Protocol of the Session on December 10, 2009

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Tull- ner, CDU)

Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf, dem die Mehrheit heute zustimmen wird, wird nun endlich der Weg für eine Privatisierung frei gemacht, wenn es bislang auch nur ein Feldweg und noch keine Straße ist. Das haben die Handelnden in diesem Bereich in den letzten Monaten bei den laufenden Verkaufsverhandlungen schmerzlich feststellen müssen.

Ich sage ganz offen, ich hätte mir persönlich eine Reihe von Regelungen vorstellen können, die weiter gehen, bis

hin zu der Frage, ob wir gerade angesichts der schlechten Marktbedingungen, die es derzeit gibt, Konzessionen ohne Standortbindungen hätten anbieten sollen. Dazu haben Sie sich nicht durchringen können. Deshalb haben Sie auch damit zu kämpfen, dass es auf dem Markt nur eine geringe Nachfrage gibt.

Die Veräußerung selbst halte ich für mehr als überfällig. Fiskalisch kommt sie deutlich zu spät, was dem Landeshaushalt einen Schaden von bis zu 15 Millionen € einträgt, für den Sie die Verantwortung tragen.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben die Veräußerung, die bereits vorbereitet gewesen ist, im Jahr 2006 gestoppt. Das war zu einem Zeitpunkt, als das Marktumfeld noch deutlich besser war als heute. Sie haben dann, als Sie entschieden haben, nicht zu verkaufen, Investitionen nicht getätigt, was dazu geführt hat, dass heute ein erheblicher Investitionsstau vorhanden ist, was den Verkauf wiederum schwieriger macht.

Sie haben auch eine ganze Reihe von Marktentwicklungen nicht beobachtet, nicht nachvollzogen. Ich erinnere nur an das Pokerspiel, das im Augenblick d a s angesagte Glücksspiel ist. Sie versuchen erst jetzt, es zu kanalisieren. Zuvor haben Sie es meiner Meinung nach fahrlässig dem Internet überlassen. Sie haben auch, etwa mit dem Nichtraucherschutzgesetz, die Marktlage weiter verschlechtert; diese Diskussion haben wir auch mehrfach geführt. Sie haben im Endeffekt die Situation unserer Spielbanken im laufenden Jahr deutlich verschlechtert.

Mit der Gesetzesnovelle, die parallel zu den Verkaufsverhandlungen diskutiert worden ist, haben Sie den Verhandlungsführern nicht gerade ein scharfes Instrument, sondern mehr ein stumpfes Schwert an die Hand gegeben. Die Diskussionen in den letzten Tagen und Wochen haben das sehr deutlich gezeigt. Wir sind alle nicht sicher, dass es bis zum Jahresende zu einer Veräußerung kommt. Wir hoffen das alle, natürlich auch im Interesse des Personals an den drei Standorten.

Meine Damen und Herren! Ich bin mir leider sicher, dass wir das Spielbankengesetz in dieser Legislaturperiode nicht zum letzten Mal diskutieren. Wahrscheinlich werden wir im Laufe des nächsten Jahres das Gesetz erneut ändern müssen, um nachzubessern. Das hätten wir sicherlich besser haben können. Wir hätten ein deutlich liberaleres Spielbankgesetz haben können. Das wollen Sie nicht.

Deshalb bleibt mir eigentlich nur die Hoffnung, dass wir bis zum Jahresende mit den verbliebenen Kaufinteressenten zu einer Entscheidung kommen, sodass wir zum Jahresende neue Eigentümer im Spielbankenbereich haben und dass sich die staatlichen Stellen zukünftig auf die Kontrolle konzentrieren. Ich hoffe, dass sie diese Aufgabe gut bewältigen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Jetzt erteile ich Herrn Rothe von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Hüskens, wenn man bedenkt,

dass Ihre Fraktion vier Jahre lang den Finanzminister gestellt hat und in dieser Zeit nichts weiter veranlasst wurde als ein teures Gutachten, dann finde ich Ihre Kritik doch ein wenig vollmundig.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Das lag aber weniger an uns als an unserem Koalitionspartner! - Herr Tullner, CDU: Nein, das lag wirklich an der FDP an dieser Stelle! - Zuruf von Herrn Miesterfeldt, SPD)

- Zu Ihrem damaligen Koalitionspartner äußere ich mich lieber nicht, Frau Dr. Hüskens.

Ich komme zum Thema. Das ist das Ordnungsrecht, das ist die Innenpolitik. Mit der heute zur Abstimmung stehenden Beschlussempfehlung des Innenausschusses soll ein ordnungsrechtlicher Rahmen für den künftigen Spielbankenbetrieb in Sachsen-Anhalt geschaffen werden. Dieser Rahmen wird nicht mit Blick auf konkrete Investoren gesetzt. Vielmehr geht es darum, einerseits das wirtschaftliche Betreiben von Spielbanken zu ermöglichen und andererseits der Gefahr zu begegnen, dass der Spieltrieb angeheizt wird.

Von daher ist es sachgerecht, wie in § 12 des Gesetzentwurfes geschehen, dass dem Unternehmer bei einem geringen Bruttospielertrag ein relativ hoher Anteil davon verbleibt. Genauso richtig finde ich die in dem Gesetzentwurf vorgesehene gestaffelte Erhöhung des Abgabesatzes bei steigenden Gewinnen. Eine übermäßige Renditeerwartung zu nähren, stünde im Gegensatz zu dem Ziel, dass Spielbanken nur so weit und in einer Art und Weise vorgehalten werden sollen, wie es angemessen ist, um den natürlichen Spieltrieb zu kanalisieren.

Wir haben in den Beratungen des Ausschusses eine Änderung an anderer Stelle des Gesetzentwurfes vorgenommen, damit mögliche Investoren einen Anreiz dafür haben, sich in Sachsen-Anhalt zu engagieren: Wie dem Vorbericht des Gesetzentwurfes der Landesregierung zu entnehmen ist, haben sowohl die Industrie- und Handelskammer Magdeburg als auch der Landesrechnungshof angeregt, die Befristung der Zulassungen auf 15 Jahre zu verlängern. Diese Empfehlung haben wir uns im Innenausschuss zu eigen gemacht.

Wenn die Zulassung statt für einen Zeitraum von zehn Jahren für einen Zeitraum von 15 Jahren erteilt wird, dann bietet dies einem potenziellen Investor für einen längeren Zeitraum Planungssicherheit. Dies kann auch zu der Bereitschaft führen, einen höheren Kaufpreis zu entrichten.

Eine weitere Änderung, die wir in den Beratungen des Ausschusses vorgenommen haben, beinhaltet, dass die Zahl der Spielbanken und der Zweigstellen insgesamt nicht mehr als sechs betragen darf. Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung die Gemeinden zu bestimmen, in denen der Betrieb von Spielbanken oder Zweigstellen zugelassen wird. Dabei wird auf das Ziel Bezug genommen, Glücksspiele mit besonderem Gefährdungspotenzial zu überwachen, und auf die Ziele, die in § 1 des Glücksspielstaatsvertrages definiert sind. Ich darf zitieren:

„Ziele des Staatsvertrages sind

erstens, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen,

zweitens, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,

drittens, den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten,

viertens sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.“

Meine Damen und Herren! Diese Ziele des Staatsvertrages aus dem Jahr 2007 kann man auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu gewerblichen Sportwetten vom 28. März 2006 zurückführen, in deren Begründung die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht als ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel beschrieben wird. Das Gericht fordert eine konsequente Ausrichtung am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und von problematischem Spielverhalten und der Begrenzung der Spiel- und Wettleidenschaft.

Das Bundesverfassungsgericht wiederholte in dieser Entscheidung seine Feststellung im Spielbankenbeschluss, wonach es ein legitimes Ziel ist, einen erheblichen Teil der Einnahmen von Spielbanken Gemeinwohlzwecken zuzuführen. Diese über die sonst üblichen Steuersätze hinausgehende Abschöpfung von Mitteln ist nach Auffassung des Gerichts sowohl zur Verteuerung und damit Reduzierung des Angebots wie zum Ausgleich besonders hoher Gewinnmöglichkeiten gerechtfertigt.

Ob vor diesem Hintergrund ein Las Vegas des Ostens möglich sein wird, darf aus innenpolitischer Sicht bezweifelt werden. Ich räume ein, dass man das aus finanzpolitischer Sicht anders sehen kann, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Kosmehl, FDP, meldet sich zu Wort)

Vielen Dank. Möchten Sie eine Frage von Herrn Kosmehl beantworten, Herr Rothe?

(Herr Kosmehl, FDP: Es ist nur eine Zwischen- intervention!)

- Es ist eine Zwischenintervention. Sie können aber trotzdem darauf antworten, wenn Sie Lust haben. Bitte, Herr Kosmehl.

Herr Kollege Rothe, ich mache mir Ihre Aussage, dass Sie den Inhalt des Gesetzes nicht mit Blick auf mögliche Investoren geändert hätten, insbesondere vor dem Hintergrund Ihres Änderungsantrages im Innenausschuss ausdrücklich nicht zu eigen, sondern widerspreche dem ausdrücklich.

Möchten Sie dazu etwas sagen, Herr Rothe? Das dürften Sie jetzt.

Herr Kollege Kosmehl, ich habe keine anderen Erkenntnisse über die Gespräche oder sonstigen Verfahrensweisen in dem Ausschreibungsverfahren gewonnen als die, die in den Zeitungen standen und im Ausschuss geäußert worden sind. Insofern basieren unsere Entscheidungen auf genau derselben Erkenntnisgrundlage.

Vielen Dank. - Nun erteile ich Herrn Grünert das Wort, um für die Fraktion DIE LINKE zu sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der Einbringung des Gesetzentwurfes am 19. Februar hat sich bei der Ausgestaltung des Gesetzentwurfes nicht wirklich Erhebliches getan. Deshalb lassen Sie mich zu der nun vorliegenden Beschlussempfehlung nochmals die grundsätzlichen Standpunkte der Fraktion DIE LINKE vortragen.

Obwohl der Innenminister in der Februartagung des Hohen Hauses der ordnungspolitischen Sicht den Vorrang eingeräumt hat, weise ich darauf hin, dass die ordnungsrechtlichen Bedingungen dem wesentlichen Ziel unterzuordnen sind, nämlich der Bekämpfung von Spiel- und Wettsucht, dem Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften seitens der Wettanbieter sowie dem Schutz vor irreführender Werbung und Ähnlichem. Das hat der Minister in seiner Rede vorhin auch dargestellt.

Dies, meine Damen und Herren, ist eigentlich der Ausgangspunkt, von dem sich ableiten lässt, ob diese Zielstellung durch die Aufrechterhaltung eines Staatsmonopols oder durch die Zulassung von privaten Dritten erreicht werden kann.

Bereits in der ersten Lesung hat mein Fraktionskollege Herr Guido Henke darauf hingewiesen, dass der vorliegende Gesetzentwurf nichts weiter darstelle als ein aufsichtsrechtlich verbrämtes Verkaufsgesetz, welches durch die Zuführung von 3 Millionen € Landesmitteln an die Spielbanken als Finanzspritze für eine Privatisierung „aufgehübscht“ wurde.

Seit Jahren sind erhebliche Einnahmeeinbußen bei der Spielbankenabgabe zu verzeichnen, allein in den Jahren von 2002 bis 2007 ein Rückgang von 6,715 Millionen € auf 3 Millionen € gemäß Haushaltsansatz 2007. Dies ist insofern erstaunlich, als andere Länder mit vergleichbaren Spielbanken mehr als 30 % ihrer Gesamteinnahmen aus dem Glücksspiel aus der Spielbankenabgabe erzielen. Offensichtlich war die Entscheidung zur Errichtung der Spielbank Wernigerode, Automatenspiel, eine Fehlentscheidung, da die Kredittilgung eine erhebliche Belastung der anderen Spielbanken darstellt und deren Betriebsergebnis offensichtlich negativ beeinflusst.

Das Gutachten des damaligen Finanzministers Paqué ging noch von einem Verkaufserlös in Höhe von mindestens 2,608 Millionen € aus, ohne Berücksichtigung möglicher Ansprüche aus der Personalbewirtschaftung und der Kosten des Gutachtens.

Stellt man der Finanzspritze des Landes den zu erzielenden Privatisierungsgewinn gegenüber, dann wird sichtbar, dass dieser Schritt zu erheblichen Verlusten beim Land führen wird. Offen sind nach wie vor die eventuellen Steuernachforderungen bei der Spielbank

Halle sowie die Kostenverrechnung des Beratervertrages zur Spielbankenprivatisierung.

Die in dem Prüfbericht des Landesrechnungshofes aufgezeigten Abwicklungskosten in Höhe von 6 bis 7 Millionen € schwächen die Verhandlungsposition des Landes zusätzlich zugunsten privater Erwerber.

Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung wird privaten Erwerbern der Betrieb der Spielbanken erleichtert, sei es durch die Streichung des Gebotes der räumlich getrennten Veranstaltung von Tisch- und Automatenspielen oder auch die Ersetzung der Abgabe in Höhe von 70 % des Bruttospielertrages durch eine bruttospielertragsbezogene Spielbankenabgabe und eine ergebnisbezogene Zusatzabgabe.

Ohne eine Evaluierung dieser finanzpolitischen Erleichterungen auch bei einem Fortbestand landeseigener Spielbanken, der Ausweitung des Spielangebotes durch mehr Zweigstellen, der Ausschreibung von Konzessionen und/oder der Verlängerung des Öffnungszeiten ist nicht nachvollziehbar, warum das Land auf einer Privatisierung der Spielbanken beharrt.

Offen bleiben die Fragen des Personalübergangs sowie der Übernahmegarantie der Ausbildungsverhältnisse und Auszubildenden. Deren Berücksichtigung fordern wir hiermit nochmals energisch ein.

Auch die Auswirkungen des von einem privaten Investor geplanten Projektes in Vockerode als möglicher Konkurrent für die bestehenden Spielbanken sind bisher nicht abbildbar.