Protocol of the Session on December 10, 2009

Ich begrüße es, dass das von der Landesregierung dafür ausgewählte Landesverwaltungsamt nunmehr ausdrücklich in Artikel 1 des Entwurfs als Einheitlicher Ansprechpartner für das Land Sachsen-Anhalt benannt worden ist. Diese Lösung kann sich im Ländervergleich sehen lassen, weil wir damit die Schaffung eines Kompetenzzentrums erreichen sowie angemessen und flexibel bei der Personalausstattung vorgehen können.

Die Evaluierung dieser Entscheidung im dritten Quartal 2012 war, wie Sie der Gesetzesbegründung entnehmen können, von der Landesregierung geplant. Es ist also konsequent, dass Sie die Evaluierung ausdrücklich in den Gesetzestext aufgenommen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz schaffen wir die rechtlichen Voraussetzungen für einen verlässlichen Behördenservice aus einer Hand. Dieser wird Dienstleister bei ihren Vorhaben individuell unterstützen. Er tritt quasi an die Stelle des Unternehmers und koordiniert für ihn nahezu alle Genehmigungsverfahren. Obendrein stellen wir den Unternehmen die für ihre Vorhaben erforderlichen Informationen und Formulare online zur Verfügung und ermöglichen ihnen, falls gewünscht, die Abwicklung sämtlicher dafür notwendigen Verfahren und Formalitäten in elektronischer Form.

Ebenfalls mit Augenmaß wird die europäische Verwaltungszusammenarbeit zwischen unseren Behörden und den Behörden der EU-Mitgliedstaaten mit diesem Gesetz umgesetzt. Wir haben hierbei eine Organisationsstruktur gewählt, die gegenüber den zu erwartenden Fallzahlen angemessen ist und deshalb einen überbordenden Schulungs- und Koordinationsaufwand zu vermeiden hilft.

Die übrigen Gesetzesänderungen und die Neufassung des Dolmetschergesetzes tragen ebenfalls der Zielstellung der Richtlinie angemessen Rechnung, die Aufnahme und die Erweiterung von Dienstleistungstätigkeiten zu fördern, indem Verfahrenshürden abgebaut und für die Behörden bindende Bearbeitungsfristen eingeführt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie um die Verabschiedung des Gesetzentwurfes, damit die Frist gegenüber der Europäischen Union eingehalten werden kann.

Ich danke allen Fraktionen nochmals für die intensive Mitarbeit. Ich gebe zu, dass der Entwurf in den letzten Monaten unter zeitlichem Druck beraten werden musste. Sie können aber davon ausgehen, dass das nicht nur dem Wirtschaftsministerium oder der Landesregierung geschuldet war, sondern dass die vorgeschalteten Prozesse mit den Kammern und Verbänden ebenfalls sehr arbeitsintensiv waren und diese Zeit einfach für sich in Anspruch genommen haben, sodass wir in Teilen fremdbestimmt waren. - Herzlichen Dank. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Haseloff. - Es folgt die Debatte der Fraktionen. Für die FDP-Fraktion spricht Herr Franke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade noch rechtzeitig wird der Landtag heute das Gesetz zur Umsetzung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie verabschieden. Bis zum 28. Dezember muss die Umsetzung erfolgen. Das haben wir nun gerade so geschafft. Ein Grund dafür, jetzt in Selbstzufriedenheit zu verfallen, ist das allerdings nicht.

Bereits im vergangenen Jahr, am 23. September 2008, hat sich das Kabinett für das Mittelbehördenmodell entschieden, also die Verortung des Einheitlichen Ansprechpartners beim Landesverwaltungsamt. Damals hat man sich gerühmt, sich im Vergleich zu anderen Ländern sehr früh entschieden zu haben. Die Einbringung des Gesetzentwurfes in den Landtag erfolgte aber erst ein Jahr später.

Trotz der Kürze der Zeit und der gleichzeitig laufenden Haushaltsberatungen haben wir uns dem Gesetzeswerk intensiv zugewandt. Im Gegensatz zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung wird in dem Gesetzestext nun explizit geregelt, dass das Landesverwaltungsamt der Einheitliche Ansprechpartner ist.

Diese Verortung mag man kritisieren oder nicht; jetzt noch darüber zu streiten ist müßig. Wichtig ist für uns als Parlamentarier, ein Gesetz zu verabschieden, das keine intransparente Verordnungsermächtigung enthält, sondern dem jeder Bürger eindeutig entnehmen kann, wer der Einheitliche Ansprechpartner ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie ich bereits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes ausgeführt habe, gibt es in Deutschland einen bunten Strauß von Verortungsmöglichkeiten. Dieser reicht vom Allkammermodell über die kommunale Lösung bis hin zur Anstalt öffentlichen Rechts. Diese Vielfalt sorgt natürlich dafür, dass von der Idee der Einheitlichkeit nicht viel übrig bleibt. Gleichzeitig bietet sie aber auch eine Chance.

Da niemand abschätzen kann, wie groß der Ansturm auf den Einheitlichen Ansprechpartner letztlich sein wird, muss es eine Evaluierung geben. Auch dies steht nun in dem Gesetzentwurf. Hierbei wird es darauf ankommen, nicht nur das Landesverwaltungsamt selbst zu begutachten, sondern auch den Vergleich mit anderen Ländern zu suchen. Selbst wenn das Landesverwaltungsamt seine Aufgaben zufriedenstellend bewältigt, kann eine andere Verortung durchaus sinnvoll sein, nämlich für den Fall, dass es in anderen Bundesländern noch besser läuft und die Dienstleister noch zufriedener damit sind.

Dann hätte diese Vielfalt auch Ihren Sinn gehabt, nämlich als Experimentierphase, in der sich die beste Lösung herauskristallisieren kann. Wir als FDP hoffen, dass dies auch tatsächlich geschieht. Sicher sind wir uns dagegen, dass wir uns bereits vor dem in dem Gesetzentwurf festgeschrieben Zeitpunkt, dem zweiten Quartal 2013, erneut mit der Thematik der Umsetzung des Gesetzes im Land befassen werden. - Danke.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Franke. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Miesterfeldt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ging uns wie Bayern München: Wenn es sein muss, dann klappt es auch;

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

- jetzt haben die Fans geklopft, ich nicht - und so haben wir zu diesem Gesetzentwurf zügig die heutige Beschlussempfehlung vorgelegt.

Meine Vorredner haben alles gesagt. Deshalb beziehe ich mich auf zwei Zitate, die ich gefunden habe, und füge ein Drittes hinzu. Bei einer Diskussion zu diesem Thema im Jahr 2007 sagte der damalige Kollege Herr Paqué:

„Der Wettbewerb ist ein wesentliches Instrument, um etwas für die Menschen zu tun.“

Von Frau Bull kam der Zwischenruf:

„Aber mit Herz!“

Beidem ist zuzustimmen: sowohl dem Wettbewerb, um etwas für die Menschen zu tun, als auch dem, es mit Herz zu tun.

Drittens ist heute hinzuzufügen: aber in der nun klaren überschaubaren Regelung in den Richtlinien.

Ich zitiere abschließend sinngemäß den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes. Er hat gesagt: Wir sind bereit, am 28. Dezember die Aufgaben zu übernehmen, wenn bis dahin auch noch einiges zu tun ist. - Dem ist nichts hinzuzufügen außer dem, dass wir uns selbst die Aufgabe gestellt haben, das Gesetz zu gegebener Zeit zu evaluieren. Das werden wir auch tun. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Miesterfeldt. - Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Dr. Thiel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Miesterfeldt, ich glaube, das war weniger ein Spiel wie Juventus Turin gegen Bayern München, sondern vielmehr ein Spiel mit Verlängerung, und die entscheidenden Tore sind in der Verlängerung gefallen.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Das Thema EU-Dienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt haben wir bereits im Jahr 2007 auf die Agenda gesetzt. Es gab damals, am 14. Februar 2007, einen gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen und der Fraktion DIE LINKE - damals noch Linkspartei.PDS - mit dem Ziel, dieses Projekt aktiv zu begleiten. Das, was dann von September bis Dezember dieses Jahres passiert ist, war dann sozusagen der Verlängerungszeitraum, in dem mit allergrößter Hektik versucht worden ist, die gesetzlichen Regelungen zu schaffen.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Das Dilemma, das wir dabei gesehen haben, haben wir immer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Wir hatten die Sorge, dass bei der Umsetzung der EUDienstleistungsrichtlinie keine flankierenden Maßnahmen beim Thema Sicherung von Sozial- und Qualitätsstandards umgesetzt werden. Das haben wir in den Ge

sprächen im Wirtschaftsausschuss immer wieder angemahnt. Wir haben immer wieder kritisch darauf geachtet, dass das, was beim Normenscreening passiert, nicht die Forderungen konterkariert, die wir damals, im Februar 2007, erhoben haben.

Über das Verfahren ist bereits mehrfach diskutiert worden, aber das Problem, das eigentlich dahinter steht, ist, dass ein umfassendes Normenscreening vielleicht stattgefunden hat, dass sich dessen Ergebnis in dem vorliegenden Gesetzentwurf nach unserer Auffassung aber nur in unzureichendem Maße widerspiegelt.

Die Kollegen Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass es unwahrscheinlich schwierig war, im bundesdeutschen Kontext zu einheitlichen Regelungen zu kommen.

Im Moment ist es so, dass beim Thema Einheitlicher Ansprechpartner, wenn man sich die Bundesländer anschaut, ein bunter Flickenteppich vorhanden ist. Sachsen-Anhalt ist eines der wenigen Länder, die europarechtskonform gehandelt haben, was das Thema Einheitlicher Ansprechpartner betrifft, wobei ich kritisch anmerken möchte, dass wir schon nach dem Kabinettsbeschluss gesagt haben, dass wir die Verortung beim Landesverwaltungsamt für nicht richtig halten. Wir haben immer für ein gemischtes Modell unter Einbeziehung der Kammern und der Landkreise plädiert.

Wir haben nach wie vor das Dilemma, wenn man sich den Gesetzentwurf anschaut, dass viele Punkte unserer Auffassung nach noch nicht endgültig geklärt sind. Nun kann man sagen, jawohl, wir werden das Gesetz irgendwann einmal evaluieren; aber wir wurden bei der Anhörung von den Kommunen und den anderen Ansprechpartnern ja bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Kosten noch nicht bis in das letzte Detail hinein zu überschauen sind, sodass wir uns nicht sicher sind, ob in dem vorliegenden Gesetzentwurf tatsächlich alle Änderungen, die notwendig sind, aufgegriffen werden.

Wir haben während des Gesetzgebungsverfahrens in den Ausschüssen auch darüber diskutiert, dass in anderen Bundesländern offenbar noch mehr Vorschriften in das Normenscreening einbezogen worden sind. Wir vermissen zum Beispiel das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes, die Gaststättenverordnung, das Gesetz über die Heilberufe, das Schulgesetz oder das Sozialberufegesetz. In dieser Hinsicht ist in anderen Ländern in umfassenderem Maße vorgegangen worden. Vielleicht sind in anderen Ländern aber auch bestimmte Aspekte nicht berücksichtigt worden, die bei uns einbezogen worden sind.

In dem Gesetzentwurf wird außerdem nicht geregelt, wie der Einheitliche Ansprechpartner mit den nachgeordneten Behörden zusammenwirken soll.

Es ist nach unserer Auffassung unklar und noch nicht eindeutig geregelt, inwieweit der Dienstleistungserbringer auch die Möglichkeit haben kann, sich an die zuständigen Landkreisverwaltungen zu wenden. Wir reden oft über das Thema der elektronischen Kooperation und wissen oftmals, wenn gewisse Anfragen kommen, nicht, inwieweit die zuständige Kommune oder Verwaltung überhaupt in der Lage ist, über ein entsprechendes Informationsnetz auf die Anfragen des Dienstleistungserbringers zu antworten.

Das Problem ist - auch das ist in den Anhörungen noch einmal sichtbar geworden -, dass zum Beispiel auf Fra

gen bezüglich der Änderungen in der gemeindlichen Gebührenordnung noch nicht in ausreichendem Maße eingegangen worden ist. Hierzu haben uns vor allem die kommunalen Spitzenverbände auf einige Dinge hingewiesen. Auf diese Kritik hat die Landesregierung nach unserer Auffassung noch nicht in dem entsprechenden Maße reagiert.

Alles in allem stellen wir fest, dass es noch eine ganze Reihe zu schließender Lücken gibt. Dies erweckt oftmals den Eindruck, dass wir in der Zeit von September bis Dezember 2009 versucht haben, zumindest die Mindeststandards, die es auf europäischer Ebene einzuhalten gilt, mit dem Gesetzentwurf einzurichten.

In diesem Dilemma befinden wir uns. Deswegen hat unsere Fraktion in den jeweiligen Ausschüssen auch immer mit ablehnenden Meinungsäußerungen reagiert. Deswegen bleiben wir auch dabei, dass wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses zur Form des Gesetzes nicht zustimmen können.

Das hat nichts damit zu tun, dass wir in der Zukunft den Fragen der Umsetzung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie keine Beachtung mehr schenken wollen. Im Gegenteil: Wir werden das kommende Jahr vor allem noch einmal dazu nutzen, genau zu hinterfragen, inwieweit die Dinge in der Praxis umgesetzt werden. Da wird es sich zeigen, inwieweit Handlungsbedarf besteht oder ob die Sorgen, die man bezüglich der kostenmäßigen Erfassung von entsprechenden Anträgen hat, vielleicht unbegründet waren.

Zumindest sind wir der Auffassung, dass dem Problem bezüglich des vorliegenden Gesetzes mit dem, was die Dienstleistungsrichtlinie auszeichnet, nämlich mit der gleichen Holprigkeit und der gleichen Unausgewogenheit begegnet wurde. In diesem Sinne wünschen wir uns eine kritische Begleitung der Umsetzung des Gesetzes im nächsten Jahr in Sachsen-Anhalt. Wie gesagt: Aus unserer ablehnenden Haltung machen wir kein Hehl. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Bevor wir die Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion abschließen, haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stephaneum aus Aschersleben begrüßen zu können.