Protocol of the Session on January 21, 2010

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Sie kennen die Ausführungen dazu. Sie haben sich damit sicherlich genauso beschäftigt wie ich. Dort wird unter anderem angeführt: Das Steuersystem ist für einige teurer, für viele komplizierter und insgesamt ungerechter geworden.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Kollegen von der FDP, was bezwecken Sie nun wirklich mit Ihrem Antrag? - Laut Ihrer Antragsbegründung auch eine Versachlichung der Debatte. Nach der Berichterstattung in dieser Woche - darauf habe ich auch Ihren Kollegen Franke schon angesprochen - habe ich persönlich damit gerechnet, dass Sie Ihren Antrag zurücknehmen.

(Zuruf von der FDP: Warum?)

- Warum? - Da Sie Ihren Antrag jedoch nicht zurückgenommen haben, bedienen Sie weiterhin die Klischees und machen dem Vorwurf der Klientelpolitik alle Ehre.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

- Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern ich nehme Bezug auf einen „Spiegel“-Bericht und die Aussagen des Ministerpräsidenten. Auch Herr Schrader ist darauf schon eingegangen.

(Zuruf von der FDP)

- Ja, das ist richtig. - Ich will auch ganz klar sagen: Selbst wenn am Ende juristisch ein Zusammenhang von Spenden und politischem Agieren nicht nachweisbar ist, so wissen Sie doch so gut wie ich: Das Geschmäckle bleibt!

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

- Sie, Herr Wolpert, wissen das so gut wie ich: Solch ein Agieren führt zur weiteren Zunahme von Politikverdrossenheit und Wahlmüdigkeit. Sie haben in hohem Maße dazu beigetragen.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Nun zurück zu dem Antrag. Die SPD ist selbstverständlich gern zu einer sachlichen Auseinandersetzung im Sinne ihres Änderungsantrages bereit.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Selten!)

- Das ist überhaupt nicht selten, Frau Hüskens, das ist übliches Verfahren mit der SPD-Fraktion. - Ich wünsche mir, dass Sie dem Änderungsantrag zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hampel, es gibt eine Nachfrage von Herrn Gallert. Möchten Sie sie beantworten?

Ja, gern.

Bitte sehr, Herr Gallert.

Ob es eine Nachfrage oder eine Intervention ist, können Sie selbst beurteilen. Ich möchte jetzt, weil wir das bereits an mehreren Stellen gehört haben, bei der SPD um ein bisschen Mitgefühl für die FDP werben,

(Oh! bei der SPD)

und zwar hinsichtlich der Beurteilung der Steuerreduzierungen, die mit der Begründung vorgenommen werden, man würde damit die Wirtschaft ankurbeln.

Natürlich wissen fast alle in diesem Raum, dass das falsch ist. Aber das ist eine Argumentation, die die Kollegen Sozialdemokraten bei der Eichel’schen Steuerreform von 1999/2000 so massiv vertreten haben und mit der sie so erfolgreich gewesen sind, dass sich das bei der FDP festgehakt hat. Diese Argumentation ist ein später Erfolg der SPD; das muss man einmal so sagen.

Deswegen: Haben Sie ein bisschen Mitgefühl mit den Kollegen der FDP. Dieser Irrtum ist hartnäckig, auch wenn er ein Irrtum ist. Und die SPD ist leider schuld daran.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der LINKEN)

Ich betrachte das als Intervention.

(Unruhe)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Dr. Thiel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass im Landtag auch Themen aufgerufen werden, die vor der Wahl wichtig waren und nach der Wahl auch behandelt werden sollen. Ich möchte noch einmal an die Debatte erinnern, die wir im Landtag schon im Juni 2009 zu einem Antrag der FDP geführt haben. Es ging darum, der Initiative beizutreten und den in den Bundesrat eingebrachten Antrag Bayerns zu unterstützen.

Um es klar zu sagen: DIE LINKE hat sich dazu klar bekannt. Sie hat gesagt: Wir sind für den reduzierten Mehrwertsteuersatz im Hotellerie- und im Gaststättenwesen. Wir haben damals gesagt, dass wir uns aber auch dafür einsetzen, dass diese Mehrwertsteuersenkung genutzt wird sowohl für Investitionen als auch für die Erhöhung der Einkommen der Beschäftigten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben uns dafür ausgesprochen, auch einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienst

leistungen in der Handwerksbranche sowie im Bereich der Kinderbekleidung und der rezeptpflichtigen Arzneimittel einzuführen und das als Paket zu sehen.

(Herr Scharf, CDU: Und Herr Gallert spricht im- mer davon, dass die Einnahmen wegbrechen!)

Da wir clever sind, haben wir auch rechtzeitig gesagt, woher wir das Geld dafür nehmen wollen: aus der Einführung einer entsprechenden Vermögensteuer in Deutschland mit 16 Milliarden €. Das war der Punkt. Das haben Sie abgelehnt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber gut. Noch einmal zur Klarstellung zum Antrag der FDP: Von der Mehrwertsteuerermäßigung profitiert nur ein Teil der Tourismuswirtschaft in Sachsen-Anhalt. Tourismuswirtschaft ist mehr als Hotels und Pensionen.

(Herr Gürth, CDU: Da hat er allerdings Recht!)

Was sind nun unsere Anforderungen an den Tourismus? - Wir reden von der Teilhabe aller touristischen Angebote. Wir reden von einem barrierefreien Tourismus. Wir reden von einem ökologisch vertretbaren Tourismus usw. usf. Wir erhoffen uns natürlich, dass die Unternehmen in diese Bereiche entsprechend investieren.

Der Gegenstand der Analyse soll laut Ihrem Antrag sein, die direkten Effekte, etwa zusätzliche Investitionen, neu eingestelltes Personal und Preissenkungen, sowie die daraus resultierenden Auswirkungen auf Übernachtungszahlen, Umsätze und Gewinne zu quantifizieren. Leider ist von Lohnerhöhungen für die in diesem Bereich Beschäftigten nicht die Rede. Das möchten wir anmahnen.

In der Begründung zu dem Antrag heißt es, es gehe um die Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft. Meine Damen und Herren, auch in der tiefsten Krise ist die deutsche Wirtschaft nicht tot, sodass sie wiederbelebt werden müsste. Man muss ihr vielleicht neue Impulse geben, aber wiederbeleben muss man sie sicherlich nicht.

Herr Schrader, Sie sprachen von der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tourismuswirtschaft; diesbezüglich sollten wir in Sachsen-Anhalt unser Licht nicht unter den Scheffel stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

In den letzten Jahren ist im Hotel- und Gaststättenbereich eine ganze Menge passiert. Es sind in vielen Bereichen hervorragende Angebote entstanden. Die Unternehmen in Sachsen-Anhalt und in Deutschland brauchen sich nicht vor denen zu fürchten, die in Frankreich oder in Großbritannien aktiv sind.

Die Frage, wie die Branche darauf reagieren würde, ist interessant. Dafür gab es unterschiedliche Ansätze. Der Präsident des Dehoga-Bundesverbandes Ernst Fischer hat in der „Süddeutschen Zeitung“ am 18. November 2009 schreiben lassen: Jawohl, durch diesen reduzierten Mehrwertsteuersatz erhalten die Unternehmen den dringend benötigten Spielraum für Investitionen, für Preissenkungen sowie bei der Mitarbeiterentlohnung und -qualifizierung.

Acht Wochen später sieht es ein wenig anders aus. Der Dehoga-Chef Doepelheuer hat gesagt, man wolle vorrangig investieren, Mitarbeiter qualifizieren und nicht die Preise senken. Wenn im Land momentan von Preissenkungen geredet wird, dann vor allen Dingen von den kleineren Unternehmen. Sie haben auch den Mut zu sa

gen: Wir werden versuchen, einen Teil des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes an die Beschäftigten weiterzugeben.

Herr Schrader, Sie haben gesagt, wer arbeite, könne auch Steuern zahlen. Sie beklagten, dass die Zahl der Steuerzahler zurückgegangen sei. Das hängt auch damit zusammen, dass der große Bereich der in prekären Beschäftigungsverhältnissen Tätigen zugenommen hat und selbige keine Steuern zahlen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade in der Tourismuswirtschaft ist ein nicht geringer Anteil der Beschäftigten davon betroffen.