Protocol of the Session on January 21, 2010

Deshalb sage ich eingangs unmissverständlich - davon konnte ich mich überzeugen -: Von einer Zurückhaltung des Sozialministeriums, der Landesregierung oder der Koalitionsfraktionen, ein Landesgesetz zum Heimrecht auf den Weg zu bringen, kann keine Rede sein. Es ist doch vielmehr öffentlich bekannt gewesen - mit Sicherheit auch Ihnen, Frau Dr. Hüskens -, dass sich der Gesetzentwurf der Landesregierung in der fachinhaltlichen Endabstimmung befindet.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Leider nicht!)

- Dann hätten wir doch miteinander telefonieren müssen.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ja!)

Jedenfalls wird der Gesetzentwurf in Kürze im Kabinett behandelt werden.

Im Februar 2008 - ich gebe zu, dass das eine Weile her ist - sind die Eckpunkte schon einmal vorgelegt worden, auch im Ausschuss. Das Gesetz sollte damals wie folgt heißen: Neues Bewohnerschutzgesetz. Seitdem gab es landesweit eine offene und intensive Diskussion mit den Trägern, Verbänden und Pflegekassen - ich dachte, zumindest von dieser Seite wüssten Sie etwas -

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

sowie mit der Landesseniorenvertretung, aber auch mit den Parteien und den weiteren Interessierten.

Nach dem Inkrafttreten des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes des Bundes zum 1. Oktober 2009 ist im Ministerium der letzten Feinschliff vorgenommen worden. Insoweit sage ich deutlich: Wir wollten keine Experimente und keine Schnellschüsse. Hierbei geht Qualität vor Schnelligkeit. Es geht um Menschen und deren Schutzinteressen.

(Zustimmung bei der SPD)

Daher sind bei der Gesetzeserarbeitung Kompetenz und Solidität gefragt.

Nun zum Gesetzentwurf der Fraktion der FDP. Er enthält viele Passagen, die, wie ich bereits gesagt habe, auch im Entwurf meines Hauses enthalten sind. Das wird sich ähneln. Ich nenne beispielhaft die Neuregelung der Pflicht zur Veröffentlichung der Prüf- und Qualitätsberichte der Heimaufsicht. Allerdings bin ich der Meinung, dass man die Träger dazu verpflichten müsste

und nicht die Heime selbst. Es gibt die Träger von Heimen, die diese Verpflichtung auferlegt bekommen sollten; denn ihnen obliegt auch die Informationspflicht gegenüber den Nutzern und Interessierten.

Positiv zu bewerten ist die zumindest ansatzweise Öffnung des Gesetzes für neue Wohnformen. Diesbezüglich wird der Gesetzentwurf der Landesregierung, wenn er den Landtag erreichen wird, etwas weiter gehen.

Die Gemeinsamkeiten in den Entwürfen sehe ich positiv. Sie könnten ein Signal dafür sein, dass wir einen breiten gesellschaftlichen Konsens in der wichtigen Frage des Schutzes der Interessen und Bedürfnisse von alten, pflegebedürftigen oder behinderten Bewohnerinnen und Bewohnern anstreben. Das ist also eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen. Deshalb sehe ich darin keine Gefahr.

Ich beabsichtige, den Gesetzentwurf der Landesregierung im Mai 2010, spätestens aber vor der Sommerpause in den Landtag einzubringen. Derzeit befindet er sich in der Mitzeichnung. Dann muss er noch einmal ins Kabinett, wird dort beraten. Erst dann kann er in den Landtag. Ich will mich nicht zu weit hinauslehnen. Wenn die Einbringung im Mai 2010 gelingt, dann ist es gut. Wenn es erst im Juni 2010 etwas wird, werden wir uns wahrscheinlich erst nach der Sommerpause damit richtig beschäftigen können.

Eine kleine kritische Würdigung des Gesetzentwurfes der FDP möchte ich trotzdem noch anfügen. Die Einführung einer gesetzlichen Fachkraftquote von grundsätzlich mindestens 50 %, die unangemeldeten jährlichen Heimbegehungen durch die Heimaufsicht, die Veröffentlichung der wesentlichen Feststellungen der Prüfberichte, die Einführung einer Experimentierklausel zur Erprobung neuer Wohnformen - all das sind doch wirklich keine bahnbrechenden Neuerungen. Etwa die Fachquote war bereits in der Heimpersonalverordnung geregelt und ist schon seit Jahrzehnten geltendes Recht.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

- Richtig. - Auch die jährlichen Heimbegehungen führt die Heimaufsicht seit jeher durch. Davon erfolgt - ich habe einmal nachgefragt - mindestens ein Drittel der Begehungen unangemeldet. Man könnte die Quote noch höher setzen, aber zumindest ist ein Drittel unangemeldet und die unangemeldeten Begehungen sind nicht nur Randerscheinung. Die Experimentierklausel gibt es schon seit 2002 in Gestalt des § 25a des Heimgesetzes.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Noch einmal zu dem eingangs Gesagten: Trotzdem bietet der vorliegende Gesetzentwurf gute Voraussetzungen für eine zielführende Diskussion.

Jetzt noch einmal zu dem Wort „Heimgesetz“ und zu der Frage, weshalb wir das so kritisch sehen. Vielleicht ist das auch an Ihre Ohren gedrungen.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Das habe ich gestern gehört!)

Das Wort „Heimgesetz“ ist bei vielen Leuten, auch älteren Leuten negativ belegt. Sie sagen, das ist der letzte Ort, zu dem man geht, wo man nicht mehr oder nur noch wenig selbst bestimmen und nur noch manche Dinge selbst regeln kann. Vieles macht der Träger. Das ist sozusagen der letzte Weg, bei dem man aus der häus

lichen Umgebung heraus muss, weil es so nicht mehr geht.

Wenn man die nicht selbstbestimmten Wohngemeinschaften - meinetwegen auch die selbstorganisierten Wohngemeinschaften; so weit gehen Sie aber nicht - unter den Begriff „Heim“ subsumiert, dann, denke ich, wird damit das deutlich, was die Bewohnerinnen und Bewohner gerade nicht wollen. Sie wollen ihre häusliche Umgebung. Sie wollen, dass der Pflegedienst dorthin kommt. Sie wollen gerade nicht in ein Heim, wollen auch nicht unter den Begriff eines Heimes subsumiert werden.

Daher bitte ich, das außen vor zu lassen; denn dahinter steht eine Regelung, zu der man sagt: Diese ist sozusagen aus dem letzten Jahrhundert, als man über Heime generell so geredet hat, dass man dort betreut wird und dass dort aufgepasst werden muss. Mit diesem Begriff werden Abhängigkeit und Fürsorge assoziiert.

Ich gebe auch zu - das, was ich jetzt sage, ist unabgestimmt -, dass mich der Begriff „Bewohnerschutzgesetz“, als ich ihn gelesen habe, auch nicht freudig erregt hat; denn unter dem Begriff „Schutzgesetz“ kann man sich sicherlich vieles vorstellen, aber man weiß nicht, wovor man geschützt werden soll. Vielleicht hat der Ausschuss kreative Ideen, wie man das Gesetz nennen kann.

Seit dem 1. Januar hat auch Rheinland-Pfalz ein neues Gesetz. Das nennt sich Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe. Manchmal gibt es auch kurze und bündige andere Formulierungen. Vielleicht sind wir da findig genug.

Ansonsten, finde ich, sollten wir den Gesetzentwurf in den Ausschuss überweisen. Vielleicht kann sich der Ausschuss dazu durchringen, noch zu warten, bis der Gesetzentwurf der Landesregierung kommt. Dann können wir darüber gemeinsam beraten und einige Regelungen, die vielleicht noch zu kurz greifen, übernehmen. Zumindest kann es gemeinsam gehen. Ich glaube, das kann am Ende ein gutes Ergebnis werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Borg- wardt, CDU)

Danke sehr, Herr Minister. Sie haben Ihr Wort gehalten. Sie haben die Redezeit nicht überzogen.

(Heiterkeit)

Jetzt folgt eine Fünfminutendebatte. Als erster Debattenredner spricht der Abgeordnete Herr Rotter für die CDU.

(Herr Gürth, CDU: Wer zu lange redet, kommt ins Heim!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Hüskens, Sie erwähnten es: Seit Ende des Jahres 2006 ist es infolge der Föderalismusreform allen Bundesländern aufgegeben worden, das Heimrecht in ihrem Zuständigkeitsbereich eigenständig zu regeln.

In einigen Bundesländern haben die Aktivitäten schon zur Verabschiedung entsprechender Gesetze geführt. So haben zum Beispiel Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Brandenburg und das Saarland landesgesetzliche Regelungen in Kraft

gesetzt. Nach Aussagen des Herrn Ministers befindet sich auch unser Bundesland sozusagen auf der Zielgeraden bei der Schaffung einer Nachfolgeregelung für das Bundesgesetz.

Meine Damen und Herren! Um aber bei dem Bild mit der Zielgeraden zu bleiben: Auch mit dem Ziel vor Augen ist jeder Sportler bemüht, weder technische noch strategische Fehler zu begehen, um den Erfolg aller Bemühungen nicht zu gefährden. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die Schwerpunktsetzungen im Gesetzgebungsverfahren zur Schaffung eines Bewohnerschutzgesetzes für unser Land zu sehen. Darum kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, wie Sie, hochverehrte Kollegin Dr. Hüskens, zu der Vermutung kommen, die CDU-SPD-Koalition würde angesichts des heraufziehenden Wahlkampfes kein vernünftiges Heimgesetz mehr zustande bringen.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Ich denke, wir werden Sie eines Besseren belehren.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Liebe Kollegin Dr. Hüskens, wir, die Koalitionsfraktionen, sehen uns in der Pflicht, für eine große Zahl von Bewohnerinnen und Bewohnern in unseren Alten- und Pflegeheimen sowie in anderen gemeinschaftlichen Wohnformen Regelungen zu schaffen, die es ihnen gewährleisten, in Würde und Selbstbestimmung Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu haben, und die ihnen eine hohe Lebensqualität sichern.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP - Oh! bei der SPD)

- Na, na! - Dabei - das möchte ich betonen - geht meiner Meinung nach Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Um es kurz zu verdeutlichen und vielleicht etwas bildlich darzustellen: Da neben Handball im Moment Wintersport ja durchaus angesagt ist und ich Biathlon für einen richtig tollen Sport halte, möchte ich versuchen, insoweit einige Parallelen zu ziehen. Um am Ende erfolgreich zu sein, ist es beim Biathlon wichtig, schnell zu laufen und zu schießen, aber auch möglichst wenig Fehlschüsse zu landen. Vielleicht ist der Vergleich mit einer Biathlonstaffel nicht ganz treffend, aber ich möchte ihn doch heranziehen.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Erst einmal sollten wir das Gesetz als eine Art gemeinschaftliches Unterfangen betrachten.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, haben Ihren Gesetzentwurf vorgelegt, haben damit ziemlich schnell geschossen, aber nicht hundertprozentig getroffen.

(Zustimmung bei der SPD)

Diese Behauptung möchte ich an einem kurzen Beispiel erläutern. Das Land Rheinland-Pfalz hat in seinem Gesetz über Wohnformen und Teilhabe - - Ich habe das jetzt ein bisschen verkürzt, Herr Minister. Frau Dr. Hüskens, darin gebe ich Ihnen durchaus Recht, die Länder waren echt kreativ in der Namensgebung und ich hatte Probleme, die Gesetze beim Googeln zu finden. Vielleicht könnten wir uns im Ausschuss bei den anregenden Diskussionen noch auf eine neue Namensgebung für unser Gesetz einigen.

Wie gesagt, das Land Rheinland-Pfalz hat verbindliche Regelungen zur Öffnung der Einrichtungen in das Gemeinwesen, auf dessen Territorium sie sich befinden, geschaffen. Die Einbeziehung von Angehörigen, von bürgerschaftlich Engagierten, von Institutionen des Sozialwesens, der Kultur und des Sports zur Unterstützung der Bewohnerinnen und Bewohner bei deren gleichberechtigter Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird von den Trägern der Einrichtungen gefordert.