Es kann nicht die Aufgabe des Staates sein, die so genannten Aufstocker, die eine Vollbeschäftigung haben, durch Sozialtransfers zusätzlich zu unterstützen. Es kann also nicht sein, dass diese Menschen vom Staat noch zusätzlich Geld bekommen, damit sie einigermaßen anständig leben können. Das ist, wie gesagt, nicht die Aufgabe des Staates, sondern es ist die Aufgabe der Unternehmen, ihre Beschäftigten so zu bezahlen, dass sie davon leben können.
Wie ist das zu erreichen? - Ich brauche Ihnen das nicht zu sagen. Dieser Streit ist so alt wie die Wahlperiode, in der wir uns jetzt befinden. Das ist das Thema Mindestlöhne. Wir als Sozialdemokraten sind natürlich für Mindestlöhne.
Wir sind auch für Tariflöhne in Sachsen-Anhalt; denn wir haben in Sachsen-Anhalt Tariflöhne, die teilweise - Sie kennen die Beispiele von Frisören und von anderen Berufen - bei 4 € und weniger liegen. Das ist nicht akzeptabel. Wie soll man denn davon vernünftig leben können?
Wir brauchen also mehr Beschäftigung und vor allem, Herr Minister Haseloff, mehr gute Beschäftigung, damit die Chance besteht, mit der eigenen Arbeit den eigenen Unterhalt bestreiten zu können. Ich bin deswegen auch dafür, dass wir uns zu den anderen 20 europäischen Ländern gesellen, die flächendeckende Mindestlöhne haben.
Was wir nicht brauchen - darin stimme ich mit Herrn Czeke überein -, sind brutalstmögliche Angriffe aus Hes
sen gegenüber Langzeitarbeitslosen. Natürlich gibt es auch bei den Langzeitarbeitslosen den einen oder anderen, der dieses Thema ausnutzt und als schwarzes Schaf bezeichnet werden kann.
Aber es ist eine bösartige Diffamierung, sozusagen pauschal über alle Langzeitarbeitslosen herzuziehen.
Zweitens. Wir brauchen eine neue Bildungspolitik, die mehr Chancengleichheit und mehr Gerechtigkeit schafft. Noch ist es so, dass zum großen Teil die soziale Herkunft über den Beruf entscheidet. Von 100 Kindern von Akademikern erreichen 83 eine Hochschule, von Nichtakademikerkindern nur 23. Diese sind nicht per se dümmer, sondern sie haben eben nur schlechtere Chancen. Daran müssen wir etwas ändern.
Drittens. Wir brauchen einen aktiven, einen vorsorgenden, allerdings auch einen - dazu stehe ich - aktivierenden Sozialstaat, der jedem die Chance gibt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Die Pläne der schwarz-gelben Regierung, die in Berlin doch sehr abenteuerliche steuerpolitische Pläne umzusetzen angefangen hat,
begrenzen natürlich die Handlungsfähigkeit des Staates und setzen die Axt gerade in den Bereichen an, in denen wir dies für schädlich halten. Die Philosophie von Schwarz-Gelb in diesem Zusammenhang ist natürlich: Nur die Starken können sich einen schwachen Staat leisten. Dazu stehen wir nicht. Wir sehen es so: Der Staat muss für die Schwachen genauso da sein wie für die Starken.
Wir brauchen dazu auch ein starkes und ein soziales Europa. In diesem soll der Mensch und nicht die Wirtschaft im Mittelpunkt stehen.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer brauchen in Europa klare Rechte. Der Vertrag von Lissabon hat ihnen stärkere Rechte zugewiesen. Ich bin froh darüber, dass wir den Vertrag von Lissabon jetzt in Kraft gesetzt haben.
Ich will zum Schluss ein Zitat von Willy Brandt, der auch einmal Europaabgeordneter gewesen ist, vom 19. Juli 1979 vorlesen. Willy Brandt hat damals im Parlament gesagt:
„Es gehört uns allen, dieses Europa. Es ist uns gemeinsam anvertraut. Es stellt uns weiterhin vor gemeinsame Aufgaben. Was wir anstreben, ist eine Gesellschaft, die frei ist von Furcht, mit Hoffnung und vernünftigen angemessenen Chancen für die junge Generation, die auf uns blickt und uns folgen wird.“
Vielen Dank, Herr Tögel. - Nun erteile ich Herrn Kosmehl das Wort, um für die FDP-Fraktion zu sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Tögel, auch Sie konnten es sich wie Ihre Vorredner aus den Reihen der Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt nicht verkneifen, abseits des zu behandelnden Themas noch einmal auf das Steuerrecht und die Steuerentlastungen einzugehen.
Herr Tögel, ich hätte mir gewünscht, dass Sie gerade vor dem Hintergrund dieser Debatte, die wir zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung führen, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarzgelben Bundesregierung in seiner Gesamtheit bewertet hätten
Das sind die sozialpolitischen Instrumente, die wir auch in Zukunft in die Politik stärker einbringen wollen,
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich die Zahlen, gerade auch die statistischen Zahlen anschaut, der wird feststellen, dass das Armutsrisiko bei Alleinstehenden und Alleinstehenden mit Kindern um ein Vielfaches höher ist als bei den Familien.
Wenn wir also Familien stärken, wenn wir Familien als Gesellschaft anerkennen und wenn wir dabei helfen, dass Familien auch die finanziellen Mittel zur Verfügung haben, um für ihre Kinder, aber auch für die Familie etwas auszugeben, dann ist das besser als wegzugucken, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE - Herr Gallert, DIE LINKE: Die einen sind arm, deswegen helfen wir den anderen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt komme ich zu dem nächsten Punkt. Herr Gallert, die LINKE und die FDP haben in diesem Punkt eine unterschiedliche Herangehensweise.
Während Sie einzig und allein auf die Höhe von sozialen Transferleistungen und auf die Frage, wie man diese erhalten kann, gucken, schauen wir auf die andere Seite
und überlegen, wie wir Rahmenbedingungen schaffen können, dass Arbeitsplätze entstehen, dass Arbeitsplätze gesichert werden,