Protocol of the Session on October 10, 2008

Das machen Sie. - Bitte schön.

Frau Hunger, ich hätte eine konkretisierende kurze Nachfrage. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist DIE LINKE gegen die Errichtung eines Steinkohlekraftwerks in der Altmark.

Ja. Ich halte es dort für völlig unangebracht.

Dann kommt noch eine Frage von Herrn Gürth. Wollen Sie die beantworten?

Ist die LINKE neben der Autobahn in der Altmark auch gegen Kohlekraftwerke? Ist das jetzt mit Bestandteil Ihres Programms?

Ja, das habe ich gerade gesagt. Ich halte es an dieser Stelle für völlig überflüssig. Die Altmark ist prädestiniert für regionale Lösungen.

Sie wollen keine Kohle mehr und Atomstrom sowieso nicht. - Also gibt es Strom, wenn es Wind gibt?

Herr Gürth, Sie wissen genauso gut wie ich, dass wir mit den erneuerbaren Energien in der Altmark weit mehr Arbeitsplätze schaffen als mit einem solchen Kohlekraftwerk.

(Beifall bei der LINKEN - Ach! bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen, meine Damen und Herren, sehe ich nicht. Herr Miesterfeldt hatte signalisiert, dass er nicht noch einmal einen Beitrag leisten möchte. Er hatte ja die Einbringung schon vorgenommen.

Wir kommen dann zu dem Beitrag der FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Franke hat das Wort. Bitte schön, Herr Franke.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe jetzt nicht auf die Rede von Frau Hunger ein.

(Herr Kosmehl, FDP: Doch, doch!)

Wir hatten am Montag dieser Woche die Energiekonferenz. Ich glaube, dort wurde die Energielücke, die uns erwartet, sehr deutlich dargestellt. Die Atomenergie wird wegfallen und die erneuerbaren Energien werden diese Lücke in den nächsten 20, 30 Jahren nicht füllen können. Wir werden damit weder das Problem der Versorgungssicherheit noch das Problem des Klimawandels bzw. der CO2-Emissionen in die Luft lösen. Damit bin ich eigentlich bei dem Antrag.

Ich bin jetzt doch ein bisschen durcheinander gekommen durch die Behauptung, wir würden die Altmark auf der Basis nachwachsender Rohstoffe und erneuerbarer Energien mit Strom versorgen können. Das ist an den Haaren herbeigezogen.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Das hat keiner ge- sagt, Herr Franke!)

Dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zur Inbetriebnahme des Vattenfall-Kohlekraftwerkes in der Lausitz und zu den Konsequenzen für die Energiepolitik in Sachsen-Anhalt, verbunden mit der Bitte an die Landesregierung, im Wirtschaftsausschuss darüber zu berichten, stimmt die FDP in vollem Maße zu. Wir gehen dabei mit.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Sehr Skeptisch sehen wir allerdings den Prozess von CCS unter vielen Aspekten. Die meisten davon sind heute schon angesprochen worden. Dass es auf der einen Seite eine Brückentechnologie sein kann, dass auf der anderen Seite noch eine ganze Menge Fragen offen sind, ist von vielen meiner Vorredner dargestellt worden. CCS ist durch das Kyoto-Protokoll nicht berücksichtigt worden.

Die erneuerbaren Energien - um wieder darauf zurückzukommen - und eine Effizienzsteigerung bei den erneuerbaren Energien bringen höhere Beiträge für den Klimaschutz als eine Abscheidung von CO2 bei den Kraftwerken. Ich beziehe mich hierbei im Übrigen - Frau Hunger hatte ihn schon erwähnt - auf den Bericht des Ausschusses für Bildung und Forschung des Bundestages - Technikfolgenabschätzung - bzw. auf eine Forschungsarbeit im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, wo all die Fakten noch einmal deutlich aufgeführt wurden.

Wir haben einen erheblichen Forschungsbedarf. Das wurde schon mehrmals festgestellt. Die Wissensdefizite gerade im Bereich der geologischen Lagerung sind noch enorm. Dass eine großtechnische Reife erst in 15 bis 20 Jahren erreicht werden kann, ist auch gesagt worden.

Frau Hunger hatte gesagt, die Stromgestehungskosten seien um 50 % höher. Das betrifft den Fall, dass die Energieerzeugung über Erdgaskraftwerke erfolgt. Bei Kohlekraftwerken geht es um eine Verdopplung des Preises.

Da frage ich mich: Wie funktioniert das nachher mit der Wettbewerbsfähigkeit zwischen Kohlekraftwerken, die keine Abscheider für CO2 haben, und den Kraftwerken, die mit der CCS-Technologie ausgestattet sind? - Erreicht werden kann doch eine Förderung nur, wenn man den Weg der CO2-Vermeidung belohnt, indem die CO2Zertifikate so teuer werden, dass die Kraftwerke mit CCS-Technologie im Wettbewerb mit den konventionellen Kraftwerken standhalten können.

Ob das der Weg ist, den wir wollen, weiß ich nicht. Wenn ich die Stimmung in der Bevölkerung zur Entwicklung der Strompreise richtig wahrnehme, stellen sich bei mir viele Fragen. Im Hinblick auf die Verdopplung der Strompreise, die ich schon nannte, kann ich auch nicht mitgehen.

Meine Redezeit geht zu Ende; ich habe noch gar nicht viel geschafft,

(Heiterkeit)

vor allen Dingen, was die Sicherheitsfragen betrifft.

Herr Miesterfeldt hat es vorhin gesagt: Neun Tankzüge mit jeweils 22,5 t verflüssigtem CO2 werden täglich von der „Schwarzen Pumpe“ in der Lausitz nach Maxdorf in die Altmark gebracht. Ich habe einmal nachgerechnet: Das ist eine Strecke von 344 km, vier Stunden Fahrt auf der A 2 bei Magdeburg entlang und dann auf der B 71 weiter. Dabei habe ich noch nicht einmal den CO2-Ausstoß berechnet. In den nächsten drei Jahren sind das immerhin 100 000 t CO2, die hier transportiert werden sollen.

Eine für später geplante Ersetzung des Lkw-Transports durch Pipelines - wie es mir jemand erzählt hat - ist nicht so einfach, wie es sich das Wirtschaftsministerium vor

stellt. Wir können die alten Pipelines nicht nutzen. Es müssen neue Pipelines gebaut werden, vor allem Pipelines, die der Korrosionswirkung von CO2 widerstehen.

Die Frage war auch, inwieweit der rechtliche Rahmen gegeben ist. Was haben wir hier? Haben wir beim Verpressen von CO2 eine Wiederverwendung oder haben wir eine Abfallbeseitigung? Wirkt dann das Abfallrecht oder haben wir eine Endlagerung? - All diese rechtlichen Dinge - das ist breit ausgeführt worden, auch vom Minister - sind noch nicht klargestellt.

Ich möchte zum Schluss doch noch ein Zitat aus der Bundestagsdrucksache 16/9/896 vortragen. Auf Seite 5 heißt es:

„Das größte Problem für die Speichersicherheit sind alte, aufgegebene Bohrlöcher, die in Öl- und Gasfeldern zum Teil in großer Anzahl vorliegen können. Das Auffinden und insbesondere das Abdichten aller Bohrungen ist aufwendig und kostspielig. Bohrungen können für das injizierte CO2 einen direkten Weg zurück an die Erdoberflächen eröffnen. Dies ist vor allem in Erdgas- und Erdöllagerstätten von Bedeutung und stellt hier das größte Leckrisiko dar. Nicht immer sind alle aufgegebenen alten Bohrungen im Feld bekannt. Selbst wenn diese nach den anerkannten Regeln der Technik versiegelt wurden, könnten die verwendeten Materialien wie Stahl und Portlandzement eine ungenügende CO2- bzw. Säurebeständigkeit aufweisen.“

Wir hatten in der Altmark einen Landrat, der war Geologe. Ich weiß nicht, ob er alle 600 Bohrlöcher

Herr Franke - -

- ich komme jetzt zum Schluss - gekannt hat. Auf alle Fälle ist das ein Problem, auf das wir in der Zukunft, wenn es zu einer Verpressung kommen sollte, reagieren müssen.

Ein Hinweis noch - Herr Miesterfeldt hat es vorhin angesprochen - zu den Gefahren von CO2: Bei einer Konzentration von 3 % in der Luft kommt es zu Kopfschmerz und Übelkeit, bei einer Konzentration von 8 % führt CO2 innerhalb von 30 bis 60 Minuten zum Tod. Das wollte ich nur noch einmal gesagt haben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP)

Herr Franke, warten Sie einmal. Laufen Sie nicht so schnell weg. Frau Hunger hatte noch eine Nachfrage. Wollen Sie sie beantworten? - Ich schätze, das wollen Sie.

Ja, gern.

Frau Hunger, bitte.

Ich muss Sie noch einmal nach der Stromlücke fragen. Ist Ihnen bekannt, dass das Bundesumweltamt vorgerechnet hat, das diese Stromlücke in keiner Weise existiert, wenn wir die geplante Energieeinsparung von 11 % wirklich erreichen? - Das tun wir zurzeit nicht, das ist richtig.

Wir haben in den letzten Jahren eine Erhöhung des Verbrauchs an Energie zu verzeichnen gehabt. Sie können mir doch nicht erzählen, dass wir in den nächsten zehn Jahren eine Absenkung des Energieverbrauchs haben werden.

Wollten Sie damit sagen, dass wir das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung in die Tonne treten sollten?

Nein, aber das sind doch die Fakten.

Dann frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, dass wir Energie in einer Größenordnung exportieren, die etwa dem halben Energiebedarf von Dänemark entspricht?

Ja, wir importieren aber auch Energie, und das werden wir in Zukunft noch viel mehr tun, vor allem Atomstrom aus Frankreich.

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Franke. - Die Wortmeldung von Herrn Krause habe ich fast übersehen. Entschuldigung.

(Unruhe - Herr Tullner, CDU: Könnt ihr das nicht unter euch klären?)

Sie wollen doch sicherlich auch noch die Frage von Herrn Krause beantworten, Herr Franke?

Ja, gern.