Protocol of the Session on June 18, 2010

Bei der Entwicklung des Wirtschaftswachstums, bei der BIP-Entwicklung und beim Abbau der Arbeitslosigkeit sind wir auf Platz 2. Das ist das wichtigste Ziel. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung waren wir auf Platz 1 beim Aufbau der Arbeitslosigkeit. Wenn also die Richtung nicht stimmt und das nicht nachhaltig ist, dann muss ich Sorge haben, wenn Sie wieder bestimmen wollen, wo es langgehen soll.

Schauen wir uns einmal die anderen Daten an, wie den Zuwachs an Kaufkraft. Schauen wir uns bei den Themen, die wichtig sind, den Bereich Bildung an. Beim Schüler-Lehrer-Verhältnis gibt es in ganz Deutschland nur eine einzige Region, die besser ist als wir. Wir sind auf Platz 2. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit seit 1991 erreicht. Und wir sind bei der Ansiedlung von Großprojekten, also bei Investitionen von über 50 Millionen €, auf Platz 1. Darauf können wir stolz sein. Ich kann dem Minister, den Ministerien und all denjenigen, die in den letzten Jahren mitgewirkt haben, dazu gratulieren und hoffe, dass der Erfolg weiter anhält.

(Zustimmung bei der CDU)

An dieser Stelle muss man auch fragen: Wo sind wir denn vor einigen Jahren gestartet? Es ist nicht so, dass wir immer hier regiert haben. Wir hatten genau acht Jahre lang eine CDU-geführte Landesregierung. Diese CDU-geführte Landesregierung hat mit einem radikalen Kurswechsel begonnen, und zwar in die richtige Richtung. Dieser Kurswechsel ist auch bitter nötig gewesen.

(Herr Kosmehl, FDP: Wer war es?)

Wir haben ihn mit den Liberalen eingeleitet und haben ihn gut vorangebracht.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Wir haben gute Erfolge mit unserem sozialdemokratischen Koalitionspartner und können von diesen Erfolgen auch voller Stolz berichten. Aber wie sah es denn vor dem Regierungswechsel aus? Wenige Fakten dazu: Wir hatten innerhalb der acht Jahre, in denen die LINKEN bestimmt haben, wo es langgeht, eine Verdopplung der

Schuldenlast; wir hatten die höchste Arbeitslosenquote in ganz Deutschland.

(Zurufe von der LINKEN)

Die Anzahl der Sozialhilfeempfänger stieg um 75 %. Ich will nicht noch andere Dinge zitieren, und schon gar nichts von dem, was wir einmal zusammengetragen haben.

Last, but not least noch eines: Das, was man damals in den Medien lesen konnte, war wie Kugeln am Bein beim Start einer Olympiade. Denn das Image, das Sie hier erwirtschaftet haben, musste man erst einmal abbauen.

(Zurufe von Herrn Tögel, SPD, und von Frau Dir- lich, DIE LINKE)

Die Vertreter der Wirtschaft - es war im „Focus“, im „Spiegel“ und überall nachzulesen -

(Zuruf von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

hatten sich in einem Brief zum Kurswechsel an den Ministerpräsidenten gewandt. Im „Focus“ stand damals: „Aufstand der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt“.

(Oh! bei der LINKEN)

Es wurden die Daten zitiert und man kam zu dem Schluss, es könne so nicht weitergehen.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Es waren nicht Politiker. Es war der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn. Es war der Direktor der Landeszentralbank, es war der Direktor der Bank 24, es waren Wirtschaftsforscher, es war der Präsident des IWH und verschiedene andere mehr.

Dass wir diese traurige Bilanz von damals abgelegt haben und dass wir heute da stehen, wo wir sind, ist eine tolle Leistung; darauf können wir stolz sein.

(Zustimmung bei der CDU - Oh! bei der LINKEN)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. Das ist nämlich mein Schlusssatz, verehrte Präsidentin. - Sie schreiben im letzten Satz Ihrer Begründung

(Herr Gallert, DIE LINKE: Mann, Mann, Mann!)

- es tut weh, ich weiß, aber Wahrheit tut manchmal weh -:

„Die Fraktion DIE LINKE möchte mit dem vorliegenden Antrag die Rahmenbedingungen für die geplanten Änderungen definieren.“

Ich weiß nicht, ob das eine Drohung war und ob wir Sorge haben müssen.

(Zurufe von der LINKEN)

Deswegen lehnen wir diesen Antrag nicht ab. Wir überweisen ihn in den Ausschuss und dort unterhalten wir uns. Ich bin sicher, dann kommen auch Sie zu anderen Schlussfolgerungen und werden uns weiterhin unterstützen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der LINKEN)

Herr Dr. Thiel kann erwidern.

Meine Damen und Herren! Das reizt zum Widerspruch auch zu dieser späten Stunde. Ich merke, lieber Herr Kollege Gürth, an Ihren Ausführungen, dass unser Antrag bitter notwendig war,

(Beifall bei der LINKEN - Frau Bull, DIE LINKE: So gereizt!)

um über die Dinge noch einmal zu sprechen. Schade, dass ich vor dem Jahr 2002 nicht dabei war, um das zu erleben.

(Herr Gürth, CDU: Da war noch Stimmung im Hause!)

Ich bedauere das wirklich, aber okay. Die Stimmung gab es. Aber Sie haben es schon richtig beschrieben: Wer hat denn damals die Stimmung gemacht?

(Beifall bei der LINKEN)

Wer hat sich damals von gefühlten Erwartungen leiten lassen?

(Herr Gürth, CDU: Sie!)

Es waren die, die sich auch heute von gefühlten Erwartungen leiten lassen. Ich habe Herrn Haseloff die Statistiken aus den Jahren 2001 und 2002 gerade gegeben. Darin sehen Sie, dass das im Jahr 2002 hochschoss. Aber nicht deshalb, weil Sie seit Juli bzw. April an der Macht waren - das waren Dinge, die vorher gelaufen sind.

(Herr Gürth, CDU: Weil alle wussten, jetzt kommt es anders! - Minister Herr Dr. Haseloff: In der Er- wartung des Wechsels! - Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der LINKEN)

- Lieber Herr Haseloff, in der Erwartung des Wechsels - darüber kann ich nur müde lächeln.

(Herr Dr. Schrader, FDP: Gar nicht alles ausge- geben; zurückgeflossen nach Brüssel!)

- Ja, wie gesagt, ich war 2001 nicht dabei.

Zu dem Vorwurf von Ihnen, Herr Gürth und Herr Haseloff, wir redeten das Land schlecht:

(Herr Gürth, CDU: Das habe ich nicht gesagt. - Zuruf von der LINKEN: Doch!)

Wir reden nicht das Land schlecht, sondern wir reden über schlechte Politik, die an der Stelle gemacht wird. Es ist durchaus gerechtfertigt, Herr Minister, dass Sie sagen, warum die Unternehmen zu uns gekommen sind und warum wir an dieser Stelle einen Standortvorteil haben. Sie haben auch die Gründe genannt. Ich habe auch vorhin versucht, zu erklären, wie wir das sehen. Ich als linker Wirtschaftspolitiker sehe sowohl die Unternehmerschaft als auch die Beschäftigten in ihrem Agieren.

(Beifall bei der LINKEN)

An dieser Stelle gibt es noch Widersprüche. Mancher in den Betrieben - das ist nicht nur in Sachsen-Anhalt so, sondern im Osten generell - fragt sich, wenn er die Zahlen sieht: Ist es an mir vorbeigegangen? Habe ich etwas verpasst? Wie stehe ich eigentlich da? Daher kann es durchaus spannend sein, wenn man im Ausschuss über diese Dinge diskutiert. Wir sind sozusagen alle dabei,

wenn erfolgreiche Investitionen laufen, wenn investiert wird. Trotzdem muss man sich die Frage stellen, wie nachhaltig es an dieser Stelle ist.