Ich kenne übrigens Schulen, in denen ganze Jahrgangsklassen diesen Weg - allerdings sehr stark begleitet von den Eltern und den Lehrern - erfolgreich gehen. Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler tut das. Von diesem Viertel sind immerhin 85 % erfolgreich. Das finde ich beachtlich. Das verdient großen Respekt vor den Lehrerinnen und Lehrern, die diese Jugendlichen so fördern, und auch vor den Eltern, die sehr oft dahinter stehen und das ermöglichen.
Ich will zur Verbesserung bzw. zur Entbürokratisierung der Arbeitsbedingungen der Förderschullehrkräfte an den Förderzentren jetzt nichts sagen, weil das zu sehr ins Detail gehen würde. Ich habe ja empfohlen, dass wir über den Antrag trotz der irrtümlichen Voraussetzungen gerade bei den Förderschwerpunkten der emotionalen Entwicklung im Ausschuss beraten. Dann sollten wir das dort in aller Ruhe machen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen jetzt zu den Debattenbeiträgen. Als erster Debattenrednerin erteile ich Frau Dr. Späthe von der SPD-Fraktion das Wort, dann Frau Bull, Frau Feußner und Herr Kley noch einmal. Bitte schön, Frau Dr. Späthe.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir schon eine so umfangreiche Debatte zu der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE hatten und weil wir uns jetzt langsam in den Zustand der Wiederholung begeben, ohne das Thema wirklich ausdiskutieren zu können, befürworte ich die Überweisung des Antrages in den Ausschuss und fasse mich hier kurz.
Ich danke Ihnen. - Dann würde ich Frau Feußner fragen, ob sie sich auch anschließt. - Sie schließt sich auch an. - Der Abgeordnete Herr Kley von der FDP-Fraktion schließt sich ebenfalls an. Damit haben wir uns alle angeschlossen.
Es wurde der Antrag gestellt, den Antrag der FDP-Fraktion in der Drs. 5/1579 in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich schaue in die Runde: Alle Fraktionen stimmen zu. Damit ist der Antrag in den Ausschuss überwiesen worden.
Meine Damen und Herren! Bevor ich der Abgeordneten Frau Knöfler das Wort erteile, möchte ich der Bitte der Vorsitzenden des Sonderausschusses zur Überprüfung der Abgeordneten nachkommen und Ihnen mitteilen, dass sich der Ausschuss anschließend im Raum B1 09 trifft.
Wie vereinbart, erteile ich jetzt für drei Minuten Frau Knöfler das Wort. Bitte schön, Sie können jetzt Ihre Erklärung außerhalb der Tagesordnung abgeben.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Glauben Sie mir, es gab schon weitaus angenehmere Momente in meinem politischen Leben. Aber vor ca. drei Jahren habe ich mich zu einer Dummheit hinreißen lassen, ohne ein bestimmtes Ziel und ohne einen bestimmten Zweck damit zu verfolgen und ohne gar jemandem schaden zu wollen. Hiermit erkläre ich gegenüber Ihnen, den Mitgliedern des Landtages, und auch gegenüber der Öffentlichkeit, dass ich weder wissentlich noch unwissentlich durch eigenes Handeln weder in bösartiger Absicht noch zu meinem eigenen Vorteil gehandelt habe.
Damals empfand ich es als Scherz; es war sogar ein bisschen lustig. Heute ist aus der spaßigen Angelegenheit, deren Tragweite und Folgen für mich damals so nicht abzusehen waren, eine ernsthafte Angelegenheit geworden.
Richtig ist, dass ich über die Möglichkeit des Mitschneidens von Sitzungen informiert wurde. Richtig ist, dass die gemachten Aufnahmen mir zu keiner Zeit in einer technischen Version vorgelegen haben, von mir ausgewertet oder in irgendeiner Weise benutzt wurden. Sie standen mir zu keiner Zeit zur Verfügung.
Richtig ist auch, dass ich dieses Anliegen einer subjektiven und individuellen Datenaufnahme nicht ausreichend bewertet habe, nicht ernst genommen habe, nicht wichtig genommen habe und im Verkennen der Tatsachen und der Tragweite auch nicht unterbunden habe. Ich bedauere diese Angelegenheit ausdrücklich und habe daraus schon verschiedene Konsequenzen gezogen. Für weitere Fragen stehe ich gern persönlich zur Verfügung.
Ein letzter Satz: Ich möchte mich ganz herzlich, und zwar öffentlich, bei all jenen bedanken, die mir in dieser schwierigen Zeit zur Verfügung stehen. Oft sagt man nur: Kopf hoch, wir schaffen das schon! - Für das „Wir“ bedanke ich mich bei all jenen, die mir zur Seite stehen.
Ich kann Ihnen auch sagen: Einen einzigen Brief habe ich bekommen. Obwohl man mir sagte: Leg die Mandate nieder! - 1 400 Menschen sind aufgefordert, das zu tun. Einer hat es getan. Das war ein Leserbrief, der in der Presse zu finden war. Alle anderen stehen mir zur Seite. Das macht mich stark. Deswegen übe ich meine Ämter weiter für alle Bürgerinnen und Bürger aus, die mir ihr Vertrauen ausgesprochen haben. - Danke.
Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende des Vormittages angelangt; wir gehen jetzt in die Mittagspause. Ich würde die Sitzung dann um 14.45 Uhr fortsetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist bereits 14.47 Uhr. Wir sind zwei Minuten über der Zeit und beginnen jetzt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Interesse an dem Thema scheint sehr begrenzt zu sein. Ich kann nur hoffen: Möge nie jemand in die Situation kommen, dies in Anspruch nehmen zu müssen.
Meine Damen und Herren! Artikel 2 des Grundgesetzes, inhaltsgleich mit Artikel 5 der Landesverfassung von Sachsen-Anhalt, besagt:
„(1) Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben sowie auf körperliche und seelische Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
Was aber, wenn der Staat genau gegen dieses Grundrecht aufgrund einer fehlerhaften Festnahme in Untersuchungshaft bzw. eines Fehlurteils verstößt und damit in die körperliche Bewegungsfreiheit einer Person eingreift? Wie viel ist dem Staat dann die verloren gegangene Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger wert? Kann man dieses Unrecht überhaupt mit Geld aufwiegen, ausgleichen bzw. rückgängig machen? - Sicher nicht, aber der finanzielle Ausgleich ist wenigstens der Versuch einer Wiedergutmachung erlittenen Unrechts.
Wie hoch ist also der Preis der Freiheit? - Meine Damen und Herren! Die Freiheit hat in der Bundesrepublik Deutschland einen Wert von sage und schreibe 45,8333 Cent je unschuldig abgesessener Stunde, pro Tag also 11 €, natürlich abzüglich Kost und Logis.
Dabei muss man sich in aller Deutlichkeit vergegenwärtigen: Es handelt sich bei den betreffenden Personen um Menschen, die unschuldig in Untersuchungshaft bzw. in Strafhaft saßen - und dies unter dem Verdacht bzw.
nach Verurteilung wegen einer sehr schwerwiegenden Straftat, die sie jedoch nicht begangen haben, was sie auch immer erklärt und beteuert haben. Auch die Justiz ist nicht unfehlbar. Justitia ist blind, aber nicht frei von Irrtümern.
An dieser Stelle seien beispielhaft zwei Justizirrtümer genannt; die Reihe könnte fortgesetzt werden. So titelte „Welt online“: „Gelegenheitsarbeiter aus Slowenien irrtümlich als Betrüger verhaftet“. Ein des Lesens und Schreibens unkundiger Familienvater aus Slowenien wurde beschuldigt, unter Vorlage seines Ausweises Baumaschinen unterschlagen zu haben und mittels ECKarte auf Einkaufstour gegangen zu sein. Nach neun Wochen fiel dem Pflichtverteidiger auf, dass der Inhaftierte ganz anders als der in den Unterlagen Abgebildete aussah. Der eigentliche Täter hatte die Straftaten mit dessen entwendetem Ausweis begangen. Der Inhaftierte hatte seine Unschuld immer wieder beteuert.
Ein weiteres Beispiel für einen gravierenden Justizirrtum: Fast zweieinhalb Jahre lang saß die Berlinerin Monika de Montgazon im Gefängnis. Sie war im Januar 2005 wegen Mordes an ihrem kranken Vater zu lebenslanger Haft verurteilt worden, verbunden mit der strafverlängernden „Feststellung der besonderen Schwere der Schuld“. Damit wäre eine Haftentlassung nach 15 Jahren ausgeschlossen gewesen. Der Vorsitzende der 22. Großen Strafkammer nannte Habgier als Motiv: Die 52-Jährige habe das Haus ihres Vaters in Brand gesetzt, um die Versicherungssumme von rund 220 000 € zu kassieren. Die Tochter hatte ihre Unschuld stets beteuert.
Im Januar 2006 gab der Bundesgerichtshof der Revision der Angeklagten statt und hob das Urteil aufgrund eines neuen Brandgutachtens auf. Seit März 2006 ist Monika de Montgazon wieder auf freiem Fuß. Sie erhielt für über zwei Jahre Haft als immaterielle Haftentschädigung ganze 3 600 €.
Ich denke, es wird deutlich, dass eine solche Summe auf keinen Fall auch nur annähernd angemessen ist und dringender Handlungsbedarf besteht. Hinzu kommt - dieser Aspekt wiegt mindestens genauso schwer wie die Freiheitsberaubung -: Wie sieht das Leben nach wiedererlangter Freiheit aus? Gilt der unbescholtene Bürger auch für seine Umwelt, seine Arbeitswelt, für sein privates Umfeld, Nachbarn, Freunde als unbescholten?
Die Antwort lautet in der Regel: Nein. Die privaten und beruflichen Folgen sind für die Opfer der Justiz in der Regel gravierend und lassen sich nur schwer bemessen. Auch nach erfolgtem Freispruch existiert oft die Meinung - meist hinter vorgehaltener Hand -: Na, da wird doch etwas dran gewesen sein, sonst hätte man ihn oder sie doch nicht inhaftiert. - Stets bleibt bei den anderen ein Restzweifel an der Unschuld, und immer bleibt ein Makel.
Wie ergeht es den Familien, die mit dem Vorwurf konfrontiert werden, ihr Ehemann, Vater, Bruder sei ein Verbrecher? Oftmals zerbricht die Familie an diesen Vorwürfen.
Was passiert mit dem Arbeitsplatz? Kein Arbeitgeber wird wochen- oder monatelang warten, bis er das Arbeitsverhältnis beendet; schon gar nicht, wenn eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt.
Was ist mit Hartz-IV-Empfängern? - Bei ihnen wird die Entschädigungssumme angerechnet. Da bekommt das
Neben dem ungeheuerlichen Druck, unschuldig und trotzdem inhaftiert zu sein, kommen auf die Betroffenen somit gravierende existenzielle Ängste und Sorgen zu. Das alles lässt sich nicht in Euro und Cent aufwiegen.
Die Regelung zur Haftentschädigung gibt es seit 1971; damals waren es 10 DM pro zu Unrecht erlittenem Hafttag. 1987 erfolgte eine Verdoppelung der Summe, aber natürlich immer abzüglich Kost und Logis. Im Jahr 2001 erfolgte die Festsetzung im Rahmen der Währungsumstellung auf 11 €. Seitdem gibt es keine Bewegung, keine Veränderung, geschweige denn eine Erhöhung.
Dass diese Summe unangemessen niedrig und mit einem sozialen Rechtsstaat nahezu unvereinbar ist, kritisieren Fachleute wie Vertreter und Vertreterinnen der Rechtsanwaltskammern oder des Deutschen Anwaltvereins, aber auch aus der Politik seit geraumer Zeit. Man fordert eine Reform der immateriellen Haftentschädigung für Justizopfer, die auf eine deutliche Anhebung hinauslaufen muss.
Anlässlich des 67. Deutschen Juristentages in Erfurt betonte DAV-Präsident Rechtsanwalt Hartmut Kilger: