Sehr geehrte Damen und Herren! Der Boden stellt eine nicht vermehrbare und wegen seiner langen Entwicklungszeit praktisch nicht erneuerbare Ressource dar, die weltweit in ihrer Funktionalität und Existenz durch Wind- und Wassererosion, Verwüstung, Verlust organischer Substanz, Kontamination, Versiegelung, Verdichtung, Verlust an biologischer Vielfalt und Versalzung bedroht ist.
Das Ergebnis der Nachlässigkeit ist allerorten rund um das Mittelmeer zu besichtigen. Wo einst Hochkulturen ansässig waren, erstreckt sich heute unfruchtbares, verkarstetes Land.
Angesichts der Tatsache, dass sich von der 131 Millionen km² umfassenden Erdoberfläche nur reichlich ein Drittel für die Produktion von Nahrungsmitteln eignet, davon nur 11 % für den Ackerbau, ist für eine ausreichende Ernährung einer weltweit wachsenden Bevölkerung neben dem Erhalt der Bodenfruchtbarkeit insbesondere die Sicherung der agrarisch nutzbaren Fläche in quantitativer Hinsicht entscheidend. Aber: Zwischen Problemwahrnehmung und Problemlösung klafft weltweit ein riesiger Widerspruch.
Stärker als durch Schadstoffeinträge sind die natürlichen Bodenfunktionen in Sachsen-Anhalt mittlerweile durch die Inanspruchnahme für Siedlung, Erholung und Infrastruktur beeinträchtigt. So kann man es auf der Homepage des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt lesen. Weiter heißt es dort - ich zitiere -:
„Dies unterstreicht, wie dringend es erforderlich ist, insbesondere durch wirkungsvolles Flächenrecycling den weiteren Flächenverbrauch zu minimieren, aber auch besonders wertvolle und ertragreiche Böden hinsichtlich ihrer bisherigen Nutzung zu erhalten.“
Bereits in der Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung aus dem Jahr 1985 spielte die Problematik des Flächenverbrauchs für die Siedlungstätigkeit eine zentrale Rolle. Die in der Bodenschutzkonzeption formulierten Ziele und die bereits damals vorgeschlagenen Lösungen haben leider in einem Vierteljahrhundert nichts an Aktualität eingebüßt. Denn über all die Jahre hinweg ist die Rate des täglichen Flächenneuverbrauchs für das Bundesgebiet nahezu gleich geblieben.
Fakt ist auch, dass der Beitrag Sachsen-Anhalts zur Erfüllung der Zielstellung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, den Flächenverbrauch bundesweit auf 30 ha pro Tag zu reduzieren, äußerst gering ist - und das trotz eherner Grundsätze im Landesentwicklungsplan.
Der sowohl von der FDP-Fraktion als auch in dem Alternativantrag eingeforderte Bericht reicht einfach nicht mehr aus. Wir haben bereits im vergangenen Jahr in den Ausschüssen im Zusammenhang mit einem Bericht der Landesregierung zum Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates für eine Bodenschutzrichtlinie die Probleme ausführlich diskutiert. Wir müssen zu einer neuen Qualität, zu einem Durchbruch beim Bodenschutz kommen. Um mit Goethe zu sprechen: „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich
Leider deutet der Wortlaut des Alternativantrages der regierungstragenden Fraktionen darauf hin, dass man sich zum wiederholten Male einem vernünftigen Anliegen verweigern will, nur weil der Anstoß dazu von der LINKEN kommt - offensichtlich ganz im Gegensatz zu den Bildungspolitikern. Stattdessen sollen Komplimente für die Landesregierung gedrechselt werden.
Ihr Bericht, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen, könnte den ersten Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Handlungskonzept darstellen. Insofern ergänzen sich beide Anträge vortrefflich.
Voraussetzung für ein Maßnahmenkonzept sind natürlich ein ehrlicher Problemaufriss und eine genaue Ursachenanalyse. Aufgrund der Antworten auf die Große Anfrage der LINKEN zur Raumentwicklung und auf Kleine Anfragen von mehreren Kollegen aus diesem Hause in den letzten Wochen zu dieser Thematik gewinnt man aber den Eindruck, dass die Landesregierung die Probleme vor sich herschiebt. Auf die Wirkung der Grundsätze im neuen Landesentwicklungsplan zu vertrauen reicht nicht aus, wie die Praxis zeigt.
Es ist auch wenig hilfreich, den dramatisch hohen Flächenverbrauch für Siedlungstätigkeit schön zu reden - so geschehen im Umweltbericht zum Einsatz des EFRE und des ESF im Bundesland Sachsen-Anhalt in der Förderperiode 2007 bis 2013.
Sehr geehrte Damen und Herren! Unabhängig vom Altlastensanierungsfonds sollen bis 2013 ganze 50 ha Gewerbepark- und Konversionsflächen mit Mitteln des EFRE wieder nutzbar gemacht werden. Dafür sind 7,6 Millionen € von insgesamt 1,8 Milliarden € vorgesehen.
Es wird auch wenig hilfreich sein, dem Flächenverbrauch mit einer Aussetzung der Eingriffsregeln des Naturschutzgesetzes begegnen zu wollen, wie es zum Beispiel von Herrn Daldrup oder Herrn Hauser, aber auch vom Landesbauernverband vorgeschlagen wird.
Das hieße wiederum, den Gaul von hinten aufzuzäumen. Denn der Umfang von Ersatzmaßnahmen richtet sich nach dem ökologischen Ausgangszustand und der Größe der von einem Bauvorhaben in Anspruch genommenen Fläche. Ein im Innenbereich gelegener Altindustriestandort bedarf bei seiner Revitalisierung deutlich weniger Ersatzmaßnahmen als die Neuansiedlung auf bestem Bördeboden.
Als Hauptursachen für einen geringen Stellenwert des Bodenschutzes werden im Wesentlichen das geringe gesellschaftliche Problembewusstsein bezüglich der Schutzbedürftigkeit unserer Böden, die immer noch lückenhafte Gesetzgebung und ein enormes Vollzugsdefizit verantwortlich gemacht. Bei der Analyse der Ursachen werden jedoch die Mechanismen und Kräfte, die den ungehemmten Bodenverbrauch tatsächlich zu verantworten zu haben, meist nicht klar benannt.
Lässt man individuelles Fehlverhalten einmal außer Betracht, so erwachsen die Probleme zum überwiegenden Teil aus dem privaten Besitz und der freien Handelbarkeit des Bodens, der dadurch den allgemeinen Mechanismen des Marktes, der Preisbildung, der Hortung und der Spekulation unterliegt. Die spekulative Wertsteigerung von Ackerland bei der Umwidmung in Bauerwar
Alle Lösungsstrategien zur Begrenzung des Flächenverbrauchs, insbesondere die zur Verfügung stehenden ordnungspolitischen Instrumentarien der Raumordnung, des Naturschutzrechts und der Bauleitplanung haben sich gerade deshalb letztendlich als zu schwach erwiesen, um wirksam gegenzusteuern.
Mittlerweile ist aber das öffentliche Interesse an der Thematik Bodenschutz gewachsen. Die Umweltverbände haben sich verstärkt dieser Thematik zugewandt. Kommunen beginnen mit dem Aufbau von Flächenkatastern für ein auf Nachnutzung orientiertes Flächenmanagement. Ein Beispiel hierfür ist Leipzig. Städte und Gemeinden haben ein Bodenbündnis europäischer Städte und Gemeinden geschlossen.
Es ist, denke ich, an der Zeit, dass sich die Landesregierung an die Spitze dieser Bewegung stellt. Nur sie hat die Möglichkeit, koordinierend die Fäden so zu führen, dass insgesamt eine Lösung herauskommt, die dem Flächenverbrauch tatsächlich wirksam gegensteuern kann. Dazu bedarf es aber eines abgestimmten Handlungskonzeptes. Das ist der Vorschlag, den wir mit unserem Antrag hier einbringen. - Danke.
Danke sehr, Herr Köck. - Den Antrag der Fraktion der FDP in der Drs. 5/1536 bringt der Abgeordnete Herr Hauser ein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Köck, ich habe zwar akustisch nicht alles mit bekommen, ich kann aber vieles mit unterschreiben. Ich glaube, wir liegen nicht sehr weit auseinander. Ich erläutere deshalb in Kürze den FDPAntrag wie folgt:
Die Reduzierung des Verbrauchs von land- und forstwirtschaftlicher Fläche kann nicht ignoriert werden. Wir müssen uns diesen Fakten und den Tatsachen stellen. Es ist so - das hat jeder mitbekommen -, dass die Zeit der Überproduktion der Jahre 2006 und 2007 vorbei ist. Der Aufschrei 2007, also im vorigen Jahr - ich erinnere nur an die Weizenpreise und die daraus resultierenden gestiegenen Brotpreise -, war immens und gigantisch.
Ich muss ganz offen sagen: Die Bauern sind da, um zu produzieren und Gewinne zu machen. Sie sind auch da, um die Fläche und ihre Höfe zu erhalten. Es ist mir klar, dass wir uns diesbezüglich im Widerspruch bzw. in Konkurrenz zur übrigen Wirtschaft befinden.
Entscheidend und wichtig war auch, dass in der Fachpresse des Landesbauernverbandes und des Landvolkverbandes in Sachsen-Anhalt ausgeführt worden ist, dass Sie, Herr Minister Dr. Daehre, Frau Wernicke, diverse Schreiben beantwortet hätten. Letztendlich ist es aber dabei geblieben.
Wir wollen - ich will nicht sagen: nachhelfen - darauf hinweisen, dass wir uns der Thematik jetzt stellen müssen. Ich will zugeben, dass die Planungshoheit bei den Kommunen, bei den Gemeinden liegt. Die Planungs- und Rechtsvorgaben der Länder und des Bundes sind daran
letztlich gebunden. Die Nachfrage nach Grund und Boden an bestimmten Orten ist überdimensional. Das wissen wir.
Wenn hier gesagt wird, Autobahnen seien keine Ansiedlungsanreize, dann muss ich dem widersprechen. Das haben wir hier in der Nähe. Das ist das typische Beispiel. Herr Minister Haseloff, Sie haben heute wunderbar gesagt: Bei Großinvestitionen sind über 50 ha Flächen bereitzustellen.
Man muss auch daran denken, dass wir in SachsenAnhalt einen Eigentümer und einen Bewirtschafter haben. Nach wie vor sind die Eigentumsflächen zu 80 % verpachtet. Es ist nicht so wie in den alten Bundesländern, dass der Eigentümer entscheiden kann, ob er die Fläche verkauft. Es gibt langjährige Pachtverträge und es bestehen Bindungen. Es liegt ein ganzes Bündel von Problemen an, solche Fläche zu beschaffen. Das halte ich schon für ein Problem.
Ich will jetzt nicht streiten, wie viel Fläche wir täglich momentan in Sachsen-Anhalt verbrauchen, ob es 2 ha, 7 ha oder 13 ha sind, konjunkturbedingt. Wenn die A 14 gebaut wird mit einem Flächenbedarf von etwa 1 500, 1 600 ha und noch das Problem der Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen hinzukommt - das wissen wir alle -, dann sind es schon gigantische Flächen. - Deshalb unser Antrag.
Die Fraktionen der CDU und der SPD haben einen fast gleich lautenden Antrag dem der FDP-Fraktion nachgeschoben. Wir haben kein Problem damit, diesem Antrag zuzustimmen. Wir haben jedoch die herzliche Bitte, sich der Problematik jetzt zu stellen. Deshalb haben wir uns vorgewagt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst einmal eines vorweg: Ich denke, alle vier Fraktionen in diesem Hause eint, dass wir eine Verantwortung für die Zukunft, für die Flächen, für die Landwirtschaft, für die Ernährung und auch vieles andere mehr haben. Damit ist klar, dass das nicht zur Disposition steht.
Ich denke, für jemanden, der aus der Börde kommt und in der Börde groß geworden ist, steht für sich allein, dass wir nach Möglichkeiten suchen müssen, wie wir dieses Spannungsfeld - in diesem Spannungsfeld befinden wir uns - in Zukunft lösen können. Das wollte ich vorweg sagen.
Dann zum Einzelnen. Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, zu einer Minimierung des Flächenverbrauchs zu kommen und gleichzeitig ein intelligentes Flächenmanagement auf den Weg zu bringen. Die Debatte darüber wird mit den Kommunen, den gesellschaftlichen Institutionen, Unternehmen und Verbänden und im Rahmen von Projekten geführt.
Das ist deshalb so wichtig, weil die verschiedenen Bereiche unterschiedliche Intentionen haben. Wenn ich mit einem Landwirt über dieses Thema spreche, dann ist das Ergebnis ein anderes, als wenn ich mit jemandem darüber spreche, der ein Logistikzentrum oder eine industrielle Einrichtung aufbauen will. Das wissen wir. Deshalb müssen wir den Mut haben, das Spannungsfeld auszuhalten und die Positionen der verschiedenen Einrichtungen zu akzeptieren.
Das Ziel der Bundesregierung, meine Damen und Herren, den Flächenverbrauch auf 30 ha je Tag bis zum Jahr 2020 zu reduzieren, ist nicht von allen Bundesländern untersetzt worden, da die Voraussetzungen in den Bundesländern unterschiedlich sind. In Sachsen-Anhalt - das ist auch kein Geheimnis, aber es muss in diesem Zusammenhang natürlich gesagt werden - besteht Nachholbedarf beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.
Kollege Hauser, Sie haben eben schon die A 14 angesprochen. Aber die steht nur stellvertretend für viele andere Projekte. Der Flächenverbrauch beim Bau der Ortsumgehungen ist mindestens genauso groß wie die Flächen, die die Autobahnen im Land einnehmen.
Wir wissen auch, dass die Ortsumgehungen von den Bürgern gewünscht werden, damit die Lärmbelastung und vieles andere mehr aus den Städten und Orten verschwindet. Somit entsteht ein neues Spannungsfeld, ohne dass wir es wollen. Aber wir müssen die Bürger in den Städten entlasten. Dazu bauen wir Ortsumgehungen. Dann haben wir wieder einen Flächenverbrauch.
Wie eben schon gesagt: Wir müssen die Lebensqualität in den Orten verbessern. CO2-Immissionen und Feinstaubbelastung sind von der Bevölkerung fernzuhalten. Darum wollen und müssen wir diese Ortsumgehungen bauen.
Dann, meine Damen und Herren, soll die Wirtschaft im Land aufgebaut werden. Ich denke, dabei sind wir ein großes Stück vorangekommen. Es gibt Neuansiedlungen, die auf der grünen Wiese oder auf Bördeboden entstanden sind. Wir müssen mindestens aber auch zur Kenntnis nehmen, dass wir es in der Chemieregion bei Leuna, Buna, in Piesteritz oder in Bitterfeld mit großen Anstrengungen geschafft haben, alte Chemiestandorte zu beräumen und neu aufzubauen, sodass keine neuen Flächen in Größenordnungen entwickelt werden mussten. Ich denke, das war eine enorme Leistung,
Die Fraktion DIE LINKE begründet ihren Antrag zur Erarbeitung eines Handlungskonzeptes damit, dass die Rate der neu versiegelten Bodenfläche in SachsenAnhalt in den letzten Jahren deutlich angestiegen sei. Mit einer Nettoneuversiegelungsrate von 15 ha je Tag stehe Sachsen-Anhalt in diesem Bereich an der Spitze, so die LINKE.
Ich kann nicht nachvollziehen, wie diese Zahl zustande gekommen ist. Herr Hauser, ich denke, diesbezüglich sind wir auch dicht beieinander. Wir sollten nicht darüber streiten, ob es 3, 14 oder 15 ha sind, sondern wir sollten das Problembewusstsein erzeugen.
Fakt ist, dass immer weniger Flächen für Siedlungs- und Verkehrsmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Im Jahr 2007 wurde ein Flächenverbrauch von 1 ha pro