Protocol of the Session on June 17, 2010

Kleingedruckten ansehen müssten. Vielleicht müssen wir uns auch, Frau Kollegin Hüskens, die Definition bezüglich der wirtschaftlichen Missverhältnisse ansehen. Es gibt dazu zwar bundespolitische Verabredungen, aber wenn wir dafür eindeutige und klarere Formulierungen finden, dann kommen wir an dieser Stelle vielleicht etwas weiter.

Langer Rede kurzer Sinn: Es ist an dieser Stelle ein erster Schritt. Es ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir werden das Land damit nicht voranbringen, aber wir zeigen in der landespolitischen Debatte, dass wir es mit einer Konsolidierung ernst meinen.

(Lachen bei der FDP - Zuruf von Frau Knöfler, fraktionslos)

Wenn wir die Änderung der Verfassung in den nächsten Jahren und Monaten gemeinsam hinbekommen, dann haben wir, so denke ich, das Ende dieses Weges erreicht,

(Herr Kley, FDP: Ah! - Herr Kosmehl, FDP: 21. März!)

sodass wir sagen können, wir haben dem Schuldenmachen in diesem Land ein Stoppzeichen gesetzt, haben es verhindert. Das sollte unser Ziel sein. - Vielen Dank

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Abgeordneter Herr Tullner. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Dr. Klein.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss schon sagen, Herr Minister, Frau Dr. Hüskens, Herr Tullner, der europäische Blick auf die Schuldenbremse hat mich etwas verwundert. Die Maastricht-Kriterien haben in der Föderalismuskommission II zwar eine gewisse Rolle gespielt, aber eben nur eine gewisse Rolle.

Ich glaube nicht, dass sich die Spekulanten, die auf griechische Staatsanleihen gewettet haben und die jetzt auf spanische, portugiesische und italienische Staatsanleihen wetten, nun durch eine Schuldenbremse in Sachsen-Anhalt davon abhalten lassen, weiterhin Kasino zu spielen.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Frau Dr. Hüs- kens, FDP)

- Frau Dr. Hüskens, ich komme noch auf die Verantwortungslosigkeit der Linken zu sprechen, die meinen, die Parlamentarier müssten eine gewisse Entscheidungsrolle spielen.

Es ist schon erstaunlich, wie sich die Zeiten geändert haben. Vor drei Jahren hat die FDP einen entsprechenden Antrag eingebracht.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: So schlecht war er nicht!)

- Der war noch ein bisschen schärfer. Naturkatastrophen und konjunkturelle Schwankungen spielten keine Rolle - da muss man durch. - Interessant waren jedoch die Antworten der Koalitionäre und die Antworten des Finanzministers, der damals übrigens hellseherische Fähigkeiten bewiesen hat: Er hat die neuen Schulden vorausgesehen, allerdings ein Jahr früher. Er sprach im Jahr 2007 davon: Nun stellen wir uns einmal unsere

Haushaltssituation vor, wenn in zwei Jahren die Steuereinnahmen wegbrechen würden.

Es ist nun ein Jahr später gekommen. Es ist schlimm genug, dass es gekommen ist. Jedenfalls hat er aus diesem Grund damals die Änderung der Landeshaushaltsordnung abgelehnt. Inzwischen haben wir wieder neue Schulden und uns liegt nun ein Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Landeshaushaltsordnung vor.

(Herr Gürth, CDU: Wenn es nach Ihnen gegan- gen wäre, hätten wir noch mehr Schulden!)

- Herr Gürth, Sie wissen doch, dass Ihre Zwischenrufe sowieso nicht im Protokoll erscheinen; die können Sie sich also sparen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Aber seine Funktionszulage scheint da- von abzuhängen! - Oh! bei der CDU - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Wir haben uns bereits während der Diskussion zur Föderalismusreform II gegen die Verankerung einer Schuldenbremse bzw. eines Schuldenverbots ausgesprochen und bleiben auch jetzt dabei: Die Verankerung des Schuldenverbots ist eine falsche Weichenstellung.

Bisher war der Zweck der Finanzverfassung der, den öffentlichen Aufgaben eine nach politischer Prioritätensetzung angemessene Ausstattung zu sichern. Jetzt steht die Haushaltsstabilität vor gesellschaftlicher Stabilität und der Abbau der Nettoneuverschuldung ist durch die Schuldenbremse nun zu einem Staatsziel geworden, auch mit dem Grundgesetz.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Tullner, CDU: Ganz genau!)

- Ich weiß nicht, ob das beklatschenswürdig ist. Herr Tullner, vor drei Jahren hatten Sie dazu noch eine andere Auffassung.

Die Entscheidung, ob neue Schulden aufgenommen werden oder nicht, muss eine politische Entscheidung sein und bleiben. Damit befürworten wir nicht - ich betone ausdrücklich: nicht - eine Neuverschuldung ohne Wenn und Aber. Aber Entscheidungen für oder gegen bestimmte Ausgaben sollten nach wie vor vom Parlament getroffen werden.

(Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE, und von Herrn Höhn, DIE LINKE)

Warum ist diese Auffassung unverantwortlich, Herr Tullner? - Mit der Verankerung eines Schuldenverbots in der Landeshaushaltsordnung macht man sich als Parlamentarier klein, man verzichtet auf Kontrolle, man verzichtet auf eine Debatte. Es ist schon schlimm genug, dass vieles am Parlament vorbei passiert.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: Selbstschutz vor linker Opposition!)

Ich denke nur daran, dass der Umfang der außerplanmäßigen Ausgaben, die im letzten Jahr selbst am Finanzministerium vorbeigegangen sind, zunehmend gewachsen ist und dass wir erst im Nachhinein überhaupt darüber informiert werden.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Die Umsetzung von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit ist ein schwieriger Prozess, aber wir sollten uns

dem nicht entziehen. Wir sollten wirklich jede Position im Ausschuss und im Parlament hinterfragen und nicht sagen: Regierung, mach mal!

Mit der Verankerung eines Schuldenverbots in der Landeshaushaltsordnung wird den Parlamentariern doch von vornherein ein verantwortungsloses Handeln unterstellt, wie es Herr Tullner gesagt hat.

(Herr Kley, FDP: Verboten wird es ihnen dadurch, das verantwortungslose Handeln!)

- Warum handeln Parlamentarier verantwortungslos?

(Herr Kley, FDP: Wenn sie Schulden für ihre Kin- der aufnehmen, dann ist das nicht mehr verant- wortungsvoll! - Oh! bei der LINKEN)

- Und wir reißen dann, wenn die Nordverlängerung der A 14 fertig ist, diese nach dem Ende der Legislaturperiode wieder ab, weil wir ja unseren Kindern - - Das ist doch eine Investition für die Zukunft.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: Das ist Quatsch! Das wird ja immer blöder! Ent- schuldigung! - Weitere Zurufe)

Die Landesregierung wird künftig Kürzungen vornehmen müssen, die zulasten der Bereiche gehen, über die das Land selbst zu entscheiden hat: Bildung, Wissenschaft, Kultur, Kinderförderung, Schülerbeförderung, Kommunalfinanzen und Wirtschaftsförderung. Sie brauchen sich nur einmal die Streichliste von Schleswig-Holstein anzuschauen - der Finanzminister hat darauf verwiesen -; da bleibt nicht mehr viel von einem Land übrig.

Dazu muss man selbstverständlich sagen: Die Haushaltssituation in Sachsen-Anhalt ist nicht toll. Eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 750 Millionen € und eine geplante globale Minderausgabe in Höhe von 250 Millionen € allein für das Jahr 2010 - wie sie untersetzt wird, wissen wir bis heute nicht - machen die Schwierigkeiten deutlich.

Aber was bitte können die Parlamentarier von SachsenAnhalt dafür, dass die Steuereinnahmen in erheblichen Größenordnungen weggebrochen sind? Ich sage es noch einmal - und mit dieser Auffassung finde ich mich inzwischen in guter Gesellschaft -: Die öffentlichen Haushalte leiden an einem strukturellen Defizit - nicht weil grundsätzlich zu viel ausgegeben wird, sondern weil zu wenig eingenommen wird, um die Aufgaben der öffentlichen Haushalte entsprechend zu finanzieren.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: An mancher Stelle wird zu viel ausgegeben!)

Seit Jahren gibt es eine Steuerpolitik in der Bundesrepublik, die die Besserverdienenden entlastet.

(Herr Kurze, CDU: Wer erzählt denn so etwas? - Herr Gallert, DIE LINKE: Im Grunde genommen jeder, der Ahnung hat! - Herr Gürth, CDU: Wer ist denn der Besserverdienende? Wer ist denn das? - Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Angesichts einer Finanzkrise, in der die Banken mit Mitteln in Höhe von 500 Milliarden € aus dem Staatshaushalt saniert werden, ist es endlich an der Zeit, über ein Steuersystem nachzudenken, das nicht nur mit der Verteilung von unten nach oben aufhört, sondern das auch für genügend Einnahmen sorgt, um die öffentlichen Haushalte angemessen auszustatten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dazu kann die Finanztransaktionssteuer, über die wir morgen beraten werden, sicherlich ein klein wenig beitragen. Aber ein bisschen mehr muss schon noch passieren. Ich nenne hier nur die Stichworte Einkommensteuersatz für Spitzenverdiener, Vermögensteuer und Erbschaftsteuer.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Auf jeden Fall darf nicht über weitere Steuersenkungen nachgedacht werden, denn eines hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gezeigt: Diejenigen, die in den Genuss der Steuersenkungen kommen, investieren nicht. Sie legen ihr Geld in Rendite bringenden Finanzprodukten an und das kurbelt weder die Binnenkonjunktur noch die Wirtschaft als solche an.

Frau Dr. Klein, gestatten Sie eine sofortige Nachfrage des Abgeordneten Herrn Kosmehl?

Nein, hinterher.