemeinderäten und Bürgermeistern zu künftigen Ortschaftsräten und Ortschaftsbürgermeistern oder auch

die Entsendung von zusätzlichen Gemeinderatsmitgliedern aus den Ortschaften als Beispiele nennen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies bietet mir die Gelegenheit, Ihnen allen, aber insbesondere den Mitgliedern des Ausschusses für Inneres für die gute und zielorientierte Arbeit zu danken. Während die Diskussion zu Beginn der Gemeindegebietsreform teilweise noch hochemotional geführt worden ist - viele von uns werden sich daran erinnern -, entwickelte sich im Fortgang der Beratungen eine äußerst sachlich geprägte Atmosphäre, die in den konstruktiven Beratungen des Innenausschusses während der Klausurtagung vor wenigen Tagen in Letzlingen ihren aus meiner Sicht positiven Höhepunkt fand.

(Zuruf von der FDP: Aha!)

Von Anfang an ging es darum, eine Gemeindegebietsreform Realität werden zu lassen, die die kommunale Selbstverwaltung zukunftsfähig macht und längerfristig Bestand haben wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, um dieses Ziel habe ich sehr gern mit Ihnen gestritten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Bereits bei der Einbringung der heute zur Beschlussfassung anstehenden Gesetzentwürfe im Februar 2010 hatte ich erwähnt, dass sich im Verlauf der freiwilligen Phase der Gemeindegebietsreform, die bis Mitte des vergangenen Jahres andauerte, mehr als 830 Gemeinden zu leitbildgerechten Strukturen zusammengefunden haben. Ich sage nach wie vor: ein Erfolg. Auch nach dem 30. Juni 2009 gab es weitere freiwillige Zusammenschlüsse auf der Grundlage von Gebietsänderungsverträgen.

Aber selbst nach dem 18. Februar, dem Tag der Einbringung der Gesetzentwürfe, haben sich noch weitere Gemeinden zu leitbildgerechten Strukturen zusammengeschlossen. Die in der Verwaltungsgemeinschaft Östlicher Saalkreis gelegene Gemeinde Braschwitz hat sich mit Wirkung zum 20. April 2010 in die Stadt Landsberg eingemeinden lassen und die im Landkreis Stendal gelegene Gemeinde Vinzelberg mit Wirkung vom 29. April 2010 in die Hansestadt Stendal.

Besondere Erwähnung verdienen die 19 Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft TangerhütteLand, die sich mit Wirkung vom 31. Mai 2010, also gerade erst vor wenigen Tagen, zur Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte zusammengefunden haben.

Somit entscheiden Sie mit der Beschlussfassung über die elf Gesetzentwürfe über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt über die gesetzliche Zuordnung von 129 Gemeinden.

Ab dem 1. Januar 2011, dem Zeitpunkt, zu dem die letzten gesetzlichen Zuordnungen wirksam werden, wird es damit in Sachsen-Anhalt 219 Gemeinden geben, davon 104 Einheitsgemeinden und 18 Verbandsgemeinden mit insgesamt 115 Mitgliedsgemeinden.

In den Gemeinden, die von der gesetzlichen Regelung betroffen sind, leben mit Stand vom 31. Dezember 2008 insgesamt 113 290 Bürgerinnen und Bürger.