Protocol of the Session on June 18, 2010

Ich kenne auch ein paar Leute und ich kenne solche Beispiele. Aber ich habe immer wieder gesagt: An diesen Einzelbeispielen ein ganzes Gesetz hochzuziehen, für diese Einzelbeispiele ein Gesetz zu machen, das ist ein Problem.

Das ist eine ähnliche Diskussion wie beim Schwangerschaftsabbruch, als man gesagt hat: Wenn man das generell freigibt, dann könnte doch jemand noch im neunten Monat einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Da frage ich: Wer macht denn so etwas? Wo ist denn dieses Problem wirklich vorhanden?

Das ist in diesem Fall genau das Gleiche: Wo ist denn das Problem wirklich so massiv vorhanden? Für 1 %, 2 % oder auch 3 % der Bevölkerung - selbst wenn es 5 % wären - ein Gesetz zu machen, dem alle anderen, die übrigen 95 %, ebenfalls unterliegen, das halte ich für problematisch. Dagegen sind wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich denke schon, dass wir diskutieren sollten. Es mag sein, dass die Bedingungen zunächst ein Stück weit festgeklopft sind, aber sie sind nicht in Stein gemeißelt. Deshalb bitte ich um die Überweisung des Antrages oder um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit ist die Debatte beendet. - Wir stimmen über die Drs. 5/2644 ab. Ich habe eine ganze Anzahl von Überweisungswünschen gehört. Gibt es Widerspruch dagegen, dass der Antrag an den Wirtschaftsausschuss überwiesen wird?

(Zuruf: Ja!)

- Es gibt Widerspruch. Dann stimmen wir ab.

Wer für die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Antragsteller und die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Antrag an den Ausschuss überwiesen worden und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 31.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu den letzten sechs Tagesordnungspunkten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Zweite Beratung

Stabilisierung und Stärkung der finanziellen Situation der Landkreise

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1456

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/2626

Die erste Beratung fand in der 44. Sitzung des Landtages am 12. September 2008 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Hartung. Bitte schön. Es ist eine Dreiminutendebatte vereinbart worden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/1456 hat der Landtag in der 44. Sitzung am 12. September 2008 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Mit der Mitberatung wurde der Ausschuss für Finanzen beauftragt.

Der Ausschuss für Inneres befasste sich in der 46. Sitzung am 18. Dezember 2008 mit diesem Antrag und beschloss, ihn im Zusammenhang mit der FAG-Novelle weiter zu behandeln. Einen umfangreichen Bericht zum Stand der FAG-Novelle erhielt der Ausschuss vom Ministerium des Innern in der 49. Sitzung am 5. März 2009.

In der Sitzung am 26. November 2009 befasste sich der Innenausschuss erneut mit dem in Rede stehenden Antrag der Fraktion DIE LINKE und mit dem Entwurf eines Finanzausgleichsgesetzes. In der darauf folgenden Sitzung am 2. Dezember 2009 erarbeitete er eine vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss für Finanzen und empfahl, den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/1456 für erledigt zu erklären, weil er im Zusammenhang mit dem Entwurf eines Finanzausgleichsgesetzes mehrmals beraten worden ist und sich aus der Sicht der Fraktion DIE LINKE die Sachlage weder erledigt hatte noch abschließend beraten worden war.

Der Ausschuss für Finanzen schloss sich in der 91. Sitzung mit 8 : 2 : 0 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Innenausschusses an.

In der 75. Sitzung am 3. Juni 2010 befasste sich der Innenausschuss abschließend mit diesem Thema und beschloss mit 8 : 0 : 3 Stimmen, den Antrag für erledigt zu erklären. Er sieht von einer Weiterberatung des Antrages in dieser Wahlperiode aufgrund des erst kürzlich beschlossenen Finanzausgleichsgesetzes ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich um die Annahme der Beschlussempfehlung in der Drs. 5/2626. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank für die Berichterstattung, Herr Hartung. - Die Landesregierung verzichtet auf einen Redebeitrag. Wir kommen damit zu den Debattenbeiträgen. Für die FDP-Fraktion hat Herr Kosmehl das Wort, wenn er es wünscht.

Selbstverständlich, Herr Präsident.

Ich habe es nicht anders erwartet.

Ich werde auch der Versuchung widerstehen, meine Rede zu Protokoll zu geben.

Das hätte ich auch nicht erwartet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich finde es schade, dass Sie auf einen Redebeitrag verzichten; denn Sie hätten, denke ich, einige gute Faktoren nennen können. Normalerweise hätten Sie das auch getan. Vielleicht ist es doch dem Zeitmanagement geschuldet, dass Sie es nicht tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle zwei Dinge sagen. Zum einen bleibt es bei der grundsätzlichen Kritik der FDP-Fraktion, dass das verabschiedete Finanzausgleichsgesetz, mit dem sich dieser Antrag de facto erledigt hat, in seinem Volumen zu gering ist, ganz klar zu gering ist. Wir sehen es an der Finanzausstattung der Kommunen, insbesondere der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt sehr deutlich, dass es zu Verschiebungen kommt und dass die Situation, die die Gemeinden jetzt auszuhalten haben, auch in den nächsten Jahren schwierig sein wird.

Im Vorgriff auf das Jahr 2012, wenn wir alle ein neues Finanzausgleichsgesetz auf den Weg bringen müssen, kann ich alle Kollegen nur herzlich bitten, noch einmal in sich zu gehen und es ernst zu nehmen. Die Aufgabenübertragung und die Auftragskostenerstattung müssen dann tatsächlich vollumfänglich erfolgen. Ich bin mir sicher, dass wir dann auch eine höhere Finanzausgleichsmasse bekommen.

Der Grund dafür, dass ich dachte, dass Sie, Herr Minister, dazu reden, ist eine Übersicht, die uns der Landkreistag zur Verfügung gestellt hat. Das will ich durchaus sagen, weil ich hinsichtlich der Frage der Kreisumlage immer ein Skeptiker war. Dazu gab es diesen netten Antrag der Koalitionsfraktionen: Man gehe davon aus, dass die Kreisumlage gesenkt werde und dass damit eine Entlastung der kreisangehörigen Gemeinden erfolge.

Meine Damen und Herren! Wir können nach dieser ersten Zusammenstellung des Landkreistages tatsächlich feststellen, dass die überwiegende Zahl der Landkreise die Kreisumlage zum Teil sehr deutlich gesenkt hat; lediglich die Landkreise Mansfeld-Südharz und Jerichower Land haben die Kreisumlage in gleicher Höhe gehalten. Das hätte ich nicht erwartet, aber wir nehmen es zur Kenntnis.

Insofern, meine sehr geehrten Damen und Herren, scheint sich die finanzielle Situation der Landkreise zu entspannen, aber die der kreisangehörigen Gemeinden noch lange nicht. Daran müssen wir weiter arbeiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Vielen Dank für Ihren Redebeitrag, Herr Kosmehl. - Die SPD-Fraktion verzichtet auf Ihren Redebeitrag. Wir kommen dann zum Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Herr Grünert erhält das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit 432 € je Einwohner waren die Landkreise in Sachsen-Anhalt zum 31. Dezember 2008 im Vergleich der Landkreise aller Bundesländer am zweithöchsten verschuldet.

Mit dem Antrag zur Stabilisierung und Stärkung der finanziellen Situation der Landkreise in der Drs. 5/1456 ist die Landesregierung bereits im September 2008 aufgefordert worden, ein Konzept zu erarbeiten, wie die finanzielle Situation der Landkreise stabilisiert und verbessert werden kann. Lösungsvorschläge für die hohe Verschuldung und die enormen Kassenkredite wurden erwartet.

Zwar wurde Ende 2009 ein neues Finanzausgleichsgesetz verabschiedet, doch, wie in der Beschlussempfehlung des Innenausschusses bereits dargestellt, ist aus der Sicht meiner Fraktion die Sachlage weder inhaltlich erledigt noch abschließend beraten worden. Das Finanzausgleichsgesetz - das wissen Sie genau - hat genau an der Stelle, an der es um die aufgabengerechte Finanzierung ging, eine Kehrtwendung gemacht, weil man mitgekriegt hatte, dass die finanziellen Mittel nicht vorhanden sind. Man musste im Prinzip eine Möglichkeit finden, um das zu deckeln. Mit der politischen Deckelung fangen die Probleme an.

Vergleicht man die Festsetzung der FAG-Leistungen vom 26. Februar 2009 für das Jahr 2009 mit der vorläufigen Festsetzung vom 5. Februar 2010 für das Jahr 2010, so stellt man zunächst fest, dass die geplanten Zuweisungen um rund 175 Millionen € sinken. Betrachtet man die kommunalen Gruppen, dann bedeutet dies, dass die kreisfreien Städte rund 39 Millionen € weniger, die kreisangehörigen Gemeinden rund 123 Millionen € weniger und die Landkreise rund 13 Millionen € weniger erhalten sollten - so die Antwort der Landesregierung in der Drs. 5/2458.

Weil Fehlbeträge aus Vorjahren im Rahmen der Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes beiderseitig keine Berücksichtigung gefunden haben, stellen sie gegenwärtig eine erhebliche Belastung für die kommunalen Haushalte dar. So betrug der Fehlbetrag der Verwaltungshaushalte aller Landkreise zum 31. Dezember 2009 rund 139 Millionen €. Mit Stand vom 26. Mai 2010 ging der Landkreistag in diesem Bereich von einem Fehlbetrag in Höhe von mehr als 177 Millionen € für das Jahr 2010 aus.

Diese Fehlbeträge sind ursächlich für die weiteren erheblichen Kassenkredite. Betrug der Stand der Kassenkredite in Summe zum 31. Dezember 2009 bereits 326 Millionen €, so stieg diese Summe zum 31. März 2010 auf rund 348 Millionen €.

Schaut man zurück auf die in den vergangen Wochen und Monaten erfolgten Haushaltsplanaufstellungen in den Landkreisen, so ist feststellbar, dass bei wichtigen Ausgabenpositionen der öffentlichen Daseinsvorsorge die notwendigen Aufwendungen erheblich steigen. Dies betrifft Bereiche wie Sekundarschulen, Gymnasien, Schülerbeförderung, Hilfen zur Erziehung, Kinderförderung, Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter. Infolge der rückläufigen Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung vergrößern sich die Ausgaben, sodass für die Landkreise eine weitere zu bewältigende Deckungslücke klafft.

Große haushalterische Probleme haben auch die kreisfreien Städte und die kreisangehörigen Gemeinden. Der Finanzierungssaldo wies zum 31. März 2010 für die kreisangehörigen Gemeinden Defizite in Höhe von mehr als 111 Millionen € und für die kreisfreien Städte in Höhe von mehr als 59 Millionen € aus. Sinkende Steuereinnahmen verschärfen vielfach aktuelle Problemlagen. Die Haushaltsaufstellung vor Ort wird insofern immer schwie

riger und ein Haushaltsausgleich ist häufig nur noch mit drastischen Kürzungen zu realisieren.

Insofern - ich komme zum Schluss - kann man hier nicht davon sprechen, dass mit dem Finanzausgleichsgesetz diese Situation regelhaft verändert oder verbessert worden ist. Auch die prozentuale Absenkung der Kreisumlagesätze ist kein Beweis dafür, dass die Rückgänge absolut, in Summe, letztlich erfolgt sind.

Genau an dieser Stelle entsteht im Prinzip das Problem, dass wir mit der Gemeindegebietsreform und der nicht auskömmlichen Finanzierung Schwierigkeiten haben, denen wir uns stellen müssen. Ich glaube schon, dass der Landtag in der Lage gewesen wäre, mit einem Nachtragshaushalt gegenzusteuern. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war der Beitrag von Herrn Grünert für die Fraktion DIE LINKE. - Die CDU verzichtet?

(Herr Stahlknecht, CDU: Herr Präsident, ich ver- zichte!)