Protocol of the Session on September 14, 2006

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Rothe. - Die Uhr zeigte genau eine Sekunde an den fünf Minuten Redezeit vorbei. Genauer geht es gar nicht.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Meine Damen und Herren! Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in den Innenausschuss zu überweisen. Gibt es noch Wünsche zur Mitberatung? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir darüber ab. Wer stimmt zu? - Offensichtlich alle. Dann ist das so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 4 ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung und des Anhalt-Jerichow-Kreissitz-Gesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/232

Ich bitte nun Herrn Minister Hövelmann, den Gesetzentwurf einzubringen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ändert das Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung und das Anhalt-Jerichow-KreissitzGesetz. Wir haben den Gesetzentwurf entsprechend dem Leitbild des § 6 Abs. 2 bis 5 des Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetzes erarbeitet. Es ist ebenso ein Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung, falls die Stadt Zerbst, Anhalt, mit den umgebenden Gemeinden durch Bürgerentscheid eine andere Kreiszugehörigkeit beschließt, dem zu folgen.

Die Anhörung des Landkreistages sowie des Städte- und Gemeindebundes ist nach Setzung einer ausgesprochen kurzen Frist erfolgt. Gleichwohl lag das Einverständnis der Spitzenverbände innerhalb dieser Frist vor.

Der Städte- und Gemeindebund hat auf eine Äußerung in der Sache verzichtet. Der Landkreistag Sachsen-Anhalt hat keine grundsätzlichen Bedenken erhoben. Die kommunalen Spitzenverbände respektieren im Ergebnis das eindeutige Votum der Bevölkerung in der Zerbster Region.

(Herr Wolpert, FDP: Da müssen Sie mal zwi- schen den Zeilen lesen!)

Die erfolgreichen Bürgerentscheide, die einheitlich und mit deutlicher Mehrheit für einen Kreiswechsel von dem geplanten Landkreis Anhalt-Jerichow zu dem künftigen Landkreis Anhalt-Bitterfeld ausgegangen sind, sind die Grundlage für die Initiative.

Der neue Sachstand im Zerbster Raum erfordert eine sachgerechte Anpassung des Gesetzes, um das mit der Kreisgebietsreform verfolgte Ziel der Schaffung leistungsstarker und zukunftsfähiger Selbstverwaltungsstrukturen zu erreichen.

Stärker als bisher werden bei der Neugliederung des Landkreises Anhalt-Zerbst historische Entwicklungen und landsmannschaftliche Beziehungen zum früheren Fürstentum Anhalt und zur Region Anhalt berücksichtigt. Diese Beziehungen der Menschen zur Region besitzen eine maßgebliche Integrationskraft und bilden das Fundament für die bürgerschaftliche Verwurzelung der Bevölkerung in der Region.

Die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zur Beteiligung wird gestärkt. Die Leistungsfähigkeit der Selbstverwaltung wächst auch dadurch. Dies dient der Verwirklichung der Ziele der Kreisgebietsreform, was damit eher gewährleistet ist.

Mit den Gesetzentwürfen verzichten wir ferner auf die Umbenennung des Landkreises Jerichower Land in Anhalt-Jerichow, weil Bereiche, die historisch zur Region Anhalt gehörten, künftig nicht mehr dem Landkreis Jerichower Land zugeordnet werden sollen. Daher bedarf es einer redaktionellen Änderung des Anhalt-JerichowKreissitz-Gesetzes und in dem Punkt auch des Kreisneugliederungsgesetzes.

Von Verfassungs wegen ist eine Anhörung der betroffenen Kommunen notwendig. Dies hat durch den Landtag zu geschehen und müsste noch erfolgen. Das Ministerium des Innern hat den Gesetzentwurf den betroffenen Kommunen allerdings als Vorabinformation bereits übersandt, sodass sich die betroffenen Kommunen auf die bevorstehende Debatte rechtzeitig vorbereiten können.

Ich will noch darauf hinweisen, dass am 22. April 2007 die neuen Kreistage sowie die neuen Landrätinnen und Landräte gewählt werden. Damit dies in der Vorbereitung auch in der von der Gesetzesänderung betroffenen Region möglich ist, bedarf es einer zügigen Beratung und Beschlussfassung im Landtag. Bis spätestens Dezember 2006 müssen die geänderten Kreiszuschnitte feststehen, damit die Wahlvorbereitungen nicht behindert werden.

Herr Minister, möchten Sie eine Frage von Herrn Czeke beantworten?

Noch ein Satz, dann bin ich fertig und ich kann die Frage gern beantworten.

Daher ist die Verabschiedung des Gesetzentwurfes in der Sitzungsperiode des Landtages im November 2006 anzustreben.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Nun Herr Czeke, bitte.

Herr Minister, sehen Sie die Notwendigkeit, dass das Jerichower Land am 22. April 2007 den Kreistag und den Landrat neu wählen muss?

Ich kenne die Diskussion, die vor Ort stattfindet, Herr Czeke. Wir haben im Ministerium des Innern die Rechtslage geprüft. Wir sind zu der Auffassung gelangt und haben dafür votiert, bei einer Veränderung der gebietlichen Struktur des Landkreises Jerichower Land durch das Hinzukommen mehrerer Orte - das wird sich durch das Gesetz nicht ändern - sowie in allen im Zuge der gesetzlichen Neuregelung neu entstehenden Landkreisen - also auch im Landkreis Jerichower Land, auch wenn er sich nicht namentlich, sondern territorial verändert - sowohl eine Kreistagswahl als auch die Landratswahl durchführen zu lassen.

(Zustimmung von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Vielen Dank. - Herr Kosmehl und Herr Wolpert möchten je eine Frage stellen. Bitte, Herr Kosmehl.

Herr Minister Hövelmann, Sie sind als Minister auf die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt eingeschworen. Ich frage Sie: Sind Sie der Auffassung, dass Sie im Aufstellungsverfahren für diesen Gesetzentwurf eine verfassungsgemäße Anhörung aller Betroffenen und Beteiligten vorgenommen haben?

Herr Abgeordneter Kosmehl, Sie wissen, dass diese verfassungsgemäße Anhörung im Gesetzgebungsverfahren zu geschehen hat, das heißt, bevor ein Gesetz in diesem Landtag verabschiedet wird. Dieser Zeitpunkt ist noch nicht eingetreten. Insofern kann eine gesetzeskonforme, den Anforderungen der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt entsprechende Anhörung der betroffenen Kommunen bis zur Verabschiedung des Gesetzentwurfes stattfinden. Bei der Einbringung eines Gesetzentwurfes durch die Landesregierung ist diese umfangreiche Beteiligung nicht zwingend erforderlich.

Nun Herr Wolpert, bitte.

Herr Minister, der Abgeordnete Zimmer von der CDU hat in der Zeitung veröffentlichen lassen, dass er sich dafür stark machen werde, dass das Land durch eine Zuwendung für den neuen Landkreis Anhalt-Bitterfeld-Zerbst dauerhaft tätig wird. Hat der Abgeordnete Zimmer mit seinem Anliegen Chancen auf Erfolg? Wenn ja, müsste

dann nicht die Landesregierung zugeben, dass sie eine Struktur schafft, die ineffektiv ist und Mehrkosten verursacht?

Herr Kollege Wolpert, ich kenne Ihre Argumentation. Diese wird noch etwas zunehmen und ein bisschen spannender und schärfer werden. In der Sache hilft sie nicht weiter.

Es wird keinen Landkreis Anhalt-Bitterfeld-Zerbst geben; das ist nicht beabsichtigt. Der Landkreis soll nach wie vor Anhalt-Bitterfeld heißen, es sei denn, Sie bringen einen Änderungsantrag ein. Das erwarte ich nicht. Außerdem wird der Landkreis die gleichen Entwicklungschancen haben wie alle anderen Landkreise in diesem Land, obgleich sie in sich heterogen sind.

Wir haben aufgrund der Kreisgebietsreform im Jahr 2005, die von diesem Hause beschlossen wurde und Mitte des nächsten Jahres wirksam wird, eine sehr differenzierte Situation der Landkreise, von deutlich unter 100 000 Einwohnern bis deutlich über 200 000 Einwohner. An dieser Stelle stellt sich natürlich die Frage, inwieweit die Leistungsfähigkeit per se für alle Landkreise gegeben ist.

Ich weiß, worauf Sie anspielen, nämlich auf die möglicherweise fehlende direkte Straßenverbindung. Dem will ich zwei Dinge entgegenhalten:

Erstens. Sie wissen, dass auch die Benutzung von Brücken und Straßen in der mittendrin liegenden Stadt Dessau-Roßlau künftig nicht verboten sein wird. Ich gehe davon aus, dass die Dessau-Roßlauer keine Maut erheben werden.

(Herr Wolpert, FDP: Schauen wir mal!)

Zweitens. Ich will darauf verweisen, dass der gleiche Gesetzgeber hier in der vergangenen Legislaturperiode bei der Entscheidung über die Zugehörigkeit der Gemeinden Rodleben und Brambach zur kreisfreien Stadt Dessau die Elbe als verbindendes Element betrachtet hat.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Elbe verfügt in diesen beiden Ortsteilen lediglich über eine Personenfähre - nicht einmal über eine Fähre für Pkw -, die auf Zuruf funktioniert.

Des Weiteren darf ich das Beispiel nennen, dass wir im Landkreis Wittenberg und im Landkreis Stendal eine ähnliche raumordnerische Situation haben, in der die direkten Verkehrsverbindungen entweder nur auf dem Wasserwege per Fähre oder per Umweg über benachbarte Verkehrsverbindungen straßenseitig möglich sind. Dieses Argument zieht an der Stelle nicht.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

Darüber können wir diskutieren, wenn wir das im Ausschuss beraten. Aber in der Sache hilft die Argumentation nicht weiter. Wenn man den Grundsatz, den man sich selbst im Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz geschaffen hat, also die Frage der regionalen Identität, der landsmannschaftlichen Zugehörigkeit und der raumordnerischen Zusammenhänge, tatsächlich ernst nimmt, dann kann man dem vorliegendem Gesetzentwurf nur zustimmen.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Wolpert, FDP: Das war ein Nein!)

Vielen Dank, Herr Minister Hövelmann. - Wir kommen nun zur Debatte, zu den Beiträgen der Fraktionen. Zunächst spricht für die Linkspartei.PDS Herr Grünert. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Landtag entgegen den im Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz aufgestellten Kriterien mit dem Gesetz zur Kreisgebietsneugliederung die Teilung des Landkreises Anhalt-Zerbst beschlossen hatte, gab es erhebliche Widerstände in der anhaltischen Bevölkerung. Nicht nur die Bürgerinitiative Pro Anhalt, sondern auch zahlreiche Mandatsträgerinnen, Personen des öffentlichen Lebens, die Anhaltische Landeskirche sowie Vertreter von Parteien, Verbänden und Vereinen forderten eine Korrektur des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung.

Im Ergebnis dieses Protestes wurde im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD die Möglichkeit eingeräumt, mittels Bürgerentscheid in der Stadt Zerbst und den sie umgebenden Gemeinden eine Änderung des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung und damit verbunden eine Zuordnung zum neuen Landkreis Anhalt-Bitterfeld zu erreichen. Mit den Bürgerentscheiden vom 16. Juli 2006 und vom 13. August 2006 positionierte sich die Bürgerschaft eindeutig zu Anhalt. Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung trägt somit dem Bürgerwillen Rechnung und ändert das Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung.

Mit diesem Gesetzentwurf wird jedoch eine Lücke aufgerissen, die erhebliche Nachteile für das Mittelzentrum Zerbst nach sich zieht. Die im Koalitionsvertrag benutzte Definition „die Stadt Zerbst und die sie umgebenden Gemeinden“ ist rechtlich vakant und ungenau. Die Rechtsprechung kennt derzeit nur den Begriff der angrenzenden Gemeinden. Hierzu gibt es eine klare Rechtsposition.