Protocol of the Session on June 19, 2009

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, dass dieser kurze Ausblick in unsere liberalen Vorstellungen zu einer perspektivischen Wirtschaftspolitik verdeutlicht hat, dass die FDP auch und gerade in Zeiten der Finanzkrise eine ganz andere Auffassung von Wirtschaftspolitik vertritt als die Damen und Herren von der LINKEN.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Das wundert mich! - Herr Tullner, CDU: Das beruhigt mich!)

Die Fördergelder werden weniger; das ist wohl wahr. Wir müssen uns darauf einstellen; das ist uns allen hier klar. Dazu brauchen wir aber den vorliegenden Antrag wahrlich nicht. - Danke.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Franke, für Ihren Beitrag. - Wir kommen jetzt zu dem Redebeitrag der Fraktion der CDU. Der Abgeordnete Herr Gürth hat das Wort.

(Herr Gürth, CDU, geht mit einem Stapel Papier in der Hand zum Rednerpult - Oh! bei der SPD - Frau Weiß, CDU: Oh! Was wird denn jetzt? - Herr Miesterfeldt, SPD: Ich gebe meine Rede dann zu Protokoll! - Heiterkeit bei allen Fraktionen - Herr Tullner, CDU: Die Zeit läuft! - Weitere Zurufe)

Aber, Herr Gürth, Sie wissen, dass Sie nur fünf Minuten Redezeit haben, ja?

(Heiterkeit)

Herr Gürth hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten - -

(Eine Saaldienerin ersetzt das Glas Wasser am Rednerpult)

- Das ist noch lecker; können Sie dalassen.

(Heiterkeit - Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Linksfraktion und das zur Einbringung Gesagte enthalten im Wesentlichen nur zwei Dinge. Deswegen habe ich auch diesen erschreckenden Stoß Papier mit zum Rednerpult gebracht.

(Der Redner hält den Stapel Papier hoch)

Das Erste ist: Sie fordern in Ihrem Antrag eine langfristige Planung, ein langfristiges Konzept zur Förderpolitik und unterstellen damit, dass es ein solches Konzept noch nicht gebe.

Sehr geehrter Herr Dr. Thiel, sehr geehrter Herr Kollege, allein das

(Der Redner hält den Stapel Papier erneut hoch)

beschreibt Förderpolitik in ihren Auswirkungen, und zwar in dem Bereich, in dem der größte Teil der Förderung finanziert wird.

(Zurufe von Herrn Tullner, CDU, und von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Wir haben mehr als 80 %, fast 90 % der gesamten Förderpolitik unseres Landes haushalterisch an Mittel der EU oder an Mittel des Bundes gebunden.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja!)

Für den Bereich der Wirtschaftsförderung bis hin zur Wissenschaftsförderung und zur Arbeitsmarktförderung sind das die operationellen Programme, die die Strukturfonds EFRE und ESF untersetzen.

Darüber hinaus gibt es das Bund-Länder-Programm der Gemeinschaftsaufgabe. Für dieses Programm existiert ein Gremium, das schon seit vielen Jahren in einem Rahmenplan langfristig festschreibt, was daraus zu fördern ist und was nicht. Das ist eine Bund-LänderVereinbarung; daran sind wir gebunden.

Bei all den anderen Dingen, die wir in Sachen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Arbeitsmarktförderung machen, sind wir im Wesentlichen auf die EU-Mittel angewiesen. Daraus resultieren allein in der EU-Strukturfondsperiode von 2000 bis 2006 - übrigens auf Antrag Ihrer Fraktion; da sage ich nur: lesen, lesen, lesen! - Auswirkungen, aufgrund deren man sagen kann, wie Wirtschaftsförderung, Strukturfondsanwendung und dergleichen überhaupt wirken.

(Der Redner hält den Stapel Papier hoch)

Hierin steht in Form einer ausführlichen Bewertung, was die EU-Strukturfondsperiode von 2000 bis 2006 gebracht hat. Das war Grundlage für fast eineinhalb Jahre Verhandlungen der Landesregierung mit dem Bund und der EU über die Ausrichtung der Förderpolitik für die nächste EU-Strukturfondsperiode bis zum Jahr 2013. Daran sind wir gebunden. Das ist ein langfristiges Vorausdenken zu der Frage: Wofür soll man knappe Mittel einsetzen?

Es braucht nicht noch mehr Papier, das dazu beschrieben werden muss. Das beweist eher, dass diese Lan

desregierung langfristig plant, wie man mit knapperen Mitteln auskommt und wie man sie effizienter einsetzt. Schon deswegen ist der Antrag eigentlich überflüssig.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP, und von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Das Zweite ist - wir können darüber reden; wir werden den Antrag in den Ausschuss überweisen; wir stimmen dem zu; es lohnt sich immer, darüber zu reden -: Wir brauchen trotz des Beschreibens von Plänen, Papieren, Programmen und dergleichen immer noch so viel Flexibilität, dass man auf die Lebenswirklichkeit angemessen reagieren kann, so wie wir es in der Aktuellen Debatte heute Morgen schon aufgezeigt bekommen haben. Deswegen ist auch hier zu überlegen, ob man dann noch zusätzlich viele, viele tausend Seiten Papier für wen auch immer beschreibt.

Der zweite Punkt Ihres Antrages ist ein Mosern über die Qualität der Arbeitsplätze. Sie gestehen ein, dass hier in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren doch noch ein paar ordentliche Ansiedlungen stattgefunden haben. Gleichzeitig monieren Sie, die Qualität der Arbeitsplätze sei nicht gut genug und nicht überall verdienten alle Beschäftigten genügend Geld.

(Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE)

Sagen Sie das einmal den 170 000 Arbeitsuchenden, die sich über jeden neu geschaffenen Arbeitsplatz freuen. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie haben doch hier acht Jahre lang Regierungsmitverantwortung gehabt - acht Jahre lang!

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ja!)

Sie haben uns eine Liste von Rekorden überlassen, von Rekordarbeitslosigkeit bis Rekordpleiten.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Oh!)

Wir haben im Jahr 2002 als Bilanz dieser Wirtschafts-, Finanz- und sonstigen Politik 260 000 Arbeitslose übernommen: Damals lag die Arbeitslosenquote bei fast 20 %.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja, so ist es! - Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE)

Wir haben heute, im Mai 2009, eine Arbeitslosenquote von 14 %

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja!)

und wir haben rund 170 000 Arbeitslose. Da ist nicht alles in Rente gegangen.

(Zurufe von Herrn Gallert, DIE LINKE, und von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Wenn Sie sich die Anzahl der neu geschaffenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze anschauen, dazu sage ich Ihnen: Wenn Sie nur einen Bruchteil dessen in Ihrer eigenen Regierungszeit erreicht hätten, hätten die Krimsekt-Korken geknallt, dass uns die Ohren geplatzt wären. Davon können wir aber ausgehen.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Rotkäppchen!)

Die Wirtschafts- und Finanzpolitik, die wir betreiben, ist ausgerichtet an den knappen Ressourcen, die wir haben, an den Rahmenbedingungen der Europäischen Union und des Bundes, und sie betrifft nicht nur das

Ausgeben von Geld und das Beschreiben von Seiten. Denn wenn man Geld einsetzt, insbesondere in der Wirtschafts- und in der Finanzpolitik, ist immer mit zu beachten,

(Zuruf von Frau Rogée, DIE LINKE)

dass es dabei nicht nur um den einzelnen Euro und den einzelnen Cent geht, der aus den operationellen Programmen ausgereicht wird.

Wenn wir es nicht insgesamt schaffen, in diesem Land ein Klima zu erzeugen, das attraktiv ist für alle, die mutig die Ärmel hochkrempeln wollen, die sagen: In der weltweiten Auswahl der Standorte empfinden wir SachsenAnhalt als einen gelungenen, einen sehr guten Standort, um unser Geld privat zu investieren, etwas zu riskieren und Arbeitsplätze zu schaffen, dann können Sie Geld verpulvern, wie Sie wollen, von „Planet Harz“ bis SuperDiskos fördern, dann können Sie machen, was Sie wollen, es ist rausgeschmissenes Geld.

Dazu gehört also - das ist die letzte Botschaft -, nicht nur Geld auszugeben, sondern genau zu überlegen, dass man ein Klima, eine Atmosphäre schafft, in der sich Menschen wohlfühlen, die mehr leisten wollen als andere, die hier investieren wollen.