Protocol of the Session on February 19, 2009

ergab sich für die SPD-Landtagsfraktion die Notwendigkeit, diese Aktuelle Debatte zu beantragen. Sowohl der Landtag von Sachsen-Anhalt als auch die Kommunen in unserem Land müssen so schnell wie möglich erfahren, unter welchen Bedingungen Mittel des Bundes aus dem Konjunkturpaket II verwendet werden können.

Da die Zeit drängt - es geht um eine schnelle Unterstützung der heimischen Wirtschaft -, muss sich das Landesparlament schleunigst mit diesem Thema beschäftigen.

Um rechtzeitig Impulse setzen zu können, schlagen die Koalitionsfraktionen der CDU und der SPD in ihrem Antrag in der Drs. 5/1791 ein Impulsprogramm mit einem Volumen von 80 Millionen € vor. Damit soll erstens deutlich werden, dass die Investitionen in die Bildungsinfra

struktur einen Schwerpunkt für uns bilden. Zweitens sollen die bereitgestellten Bundesmittel unverzüglich für Investitionen genutzt werden können. Drittens halten wir es aus rein praktikablen Gründen für sinnvoll, zur Umsetzung der geplanten Investitionen die Sommerferien 2009 zu nutzen.

Die Mittel in Höhe von 80 Millionen € sollen, sofern der Landtag dem zustimmt, auf zwei Bereiche aufgeteilt werden. Ein Betrag in Höhe von 60 Millionen € soll für Investitionen in Schulen zur Verfügung stehen. Diese Mittel werden nach unseren Vorstellungen trägerbezogen pauschal ausgereicht. Der restliche Betrag in Höhe von 20 Millionen € wird in Kindertagesstätten projektbezogen investiert.

Zu der Frage, wie die Mittel an die Kommunen ausgereicht werden sollen, entweder pauschal oder projektbezogen, ist festzuhalten, dass es d e n Lösungsweg in diesem Fall nicht gibt. Entscheidend ist für mich ein schnelles und unbürokratisches Handeln bei strikter Einhaltung der Zuwendungskriterien; additiv, nachhaltig, Demografiecheck.

Es wurde und wird in der Öffentlichkeit munter darüber diskutiert. Die Menschen machen sich Gedanken darüber, und das ist auch gut und richtig. Für beide Arten der Ausreichung, pauschal oder projektbezogen, gibt es plausible und nachvollziehbare Gründe.

Für den Anteil der Investitionen im Jahr 2009 haben sich die Koalitionsfraktionen entschieden, differenziert vorzugehen. Die pauschale Ausreichung der Mittel für die Bildungsinfrastruktur in Schulen soll es den Kommunen ermöglichen, schnell, unbürokratisch und vor allem trägerbezogen unter Anwendung der vereinfachten Vergaberegeln die Mittel auszureichen, damit die Investitionen unverzüglich getätigt werden können.

An dieser Stelle möchte ich eine Anmerkung machen. Wir wissen, dass die Landkreise und kreisfreien Städte beim Kultusministerium Anträge auf Zuwendungen im Rahmen der EU-Schulbauförderung - dieses Programm umfasst ein Volumen in Höhe von ca. 200 Millionen € - gestellt haben. Jedoch weiß noch niemand, wessen Antrag genehmigt wird. Herr Kultusminister Olbertz, so geht das nicht.

(Frau Weiß, CDU: Oh! - Herr Borgwardt, CDU, lacht)

An dieser Stelle muss schnellstmöglich eine Klärung herbeigeführt werden; denn zu Recht beschweren sich die Kreistagsmitglieder auch unter dem Aspekt der nunmehr durch das zweite Konjunkturpaket zusätzlich bereitgestellten Investitionsmittel.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Wir sind voll- kommen im Plan! - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Soviel ich weiß, geht das Antragsverfahren für dieses EU-Programm schon im Mai 2009 in die zweite Runde. Also, an dieser Stelle ist größte Eile geboten.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Ich sage es noch einmal: Wir sind vollkommen im Plan!)

- Das freut mich, Herr Minister; dann mache ich hier weiter.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Die Mittel für die Kitas, die wir in unserem Antrag vorschlagen, sollen projektbezogen zur Verfügung gestellt

werden. Trotzdem sind eine schnelle Prüfung und eine damit unmittelbar verbundene zeitnahe Entscheidung möglich, da in diesem Fall bereits konkrete Projektanträge beim Land eingereicht worden sind.

Viele davon sind allerdings noch nicht beschieden worden, weil der Fördertopf des im vergangenen Jahr gestarteten Kita-Investitionsprogramms schlichtweg nicht für alle Anträge ausreichte. Diese Anträge müssen lediglich auf die Bestimmungen des Zukunftsinvestitionsgesetzes und der dazu gehörigen Verwaltungsvereinbarungen hin überprüft werden.

Aber ungeachtet der bereits vorliegenden Anträge können die Gemeinden unter Verweis auf das Konjunkturpaket II erneut Zuwendungen beantragen, und dies, meine Damen und Herren, sollten sie auch schnellstens tun.

Ich bin der Meinung, dass Sachsen-Anhalt einen gesunden Mix aus pauschaler und projektbezogener Förderung vertragen kann. Die am Dienstag im Kabinett getroffenen Vereinbarungen zur anteiligen Verteilung - wir werden es vom Finanzminister Jens Bullerjahn gleich hören - bestätigen diese Ansicht.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Das Land übernimmt eine große Verantwortung bei der Umsetzung des zweiten Konjunkturpakets. Daher müssen die Parlamentarier zeitnah über die Vorstellungen der Landesregierung informiert werden. Wenn das Paket morgen durch den Bundesrat verabschiedet wird, dann liegen die Fakten klar auf dem Tisch.

Wir wollen nicht bis zur Vorlage eines Nachtragshaushaltes 2009 warten, in dem die Mittel veranschlagt werden müssen. Wir wollen den Landkreisen, den kreisfreien Städten und den Gemeinden klare Ansagen machen, damit sie schnell mit den Planungs- und Antragsarbeiten beginnen können.

Wir wollen heute von der Landesregierung hören, bei welchem Ministerium wie viel Mittel für welchen Zweck beantragt werden können. Die Oberbürgermeister und Bürgermeister mit ihren Gemeindenräten und die Landräte mit ihren Kreistagsmitgliedern laufen uns doch die Bude ein und fragen, wie die Verteilung erfolgen soll. Wir brauchen heute quasi das Startsignal; diesem Zweck dient die Aktuelle Debatte. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Tull- ner, CDU)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Ich erteile nun dem Minister der Finanzen Herrn Bullerjahn das Wort. Bevor er das Wort erhält, begrüße ich die erste Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Dr.-Herrmann-Gymnasiums, Schönebeck. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Nun warten wir gespannt auf den Beitrag des Herrn Finanzministers. Bitte schön, Herr Finanzminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Rede zum Konjunkturprogramm mit einer positiven Nachricht beginnen, auch wenn sie schon einige Tage alt ist: Das Jahr 2008 war finanzpolitisch betrachtet

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

- ja, auch mit Glück - ein gutes Jahr, da wir den Haushalt zum zweiten Mal in Folge ohne Nettokreditaufnahme abschließen konnten und zusätzlich einen zweistelligen Millionenbetrag in die Steuerschwankungsreserve einzahlen können.

Auch die aktuellen Daten sind bisher zufriedenstellend. Die Steuereinnahmen im Januar 2009 lagen über denen des Vorjahresmonats. Das hat auch etwas mit der Zerlegung zwischen den Ländern und dem Bund zu tun. Das Wirtschaftswachstum des Landes Sachsen-Anhalt insgesamt lag im Jahr 2008 über dem der anderen Länder. Die Zahl der Arbeitslosen sank bis vor wenigen Wochen kontinuierlich.

Für die Landesregierung - das werden Sie sicherlich erwarten - ist das kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen. Aber ich will Folgendes trotzdem sagen: Es ist eine Bestätigung dafür, dass wir in den letzten Jahren richtig gehandelt haben.

(Zustimmung von Herrn Tullner, CDU)

- Danke, Herr Tullner. - Der Dreiklang von Konsolidieren, Investieren und Vorsorgen, über den wir an dieser Stelle mehrfach gesprochen haben - ich werde Ihnen das auch in den nächsten Wochen und Monaten nicht ersparen können -, ist nicht nur Sache dieser Regierung, sondern auch anderer vor uns. Ich denke, das sollte man bei all den Problemen, die wir jetzt haben, immer wieder auch sagen können.

Um es gleich vorweg zu sagen: Für die Landesregierung ist klar, dass wir diesen Weg auch unter veränderten Rahmenbedingungen weitergehen werden, weil wir ihn weitergehen müssen. Wir wissen, dass die nächste Zeit sehr schwierig werden wird und dass die finanzpolitischen Belastungen enorm zunehmen werden. Sie können das täglich lesen. Die Finanzkrise - dieser Satz ist, glaube ich, am häufigsten zu lesen - ist in der Realwirtschaft angekommen - was auch immer das jeweils heißt.

Die Konjunkturaussichten haben sich verdüstert. Ganze Branchen melden Einbrüche. Die Krise der Banken - Sie haben es heute früh vielleicht gehört - ist noch lange nicht überwunden. Die Kurzarbeit nimmt zu, Entlassungen drohen bzw. sind schon ausgesprochen worden.

Die prekäre Situation hat auch Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt. Wie stark wir betroffen sein werden, ist noch nicht abzuschätzen. Das Handeln der Landesregierung wird jedenfalls eine Linderung der Krise bewirken. Davon bin ich überzeugt. Aber verhindern werden wir die Auswirkungen nicht können. Das sollte man auch offen sagen.

Über die Gründe der Krise, über die internationalen Finanzmärkte, über die Rolle der Banken, über die Beihilfe der Politik und über die Fehleinschätzungen ökonomischer Institute wurde in der Öffentlichkeit und auch im Landtag mit Hingabe diskutiert. Darüber will ich heute nicht reden.

Jetzt gilt es zu handeln. Nach Lage der Dinge sind es vor allem Staat und Politik, die handeln müssen. Von schnellen, aber durchdachten Entscheidungen zur Stabilisierung des Finanzsystems, der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes hängt viel ab. Bund und Länder haben sich dieser Aufgabe in den vergangenen Wochen und Monaten gestellt.

Da gibt es das Konjunkturpaket I. Die ersten Schritte sind bereits im Oktober 2008 erfolgt, als es darum ging,

den Zusammenbruch der Finanzmärkte abzuwenden und die Sparguthaben der Bürger zu sichern. Das war die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen und ist nicht zu unterschätzen. Andere Länder haben bewiesen, welche politischen Auswirkungen die Unsicherheit der Bürger hat.

Um die Investitionen der Unternehmen trotz nachlassender Nachfrage zu stützen, wurden mit dem Konjunkturpaket I die Betriebe steuerlich entlastet, die staatliche Förderung privater Investitionen massiv ausgebaut und zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur ermöglicht, wie zum Beispiel der Bundesfernstraßenbau, auch in Sachsen-Anhalt. Unternehmen und Arbeitnehmer profitierten von der Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung, Familien von der Erhöhung des Kindergeldes.

Flankierend zum Konjunkturpaket I taten die Landesregierungen von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ein Übriges. Wir wollen die keineswegs notleidende NordLB - ich kann es nicht oft genug sagen - vor möglichen Wettbewerbsnachteilen bewahren und ein von beiden Ländern besichertes Emissionsprogramm garantieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird uns unter Tagesordnungspunkt 7 noch beschäftigen. Ich werde später darauf zurückkommen.

Damit wird beabsichtigt, insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen auch in der Krise weiterhin zu helfen und zu akzeptablen Bedingungen Kredite anzubieten. Das ist der Sinn dieses Paketes.

Dann folgt das Konjunkturpaket II. In der vergangenen Woche hat der Bundestag dem Konjunkturpaket II zugestimmt. Das Gesetz ist Teil dieses Paketes. In zahlreichen Verhandlungen zwischen dem Finanzministerium, der Staatskanzlei und anderen Ministerien des Landes Sachsen-Anhalt auf der einen Seite und dem Bund auf der anderen Seite hat sich die Landesregierung auf dieses Gesetz und auf die Ende Februar 2009 folgende Verwaltungsvereinbarung umfangreich vorbereitet.

Ich werde diesem Gesetz morgen im Bundesrat für das Land Sachsen-Anhalt zustimmen. In den bis gestern geführten Gesprächen ist signalisiert worden, dass alle Länder diese Absicht haben.

Es soll einen Entschließungsantrag geben, in dem weitere Themen wie Additionalität und anderes aufgegriffen werden und in dem der Bund gebeten wird, das bei der weiteren Gesetzgebung zu berücksichtigen, damit das, was politisch gewollt ist, nämlich einfache Verfahren zu wählen, nicht durch die Verwaltungsvereinbarung unterwandert wird.

Unser Thema ist jetzt, dieses Konjunkturpaket zügig, nachhaltig und effizient umzusetzen. Unser Ziel ist dabei, mehr zu tun, als die Folgen der Krise abzufedern. Wir wollen die Grundlage für eine dauerhafte und langfristige Modernisierung und Erneuerung der Infrastruktur und damit eine schnellere Entwicklung des Landes weiter vorantreiben. Das ist keine neue Erfindung, dafür reicht das Geld auch gar nicht. Wir wollen aber das unterstützen, was wir sowieso vorhaben.

Ich will nicht missverstanden werden: Niemand hat sich diese Krise gewünscht. Wir haben sie nicht gewollt und wir haben sie nicht verursacht. Wir müssen aber jetzt mit ihr umgehen. Die Krise ist gefährlich für unsere Entwicklung und ein schwerer Rückschlag für alle, auch für unser Bundesland Sachsen-Anhalt.

Deshalb warne ich dringend vor dem Irrglauben, die Millionen aus dem Konjunkturpaket II seien eine Art Geschenk. Nein, diese Millionen sind Teil der notwendigen - ich gehe sogar so weit zu sagen: der alternativlosen - Abwehrstrategie des Staates gegen die Krise.