Ich habe die Anfrage nicht gestellt. Ich beantworte sie lediglich. Ich möchte mir aber nicht vorhalten lassen, ich würde die Ausreichung dieses Betrages von mehr als 3 Milliarden € nicht ernst nehmen. Ich könnte gut noch eine halbe Stunde reden. Ich lasse das aber.
Herr Czeke und ich haben ausreichend Informationen über die Sinnhaftigkeit der Mittel ausgetauscht. Sicherlich können wir nicht bis zum letzten Euro die Sinnhaftigkeit der Begleitung zu 100 % zur Zufriedenheit des Parlaments aufzeigen. Aber ich sage noch einmal: Stellen Sie sich vor, diese Mittel hätte es nicht gegeben. Das Land Sachsen-Anhalt hätte viele Chancen nicht nutzen können.
Ich denke, wir sollten der EU dankbar sein. All die Anstrengungen, die auch vorher bei der Programmierung und bei der strategischen Ausrichtung wichtig waren, waren nicht umsonst. Der Vollzug hat viel Arbeit gemacht. Ich hoffe, dass die Antwort auf Ihre nicht unkomplizierte Anfrage trotzdem viele zufrieden gestellt hat. - Schönen Dank.
Für 3,5 Milliarden € kann man schon ein bisschen länger reden, zumal wir gestern eine Bürgschaft in dieser Höhe ohne eine Debatte verabschiedet haben.
Meine Frage ist im Grunde die folgende: Sie haben noch einmal die große Bedeutung der europäischen Fördermittel für Sachsen-Anhalt hervorgehoben. Das ist völlig richtig.
Was halten Sie vor dem Hintergrund einer solcher Einschätzung von einer Diskussion, die wir zum Beispiel bei der Frühaufsteherkampagne und auch im Zusammenhang mit der Ökumenta gehört haben, man müsse sich darüber nicht so aufregen, das seien ja nur EU-Fördermittel und kein eigenes Geld, das man dafür verwendet. Was halten Sie von einer solchen Argumentation?
Denn Sie sind immer in der Lage, sich zu beherrschen, solche Sätze nicht zu sagen. Wir wissen doch alle, dass wir, je weiter der Geldgeber entfernt sitzt - ich will diplomatisch bleiben -, manchmal etwas leichtfertiger sagen, lasst es uns trotzdem machen. Ich will noch einmal für Folgendes werben: Erstens. Diese Kampagnen sind richtig, auch wenn man sich nicht unbedingt als Frühaufsteher outen muss.
Zweitens. Wenn es möglich ist, mit diesen Mitteln solche Sachen zu machen, dann sollte man sie nutzen; denn - das gilt, so glaube ich, für alle Fraktionen - wir gehen so sparsam wie möglich mit unseren Landesmitteln um und wollen, so meine ich, aus jedem Euro an Landesmitteln, der durch Bundes- und EU-Mittel ergänzt wird, so viel Effekte wie möglich herauszuholen.
Das war in den letzten Jahren immer so. Ich habe nicht gemerkt, dass eine Fraktion sagte, wir sollten diesen Ansatz nicht wählen. Wenn ich das außerdem mit privatem Kapital ergänzen kann und darstellen kann, dass sich dadurch ein Mittelvolumen in Höhe von 12 Milliarden € ergibt, dann ist es möglich und sinnvoll, an den Stellen, an denen wir Landesmittel einsparen können, andere Mittel zu nutzen.
Manche Äußerungen gegenüber der EU sollten wir uns insgesamt überlegen. Wir sind manchmal nicht davor gefeit, auch die LINKE nicht, das Thema EU so zu diskutieren, als wenn es unsere Entwicklung nicht positiv beeinflussen würde.
Es gibt zum Beispiel nationalstaatliche Diskussionen, die ich nicht nachvollziehen kann. Auf der einen Seite nehmen wir gerne Fördermittel der EU in Anspruch und finden die Lissabon-Strategie und die Göteborg-Strategie gut. Wenn dadurch aber in die Möglichkeiten der Länder eingegriffen wird, dann wollen wir uns dagegen verwahren. Das wird übrigens auch in Brüssel wahrgenommen.
Ich will das nicht weiter vertiefen. Alle Parteien haben manchmal ihre Schwierigkeiten damit, das eine mit dem anderen zu verknüpfen, also einerseits Mittel in Anspruch zu nehmen und andererseits zu erdulden, dass die EU dann mehr mitsprechen möchte.
Nach wie vor gilt das, was ich bereits zum Anfang sagte und was für das gesamte Parlament gilt. Wir werden ab dem Jahr 2013 der Zeit hinterhertrauern, in der uns die EU Mittel in einem Umfang zur Verfügung gestellt hat, den wir entweder selbst in Form von Landesmitteln aufbringen müssen, oder wir werden spüren, dass wir nicht mehr 65 000 Projekte realisieren können, sondern nur 6 500 mit eigenen Mitteln. Dann werden wir der Zeit hinterher jammern. - Danke schön.
Vielen Dank für die Beantwortung, Herr Minister. - Wir kommen nun zu den Debattenbeiträgen. Zunächst erteile ich der SPD das Wort. Herr Tögel, bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an das anschließen, was der Finanzminister am Ende seiner Rede gesagt hat. Wir sollten dankbar sein für die vielen Milliarden Euro, die wir seit 1990, seit fast 20 Jahren, nahtlos mit dem Beitritt der ostdeutschen Länder zur Bundesrepublik Deutschland und mit dem Beitritt zur Europäischen Union als Land Sachsen-Anhalt bekommen haben. Wir brauchen nur einmal zu überlegen, was wir ohne diese Mittel im Land nicht hätten realisieren können.
Daher, so denke, ich, sollte man trotz aller Kritik im Detail, trotz aller durchaus nachvollziehbaren Probleme und unterschiedlichen Auffassungen, die es bei der Umsetzung der Strukturfonds unter Umständen gegeben hat, das große Ganze, was uns die EU und die Solidarität der reichen Regionen mit den armen Regionen in der Europäischen Union gebracht hat, nicht aus dem Blick verlieren.
Ich kann dem zustimmen, was der Finanzminister gesagt hat; wir werden dieser Zeit noch nachtrauern, wenn die Europäische Union irgendwann einmal, wie es bereits für den Raum Halle der Fall ist, die Förderung kürzt und auch für den Rest des Landes Sachsen-Anhalt herunterfährt, weil - das ist das Ziel der Förderung - die armen Regionen irgendwann auf dem Stand der reichen Regionen sind.
Die Förderung ist nicht Förderung um ihrer selbst willen. Sie ist dazu da, um sich selbst irgendwann einmal überflüssig zu machen, und hat keine Ewigkeitsgarantie. Deshalb bezieht sich mein Plädoyer zum Anfang auf die bisher umgesetzten Mittel und auch auf die Solidarität, die die EU auch über viele schwierige Zeiten hinweg zusammengehalten hat, auch nach dem jüngsten Beitritt von neuen Mitgliedstaaten.
Ich möchte auf das Beispiel eingehen, das die Frühaufsteherkampagne betrifft, die natürlich zu großen Teilen aus EU-Mitteln bezahlt wurde. Herr Gallert ist leider nicht mehr da. Umfragen haben ergeben, dass diese Frühauf
steherkampagne durchaus ihr Ziel erreicht hat und dass sie nach der Kampagne Baden-Württembergs mit dem Spruch „Wir können alles - außer Hochdeutsch“
die Kampagne gewesen ist - ich sage gleich etwas dazu, Herr Kosmehl -, die den höchsten Bekanntheitsgrad hat. Ich sage auch, Herr Kosmehl, ich selber bin diesem Slogan gegenüber damals sehr skeptisch gewesen, aber die Umfragen von Befragungsinstituten haben ergeben, dass er eine positive Wirkung gezeigt hat. Das hat mich im Nachgang gefreut. Warum sollen wir denn nicht auch lernfähig sein, Herr Kosmehl?
Wir befinden uns bereits mitten in der Strukturfondsperiode, die bis zum Jahr 2013 ausgelegt ist. Die Antwort der Landesregierung bzw. die Anfrage hat für die jetzige Strukturfondsperiode - darüber sind wir uns alle einig - keine Auswirkungen mehr, da die Analysen, die wir jetzt vorliegen haben, erst für die ab 2013 beginnende Strukturfondsperiode Anwendung finden können. Darüber, wie wir dann aufgestellt sein werden, diskutieren gerade die EU-Gremien, die die nächste Strukturfondsperiode vorbereiten.
Die alte Strukturfondsperiode muss noch abgerechnet werden. Auch darauf hat der Finanzminister hingewiesen. Wir haben durch die verlängerte n+2-Regelung die Möglichkeit, diese Mittel bis auf 100 % der beantragten Mittel aufzustocken. Dabei muss geschaut werden, was an vernünftigen Projekten gelaufen ist und ob das so berechnet wird, dass wir nicht noch mit eigenen Mittel dafür einstehen müssen.
Ich will aber auch sagen, dass ich mich hinsichtlich des Verfahrens gewundert habe, dass die Antwort der Landesregierung von Ende August 2008 gewesen ist und wir erst heute darüber diskutieren. Wir hätten die Auswertung auch am Ende des letzten Jahres vornehmen können. Denn je eher wir solche Dinge einfließen lassen, desto besser ist es.
Herr Czeke, meine Hochachtung vor der akribischen Anfrage hat etwas gelitten, als ich gesehen habe, dass Sie sie im Großen und Ganzen einfach nur von Thüringen kopiert haben und nicht, wie Sie es vorhin sagten, nur die Landesregierung die Antwort aus anderen Dingen herauskopiert hat. Sie haben auch die Anfrage von Thüringen kopiert. Aber trotzdem ist es lobenswert, dass Sie diese Anfrage gestellt haben.
Wir sollten die Ergebnisse, die wir herausgefunden haben, tatsächlich in der Halbzeitbewertung der jetzigen Strukturfondsperiode nutzen und aufnehmen. Herr Bullerjahn hat bereits gesagt, dass wir bzw. die Landesregierung versuchen, die Ergebnisse bei den Planungen zu berücksichtigen, wobei ich jede Kritik nicht ganz verstehen kann. Sie haben genüsslich angeführt, dass bei diesen relativ kleinen Projekten für Frauen Männer beteiligt waren. Das hat auch den von Ihnen erhofften Erfolg gebracht, indem es zur Belustigung beigetragen hat.
Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, ohne dass ich das in der Kürze der Zeit überprüfen konnte, dass an dieser Stelle zum Beispiel in entsprechenden Projekten männliche Personen eingestellt wurden, die Frauen beraten haben, um ihnen den Wiedereinstieg in das Berufsleben oder auch die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf zu ermöglichen. Wenn dort auch männliche Personen auftauchen, dann heißt das doch nicht, dass das Ziel nicht erreicht wurde.
Die Erfahrung, die ich den Jahren der EU-Förderung in der Landesverwaltung gemacht habe, ist, dass die Projekte sehr genau geprüft werden. Wenn die Förderkriterien der EU nicht erfüllt werden, dann gibt es auch keine Genehmigung durch die zuständigen Stellen. Ich habe eigentlich ein großes Vertrauen in die Landesverwaltung, dass hierbei EU-Mittel nicht an den Zielen vorbei ausgegeben wurden.
Ich will nicht allzu viel auf Zahlen zu sprechen kommen. Herr Czeke und auch Herr Bullerjahn haben eine Menge an Zahlen genannt. Sie wissen, dass es in der Strukturfondsperiode von 2000 bis 2006 3,5 Milliarden € waren und dass wir insgesamt durch Kofinanzierung von Kommunen und von anderen ein Mittelvolumen in Höhe von ca. 12 Milliarden € in den Wirtschaftskreislauf gegeben haben.
Das ist eine erhebliche Zahl. 12 Milliarden € - ich erinnere daran - sind 20 % mehr, als unser jährlicher Haushalt umfasst. Es ist eine ganze Menge Geld, das da in diesen Jahren abgeflossen ist. Auch die Anzahl der Projekte, 64 000 Einzelprojekte, spricht für sich. Es ist mit Sicherheit immer möglich, bei dem einen oder anderen Projekt kritikwürdige Zustände zu finden. Gerade die Anzahl der Projekte zeigt aber, dass es ganz schwer ist, das so gut zu managen, dass keine Fehler vorkommen und dass da nicht auch noch Verbesserungen möglich sind.
Die noch nicht abgeschlossenen 3 000 Projekte hat Herr Bullerjahn erwähnt. Ich denke, auch diesbezüglich werden Lösungen gefunden worden sein, die den Gesamthaushalt Sachsen-Anhalts nicht zu stark belasten, sodass wir die Strukturfondsperiode spätestens Ende des Jahres 2009 vernünftig abschließen können.
Die Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze ist erwähnt worden. Wir haben in der Statistik Zahlen gefunden, denen zu entnehmen ist, dass die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt deswegen um 15 % zurückgegangen ist und dass die Arbeitsproduktivität in diesem Zeitraum um 20 % gestiegen ist. Damit ist nachvollziehbar, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Sachsen-Anhalt gesteigert wurde.
Gerade in der aktuellen Finanzkrise zeigt sich diese Wettbewerbsfähigkeit, nämlich dass die Wirtschaft Sachsen-Anhalts nicht so anfällig ist wie andere Bereiche der europäischen oder sogar der deutschen Wirtschaft. Insofern hoffe ich, dass der Optimismus des Wirtschaftsministers tatsächlich stichhaltig ist, dass wir relativ glimpflich, was auch die Arbeitsplätze betrifft, aus der Finanzkrise herauskommen können.
Die Wirtschaftsleistung ist in Ostdeutschland immer noch nicht auf dem Stand Westdeutschlands. Das wissen wir auch. Sie liegt derzeit bei rund 70 %. Die weiteren Mittel, die bis zum Jahr 2013 in Sachsen-Anhalt ausgegeben werden können, werden dazu beitragen, diesen Wert zu verbessern.