Protocol of the Session on June 18, 2010

(Zurufe von der LINKEN: Das ist gefährlich! - Das darf man nicht! - Zurufe von der CDU)

- Ach, das darf man nicht. Schön, dass Sie mich da ein Stückchen belehren. - Ich will Ihnen nur sagen, dass derjenige, der mit offenen Augen durch unser Land fährt, sieht, dass in den letzten 20 Jahren eine mehr als positive Entwicklung stattgefunden hat. Wenn wir 20 Jahre länger unter Ihrer Regierung hätten leben müssen, dann hätten wir nicht nur Lebensmittelmarken, sondern auch Buden.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei der LINKEN)

Der Stadtumbau in Sachsen-Anhalt zielte - auch gestützt auf die Internationale Bauausstellung IBA - gerade wegen der demografischen Entwicklung auf eine nachhaltige Entwicklung der Städte und der Stadt-Umland-Beziehungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen nicht, dass die Städtebauförderung zukünftig durch ungelöste Altschuldenprobleme der Wohnungsunternehmen beim Abriss von Wohnraumleerstand gefährdet wird. Deswegen müssen wir hier zu einer Regelung kommen. Das ist klar. Es ist notwendig, dass die Bundesregierung jetzt die notwendigen Vorkehrungen trifft, um den bisher erfolgreichen Stadtumbau in Ostdeutschland zukünftig nicht zu gefährden.

Die Koalition ist sich des Problems Altschuldenhilfe sehr bewusst und handelt entschlossen. Die Landesregierung steht mit dem Bundesverkehrsministerium in Verhandlungen. Der Minister hat bereits erwähnt, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, auf dessen Grundlage ein Konzept zur zukünftigen Regelung der Altschuldenhilfe erarbeitet werden soll. Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hinweisen, dass mit Halle und Stendal sachsen-anhaltische Städte Teil der Studie sein werden. Eine tragfähige Lösung beim Thema Altschuldenhilfe wäre im Übrigen auch eine

Würdigung des in den vergangenen Jahren gemeinsam Errichteten.

Ich bitte um eine Überweisung in den Ausschuss, um das Verfahren erörtern zu können. Herr Henke, vielleicht gelingt Ihnen dann der steile Aufschwung nach oben. Dann darf ich Sie demnächst als Fraktionsführer der LINKEN ansprechen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Wir kommen dann zu dem Debattenbeitrag der LINKEN. Herr Henke, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Scheurell, ich kann Ihnen eines versprechen: Personalangelegenheiten klären wir unter uns. Das ist das Erste.

(Frau Weiß, CDU: Ach, schade!)

Das Zweite. Ich möchte noch einmal die Lektüre des Antragstextes empfehlen.

(Unruhe bei der CDU)

Dort steht wörtlich: weiterer Erfolg des Stadtumbaus Ost erfordert Altschuldenentlastung. Im Antrag ist nichts schlechtgeredet worden. Ich weiß auch nicht - abgesehen von den Ausführungen von Herrn Dr. Schrader -, wo wir auf der Grundlage dieses doch außerordentlich freundlich und einfühlsam formulierten Antragstextes nun irgendwo nicht übereinkommen könnten.

(Herr Scheurell, CDU: Der Antragstext war toll! Die Ausführung nicht!)

Ich meine, wenn die Opposition darum bittet, dass die Koalition ihre Selbstverpflichtung erfüllen möge, dann ist das doch eine schöne Sache. Ich wundere mich, dass Sie nicht die Größe haben, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich hätte es einen gewissen Charme, den von Ihnen und vom Herrn Minister angekündigten Bericht abzuwarten und zu besprechen. Aber was hindert Sie daran, jetzt und hier ein ganz konkretes Bekenntnis abzugeben und eine politische Stärkung unserer Landesregierung zu beschließen? Trotz des Beschlusses könnten wir uns nach dem Vorliegen des Gutachtens im Herbst im Ausschuss im Rahmen der Selbstbefassung damit auseinandersetzen. In diesem Sinne werbe ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Übereinstimmung über die Drs. 5/2641. Es ist eine Überweisung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr beantragt worden.

Darüber lasse ich abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei den Koalitionsfraktionen und bei der FDP. Wer lehnt die Ausschussüberweisung ab? - Ablehnung bei der Fraktion DIE LINKE. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Ausschussüberweisung zugestimmt worden und wir können den Tagesordnungspunkt 28 verlassen

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung

Besteuerung von vertraglichen Landeszuschüssen von Naturparken

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2642

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Grünert von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Grünert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anders als in vielen anderen Bundesländern wurde in Sachsen-Anhalt der Vertragsnaturschutz in Naturparken eingetragenen gemeinnützigen Vereinen übertragen. Die Naturparke des Landes Sachsen-Anhalt unterliegen somit vertraglichen Bindungen mit dem Land, in denen sie sich zu vereinbarten Naturschutzaufgaben verpflichten. Diese langfristigen Vertragswerke von 2007 sind für alle fünf Naturparke des Landes vom Grundsatz her identisch. Für die Erfüllung dieser umfangreichen Aufgaben erhalten die Vereine vertraglich festgesetzte Finanzmittel.

Im Finanzamt Dessau-Roßlau liegen seit dem Frühjahr 2009 die Haushaltsunterlagen für die Jahre 2005 bis 2007 sowie für das Jahr 2008 und mittlerweile auch für das Jahr 2009 des Naturparks Fläming zur Prüfung vor. Anders als andere Finanzämter vertritt das Finanzamt Dessau-Roßlau den Standpunkt, dass Zuschüsse des Landes einen Leistungsaustausch bedeuten würden und damit steuerbar, also umsatzsteuerpflichtig seien. In einem Schreiben vom 31. März 2009 heißt es dazu wie folgt:

„Die Aufgaben des Naturschutzes im Naturpark sind grundsätzlich dem Land vorbehalten. Überträgt das Land diese Aufgabe an eine andere Person und zahlt hierfür entsprechende Zuwendungen, ist ein Leistungsaustausch gegeben. Die Zuwendung des Landesverwaltungsamtes muss der Verein im Zweckbetrieb erfassen und der Umsatzsteuer in Höhe von 7 % unterwerfen. Im Gegenzug ist ein Vorsteuerabzug möglich für Aufwendungen, die mit den steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen.“

Dieser Auffassung stehen vielfältig praktizierte Verfahren in anderen Bereichen gegenüber, die diese Zuschüsse als so genannte echte, nichtsteuerbare Zuschüsse definieren. Des Weiteren verkennt das Finanzamt DessauRoßlau, dass die getätigten Zahlungen des Landes dazu dienen, den Verein in die Lage zu versetzen, durch seine Tätigkeit die obliegenden vertraglichen Aufgaben überhaupt erfüllen zu können. Von diesen Zuschüssen werden geringfügige Personalkosten sowie notwendige Sachkosten, wie beispielsweise für Miete, Bürobedarf und Öffentlichkeitsarbeit beglichen.

Über das Personal werden die vertraglichen Zielstellungen über Projekterarbeitungen in Verbindung mit verschiedenen Fördermitteln getätigt und beantragt, unter anderem auch zu ELER- und in Umsetzung von ILEKProgrammen. Mit diesem Personaleinsatz arbeiten die Naturparke auf dem untersten Level, vergleicht man die

Aufwendungen des Landes mit denen für den staatlich betriebenen Naturpark Drömling.

Folgt man also der Argumentation des Finanzamtes Dessau-Roßlau, wären durch die Einbeziehung der steuerbaren Zuschüsse, würde die Umsatzsteuer sofort abgeführt, alle Naturparke in ihrer Existenz bedroht. Allein für den Naturpark Fläming würde ein Zahlbetrag von rund 27 000 € - das entspricht einer Umsatzsteuerpflicht von 7 % - für die Jahre 2005 bis 2009 fällig werden. Dieser Betrag würde den vorhandenen Kassenbestand erheblich überschreiten und bei Zahlung zur sofortigen Handlungsunfähigkeit führen. Das würde bedeuten, dass das Land diese Aufgabe dann selbst erfüllen müsste. Der Landeshaushalt sieht dafür jedoch keinerlei adäquate Sach- und Personalkosten vor.

Gleichzeitig hängen von der abschließenden Beurteilung der steuerrechtlichen Einordnung auch die Gemeinnützigkeit des Vereins und das Recht auf die Entgegennahme von Strafgeldern aus Verurteilungen ab.

Dieser von mir dargestellte Sachverhalt ist dem Finanzministerium und dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt seit März 2009 bekannt. Trotz mehrfacher Interventionen gibt es bis zum heutigen Tag keinerlei Einigung über die abschließende steuerrechtliche Beurteilung des beschriebenen Sachverhalts.

Mittlerweile habe ich auch von meinem Petitionsrecht Gebrauch gemacht. Was ich jedoch seit Dezember 2009 erleben durfte, ist gelinde ausgedrückt - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck -Beamten-Pingpong.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt wollte den Sachvortrag juristisch prüfen lassen. Das Ergebnis lautet wie folgt: Das Landesverwaltungsamt prüft die Vertragswerke mit den Naturparken nur in ihrer Rechtsnatur, nicht jedoch unter steuerrechtlichen Aspekten.

Das Finanzministerium teilt mit, dass - ich zitiere - die Prüfung nach wie vor nicht abgeschlossen sei und womöglich erst im Juli oder August 2010 mit einem Ergebnis zu rechnen sei. Es wartet das Ergebnis der Beratungen des Petitionsausschusses ab. - Na prima!

Des Weiteren wird die Verantwortung an den Verein delegiert, der hinsichtlich der steuerlichen Bewertung selbst verantwortlich sei. Sollte er sich eines Steuerberaters bedienen - wer übernimmt dafür eigentlich die Kosten? -, könnte es trotzdem zu unterschiedlichen Auslegungen kommen usw. usf.

Fakt ist, seit rund einem Dreivierteljahr bemühen sich Beamte beider Ministerien und kommen zu keiner Einigung. Unter Effizienz verstehe ich - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck - etwas anderes.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE - Herr Gürth, CDU: Was ist der Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität?)

- Herr Gürth, entschuldigen Sie bitte, ich habe in der Schule gelernt, dass man zuhören muss, wenn jemand redet. Offensichtlich haben Sie das vergessen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das war eine andere Schule!)

- Ja, das glaube ich auch. Ansonsten sollte man darüber reden.

Wenn die zu großen Teilen ehrenamtlich Tätigen der Naturparke eine ähnliche Arbeitsintensität an den Tag legen würden, hätten wir eine drastische Zunahme

urbaner Urwälder. Ob diese Naturparke dann durch Vereine zu bewirtschaften wären, bleibt dem nächsten Kapitel der rechtlichen und steuerrechtlichen Bewertung anheim gestellt. - Entschuldigen Sie bitte diesen zynischen Ausdruck, aber ich denke, er macht das Problem deutlich.

Meine Damen und Herren! Ich bitte abschließend im Interesse der Arbeit der Naturparke unseres Landes um eine zügige Bearbeitung dieses Problem in den zuständigen Ministerien.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es kann nicht sein, dass sich das Land eines Dienstleisters bedient und die gemessen am Aufgabenbestand spärlichen Zuschüsse auf dem Umweg über die Erhebung der Umsatzsteuer um fast die Hälfte reduziert. Inwieweit diese Problematik auch andere Vereine, die im Auftrag des Landes wichtige Aufgaben erfüllen, betrifft, sollte in den jeweiligen Fachausschüssen hinterfragt werden.