Protocol of the Session on March 18, 2010

Die Hintergründe der heute zur Beratung stehenden Schließung der Strecke Naumburg - Teuchern - Zeitz hat der Minister eingehend erläutert. Das erscheint durchaus nachvollziehbar, auch wenn man sich die Unterlagen und die Veröffentlichungen, die es dazu gegeben hat, anschaut.

Ich möchte aber einen anderen Aspekt betonen und mich vielmehr der Frage zuwenden: Warum ist das so passiert? Was sind die tieferen Ursachen? Woran liegt

es, dass die Auslastung derart schlecht ausfiel? Sind es ungünstige Taktzeiten? Ist die Verbindung nicht attraktiv genug? Liegt es an dem fehlenden Kooperationswillen von Thüringen? Oder ist das Potenzial an Fahrgästen einfach nicht da, weil die Region zu dünn besiedelt ist?

In diesem Falle würde ein Bus auch keinen Sinn ergeben. Wenn die Menschen nicht da sind, dann sind auch keine zum Fahren da. Ich glaube nicht, dass das der Fall ist. Ich glaube, es ist so, dass die Deutsche Bahn - die Burgenlandbahn ist eine Tochter der Deutschen Bahn - das Angebot einfach nicht so attraktiv gemacht hat, dass es funktioniert, dass die Menschen es annehmen. Denn wir haben andere Beispiele, bei denen es funktioniert.

Ich habe Ausführungen dazu vermisst; denn ich habe von anderen gehört: Die Angebote bzw. Ausschreibungen waren wohl da, aber es hat sich kein Privater gefunden. Ich hätte mir gewünscht, dass das noch ein wenig ausgeführt worden wäre.

(Herr Scheurell, CDU: Genau so ist es!)

- Ja, dann muss es auch gesagt werden, Herr Kollege Scheurell. Vielleicht machen Sie es dann noch. - Ich bin fest davon überzeugt, dass es an der Deutschen Bahn selbst gelegen hat. Wir kennen es von vielen anderen Nahverkehrsverbindungen, bei denen der Service der Deutschen Bahn dermaßen desolat ist, dass die Menschen weggeblieben sind.

Wenn das Private machen - ich nehme wieder das Beispiel Harz-Elbe-Express -, funktioniert es auf einmal wieder, die Menschen nehmen es an. Wenn man dann sogar noch Tickets im Zug kaufen kann, ist es umso schöner. Stellen Sie sich einmal an die Fahrkartenautomaten. Viele Senioren, die darauf angewiesen sind, gehen mittlerweile nicht mehr zum Bahnhof, weil sie sich vor den Fahrkartenautomaten fürchten. Das muss einfach einmal gesagt werden.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE: Halle - Leipzig! - Herr Borgwardt, CDU: Das ist aber ein anderes The- ma, die Fahrkartenautomaten!)

- Es gehört ein Stück weit dazu, weil private Anbieter das auch in der Bahn direkt anbieten. Das ist tatsächlich der Fall.

Meine Damen und Herren! In dem vorliegenden Fall muss man deshalb die Fragen stellen: Hätte es Möglichkeiten gegeben, private Betreiber einzubeziehen? Wäre es vielleicht lukrativ gewesen, das in einem größeren Zusammenhang auszuschreiben? Sind die Alternativen entsprechend geprüft worden? All diese Fragen sollten vielleicht im Ausschuss geklärt werden.

Da der Antrag der LINKEN sich mit einem Einzelfall beschäftigt, ist es, glaube ich, nicht geboten, darüber hier direkt abzustimmen. Vielmehr sollten wir dazu im Ausschuss ausführlich beraten.

Ich denke, auch der Alternativantrag ist gut geeignet, darüber im Ausschuss zu beraten. Wenn wir nur den Alternativantrag hier zur Abstimmung stellen, würde das bedeuten, dass das eigentliche Anliegen, die Bahnstrecke im Süden, wahrscheinlich unter den Tisch fallen würde. Das Thema kann man über einen Selbstbefassungsantrag natürlich wieder hereinholen.

Ich beantrage namens der FDP, beide Anträge an den Ausschuss zu überweisen. Dort können wir uns ausführ

lich darüber unterhalten. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Schrader. Ihrem letzten Vorschlag zu folgen ist laut Geschäftsordnung nicht möglich. - Jetzt Herr Scheurell für die CDU-Fraktion, bitte.

Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE begibt sich der Landtag in den Geschäftsbereich der Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt GmbH, Nasa. Das ist eine sicherlich spannende, aber arbeitsintensive und nicht für alle leistbare, von der Zeit her leistbare Aufgabe. Aber der Landtag ist nicht dafür da - so lehrt uns das Prinzip der Gewaltenteilung -, sich an die Stelle der Exekutive, sprich der Landesregierung, zu setzen und im rein exekutiven Bereich zu entscheiden.

Genau dieses Vorhaben verfolgt die Fraktion DIE LINKE mit dem uns vorliegenden Antrag. Eine solche Exekution von Kursbuchstrecken ist jedoch mit der CDU-Fraktion nicht zu machen. Bereits aus diesem Grunde wird dieser Antrag, sehr geehrter Herr Heft, sehr geehrte Fraktion DIE LINKE, von uns abgelehnt. Darüber hinaus stellt der Antrag der Fraktion DIE LINKE Behauptungen auf, die weder begründet noch nachvollziehbar sind.

Minister Herr Dr. Daehre ist in seiner Rede auf die von der Fraktion DIE LINKE ausgemachte Lücke im System bei der Abbestellung der SPNV-Strecke Naumburg-Ost - Teuchern eingegangen und hat anschaulich dargelegt, dass durch einen vertakteten Busverkehr auf dieser Strecke zukünftig eine Verbesserung des ÖPNV-Gesamtsystems erzielt werden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um das Thema Abbestellung und Veränderung im ÖPNV, insbesondere im Schienenpersonennahverkehr, einer geordneten Ausschussberatung zuzuführen, haben sich die Koalitionsfraktionen entschlossen, einen Alternativantrag vorzulegen. Bereits in der letzten Sitzung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr wurde seitens der Koalition ein entsprechender Selbstbefassungsantrag angekündigt, was die Ausschussvertreter der Fraktion DIE LINKE offensichtlich nicht mehr erreicht hat. Da war einmal mehr der Zug abgefahren.

(Zuruf von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Hinsichtlich der im Alternativantrag angesprochenen Machbarkeitsstudie zur Bedienung von Bahnstrecken geht es der CDU-Fraktion vorrangig um die Relationen, die bereits im Plan für den öffentlichen Personennahverkehr des Landes Sachsen-Anhalt aus dem Jahre 2005 als Strecken mit absehbar konkretem Entscheidungsbedarf zum Verkehrsträgereinsatz benannt sind und demzufolge auf dem Prüfstand stehen.

Neben der Prüfung des wirtschaftlichen Verkehrsträgereinsatzes ist es für die CDU-Fraktion auch wichtig, dass durch einen klugen ÖPNV touristische Ziele unseres Landes angebunden werden und bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bitten Sie um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen.

Sehr geehrter Herr Heft, wenn Sie vorhin gesagt hätten, Sie halten eine Rede zum Fernverkehr ab 2015 für die Saalebahn oder für die Frankenwaldbahn, dann hätten Sie sogar in Abschnitten Beifall ernten können; denn da kommt noch etwas auf uns zu. Da wird die Deutsche Bahn nämlich einen ganzen Landstrich von uns vom Fernverkehr abhängen und wir müssen das mit Regionalisierungsmitteln aufstocken und bezahlen. Das könnte bevorstehen. Darum kümmert sich unser Minister jetzt und auch wir kümmern uns darum durch die Kontakte zur Bahn und zur Bundestagsfraktion.

Sie hatten auch angekündigt, nach Jena zu kommen. Die Koalitionsfraktionen waren gut vertreten und haben die Interessen der Saalebahn und des Bundeslandes Sachsen-Anhalt natürlich im Einklang mit dem Freistaat Thüringen in Jena gut eingebracht. Übrigens waren die Nasa und das Ministerium ebenso vertreten. Also, wir kümmern uns wirklich um die Belange des Schienenpersonennahverkehrs und des Fernverkehrs gleichermaßen.

Stimmen Sie bitte unserem Alternativantrag zu. Dann können wir auch über die Strecken berichten, bei denen es uns gelingen wird - auch mit Ihrer Zustimmung -, den Schienenpersonennahverkehr am Netz zu halten. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Scheurell. Herr Scheurell, möchten Sie eine Frage beantworten?

Herrn Dr. Köck immer.

Bitte, Herr Köck, fragen Sie.

Herr Scheurell, der Busverkehr, der jetzt den Ersatz fahren soll, wird im Wesentlichen aus den eingesparten Mitteln finanziert. Meine Frage ist jetzt eine Frage in Bezug auf die Exekutive: Wissen Sie, für welchen Zeitraum die Mittel eingestellt sind?

Sehr geehrter Herr Dr. Köck, ich kann Ihnen jetzt nicht im Einzelnen die Vertragsgestaltung erläutern, die die Exekutive, wie gesagt, durch die Nasa aushandeln lässt. Aber ich kann mir vorstellen, dass unser Minister und unser Ministerium sich nicht dazu hergeben, eine Lückenlösung zu benennen, die zeitlich derart eng ist, dass ich es in meiner parlamentarischen Tätigkeit erleben werde, dass dort der Busverkehr eingestellt wird.

Außerdem ist es so, dass der Busverkehr attraktiver sein wird, weil Sie dann eben nicht mehr 6 km zwischen dem Zentrum der Ortschaft und dem Bahnhof zurücklegen müssen.

Also ein Jahr ist das Mindeste, Herr Scheurell.

Ach, ich habe vor, noch einmal zu kandidieren, Herr Dr. Köck. Daher wird der Busverkehr noch länger dauern.

(Heiterkeit bei der CDU)

Eine weitere Frage möchte Herr Dr. Thiel stellen.

Keine Frage, Herr Präsident, sondern eine Zwischenintervention.

Herr Scheurell, Sie dürfen dennoch hier bleiben, denn Sie dürfen auf diese Zwischenintervention reagieren.

Die Betreibung des Regionalverkehrs auf der Schiene oder durch Busse ist ein generelles Thema, das uns auch in der weiteren Zukunft beschäftigen wird. Sie haben gerade angedeutet, was uns 2015/2016 erwarten wird. Im Burgenlandkreis diskutieren wir seit mehreren Jahren über das Thema Unstrutbahn und Anbindung an den regionalen Fernverkehr. Das Dilemma, das sich offenbart, ist, dass der Kreistag nicht in der Lage war, die Parallelverbindungen zwischen Bus und Schiene in ein vernünftiges Verkehrskonzept zu bringen.

Dahinter stecken auch eigene Interessen; das muss man an dieser Stelle sagen deutlich. Dass der öffentliche Personennahverkehr im Busbereich im Burgenlandkreis seine Defizite abbauen muss, war ja vorauszusehen. Da fällt es offenbar leichter zu sagen: Ich stärke meine eigene Busverkehrsgesellschaft im Landkreis und verzichte auf die Anbindung an die Bahn.

Aber hier geht es doch um strategische Entwicklungen. Deshalb haben wir den Antrag von Herrn Heft unterstütz - auch von Süden her -, damit dieses Thema noch einmal im Landtag zur Sprache kommt, weil die Aussage des Ministers Daehre klar war: Wir bestellen die Strecke bis zum 31. Dezember ab, Punktum. Darauf, dass an dieser Stelle in der Vergangenheit Versäumnisse stattgefunden haben, wollte ich andere Kollegen aufmerksam machen. Wenn es diese Diskussionen in Ihren Bereichen gibt, dann hängt das mit der Konkurrenz zwischen Bus und Schiene zusammen. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Möchten Sie noch etwas sagen, Herr Scheurell? - Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, Sie mögen vielleicht örtlich Recht haben; aber wir haben solche Beispiele gerade mit unserem Ministerium und der Nasa am Beispiel Wittenberg - Bad Schmiedeberg, wo ich nun wieder gut Bescheid weiß, gelöst. Da wurden nämlich Parallelverkehre abbestellt, und die Bahn rollt.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

Nicht überall im Land ist das dann so. Auf dieser Strecke ist es weiterhin so: Die Lok zieht die Bahn.

Wenn Sie das über einen Selbstbefassungsantrag im Ausschuss einbringen, können wir uns vielleicht noch einmal über die Strecke unterhalten. Ich bin auch gern bereit, mit Herrn Heft die Strecke noch einmal abzufahren.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Mit einer Draisine!)

- Sicher nicht mit einer Draisine, aber abzufahren, damit man dem vielleicht folgen kann. Ich kann es mir aber nicht vorstellen, weil unser Ministerium so etwas nicht von heute auf morgen auf den Plan rückt, sondern es hat dazu Untersuchungen gegeben. Lassen Sie uns doch die Machbarkeitsstudie dann im Zusammenhang ansehen.