Protocol of the Session on April 30, 2010

Die Ressorts werden es sich verbitten, dass es dann einen Supervisor gibt, der sagt: MW, bitte zehn Leute nach links oder rechts. Oder: Das Finanzministerium stellt alle ab und aus der Finanzverwaltung gehen nun freiwillig einige in den Justizbereich oder wie auch immer. Das wird wahrscheinlich gar nicht funktionieren. Es

ist eben nicht so, dass einer an der Schraube dreht und alle machen mit. Die höchste Form des Schraubendrehens wäre es, dass die anderen ihr Personal anbieten, bevor jemand an der Schraube dreht.

Ich denke, wir sind uns darin einig, dass es das nicht geben wird. Dass Sie, das Parlament, das immer wieder ansprechen, ist klar. Dass wir in der Regierung uns bemühen - -

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

- Sie haben doch noch die Hoffnung, dass es anders werden kann, Herr Tullner? Das ist gut.

(Herr Tullner, CDU: Ich habe eine Frage!)

Es ist von der Vorsitzenden der Enquetekommission gerade angesprochen worden: Es gibt auf der einen Seite das PEK mit seinen Vorgaben, und auf der anderen Seite gibt es die Ressorts, die in ihrer Darstellung den Eindruck erwecken, das sei nicht abgesprochen.

Natürlich lese ich auch die Protokolle und ich sage ausdrücklich: Ich bin dankbar für die Arbeit der Kommission. So manches höre und lese auch ich zum ersten Mal. Ich erfahre auch - das war aber auch zu anderen Zeiten schon so -, dass sich Ressorts nicht gänzlich öffnen und vorher dem Kabinett nicht genau das vortragen, worüber sie in der Enquetekommission mit Ihnen diskutieren. Auch das ist für mich völlig normal.

Das schließt mein Ressort übrigens ein. Ich habe mitbekommen, dass auch manche meiner Behörden und nachgeordneten Behörden ihr Herz ausgeschüttet haben. Das ist auch okay.

(Herr Kosmehl; FDP: Ist denn das möglich?)

Es ist auch zu berücksichtigen, dass ich nicht vorher sagen kann, diese oder jene qualitativen Standards sind einzuhalten, und dann teile ich das Personal ein - und alle anderen nehmen das so hin. Sie wissen genauso wie ich, dass dieser Spannungsbogen zwischen Quantität und Qualität erhalten bleiben wird.

Ich finde es ausdrücklich gut - wenn das in die Empfehlungen der Kommission eingeht, werde ich auch daran mitwirken, dass diese umgesetzt werden -, dass wir immer mehr dazu kommen, dass diese Vorgaben, diese qualitative Diskussion vorgeschaltet wird, dass also die Zielerreichung der jeweiligen Verwaltungsbehörde ausschlaggebend ist, und dass wir dann anhand dieser Diskussion die Personalstärke zuordnen können.

Es gibt einzelne Bereiche, die das bereits tun, beispielsweise im Bereich der Justiz mit dem Verfahren „PEBB§Y“. Dabei sprechen sich die Länderjustizministerien anhand bestimmter qualitativer inhaltlicher Vorgaben über die Bedarfe ab. Dabei kommt es auch zu Auseinandersetzungen, wenn etwa wegen rückläufiger Einwohnerzahlen oder auch rückläufiger Gefangenenzahlen bestimmte Anpassungen vorgenommen werden sollen und man - wie bei der Polizei; das haben wir in den letzten Monaten auch getan - Schwerpunktsetzungen vornehmen will.

Die einen Bereiche bekommen vielleicht einmal mehr, weil es politisch so gewollt ist. In diesem Zusammenhang ist etwa das Thema Bildung zu nennen. Aber wenn man den Schlüssel von 19 Beschäftigten auf 1 000 Einwohner - hieran halte ich fest - einmal hochrechnet auf das Jahr 2020, dann bedeutet das angesichts einer geringer werdenden Einwohnerzahl enorme Überhänge.

Dass das keine Erfindung von mir ist, möchte ich immer wieder einmal anmerken. Das sehen Sie auch in anderen Ländern. Ich führe einmal Schleswig-Holstein und Brandenburg an, damit sich nicht eine Fraktion benachteiligt fühlt.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ich höre genau zu!)

Der Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein weist bis 2020 das Ziel von 15,5 VzÄ je 1 000 Einwohner auf. Nun erzählen viele, dass es in Sachsen-Anhalt schon jetzt nicht reicht - wir liegen noch bei mehr als 20 VzÄ je 1 000 Einwohner - und dass das Ziel von 19 VzÄ unfassbar und gar nicht zu erreichen ist. Wenn ich jetzt mit 15 VzÄ je 1 000 Einwohner käme, dann würden Sie mich wahrscheinlich rausschmeißen.

(Herr Tullner, CDU: Wir schmeißen Sie nicht raus!)

Heimlich würden Sie wahrscheinlich sagen: Menschenskinder, Hut ab! Aber es würde sich niemand hier im Landtag hinstellen - das sage ich ganz offen - und sagen, dass er die Konsequenzen gut finden würde. Man sollte dann auch so ehrlich und sagen, dass es dann wahrscheinlich 20 000 Stellen sind, die wir abbauen wollen.

Brandenburg - um auch einmal andere politische Kreise zu beleuchten -

(Herr Tullner, CDU: Die haben es nicht verstan- den!)

hat das Ziel von 18,5 VzÄ - entschuldigen Sie bitte, aber der Begriff „Vollzeitäquivalente“ ist nicht meine Erfindung - je 1 000 Einwohner. Ich glaube nicht, dass man dieses Ziel aus dem jetzigen Stand heraus überhaupt erreichen kann. Denn dem entsprechenden Gutachten für Brandenburg ist zu entnehmen: Polizei - einigermaßen, Lehrer - auf alle Fälle - das hört sich noch gut an -; aber es soll bis zum Jahr 2020 an keiner einzigen anderen Verwaltungsstelle des Landes auch nur eine einzige Neueinstellung geben.

Ich ziehe mir doch die Hose nicht mit der Kneifzange an. In den nächsten zehn Jahren soll es nicht eine einzige Einstellung in den ganzen Bereichen geben? Es weiß doch jeder, dass das nicht funktioniert.

Ich weiß, dass mein Kollege in Brandenburg ein ähnliches Problem hat wie ich, dass er innerhalb der Landesregierung - das schließt das Finanzministerium als Teil der gesamten Diskussion ein - und zwischen dieser und dem Landtag hin- und her getrieben wird. Auf der einen Seite gibt es die Vorgaben, auch die der Föderalismuskommission, die man einhalten will, und auf der anderen Seite gibt es die Diskussion: Wie viel ist nötig? Was ist die qualitative Diskussion? Und wie bekommen wir das überhaupt hin?

Denn wir sind uns doch darin einig, dass das Ganze ohne Kündigung, nur über Altersteilzeit, normalen Abgang und Fluktuation passieren soll. Anhand unseres PEK - ich glaube, das ist sehr dezidiert und mittlerweile anerkannt - und anhand der einzelnen Altersschichtungen können Sie genau abzählen, wann wer wie in welcher Verwaltung aufhört - und wer bleibt.

Ich denke, deswegen ist es auch eine gute Idee, dass wir das in der nächsten Wahlperiode fortführen wollen. Wir werden versuchen, qualitativ stärker und noch genauer zu werden. Aber die Weiterentwicklung lebt von dem jährlichen Austausch und der Übernahme strategi

scher Diskussionen innerhalb der Fachressorts und des Finanzministeriums. Das war von Anfang meine Absicht. Allein schon in der letzten Diskussion um das Wort „anpassen“ habe ich gesehen, wie sensibel dieser Bereich ist und wie sehr man bei der Diskussion aufpassen muss.

Ich sage, wir werden auf diesem Weg weitergehen. Wir haben über einzelne Bereiche schon diskutiert. Ich habe jetzt die Bereiche Polizei und Justiz angesprochen. Ich bin gerade mit dem Kollegen Olbertz im Gespräch zum Thema pädagogische Mitarbeiter, Lehrerinnen und Lehrer. Ich habe auch mit den anderen Ressorts zu diskutieren. Wir werden im Herbst das Personalkonzept vorlegen und dann erst einmal einen Schlussstrich ziehen. Im nächsten Jahr geht es dann weiter. Das schließt dann die allgemeine Verwaltung ein, das Landesrechenzentrum und Ähnliches. Das wird über die Jahre, Stück für Stück, so weitergehen.

Ich habe viel übrig für die länderübergreifende Diskussion zu Bergämtern. Kollege Haseloff und ich haben schon einmal darüber gesprochen. Das heißt, dass man mit den anderen auch eine offene Diskussion führen kann. Denn es wird nicht so sein, dass am Ende nur wir abgeben und die anderen nicht aufnehmen. Das werden Sie auch nicht zulassen.

Bezüglich der Bergämter - das muss man wissen - gibt es auch in anderen Ländern eine hohe Kompetenz. Insofern muss man schauen, wie der Interessenausgleich innerhalb der gesamten Landesregierung auch politisch darstellbar ist. Richtig ist es auf alle Fälle. Sie wissen - ich möchte die Diskussion jetzt hier nicht aufmachen -, dass ich bestimmten Diskussionen im mitteldeutschen Raum nicht im Wege stehen werde. - So weit dazu.

Ich sage auch ganz klar: Der nächste Landtag, die nächste Landesregierung, wie auch immer sie gestrickt sein wird, wird sich zuallererst Gedanken darüber machen müssen, wie denn die zukünftige Schule aussieht. Danach wird man konkret darüber reden können und müssen, was dann personell zu folgen hat. Das ist bei den anderen Strukturen genauso.

Ich bitte Sie, im nächsten Jahr, wenn hier vielleicht andere stehen oder andere das weitermachen, nicht zu sagen: Menschenskinder, das Personalkonzept der letzten Jahre war doch so und so - wie kommen Sie auf die Idee, das jetzt noch einmal zu ändern?

Anreißen möchte ich, dass im Zusammenhang mit dem nächsten Personalkonzept - das wird die jetzige Kommission nicht mehr aufnehmen können - die neue Bevölkerungsprognose zu diskutieren ist. Dann haben wir dasselbe Spiel wieder: Inwieweit greifen Personalentwicklungen tatsächlich in Strukturen ein? Mit Zahlen oder qualitativen Betrachtungen? Oder gibt es in bestimmten Bereichen irgendwann eine kritische Grenze, an der man sagt: Das muss unabhängig von der Bevölkerungszahl ausgestattet werden?

Wie auch immer, dieses Thema wird uns erhalten bleiben. Ich danke der Kommission. Ich habe gehört, sie gehe jetzt in die wissenschaftliche Phase. Da bin ich aber einmal gespannt, was das heißt.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Ich habe das einmal ein bisschen nachgeahmt und habe ebenfalls mit der Fachhochschule Harz gesprochen. Die Präsentation, über die Sie jetzt diskutiert haben, und auch die Tatsache, dass Sie sich mit anderen Ländern

beschäftigt haben, fand ich ausdrücklich gut. Auch wir als Finanzministerium - auch ich persönlich - haben dabei einiges hinzugelernt und werden das in unsere Diskussion, in unsere Bewertung einschließen. - So weit erst einmal. Schönen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Minister, es gibt drei Nachfragen von Herrn Tullner, Herrn Kosmehl und Herrn Gallert. - Bitte, Herr Tullner, Sie haben das Wort, fragen Sie.

Herr Minister, Sie haben viele der Problemlagen, die die Kommission leiten, richtig beschrieben.

Danke schön.

Aber ich glaube schon, dass die Landesregierung im Gegensatz zur Kommission, die mit unterschiedlichen Fraktionen besetzt ist, gebündelt und mit einer Stimme - nicht mit einer Zunge, aber vielleicht doch mit einer Position - an die Sache herantreten sollte.

Das macht es bei uns etwas schwierig; unsere Wahrnehmung ist, dass auf der einen Seite die Dinge, die dann bei uns zur Beratungsgrundlage werden, im Kabinett einvernehmlich beschlossen werden und dass sie auf der anderen Seite, je tiefer man in die Fragen einsteigt, doch differenzierter werden.

Ein Ressort möchte ich davon ausdrücklich ausnehmen, nämlich das Justizressort. Frau Ministerin Kolb hat in den letzten Tagen gesagt - das ist in der Zeitung nachzulesen -, dass dieser Stellenabbau durchaus positiv zu bewerten ist. Das hat uns etwas überrascht. Die Wahrnehmung der Kommission ist an dieser Stelle mit der der Landesregierung zwar konträr, aber das ist zumindest einmal einheitlich. Das möchte ich an dieser Stelle lobend erwähnen. Wenn auch die anderen Ressorts auf dieser Linie arbeiten könnten, wären wir schon einen Schritt weiter.

Herr Minister, bitte.

Täuscht mich die Wahrnehmung oder ist es tatsächlich so, dass es auch in den Fraktionen manchmal schwierige Diskussionen gibt, auch wenn sie nach außen hin mit einer Zunge sprechen? Wenn man mit den einzelnen Abgeordneten spricht oder wenn diese in den Fachausschüssen einzeln auftreten, dann fällt es oft schwer, diese in den Fraktionssitzungen gefundene gemeinsame Linie umzusetzen. Ich glaube, dieser Eindruck täuscht nicht.

Ich erwarte das auch gar nicht. Das ist ein Problem, zu dem ich sagen muss: Die jetzige Landesregierung und das jetzige Parlament gehen sehr verantwortungsvoll damit um. Schauen Sie einmal, in welchem Umfang wir in den letzten Jahren Personalabbau vorgenommen haben. In anderen Regionen wird das ganz heftig diskutiert.

In der Sache werden wir den Streit beibehalten. Das kann gar nicht anders sein. Das Kabinett hat am Kabinettstisch immer wieder zu Beschlüssen gefunden. Aber jeder wird sich die Freiheit nehmen, im Ausschuss auch gegenüber Ihnen - -

(Zuruf)

- Sie locken doch auch. Entschuldigen Sie bitte, ich war doch in den Ausschusssitzungen dabei. Es ist doch nicht so, dass Sie sagen: Ich gehe fest davon aus, dass Sie das, was Sie in den letzten Monaten gemeinsam beschlossen haben, jetzt vortragen, und ich würde mich freuen, wenn es so wäre. Die Fragen und auch die Diskussionen sind doch zum Teil auch so angelegt, genau das herauszukitzeln, von dem man weiß, dass es dazu Diskussionen in dem jeweiligen Ressort gibt. Die werden dann auch vorgetragen. Für mich ist das kein Problem.

Jetzt haben Sie etwas angesprochen, was das System des Personalkonzepts sehr gut aufzeigt, nämlich den Justizbereich. Wenn man sich einmal darauf einlässt, gewisse qualitative und quantitative Bewertungen vorzunehmen - es gibt ein solches System, dieses PEBB§Y, das heißt, die Justizbereiche in ganz Deutschland vereinbaren bestimmte Kriterien -, dann gilt das im Guten wie im Schlechten.