Protocol of the Session on June 19, 2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ob es gewollt war, dass wir am Freitagnachmittag um 16.15 Uhr eine Steuerdebatte führen, die natürlich vom Wahlkampf überlagert ist und bei der es um die prinzipielle Frage geht: „Wie hältst du es mit den Steuern?“, bei der uns zudem die ganze Welt zuhört und wir wissen, was jeder hierzu sagen wird, und bei der man darauf schaut, ob die CDU treu das abstimmen wird, was das Land im Bundesrat machen wird? Vor diesem Hintergrund sage ich von Vornherein: Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich werde Ihnen auch sagen, warum. Diese Zeit wird man sich an dieser Stelle nehmen müssen.

Ich erlebe die FDP nicht in der Finanzministerkonferenz; denn dort haben Sie niemanden, der an diesem Tisch Platz nimmt. Insofern mag es sein, dass Ihre Betroffenheit, mit Geld umzugehen, nicht so groß ist. Deswegen können Sie es sich leisten, gleichermaßen zu fordern, die Steuern zu senken, die Haushalte zu sanieren, und zu fordern, dass die öffentliche Hand dafür sorgen soll, dass Deutschland den höchsten Standard hat.

(Beifall bei der SPD)

Da Sie Finanzpolitiker haben, die, so denke ich, auch gut sind, wissen Sie selbst, dass das nicht aufgeht. Dieses Märchen, das ich heute früh schon einmal gehört habe, nach dem niedrige Steuern höchstes Wachstum, die meisten Arbeitsplätze und mehr Steuern bedeuteten - -

(Beifall bei der FDP)

Ich kann nicht wirklich glauben, dass Sie das denken. Wir haben doch erlebt, dass in Sachsen-Anhalt mit Niedriglöhnen, mit größtmöglicher Subvention und mit bester Infrastruktur diese Spirale eben nicht zu diesen Erfolgen geführt hat. Dass wir in geringem Maße natürlich Wachstumspfade haben, ist anerkannt.

Die Tarifentwicklung hat nicht dazu geführt, dass alle Investoren aus Bayern nach Sachsen-Anhalt gekommen sind, und dies, obwohl sie hier weniger Steuern zahlen müssten, obwohl sie mehr Subventionen bekommen und obwohl die Tarife niedriger sind. Ich will Ihnen das gar nicht ausreden; denn das ist letztlich Ihr Wahlkampfcredo.

Ich habe Herrn Rösler im Bundesrat bei seiner Rede zum Thema Wachstum und Schuldenbremse erlebt. Ich

habe viele CDU-Kolleginnen und Kollegen schmunzeln sehen. Selbst Herr Steinbrück hat das sehr humoristisch ausgedrückt und gesagt, eigentlich müsse man sich fast wünschen, dass der Bundesfinanzminister von der FDP gestellt werde.

(Beifall bei der FDP)

Aber so viele Ausreden, wie er dafür im Oktober ins Feld führen müsste, dass es nicht klappt hat, was man sich vorher gewünscht hat, kann es gar nicht geben.

Deswegen, liebe Leute, nehme ich es so hin, wie es ist. Ich sage für die Regierung: Wir machen es nicht mit, weil ich die Forderung ernst nehme, dass wir die Steuerbasis nicht leichtfertig aufgeben.

(Zustimmung)

Gerade in dem Bereich suggerieren wir den Unternehmerinnen und Unternehmern - ich habe viele von ihnen erlebt -, dass es ihnen damit besser gehen würde. Aber welche Folgen hat das? - Die Preise werden sinken. Die Gehälter werden nicht steigen. Die Nachfrage wird sich nicht wesentlich erhöhen. Warum sollte man es nicht in den Wettbewerb, wie es in anderen Ländern der Fall ist, geben? Sie sind ja so international aufgestellt. Bei den Gehältern wird an dieser Stelle nach unten hin dicht gemacht, weil gute Arbeit gute Leute braucht, und die wollen gutes Geld.

Dann muss ich in der Gaststätte eben für ein gutes Essen über 20 € bezahlen. Sie sind doch alle im Ausland. Wo ist es denn möglich, ein gutes Essen für um die 10 € zu bekommen? Wir wollen den Leuten suggerieren, dass es, wenn wir die Steuern senken, automatisch eins zu eins beim Preis weitergereicht wird und dem Unternehmer sogar noch hilft.

(Herr Dr. Schrader, FDP: Das hat keiner gesagt!)

Es führt dazu, dass die Spirale wie bei den Löhnen automatisch weiter nach unten gedrückt wird. Und die Leute wollen dann öfter bei Ihnen essen gehen?

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Ich sage dazu - ich beschäftige mich damit sehr viel, gewolltermaßen oder gezwungenermaßen -: Diese Logik teile ich ausdrücklich nicht mehr. Ich gehe diesbezüglich auch ganz klar ab von der Meinung der FDP. Ihr Weltbild ist ein anderes als das meine und damit werden Sie und ich leben können.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Wir wollen den Wählern ja auch Unterschiede anbieten. Seien Sie also froh, dass wir nicht alle dieselbe Meinung erzwingen wollen. Ich sage das aus einem anderen Grund. Wer sich hier hinstellt und sagt, der Landeshaushalt solle saniert werden, der kann doch nicht jede Woche eine Sau durchs Dorf treiben, während wir gerade mal wieder bei Steuern Verzicht üben.

Ich habe etwas gelesen und gehört von - da waren die anderen Parteien auch dabei - Biodiesel und Agrardiesel. Jetzt sind es die Milchbauern. Jeder, der irgendwo etwas aufwirft, der Plakate macht, Kühe und Traktoren nach Berlin fährt, dem wird erzählt bzw. suggeriert, das liegt nur an einigen wenigen, die es nicht begriffen haben. Die sitzen in den Finanzministerien.

Aber gleichermaßen habe ich im Wahlkampf erlebt, was dort für Geschenke ausgereicht werden. Diejenigen, die sagen, wir leben ohne Subventionen,

(Widerspruch bei der FDP)

diejenigen, die wie Frau Pieper sagen: Was meinen Sie, welche Investitionen in die Bildung gesteckt werden müssten? - Es gibt einige Kollegen, die mit mir bei Sparkassen, bei ver.di gewesen sind. Ich habe dort zugehört, was Frau Pieper gesagt hat, was in Zukunft investiert werden müsste, und das, wenn es geht, kostenfrei. Das Geld fällt nicht vom Himmel. Das müsste selbst die FDP wissen.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank - Widerspruch bei der FDP)

- Warum können Sie denn nicht damit leben, wenn einer mal eine andere Meinung hat als Sie? Ich habe Ihnen doch auch zugehört.

Noch einmal zum Schluss: Wir werden es ablehnen. Die Sozialdemokraten wehren sich auch gegen eine CDU, die da vielleicht wackeln könnte, was ich nicht glaube,

(Oh! bei der FDP)

weil sie sich später dagegen aussprechen wird, dort mitzumachen

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

- heute und auch bei den nächsten Vorlagen dieser Art. Alles andere hieße, sich andere Partner zu suchen. Ich glaube, das ist nicht der Fall bei der CDU. Und ich denke, wir werden eine gemeinsame vernünftige Politik auch in den nächsten Wochen und Monaten machen. - Schönen Dank. Wir lehnen den Antrag ab.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Tullner.

(Zwiegespräch zwischen Frau Weiß, CDU, und Minister Herrn Bullerjahn)

Vielleicht ist es möglich, die Probleme nicht ganz so lautstark zu klären. - Herr Tullner hat das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, diese emotionale Rede des Finanzministers muss man erst mal ein Stück weit wirken lassen. Deswegen war die Pause an dieser Stelle ganz gut.

(Heiterkeit bei der CDU - Minister Herr Bullerjahn: So war das auch gemeint, Herr Tullner!)

- Ja, so war das auch gemeint und das ist auch gut. Denn Politik lebt ja von Leidenschaft und Emotionen. Wir bemühen uns gelegentlich, die Debatten ein wenig spannender zu machen, auch für die Verdeutlichung von Un

terschieden, die wir uns gelegentlich auch angedeihen lassen.

Die CDU wackelt, stand am Ende im Raum. Nein, die CDU wackelt nicht. Die CDU wird als stärkste politische Kraft in diesem Lande ihren Kurs klar und eindeutig in den nächsten Jahren fortsetzen.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der FDP)

Da muss sich keiner Sorgen machen.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun gibt es im Vorfeld von Wahlen einen Prozess, bei dem sich jeder bemüht, beim Wähler ein wenig wohlfeil anzukommen. Das ist legitim, das gehört zum politischen Geschäft und das machen wir auch. Wir sagen ganz offen: Wir haben die Schülerbeförderung gemacht. Das sicherlich nicht zur Verärgerung der Klientel, sondern auch, denke ich, zum Nutzen.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der FDP)

Das will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen, damit wir uns die Dinge gegenseitig nicht falsch darlegen.

Aber jetzt zum Thema „Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Hotellerie und Gastronomie“. Ich denke, das ist ein Thema, das uns umtreiben kann. Wir wissen, dass gerade die Betriebe in diesem Bereich auch bei uns im Land zu kämpfen haben. Viele haben Investitionen getätigt, die sich jetzt amortisieren müssen. Wir bemühen uns tatkräftig - ich weiß das vom Kollegen Zimmer, der Chef des Tourismusverbandes ist, und auch vom Wirtschaftsministerium -, in diesem Bereich noch erfolgreicher zu werden.