Protocol of the Session on March 18, 2010

(Zustimmung bei der LINKEN)

Summa summarum ist in Sachsen-Anhalt noch einiges zu tun. Gerade weil der finanzielle Rahmen im Land immer kleiner wird und wir gemeinsam darauf achten müssen, welche Mittel für welchen Zweck ausgegeben werden, brauchen wir eine politische Steuerung, die zum einen nicht allein durch die Landesregierung, sondern vor allem durch das Parlament vorgegeben wird und die zum anderen durch eine wirkungsorientierte Verwaltungsführung begleitet wird, welche Transparenz hinsichtlich der Leistungsziele, aber auch hinsichtlich der Wirkungen bietet. An dieser Stelle schließt sich der Kreis: Nur so können wir das als Parlament politisch steuern.

Die in unserem Antrag genannten Indikatoren - GenderMainstreaming, Gender-Budgeting und Barrierefreiheit - sind nur einige von mehreren möglichen Indikatoren. Es ist vor allem ein erster Schritt in die Debatte über den Finanzausschuss hinaus. Es gibt weitere mögliche Indikatoren wie zum Beispiel das Alter, die Demografie usw.

Vielleicht haben die Wirtschaftspolitiker noch weitere Ideen.

Dabei sind alle im Haus gefragt. Daher begrüße ich auch den Änderungsantrag der FDP. Unser Antrag hat Sie offenbar zum Denken animiert. Genau das wollten wir auch. Nun dürfen die übrigen Fraktionen im Haus nachziehen.

Zusammenfassend ist zu unserem Antrag festzustellen: Wenn wir das, was wir mit dem Einsatz dieser finanziellen Mittel beabsichtigen, ernst meinen, dann brauchen wir aus der Sicht der Geschlechtergerechtigkeit zunächst eine geschlechteranalysierte Datenbasis. Zweitens brauchen wir eine Analyse der Ausgaben: Welches Geschlecht bekommt wie viel und mit welchen Wirkungen wird das Geld für das jeweilige Geschlecht ausgegeben? Außerdem brauchen wir natürlich eine Diskussion über die zukünftige Verteilung der vorhandenen Ressourcen.

Ich bin gespannt auf die Diskussionen im Ausschuss. Ich würde mich freuen, wenn wir sowohl im Finanz- als auch im Sozialausschuss darüber reden könnten.

Abschließend danke ich Ihnen für Ihre Geduld; denn ich weiß, dass das kein einfaches Thema ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau von Angern. - Jetzt erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Bullerjahn das Wort.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Jetzt höre ich zu!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der weiter zunehmende föderale und regionale Wettbewerb sowie die spürbar enger werdenden finanziellen Spielräume - ich glaube, ich sage Ihnen damit nichts Neues - zwingen den Staat, Steuerungsinstrumente und Strukturen zu entwickeln, die beschreiben, wie eine solche Steuerung vonstatten gehen kann.

Wir können unsere Aufgabenerledigung nicht mehr allein von der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel ableiten. In den vergangenen Jahren haben wir mehr und mehr gespürt, dass das, was vom Staat erwartet wird oder auch politisch gewollt wird, nicht mehr mit dem in Einklang zu bringen ist, was finanziell zur Verfügung steht. Deshalb läuft die Prioritätensetzung darauf hinaus, dass der Haushalt in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen werden soll.

Weitergehende Diskussionen sind jetzt schon zu beobachten, nämlich Diskussionen über die Frage der Effizienz. Hierbei geht es darum, was letztlich mit dem Mitteleinsatz erreicht wird. Ich will nicht einen Bereich besonders beleuchten. Aber etwa die Frage, ob mehr Geld in der Bildung bessere Effekte erzeugt, muss man qualitativ bewerten und nicht nur anhand irgendwelcher Analysen, die sich an dem angeblichen Zusammenhang von mehr Geld und besserer Leistung orientieren.

Deshalb muss man nach Indikatoren suchen. Ob das diese beiden Indikatoren sind, die Frau von Angern genannt hat, wage ich zu bezweifeln. Wenn man sich diesen Kompass bzw. Atlas anschaut, mit dem Sie sich beschäftigen, was ich sehr gut finde, dann muss man - -

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

- Ich wollte es ansprechen, bevor es andere tun. - Zunächst einmal muss man davon ausgehen, dass die Statistik schon sehr vieles bereithält. Man kann dabei auch überlegen, ob das alles notwendig ist. Aber gerade was die Frage der Betrachtung der Aufteilung von Ausgabenstrukturen nach den Geschlechtern betrifft, gibt es schon sehr viel.

Das ist Übrigens nicht das, was ich meine. Beim letzten Haushaltsplan haben wir festgestellt, dass wir ohne eine Prioritätensetzung in den nächsten Jahren nicht mehr weiterkommen. Das heißt, die Diskussion, wer sich mit welchen Argumenten durchsetzen kann, wer wen kennt und wer in welchen Ausschüssen sitzt, hilft auf Dauer nicht weiter. Dazu muss eine politische Diskussion entwickelt werden. Dabei stehen wir aber erst am Anfang.

Andere Länder sind dabei ein Stückchen weiter. Wir haben uns mit Baden-Württemberg und anderen Bundesländern befasst und beispielsweise Führungsinformationssysteme betrachtet. In Hamburg gibt es das Pilotprojekt Stadt Hamburg mit Prioritätensetzung. Die Frage ist immer, was bei der Steuerung von Geld letztlich herauskommt. Das wird dann ganz menschlich und ganz irdisch. Wenn Schwerpunkte entwickelt werden, muss es auch diejenigen geben, die zugunsten der Schwerpunkte zurückstehen müssen. Das ist dann wieder Politik, die in kleinen wie in größeren Räumen geschieht.

Diese prioritäre Leitbilddiskussion haben wir. Deshalb habe ich nicht nur irgendwelche Treffs organisiert, bei denen wir in diesem Jahr mit den Kollegen aus dem Kabinett Diskussionen führen werden, um letztlich gemeinsam mit Betroffenen, aber auch innerhalb der verschiedenen Strukturen der Gesellschaft zu einer solchen Schwerpunktsetzung zu kommen, die wir als Parlament, sprich die Abgeordneten, am Ende beschließen müssen.

Es gibt Länder - das habe ich des Öfteren angesprochen -, die zum Beispiel eine solche Diskussion vor einer Haushaltsbefassung führen. Das heißt, es gibt eine ausgeprägte Diskussion. Das Parlament beschließt erst diese mittelfristige Finanzplanung und daraus leitet eine Landesregierung dann ihre Haushaltsansätze ab. Stellen Sie sich das hier einmal vor!

(Herr Tullner, CDU: Schön wär’s!)

- Ha, ha. Ich glaube, da würden einige Fraktionen schon ganz schön mit sich zu tun haben; Kollege Tullner, Ihre Fraktion einmal ausgeschlossen. Dann die Diskussion erst einmal so weit zu bringen, dass man als Parlament und in allen Ausschüssen anhand von bestimmten objektiven Kriterien zu einem Beschluss kommt, ist doch eine Aufgabe. Deswegen ist das mit den Indikatoren völlig richtig.

(Zuruf von Herrn Steinecke, CDU)

Ich bitte nur darum, dass wir das Kind jetzt nicht mit dem Bade ausschütten. Gender-Budgeting und Ähnliches sind richtig, aber die grundsätzliche Frage bleibt: Wie mache ich es in Zukunft anders als bisher? Denn Sie müssen auch Wirkungsanalysen aufstellen. Deswegen ist das, was wir jetzt mit dem Geld machen, Frau von Angern, KLR auszurollen, noch lange nicht diese politikfeldorientierte Diskussion. KLR ergänzt erst einmal nur das, was wir bisher kameralistisch machen. Dort werden bestimmte Wirkungsmechanismen der Finanzpolitik offensichtlicher.

Wir haben vorhin über die Doppik gesprochen. Kein Landkreis wird deswegen reicher. Die meisten Landkrei

se, die die Doppik eingeführt haben, hatten hinterher mehr Probleme als vorher, weil auf einmal Abschreibungen und ähnliche Dinge mit aufgezeigt werden und jetzt Diskussionen, ohne einen Euro mehr in der Tasche zu haben, aber - das finde ich besser - aus der Sicht einer nachhaltigen Finanzpolitik geführt werden.

Die Philosophie einer indikatorengesteuerten Finanzpolitik geht aber tiefer. Das heißt, dass ich von einem politischen Leitbild ausgehe und mir politisch Schwerpunkte definiere und diese wiederum aufgrund ihrer Wirkung anhand dieser Indikatoren festmache, damit es nicht beliebig wird. Sprich: Wie ist das denn im Kindergartenbereich, wenn ich bestimmte Ansprüche stelle? Wie werden diese am Ende des Weges erfüllt - in der Schule, in der Hochschule, beim Straßenbau?

Wenn Kollege Daehre sagt - er ist jetzt nicht anwesend, deshalb kann ich über ihn reden -, er brauche noch zehn Umgehungsstraßen, weil sie für die Entwicklung der Region wichtig seien, und festgestellt wird, dass die Menschen trotzdem weggehen, sich kein Industriegebiet ansiedelt, dann ist das mit der Wirkungsanalyse zu hinterfragen.

Als Beispiel könnte man auch jedes andere Ressort nehmen, ob jetzt bei der Wirtschaft mit der Förderung von Industriegebieten oder der Frage, bei der Kindergartenqualität nachzulegen. Wenn dabei aber herauskommt, dass die Abschlüsse der Kinder nicht besser, sondern eher schlechter werden, dann muss man nicht nach mehr Geld fragen, sondern man muss fragen, woran es liegt. Entweder sind die Indikatoren falsch oder es wird im System etwas falsch gemacht, nämlich programmatisch. Das ist das, was man mit dem indikatorengestützten Finanzsystem erreichen will.

Das Finanzministerium ist diesbezüglich in der Absprache mit anderen Ressorts. Die Landesregierung hat sich gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen dem Anspruch gestellt. Ich glaube, selbst von den Fraktionen, die im Finanzausschuss nicht zugestimmt haben - so habe ich es jedenfalls mitgenommen -, wurde gesagt, dass es ein richtiger Ansatz ist. Es ist ein Ansatz, dem wir uns verpflichtet fühlen sollten, weil die nächste Landesregierung - wer auch immer sie dann stellt - im Prinzip dort ansetzen muss, mehr Qualitätsdiskussionen und mehr Schwerpunktdiskussionen zu führen.

Dann wird es ganz spannend. Ich will Sie jetzt nicht langweilen. Wir haben uns mit mathematischen Methoden beschäftigt, wie es dann sein wird. Dann geht es nämlich in die Vektorenrechnung hinein, das heißt, man hat dann den Zusammenhang zwischen den eingesetzten Mitteln und den Effekten herzustellen. Dann gliedern Sie es auch in Mann und Frau, sehen die Wirkung, und dann passiert etwas, was Frau von Angern angesprochen hat, aber, glaube ich, gar nicht so meinte: Es ist wirklich so, dass die Männer für die Bildung mehr Geld bekommen müssten. Denn warum auch immer: Derzeit haben wir noch die schlechteren Ergebnisse.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

- Ja, genau die Diskussion - - Ich spreche jetzt in der Sache nur für das Finanzministerium.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Ich will nur sagen, es könnte passieren, dass nach dieser Feststellung, wenn man ein solches Modell über einen Haushalt legt, wenn man, auch im Kulturbereich, die

Ergebnisse mal darstellt, ob dann das erreicht wird, was man sich vorher vorstellte. Das muss man dann so objektiv wie möglich auch wirken lassen.

Dann ist es aber auch so, dass das weitere Auswirkungen hat. Wenn man eine solche Festlegung nach Schwerpunkten und Indikatorensystemen trifft, muss man für diese Förderbereiche mehrjährige Festlegungen treffen. Denn die Umsetzung solcher Wirkmechanismen wird nicht innerhalb von ein oder zwei Jahren festzustellen sein, sondern das ist das, was Haushalte anderer europäischer Länder auch schon machen; dann lege ich nämlich ein Budget für vier bis fünf Jahre fest. Dann muss ein Fördermittelcontrolling aufgelegt werden, das innerhalb dieser vier bis fünf Jahre diese Evaluierung möglich macht.

Ich hoffe, ich habe Sie jetzt genug verwirrt. Ich habe aufgezeigt, dass das eine sehr spannende Sache ist, die Sie durch die Hintertür hier angeschoben haben. Ich bitte Sie, uns noch ein wenig Zeit zu geben, damit wir das im Finanzministerium noch vorbereiten können. Die Reduzierung auf Gender-Mainstreaming, Gender-Budgeting und was es da alles gibt - ich bin ja froh, dass es nicht noch mehr Änderungsanträge gibt -, macht uns das Leben nicht leichter, denn ich möchte Sie schon gern vom Grundsatz her bei der Diskussion abholen. Dazu müssen Sie festlegen, welche Bewertungskriterien noch nötig sind, sonst zerfasert ein solches System sehr frühzeitig.

Die politische Diskussion ist hochspannend. Was will ich mit dem Geld in der Gesellschaft erreichen? Wie soll es in den jeweiligen Gruppen unterschiedlich wirken? Aber ein wenig Zeit brauchen wir noch, um das vernünftig vorzubereiten. - Schönen Dank erst einmal fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Tullner das Wort. Bitte schön, Herr Tullner.

(Frau Budde, SPD: Jetzt Rede beiseite und neu- es Konzept!)

Hart ist das Leben, aber dafür bekommen wir Teilzeitgeld.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich diesen Antrag zum ersten Mal von unseren Sozialleuten erhalten habe,

(Frau Budde, SPD: Ganz vorsichtig in der Wort- wahl!)

- Entschuldigung, Frau Kollegin -, von unseren Sozialpolitikern erhalten habe, habe ich mir eigentlich nichts dabei gedacht. Ich habe irgendetwas von strategischer Steuerung gelesen.

(Frau Budde, SPD: Das ist schon ein Problem!)

Das fand ich relativ spannend, weil wir darüber bereits im Finanzausschuss - der Finanzminister hat dazu schon ausführlich etwas gesagt - gesprochen haben. Aber als

ich mir dann den Antrag und auch den Redebeitrag, liebe Kollegen, zu Gemüte geführt habe,