Protocol of the Session on May 7, 2009

Wiederbeginn: 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des StadtUmland-Verbandsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/1941

Einbringer ist der Minister des Innern Herr Hövelmann. Wir haben zunächst die Freude, Seniorinnen und Senioren des Vorruhestandsvereins der Chemieregion Braunsbedra bei uns begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes der Landesregierung ist es, das StadtUmland-Verbandsgesetz an die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes vom 22. Oktober 2008 anzupassen, und zwar betreffend das Beschlussverfahren der Stadt-Umland-Verbände Halle und Magdeburg.

Das Verfassungsgericht hatte am 22. Oktober 2008 über die Kommunalverfassungsbeschwerde der Gemeinde Zielitz zu entscheiden. Selbige hatte sich wegen ihrer gesetzlichen Zuordnung zum Stadt-Umland-Verband Magdeburg in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt gesehen. Das Verfassungsgericht hat daraufhin festgestellt, dass der gesetzliche Zusammenschluss der kreisfreien Städte Halle und Magdeburg mit bestimmten in ihrem Umland liegenden Gemeinden zu so genannten Stadt-Umland-Verbänden sowie die Übertragung der Flächennutzungsplanung auf diese Verbände mit der Landesverfassung vereinbar sind.

Auch die Verbandsbildung durch ein Gesetz verletzt nicht das kommunale Selbstverwaltungsrecht, da für das Gericht durch die überörtlichen Interessen an der Stärkung der Oberzentren und an der Lösung der StadtUmland-Probleme eine Rechtfertigung gegeben war.

Das Verfassungsgericht sieht auch eine gesetzlich geregelte Gewichtung der Stimmen der dem Verband angehörenden Städte und Gemeinden in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Einwohnerstärke als mit der Landesverfassung vereinbar an. Ebenso verfassungsgemäß ist die Begrenzung des Stimmengewichtes der kreisfreien Städte auf 50 % der anwesenden Vertreter in der Verbandsversammlung.

Nach der Ansicht des Landesverfassungsgerichtes ist es allerdings nicht mit der Landesverfassung vereinbar, dass kreisfreie Städte durch das Hinzugewinnen der Stimmen lediglich einer weiteren Mitgliedsgemeinde Mehrheitsentscheidungen in der Verbandsversammlung herbeiführen können. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nunmehr die vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Rechtslage modifiziert werden.

Wir wollen eine neue Regelung zum Beschlussverfahren in der Verbandsversammlung der Stadt-Umland-Verbände in das Gesetz einfügen. Die Regelung sieht vor, dass, soweit gesetzlich keine besonderen Mehrheiten vorgeschrieben sind - bei bestimmten Entscheidungen sind andere Mehrheiten gesetzlich normiert -, künftig ein erhöhtes Mehrheitserfordernis für Beschlüsse der StadtUmland-Verbände in Form einer Kombination aus einem Quorum von mindestens 60 % der Stimmen aller anwesenden Vertreter der Mitgliedsgemeinden und einer Mindestzahl von drei Mitgliedsgemeinden, die den Beschluss tragen, notwendig sein soll.

Mit dieser neuen Vorschrift über das regelmäßige Beschlusserfordernis wird die vom Landesverfassungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahr 2008 aufgezeigte Möglichkeit aufgegriffen, wie eine verfassungskonforme Ausgestaltung der Stimmenverhältnisse erreicht werden kann. Das Gericht hatte im vergangenen Jahr bereits entsprechende Hinweise gegeben.

Die Landesregierung hat die kommunalen Spitzenverbände, die Stadt-Umland-Verbände Halle und Magdeburg sowie die Städte und Gemeinden, die in diesen Verbänden Mitglied sind, angehört. Es gab eine relativ geringe Quote an Stellungnahmen. Von den insgesamt 61 Verbandsmitgliedern liegen lediglich die Stellungnahmen der kreisfreien Städte Halle und Magdeburg sowie von 15 weiteren Städten und Gemeinden vor. Die beiden kommunalen Spitzenverbände haben dem Gesetzentwurf zugestimmt. Sie sind mit dem Regelungsvorschlag einverstanden. Der Stadt-Umland-Verband Halle und fünf weitere Kommunen haben dem Gesetzentwurf ebenfalls zugestimmt.

In Rahmen der Anhörung sind verschiedene Bedenken dargelegt und Anregungen gegeben worden. Wir haben selbige geprüft und, soweit wir sie für berechtigt angesehen haben, auch aufgegriffen. Gefolgt wurde zum Beispiel den Anregungen, Ergänzungen im Interesse der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit im Gesetzentwurf vorzunehmen.

Zum einen geht es dabei um eine Regelung zur ausdrücklichen Klarstellung, dass bei Zusammenschlüssen oder Eingliederungen von verbandsangehörigen und verbandsfremden Gemeinden nicht das gesamte Gebiet der neuen Einheitsgemeinde für die Bemessung der Stimmen in der Verbandsversammlung maßgebend ist, sondern allein das Gebiet des bisherigen Verbandsmitgliedes.

Diese Rechtsnachfolge der neuen Gemeinde in den Grenzen und in dem Umfang, wie die ehemalige Körper

schaft am Zweckverband beteiligt war, entspricht dem allgemeinen Zweckverbandsrecht. Wenn sich im Umfeld von Halle oder Magdeburg größere Einheitsgemeinden bilden und nur Teile der künftigen größeren Einheitsgemeinde bisher Mitglied des Zweckverbandes waren, bleiben auch nur diese Teile Mitglied im Zweckverband. Die Rechtsnachfolge tritt zwar die größere Gemeinde an, aber lediglich für den Gebietsteil, der vorher bereits Mitglied war.

Zum anderen haben wir eine bestätigende Vorschrift für die Beschlüsse der Verbandsversammlung aufgenommen, die vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtes zur Verfassungswidrigkeit der Stimmenregelung gefasst worden waren. Dies betrifft Wahlen der Verbandsgeschäftsführer, also eines Organs des Zweckverbandes, sowie der Vorsitzenden der Verbandsversammlung und deren Stellvertreter. Das Ergebnis der Wahlen erfüllt auch das künftig geltende Mehrheitserfordernis, weil die Entscheidungen damals in aller Regel einstimmig gefasst worden sind. Gleichwohl wollen wir aus Gründen der Rechtssicherheit eine rückwirkende Bestätigung von Beschlüssen auf der Grundlage einer nicht verfassungskonformen Regelung in das Gesetz aufnehmen.

Nicht gefolgt sind wir Forderungen der kreisfreien Städte Halle und Magdeburg sowie der Umlandgemeinden nach einer Änderung der Mehrheitserfordernisse. Obwohl Halle dem Gesetz insgesamt zugestimmt hat, hat Halle dennoch kritisiert, genauso wie Magdeburg, dass die kreisfreien Städte kein Übergewicht hätten. Gleichwohl haben andere Gemeinden im Umfeld der kreisfreien Städte argumentiert, dass sie entsprechend von den Oberzentren dominiert würden. Die Oberzentren hätten gern ein stärkeres Gewicht. Die kleineren Gemeinden hätten für die Oberzentren gern ein schwächeres Gewicht und für sich selbst ein stärkeres Gewicht.

Das sind diametral entgegengesetzte Interessen, die wir im Gesetz nicht auflösen können. Daher haben wir vorgeschlagen, es bei der Regelung zu belassen, die das Landesverfassungsgericht uns als mögliche Lösung auf den Weg gegeben hat, nämlich die Regelung der doppelten Mehrheit: 60 % und drei Verbandsmitglieder. Dies soll gesetzlich geregelt werden.

Damit kommen wir den Erfordernissen, die uns das Verfassungsgericht aufgelegt hat, nach und haben eine rechtskonforme Regelung geschaffen. Ich bitte um die Beratung des Gesetzentwurfes in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr für die Einbringung, Herr Innenminister. - Die Aussprache der Fraktionen eröffnet Herr Wolpert von der FDP-Fraktion. Zuvor begrüßen wir Seniorinnen und Senioren aus Halberstadt. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dem Gesetzentwurf ist aus der Sicht der FDPFraktion darzulegen, dass es sich um die Änderung einer Regelung handelt, die aus einem Gesetz stammt, das die FDP-Fraktion in der letzten Legislaturperiode mitgetragen hat.

Wir halten es immer noch für ein sinnvolles Vorgehen, gerade im Umland der kreisfreien Städte Magdeburg und Halle solche Verbände einzurichten. Nachdem es auf freiwilliger Basis nicht erbracht worden ist, ist es nunmehr an der Zeit, zwangsweise solche Verbände zu bilden.

Dass das Verfassungsgericht hierbei einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, ist bekannt. Wir begrüßen es, dass nunmehr eine Regelung gefunden worden ist, die dem Vorschlag des Verfassungsgerichts folgt. Wir gehen auch davon aus, dass diese weiterhin Bestand haben wird und sich kein weiterer Kläger dagegen mehr finden wird.

Die anderen Regelungen, die der Innenminister erklärt hat, halten wir ebenfalls für sinnvoll. Sie sind notwendig aufgrund der Gemeindegebietsreform; sie müssen so gestaltet werden. Ich glaube auch, dass sie so in dieser Art und Weise angemessen gestaltet sind, sodass nunmehr die Verbände endgültig in der Lage sind zu arbeiten. Das halte ich auch deshalb für notwendig, weil die Kommunen seit Langem darauf warten, ihre Flächennutzungspläne endlich beschließen zu können.

Das wäre vielleicht die einzige Kritik, die wir anzubringen hätten: Es hat ein gutes halbes Jahr gedauert, bis diese kleine Änderung im Gesetz erfolgt ist. Das hätte durchaus schneller passieren können, damit den Gemeinden eher wieder Rechtssicherheit gegeben worden wäre. Aber nun ist es ja so weit und insofern begrüßen wir dieses Gesetz. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Wolpert. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Madl.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine kleine Gesetzesänderung, die es aber in sich haben könnte. Ich will das, was Minister Hövelmann alles vorgetragen hat, nicht wiederholen. Es ist im Prinzip der Extrakt gewesen, der sich aus dem Urteil ergeben hat. Der Ausgangspunkt ist auch bekannt und die Entscheidungsgründe des Gerichts hat Herr Hövelmann ausführlich dargelegt.

Ich habe mich, als ich mich auf diesen Punkt vorbereitet habe, noch einmal mit der Systematik vom 15. Dezember 2006 beschäftigt, als wir eigentlich den Zweckverband ins Leben gerufen haben. Herr Wolpert hat gerade gesagt: Wir schaffen jetzt vielleicht eine Regelung, die ein Arbeiten ermöglicht - wenn die lokalen Akteure es wollen.

Wenn Sie sich einmal die Begründung zum Gesetz ansehen, dann zieht es sich wie ein roter Faden hindurch: Es fängt damit an, dass 61 Verbandsmitglieder der Stadt-Umland-Verbände Halle und Magdeburg beteiligt worden sind. 15 Städte und die kreisfreien Städte haben geantwortet. Das sind 27,87 %, die sich überhaupt beteiligt haben; zugestimmt haben nur 8,1 %, nämlich fünf. Das ist schon ein Stückchen Desinteresse.

Ich sage es noch ein bisschen schärfer: Vielleicht hat es sich auch aus der Tatsache heraus entwickelt, dass in der freiwilligen Phase bis zum 30. Juni 2006 gar kein Zweckverband zustande gekommen ist. Es ist ein unge

sundes Misstrauen, das die kreisfreien Städte gegenüber den Umlandgemeinden haben, genauso wie die Umlandgemeinden gegenüber den kreisfreien Städten. Einer fürchtet den anderen und jeder fürchtet, dass der Antrag des jeweils anderen ihn benachteiligen könnte. Das können Sie aus der Begründung der Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung, die das Innenministerium hat laufen lassen, ganz deutlich sehen.

Man muss den lokalen Akteuren sagen, sie hätten es eigentlich vernünftigerweise bis zum 30. Juni 2006 regeln können. Sie hätten dann seit dem 30. Juni 2006 eine vernünftige Politik für ihre kreisfreien Städte und die Umlandgemeinden machen können. Man muss sich bloß einmal in die Lage des anderen versetzen, wenn ein Antrag hereinkommt, und nicht danach suchen, was der andere Böses für mich wollen könnte. Vielmehr muss gefragt werden, was der andere für die Gemeinschaft, für die kreisfreien Städte und für die Umlandgemeinden, Gutes tun wolle. Dann sähe es vielleicht viel besser aus.

Ich möchte gern noch einen zweiten Punkt ansprechen, ebenfalls aus der Begründung zum Gesetzentwurf, der mir wirklich am Herzen liegt. Das ist die Geschichte, auf die Minister Hövelmann auch schon kurz eingegangen ist. Es ist die Sache mit der Gemeindestrukturreform. Er hat schon gesagt, dass nur der Gemeindeteil einer zukünftigen Einheitsgemeinde oder Verbandsgemeinde auch im Zweckverband weiterhin beteiligt bleibt.

Das hat rechtlich gar nichts Problematisches an sich, aber praktisch wird das ganze Thema natürlich interessant, wenn die Gemeindegebietsreform abgeschlossen ist und sich wirklich eigenständige Einheitsgemeinden oder Verbandsgemeinden gebildet haben und plötzlich eine oder zwei oder drei Gemeinden in einem Zweckverband sind und die neue Einheitsgemeinde eigentlich eine andere Planung anstrebt als vielleicht der Verband. Dann haben wir natürlich ein Problem, zu dessen Lösung sich in erster Linie die lokalen Akteure verständigen müssen, oder der Gesetzgeber wird möglicherweise sagen, er müsse noch einmal an das gesamte Thema herangehen.

Ich habe mir einmal für den Bereich um Halle die Daten angeschaut. Wir unterhalten uns ja oft über Aufgaben und die Gemeindegebietsreform hat auch einen Hintergrund gehabt: Effizienter, effektiver, interkommunale Funktionalreform, leistungsfähiger usw. Sie kennen das alles.

Ich habe einmal die Gemarkungsgrößen der einzelnen Gebietskörperschaften ermittelt, wenn sie dann Einheitsgemeinden werden:

Halle 135 km²,

Kabelsketal, heute schon Einheitsgemeinde, mit 50,96 km² und einer Grenze nach Halle und nach dem Land Sachsen,

die Verwaltungsgemeinschaft Würde/Salza mit Sitz in Teutschenthal mit 90,61 km²,

Halle und Mansfeld-Südharz und Götschetal, das ist Wallwitz, mit 102,69 km² und Grenze nach Halle und Anhalt-Bitterfeld,

westlicher Saalkreis, das ist Salzmünde, mit 109,36 km² und Grenze nach Halle und MansfeldSüdharz,

östlicher Saalkreis 125,36 km² und Grenze nach Halle und nach Sachsen und last, but not least,

Saalkreis Nord, das ist Löbejün, mit 126,94 km² und einer Grenze nach Halle und dem Salzlandkreis.